Mujeres Libres: Frauen in der Revolution - Der Aufschwung des libertären Feminismus während des Spanischen Bürgerkrieges


Hausarbeit, 2007

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Kurze Gesamtübersicht: Die Rolle der Frau in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

3 Mujeres Libres
3.1 Die Mujeres Libres
3.2 Die Ziele der Mujeres Libres
3.3 Die Arbeit der Mujeres Libres
3.4 Das Verhältnis zu anderen libertären Zweigen
3.5 Das Verhältnis zu anderen Frauengruppierungen

4 Schlusswort

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Seit Beginn der 1930er Jahre bildeten sich in Spanien zwei starke politische Blöcke heraus, die gegeneinander antraten. Während des Spanischen Bürgerkrieges verschärfte sich die Situation und die Fronten auch innerhalb der Bevölkerung verhärteten sich. Auf der einen Seite stand das Bündnis der „Frente Popular“, dem die Republikaner, Sozialisten, Kommunisten, baskische und katalanische Separatisten sowie Anarchisten angehörten. Auf der anderen Seite vereinten sich innerhalb der „Frente Nacional“ die Nationalisten, Faschisten und Monarchisten (Karlisten). Diese beiden großen Bündnisse waren in sich sehr heterogen. Dies resultierte aus den divergenten Ideen und Idealen der einzelnen Gruppierungen und erschwerte so einen reibungslosen politischen Kampf, sodass dieser durch Streitigkeiten innerhalb der Zusammenschlüsse, insbesondere in der „Frente Popular“, gekennzeichnet war.

In all diesen Lagern kam der Rolle der Frau eine besondere Bedeutung zu. Bei einigen als „ángel del hogar“ (zit. nach [Bianchi 2003], S. 17) verehrt, bei anderen als geichgestellte Kampfgenossin anerkannt, konnten Frauen die unterschiedlichsten Rollen ausüben. Der Kampfgeist einiger Frauen jedoch spaltete die Nation in getrennte Lager, die nicht mit den politischen Differenzen gleichzusetzen waren. Denn auch in den eigenen Reihen der politisch Gleichgesinnten kamen Zweifel ob der Kampfkraft und des Sinnes von kämpfenden Frauen (teilweise auch direkt an der militärischen Front) auf. Die Gesellschaft war anscheinend noch nicht für eine feministische Revolution bereit.

Nachdem die spanische Frau sich in der Zweiten Spanischen Republik über den bis dahin herrschenden „Código Civil“ hinweggesetzt und endlich 1933 das Wahlrecht erlangt hatte, erreichte im Bürgerkrieg ihr Kampf für eine Gleichberechtigung einen weiteren Höhepunkt. Frauen organisierten sich für eine soziale Revolution und unterstützten auf ihre Weise den Bürgerkrieg. Insbesondere bei der politischen Linken waren unterschiedlichste Frauenorganisationen aktiv. Ihr Engagement ging so weit, dass ganze Bataillone von Frauen an die Front zogen.

Doch welches Gedankengut verbarg sich hinter diesen Aktionen? Welche Vorstellung der Welt hatten diese Frauen und welche Ziele verfolgten sie? Und letztlich: Wie wurde diese Aktivität der Frauen von Gleichgesinnten, aber auch von Gegnern bewertet?

Diese Fragen will ich im Folgenden etwas näher untersuchen. Dabei werde ich mich überwiegend auf die Frauen des anarchistischen Lagers konzentrieren, da diese mit revolutionären Mitteln dem Bürgerkrieg ein anderes Gesicht verliehen. Sie waren es, die radikale Maßnahmen einsetzten und der feministischen Bewegung in Spanien einen großen Auftrieb gaben.

In dieser Arbeit will ich, nach einem kurzen Gesamtüberblick über die Rolle der Frau in Spanien während der zweiten Republik und des Spanischen Bürgerkrieges, genauer auf die weibliche anarchistische Bewegung eingehen, im Speziellen auf die Organisation der Mujeres Libres. Ich will ihre Geschichte, ihre Ziele sowie ihr Handeln skizzieren und anhand der Bilder, die entstehen, die spätere Einschränkung und Reduktion der Bedeutung der weiblichen Rolle in der spanischen Gesellschaft verdeutlichen, die sich nach dem Bürgerkrieg unter dem Regime Francos vollzog.

2 Kurze Gesamtübersicht: Die Rolle der Frau in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Bis in die dreißiger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts hinein füllte die Frau eine traditionelle, christlich geprägte Rolle aus. Sie hatte sich dem Manne unterzuordnen und sich den drei „K's“ (Küche, Kinder, Kirche) zu widmen. Ihre Aufgabe war es, sich um die Familie zu kümmern und abgesehen von der Oberschicht war sie auch für die materielle Versorgung der Familie mit zuständig. Im privaten Bereich hatte sie das Sagen, die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben aber blieb ihr überwiegend verwehrt. Der Mann war der Repräsentant der Familie. Über ihn wurde die Frau definiert, sie selbst besaß kaum eigenen Wert, sondern war rechtlich eher dem Kind gleichgestellt. Ein Auflehnen gegen diese im „Código Civil“ festgehaltenen Gebote war kaum denkbar. Auch als Ende des 19. Jahrhunderts bereits in anderen europäischen Ländern den Frauen das Wahlrecht eingeräumt wurde, waren in Spanien kaum feministische Bewegungen sichtbar. Erst zu Beginn des neuen Jahrhunderts wurden verschiedene feministische Organisationen gegründet, die auch später in die Politik eingreifen sollten, wie bspw. die ANME (Asociación Nacional de Mujeres Españolas) (vgl. [González Calbet 1988], S. 52f.).[1]

Der entscheidende Umbruch in der Frauenbewegung begann mit der Ausrufung der Zweiten Spanischen Republik. In den ersten Jahren wurden viele Gesetze erlassen, die eine Gleichstellung der Frau in rechtlichen Angelegenheiten bedeutete, unter anderem das (Ende 1931 verabschiedete) Wahlrecht für Frauen, das 1933 zum ersten Mal angewandt werden konnte. Diese politischen Veränderungen schreibt Maria Aurélia Capmay, eine der bedeutendsten spanischen Feminismusforscherinnen, allerdings nicht einer starken Frauenbewegung zu, die es in Spanien nie gegeben habe, sondern eher den allgemeinen politischen Umwälzungen in Spanien und Europa. (vgl. [Capmay 1970]). Es sei eher dem Ausnahmezustand des Bürgerkrieges zu verdanken, dass Frauen sich erhoben hätten. Hierdurch sei erst ein Wandel des gesellschaftlichen Bildes der Frau provoziert worden.

„Der Bürgerkrieg wirkte als Katalysator in der Mobilisierung der Frauen und gab Anlaß zu einer Neugestaltung der Haltung gegenüber Frauen und ihrer sozialen Funktion. [...] Im Gegensatz zu der Indifferenz der vorhergehenden Jahre unternahmen alle politischen Parteien und Gewerkschaften einen allgemeinen Aufruf zur Mobilisierung der Frauen.“ (zit. nach [Bianchi 2003], S. 47).

Diese Veränderung wurde durch die Thematisierung der Frau in Werbung, Presse, Rundfunk und öffentlichen Reden sichtbar. Zudem ergriffen Frauen die Initiative und gründeten Zeitungen für Frauen sowie Frauengruppen. Es wurden Frauenkongresse abgehalten. (vgl. [Behn & Mommerz 1984], S. 142) Insbesondere im kommunistischen und anarchistischen Lager wurde die Frau aktiv mit in den Kampf einbezogen. Die Gleichberechtigung der Geschlechter ging sogar so weit, dass sich Frauen bewaffneten und mit den Männern an die Front zogen. Wenn auch von vielen stark kritisiert, zeigte das den Willen der Frau, auch in der Öffentlichkeit gleichwertig zu handeln und behandelt zu werden.[2]

Während des Spanischen Bürgerkrieges können zwei starke Gruppierungen von Frauen ausgemacht werden. Hierzu zählen einerseits die kommunistisch orientierten Mujeres Antifascistas, an deren Spitze die unter dem Namen „la Pasionaria“ berühmt gewordene Dolores Ibárruri steht. Andererseits bildeten sich im anarchistischen Lager die Mujeres Libres[3]. Betrachtet man diese beiden Organisationen etwas genauer, lässt sich feststellen, dass die Uneinigkeit der kommunistischen und der anarchischen Bewegung auf politischer Ebene sich auch in den jeweiligen Frauenbewegungen niederschlug. Während die Mujeres Antifascistas ihr vorrangiges Ziel im Kampf gegen den Faschismus sahen und die Gleichberechtigung der Geschlechter auf die Zeit nach dem Bürgerkrieg verschob, setzten die Mujeres Libres von Beginn an auf eine Umwälzung der Gesellschaft, die eine Neudefinition der Rolle der Frau einforderte. Mit dieser radikalen Sichtweise spalteten die Mujeres Libres nicht nur die unterschiedlichen politischen Lager, sondern ernteten auch viel Kritik in den eigenen Reihen. So ist denn auch zu verstehen, dass

„Lucía Sánchez Saornil estaba convencida de que la lucha de la mujer era doble, pues abarcaba de un lado lo social y, de otro, la necesidad de superar su propia condición de inferioridad por razón de su sexo.“ ([Morcillo Gómez 1988], S. 62)

[...]


[1] Es gab auch in den vorherigen Jahrhunderten Frauen, die sich für eine Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau einsetzten, doch existierten kaum organisierte Formen, die sich um eine Verbesserung der Lage der Frau bemühten. Lediglich ein kleiner Kreis von Frauen, meist Frauen aus gehobeneren Schichten wie bspw. die Schriftstellerin Emilia Pardo Bazán oder die Feministin Concepción Arenal, waren sich des Missstandes bewusst und versuchten dagegen anzugehen.

[2] Sicherlich galt dies nicht für alle Frauen Spaniens. Wie bei allen gesellschaftlichen Umwälzungen gab es auch bei den Frauenbewegungen genügend weibliche Bürger, die nicht eine Veränderung der Gesellschaft anstrebten. Doch in dieser Arbeit geht es genau um die aktiven Mitglieder feministischer Gruppierungen, weswegen ich die Gegenströmungen weitestgehend außer Acht lasse.

[3] Die Mujeres Libres oranisierten sich basierend auf den anarchosyndikalistischen Theorien, die Hierarchiestrukturen abbauen wollten. Aus diesem Grund können zwar einige Gründerinnen der Organisation genannt werden, die auch sehr aktiv waren, aber eine starke Identifikationsfigur wie Dolores Ibárruri haben sie hierdurch nicht hervorgebracht (bzw. auch nicht hervorbringen wollen).

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Mujeres Libres: Frauen in der Revolution - Der Aufschwung des libertären Feminismus während des Spanischen Bürgerkrieges
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Veranstaltung
La guerra civil española
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
16
Katalognummer
V76502
ISBN (eBook)
9783638816915
ISBN (Buch)
9783638818315
Dateigröße
428 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mujeres, Libres, Frauen, Revolution, Aufschwung, Feminismus, Spanischen, Bürgerkrieges
Arbeit zitieren
Heide Junker (Autor:in), 2007, Mujeres Libres: Frauen in der Revolution - Der Aufschwung des libertären Feminismus während des Spanischen Bürgerkrieges, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76502

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