Der deutsche Gasmarkt hat sich in den letzten Jahren von den Starrheiten einer Monopolindustrie etwas gelöst und ist dabei sich zu einem Wirtschaftszweig zu entwickeln, der sich wieder stärker an Angebot und Nachfrage orientiert. Im Zuge der Liberalisierung der europäischen Gasmärkte wurden auch in Deutschland neue Unternehmen gegründet, die nun versuchen, mehr oder weniger unabhängig von den früheren Monopolkonzernen, ihren Platz in der Wertschöpfungskette des Gashandels zu finden. Insofern ist es von Interesse, ob es für Gashandelsunternehmen die Möglichkeit gibt, sich von Wettbewerbern abzugrenzen und durch die Fokussierung einen Vorteil zu erlangen. Die vorliegende Arbeit geht daher der Frage nach, ob der in der betriebswirtschaftlichen Literatur weit verbreitete Kernkompetenzansatz auf den Gashandel im liberalisierten deutschen Gasmarkt übertragbar ist und welche Kernkompetenzen in diesem Fall im Gashandel identifiziert werden können. Die Motivation für diese Arbeit entstand aufgrund der nur spärlichen Behandlung entsprechender Fragestellungen in der Literatur. Um den Kernkompetenzansatz zu verstehen, wird er zunächst im Kapitel 2 näher beleuchtet. Es wird auf die grundlegenden Gedanken des ressourcenorientierten Ansatzes, der kompetenzorientierten Betrachtungsweisen und der Theorien zu dynamischen Fähigkeiten eingegangen. Am Ende des Kapitels wird ein theoretischer Bezugsrahmen mit Arbeitsdefinitionen vorgestellt, der durch Operationalisierung eine Übertragung in die Praxis möglich macht. Danach können im Kapitel 3 strukturelle und rechtliche Rahmenbedingungen des Gasmarktes und ihre Auswirkungen vorgestellt werden, um einen Überblick über die politische und wirtschaftliche Situation des liberalisierten Gashandels in Europa und Deutschland zu erhalten. Im Kapitel 4 werden die unternehmensprozessbezogenen Bedingungen des Gashandels vor dem Hintergrund der Identifikation von Fähigkeiten und Kernkompetenzen vorgestellt. Kapitel 5 schließt mit dem empirischen Teil der Untersuchung an. Dieser basiert auf der Durchführung von 12 teilstrukturierten Interviews in fünf deutschen Gashandelsunternehmen. Diese Zusammenfassung liefert Hinweise auf sechs allgemeine Kernkompetenzen im liberalisierten Gashandel und einen Versuch einer Systematisierung von Handelsunternehmen nach ihren Kompetenzen. Die Arbeit schließt mit einem Fazit und der kritischen Würdigung des theoriegeleiteten Vorgehens in Kapitel 6.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Aufbau der Arbeit
- 2 Theoretische Grundlagen des Kernkompetenzgedankens
- 2.1 Überblick
- 2.2 Liberalisierter Gashandel aus Ressourcenperspektive.
- 2.3 Ressourcenbegriffe in der wissenschaftlichen Literatur
- 2.4 Kompetenzorientierung als handlungsbezogene Erweiterung .
- 2.5 Kernkompetenzen sind strategische Optionen.
- 2.6 Dynamische Fähigkeiten als Anwendung des ressourcenorientierten An-satz in dynamischen Märkten
- 2.7 Theoretischer Bezugsrahmen für die Identifikation von Kernkompetenzenim liberalisierten Gashandel . . .
- 2.7.1 Definitionen: Ressourcen, Fähigkeiten, Kernkompetenzen
- 2.7.2 Prozess und Arbeitsschritte zur Identifikation von Kernkompetenzen
- 2.8 Ausblick auf die empirische Analyse .
- 3 Strukturelle und rechtliche Rahmenbedingungen der Erdgasmärkte
- 3.1 Einleitung
- 3.2 Charakteristika und Bedeutung des Energieträgers Erdgas
- 3.3 Die Wertschöpfungskette der Gaswirtschaft.
- 3.3.1 Produktion
- 3.3.2 Transport
- 3.3.3 Speicherung
- 3.3.4 Verteilung
- 3.4 Wirtschaftliche Struktur der deutschen Gaswirtschaft
- 3.4.1 Überblick
- 3.4.2 Struktur der Produktionsstufe
- 3.4.3 Struktur der Import- und Ferngasstufe
- 3.4.4 Regionalgasstufe
- 3.4.5 Ortsgasstufe.
- 3.4.6 Endverbraucher
- 3.5 Die Liberalisierung der europäischen Erdgasmärkte
- 3.5.1 Hohe Versorgungssicherheit bei monopolistischer Preisbildung
- 3.5.2 Entstehung der Idee eines Energiebinnenmarktes .
- 3.5.3 Beschleunigungsrichtlinie Erdgas & EU-Netzzugangsverordnung
- 3.5.4 Gashandelsplätze in Europa
- 3.6 Umsetzung der europäischen Richtlinien in Deutschland
- 3.6.1 Verbändevereinbarungen der Gaswirtschaft
- 3.6.2 Kritik am deutschen Sonderweg.
- 3.6.3 Vom verhandelten zum regulierten Netzzugang
- 3.6.4 Aktuelle Probleme der langfristigen Gaslieferverträge
- 3.6.5 Zwischenfazit zu den Liberalisierungsbemühungen
- 3.6.6 Gaspreisbildung und tatsächliche Kostenstruktur in Deutschland .
- 3.7 Auswirkungen der Liberalisierung
- 3.7.1 Anpassung der Unternehmensstrukturen
- 3.7.2 Marktstruktur und Etablierung von Gashandelspunkten .
- 3.7.3 Bemühen um die Versorgungssicherheit
- 3.7.4 Entwicklung des Gaspreises
- 3.8 Zusammenfassung.
- 4 Unternehmensfunktionen und Prozesse im liberalisierten Gashandel
- 4.1 Hinführung
- 4.2 Aufbau und Organisation von Handelseinheiten
- 4.2.1 Allgemeiner Handelsrahmen für Handelsunternehmen
- 4.2.2 Spezieller Rechtsrahmen für bestimmte Handelsgeschäfte
- 4.2.3 Rechnungslegungsvorschriften
- 4.2.4 Die Rolle des Eigenhandels in europäischen Energieunternehmen.
- 4.2.5 Aufgaben, Pflichten, Rechte & Limitierungen des front office
- 4.2.6 Die Unterstützungsfunktionen: middle office back office
- 4.2.7 Risikocontrolling und Organisation
- 4.2.8 Kreditrisikomanagement
- 4.2.9 Der Einfluss des Werpapierhandelsgesetzes auf den Energiehandel
- 4.3 Netzzugang im liberalisierten deutschen Gasmarkt.
- 4.3.1 Das Entry-Exit-System im Basismodell der Bundesnetzagentur
- 4.3.2 Aufteilung der Marktgebiete .
- 4.3.3 Klärungsbedürftige Punkte im Basismodell
- 4.3.4 Bilanzkreiskoordinierung
- 4.4 Umsetzung des Basismodells der Bundesnetzagentur .
- 4.4.1 Bilanzkreis und virtueller Handelspunkt
- 4.4.2 Transporte innerhalb eines Marktgebietes
- 4.4.3 Marktgebietsüberschreitender Transport
- 4.4.4 Das Vertragspaket der GEODE
- 4.4.5 Lieferantenwechsel . . .
- 4.4.6 Einbindung von Gasspeichern
- 4.4.7 Lieferverträge und EFET-Rahmenverträge für physischen Handel
- 4.4.8 Die Aufteilung des deutschen Gashandelsgebietes
- 4.4.9 Handlungsempfehlungen für die Umsetzung des Basismodells
- 5 Theoriegeleitete empirische Ableitung von Kernkompetenzen im liberali-sierten Gashandel
- 5.1 Erläuterung des Vorgehens
- 5.2 Allgemeine Ergebnisse
- 5.3 Anonymisierte beispielhafte Darstellung von empirischen Ergebnissen
- 5.3.1 Unternehmen A
- 5.3.2 Unternehmen B
- 5.3.3 Unternehmen C
- 5.4 Kernkompetenzen im liberalisierten Gashandel.
- 6 Abschluss und kritische Würdigung der Übertragbarkeit des Kernkompe-tenzansatzes auf den liberalisierten Gashandel
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Übertragbarkeit des Kernkompetenzkonzeptes auf den liberalisierten Gashandel. Dabei wird analysiert, ob und inwiefern sich das Konzept, das ursprünglich aus der Unternehmensstrategie stammt, auf die spezifischen Bedingungen des liberalisierten Energiemarktes übertragen lässt.
- Analyse der theoretischen Grundlagen des Kernkompetenzgedankens
- Begutachtung des liberalisierten Gashandels aus Ressourcenperspektive
- Identifikation relevanter Kernkompetenzen im liberalisierten Gashandel
- Bewertung der Übertragbarkeit des Kernkompetenzkonzeptes auf den liberalisierten Gashandel
- Ableitung von Handlungsempfehlungen für die Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 legt den theoretischen Grundstein für die Arbeit und präsentiert das Kernkompetenzkonzept sowie dessen Anwendung im liberalisierten Gashandel. Dabei werden die verschiedenen Ressourcenbegriffe in der wissenschaftlichen Literatur beleuchtet und die Bedeutung von Kernkompetenzen als strategische Optionen für Unternehmen im liberalisierten Gashandel herausgestellt. Kapitel 3 beleuchtet die strukturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen des liberalisierten Gashandels. Der Fokus liegt dabei auf der Wertschöpfungskette der Gaswirtschaft, der Entwicklung der europäischen Erdgasmärkte sowie der Umsetzung der Liberalisierungsrichtlinien in Deutschland. Kapitel 4 analysiert die Unternehmensfunktionen und -prozesse im liberalisierten Gashandel, wobei der Fokus auf dem Aufbau von Handelseinheiten, dem Netzzugang und der Umsetzung des Basismodells der Bundesnetzagentur liegt.
Schlüsselwörter
Kernkompetenz, liberalisierter Gashandel, Ressourcenorientierung, Wertschöpfungskette, Marktstruktur, Netzzugang, Handelsprozesse, Energiemarkt, Regulierung
- Quote paper
- Benjamin Viertel (Author), 2007, Ansätze einer Übertragung des Kernkompetenzkonzeptes auf den liberalisierten Gashandel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76620