„Im Grünen fings an und endete blutigrot.“ Was Kurt Tucholsky hier auf treffende und prägnanteste Art und Weise resümierte, beleuchtet schlaglichtartig die historische Entwicklung bestimmter Geisteshaltungen, die im 19. Jahrhundert als Reaktion auf tief greifende soziale, wirtschaftliche und politische Veränderungen im Zuge der Industrialisierung des Deutschen Reiches ihren Anfang nahmen und sich im weiteren Verlauf immer stärker radikalisierten, um letztlich zu großen Teilen in eine im höchsten Maße irrationale Weltanschauung eingegliedert zu werden, deren staatliche Instrumentalisierung bis 1945 fortdauern sollte.
Basierend auf dem generell anerkannten Forschungsstandpunkt einer dezidierten Vereinnahmung modernekritischer Aspekte aus dem Ideenkonglomerat der völkischen Bewegung und konservativem Gedankengut durch den Nationalsozialismus und ihrer Kanalisation in dessen Weltanschauung, soll in der vorliegenden Arbeit anhand der Siedlungsideologie des ‚Dritten Reiches’ exemplarisch aufgezeigt werden, wie stark diese Projektion innerhalb des Komplexes der Siedlung als „Idealform des deutschen Wohnungsbaues“ tatsächlich war.
Dazu werden im ersten Teil der Darstellung die beiden Axiome der antimodernen Kulturkritik sowie wichtige Vertreter einer detaillierteren Betrachtung unterzogen. Im nachstehenden Abschnitt erfolgt nunmehr die Analyse der Nutzbarmachung und Umsetzung dieser Positionen innerhalb der nationalsozialistischen Siedlungsideologie, was durch die inhaltliche Fokussierung ihrer grundlegenden Ziele und Ausdrucksformen geschehen soll. Ergänzend dazu bot sich in Hinsicht auf das Schlusskapitel die Betrachtung des Verhältnisses zwischen antimodernem Anspruch der nationalsozialistischen Ideologie und dessen tatsächlicher Umsetzung an.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Axiome der Modernitätskritik im 19. Jahrhundert: Großstadtfeindschaft und Agrarromantik als Grundlage der ‚Blut- und Boden-Ideologie’
- Die Projektionsfläche ‚Siedlung’ im Nationalsozialismus: Ideologische Zielsetzung und deren Ausdruck
- Die ideologische Konzeption der Hauptsiedlungstypen
- Die Heimstättensiedlung
- Die bäuerliche Siedlung
- Rasse und Familie: Die Auswahl der Siedler
- Ausblick: Ideologie und Realität
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Entwicklung der nationalsozialistischen Siedlungsideologie und zeigt auf, wie sie auf modernekritischen Strömungen des 19. Jahrhunderts aufbaut. Die Arbeit analysiert die ideologischen Ziele und Ausdrucksformen der Siedlungsideologie und untersucht das Verhältnis zwischen ideologischem Anspruch und tatsächlicher Umsetzung.
- Modernekritik und Großstadtfeindschaft als Grundlage der Siedlungsideologie
- Die Rolle der Agrarromantik und des "Blut und Boden"-Gedankens in der nationalsozialistischen Weltanschauung
- Die ideologische Konzeption der verschiedenen Siedlungstypen, wie der Heimstättensiedlung und der bäuerlichen Siedlung
- Die Bedeutung von Rasse und Familie für die Auswahl der Siedler
- Die Beziehung zwischen Ideologie und Realität in der nationalsozialistischen Siedlungspolitik
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel skizziert den historischen Kontext, in dem die nationalsozialistische Siedlungsideologie entstand, und stellt die Bedeutung von Großstadtfeindschaft und Agrarromantik als Grundlagen dieser Ideologie heraus.
- Axiome der Modernitätskritik im 19. Jahrhundert: Dieses Kapitel analysiert die zentralen Axiome der Großstadtfeindschaft und Agrarromantik im 19. Jahrhundert, wobei wichtige Vertreter dieser Strömungen vorgestellt und ihre Ideen beleuchtet werden.
- Die Projektionsfläche ‚Siedlung’ im Nationalsozialismus: Der Fokus dieses Kapitels liegt auf der Analyse der nationalsozialistischen Siedlungsideologie. Es werden die ideologischen Ziele der Siedlungspolitik und die Haupttypen der Siedlungen (Heimstättensiedlung, bäuerliche Siedlung) betrachtet.
Schlüsselwörter
Die vorliegenden Arbeit befasst sich mit dem Themenfeld der Siedlungsideologie im Nationalsozialismus. Die Analyse konzentriert sich auf die Verknüpfung modernekritischer Aspekte aus dem 19. Jahrhundert mit den ideologischen Zielen und Ausdrucksformen der nationalsozialistischen Siedlungspolitik. Insbesondere werden die Konzepte der Großstadtfeindschaft, Agrarromantik, Blut und Boden, Rasse, Familie, Heimstättensiedlung und bäuerliche Siedlung beleuchtet.
- Quote paper
- Henriette Kunz (Author), 2007, Nationalsozialistische Siedlungsideologie. Modernitätskritik im 19. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76627