In der vorliegenden Arbeit sollen anhand einer Aventiure des Nibelungenlieds drei Forschungsansätze vorgestellt und anschließend methodenkritisch auf ihre Anwendbarkeit und ihre Grenzen hin untersucht werden. Es wurde die 17. Aventiure ausgewählt, da sich hier in der Figur der Kriemhild ein tiefgreifender Wandel vollzieht, der aus mehreren methodischen Blickwinkeln erläutert und interpretiert werden kann. Wegen der starken Präsenz der Öffentlichkeit wurde als erstes die sozialgeschichtliche Methode gewählt, mit der sich gut die Trauergemeinde, das Trauerverhalten Kriemhilds, der Beginn ihres machtpolitischen Denkens und die Gegensätze zwischen höfischer und heldenhafter Epik betrachten ließen. Da in dieser Aventiure Kriemhild selten alleine auftritt, sondern meist eng in eine Gruppe, welcher Art auch immer, integriert ist, bot sich hier der Übergang zur mentalitätsgeschichtlichen Methode an. Die übermäßige Trauer um den ermordeten Siegfried, zu dessen Begräbnis zahlreiche Messen mit Geistlichen gehalten werden, lässt auf die Interpretation mittels der geistesgeschichtlichen Methode schließen, die hier in Kontrast zur sozial- bzw. mentalitätsgeschichtlichen Methode gestellt werden soll. Im Anschluss daran wird die Person der Kriemhild aus genderspezifischen Blickwinkeln betrachtet, die sich über das weibliche Wissen und die weibliche Gewalt am besten beschreiben lassen. Bezeichnend für das Ergebnis der verschiedenen Methoden ist die Gemeinsamkeit, dass sich Kriemhilds Verhalten mit einer Normtransgression auf allen Ebenen beschreiben lässt, und darüber die Intention des Textes deutlich wird. Sei es nun die unmäßige Trauer, die zu einer unmäßigen Rache führt, oder die unsagbaren Provokationen ihrer Brüder und Hagen und der damit verbunden Entmachtung.
Als dritte Methode wird die Dekonstruktion nach Müller und Haug vorgestellt und anhand des neuen Konzepts der Individualität, die sich zwischen Innerem und Äußerem, zwischen Persönlichkeit und Rolle ergibt, die Entwicklung Kriemhilds aus dem dekonstruktivistischen Blickwinkel betrachtet.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- 1. Erschließung des Textes
- 1.1. Situierung der 17. Aventiure im Textganzen
- 1.2. Strukturanalyse der 17. Aventiure: Wie Sîfrit beklaget unt begraben wart
- 2. Erschließung der Sekundärliteratur
- 2.1. Referat von drei methodisch unterschiedlichen Forschungspositionen
- 2.1.1. Die sozialgeschichtliche Methode und ihre Weiterführung zur mentalitätsgeschichtlichen Methode
- 2.1.2. Gender Studies
- 2.1.3. Dekonstruktion
- 2.2. Methodenkritische Stellungnahme zu den drei Forschungspositionen
- 2.1. Referat von drei methodisch unterschiedlichen Forschungspositionen
- 3. Zusammenfassung
- 4. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht anhand der 17. Aventiure des Nibelungenlieds drei verschiedene Forschungsansätze – sozialgeschichtliche, Gender Studies und dekonstruktivistische Methoden – hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit und Grenzen. Der Fokus liegt auf der Analyse des tiefgreifenden Wandels in Kriemhilds Persönlichkeit nach Siegfrieds Tod und der Interpretation ihres Verhaltens aus unterschiedlichen methodischen Perspektiven.
- Kriemhilds Wandel nach Siegfrieds Tod
- Anwendung verschiedener Interpretationsmethoden (sozialgeschichtlich, Gender Studies, Dekonstruktion)
- Methodenkritik und Grenzen der jeweiligen Ansätze
- Kriemhilds Normtransgression und deren Bedeutung für den Text
- Die Rolle der Trauer und Rache in Kriemhilds Entwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
Vorwort: Das Vorwort erläutert die Zielsetzung der Arbeit: die Vorstellung und methodenkritische Untersuchung von drei Forschungsansätzen am Beispiel der 17. Aventiure des Nibelungenlieds, in der sich ein tiefgreifender Wandel in Kriemhilds Persönlichkeit vollzieht. Es werden die gewählten Methoden (sozialgeschichtlich, mentalitätsgeschichtlich, Gender Studies, Dekonstruktion) kurz vorgestellt und ihre Relevanz für die Analyse von Kriemhilds Verhalten begründet. Die Auswahl der 17. Aventiure wird mit dem starken Wandel in Kriemhilds Charakter und der Möglichkeit, diesen aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten, gerechtfertigt.
1. Erschließung des Textes: Dieses Kapitel analysiert die 17. Aventiure im Kontext des gesamten Nibelungenlieds. Es wird die Bedeutung des Ereignisses (Siegfrieds Tod) und dessen Auswirkungen auf Kriemhilds Leben und Rolle hervorgehoben. Die Analyse beleuchtet die strukturellen Aspekte der Aventiure und untersucht die Darstellung von Trauer und gesellschaftlicher Demütigung. Der Fokus liegt auf der Entwicklung von Kriemhilds Rachegefühlen als Reaktion auf den Verlust ihres Mannes und ihres Reichtums, was ihren Charakter von einer braven Jungfrau zu einer rachsüchtigen Frau wandelt.
2. Erschließung der Sekundärliteratur: Dieses Kapitel präsentiert drei methodisch unterschiedliche Forschungspositionen zur Interpretation des Nibelungenlieds: die sozialgeschichtliche Methode (und ihre Weiterentwicklung zur mentalitätsgeschichtlichen Methode), Gender Studies und die Dekonstruktion. Für jede Methode wird ein Überblick über ihre Grundprinzipien gegeben und ihre Anwendung auf die 17. Aventiure erläutert. Die Kapitel analysieren, wie diese Methoden Kriemhilds Verhalten, ihre Trauer, ihre Machtposition und ihre Rachepläne interpretieren. Im Anschluss werden die Stärken und Schwächen der einzelnen Ansätze methodenkritisch bewertet.
Schlüsselwörter
Nibelungenlied, 17. Aventiure, Kriemhild, Siegfried, Trauer, Rache, sozialgeschichtliche Methode, Mentalitätsgeschichte, Gender Studies, Dekonstruktion, Normtransgression, Macht, Ehre, Höfische Epik, Heldenepos.
Häufig gestellte Fragen zum Nibelungenlied - Analyse der 17. Aventiure
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die 17. Aventiure des Nibelungenlieds, die den Tod Siegfrieds und die darauf folgende Entwicklung Kriemhilds beschreibt. Der Fokus liegt auf der Anwendung und kritischen Bewertung verschiedener Forschungsmethoden zur Interpretation dieses Abschnitts.
Welche Forschungsmethoden werden angewendet?
Die Arbeit untersucht drei methodisch unterschiedliche Forschungsansätze: die sozialgeschichtliche Methode (inkl. Mentalitätsgeschichte), Gender Studies und die Dekonstruktion. Jeder Ansatz wird auf seine Anwendbarkeit und Grenzen bei der Interpretation von Kriemhilds Verhalten nach Siegfrieds Tod hin untersucht.
Was ist die zentrale Fragestellung?
Die zentrale Fragestellung betrifft die Interpretation des tiefgreifenden Wandels in Kriemhilds Persönlichkeit nach dem Tod Siegfrieds und die Bewertung der jeweiligen methodischen Stärken und Schwächen bei der Erklärung dieses Wandels.
Welche Aspekte von Kriemhilds Verhalten werden analysiert?
Die Analyse konzentriert sich auf Kriemhilds Trauer, Rache, Normtransgression, Machtposition und die Rolle dieser Aspekte in ihrem Verhalten nach dem Verlust ihres Mannes.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in ein Vorwort, ein Kapitel zur Texterschließung (Analyse der 17. Aventiure im Kontext des Nibelungenlieds), ein Kapitel zur Erschließung der Sekundärliteratur (Präsentation und Kritik der drei Forschungsmethoden), eine Zusammenfassung und ein Literaturverzeichnis.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Nibelungenlied, 17. Aventiure, Kriemhild, Siegfried, Trauer, Rache, sozialgeschichtliche Methode, Mentalitätsgeschichte, Gender Studies, Dekonstruktion, Normtransgression, Macht, Ehre, Höfische Epik, Heldenepos.
Welche Kapitel gibt es und worum geht es in ihnen?
Das Kapitel "Erschließung des Textes" analysiert die 17. Aventiure im Kontext des gesamten Nibelungenlieds und beleuchtet die Darstellung von Trauer und gesellschaftlicher Demütigung. Das Kapitel "Erschließung der Sekundärliteratur" präsentiert und bewertet drei verschiedene Forschungsmethoden (sozialgeschichtlich, Gender Studies, Dekonstruktion) in Bezug auf ihre Anwendbarkeit auf die 17. Aventiure. Das Vorwort erläutert die Zielsetzung der Arbeit.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit zieht Schlussfolgerungen über die Stärken und Schwächen der verschiedenen Forschungsmethoden bei der Interpretation der 17. Aventiure und des Wandels in Kriemhilds Persönlichkeit. Die Ergebnisse zeigen die Vielschichtigkeit der Interpretation und die Grenzen einzelner methodischer Ansätze auf.
- Arbeit zitieren
- Denise Tennie (Autor:in), 2006, Die 17. Aventiure des Nibelungenlieds - ein Forschungsreferat und methodenkritische Interpreation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76652