Das Passiv wird unterschätzt

Formen und Funktionen des Passivs im Deutschen


Seminararbeit, 2006

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Formen des Passivs
2.1 Syntaktische Funktionen und thematische Rollen
2.2 Funktionen des Passivs

3. Analyse von Beispielsätzen

4. Schlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

Many professional German language-stylists commonly agree upon not to use the passive-form of a verb but prefer its active-form. In this paper I point out that – contradicting to the opinion of many German language-stylists – the use of the passive form can be very useful in some cases. To do so, I'll first explain the three most important German passive-forms of a verb. Following this I will allot semantic roles to the syntactic functions and demonstrate the functions of the passive form in this correlation. At the end of this paper, I will give some examples to display that the passive form of a verb is – in some cases – more useful than the active form.

1. Einleitung

Bei den deutschen Sprach-Stilisten hat das Passiv einen schweren Stand. Die meisten Sprachlehrer nehmen das Passiv ins Visier und unterscheiden sich dabei nur in der Wahl des Kalibers. So werben manche Sprachstilisten in sachlichem Ton für das Aktiv als die bessere, weil leichter verständliche Verbform. Mit Vehemenz dagegen verteufelt Wolf Schneider das Passiv – in seiner Stilkunde Deutsch für Kenner betitelt er ein Kapitel mit „Verben: Die Königswörter“, nimmt aber die Passiv-Form explizit aus. Ihr widmet Schneider das Unterkapitel „Das leidige Passiv“ und verdammt sie dort als „späte, künstliche, gleichsam entmenschlichte Form des Verbs“ (Schneider 2005: 71).

Nicht umsonst, argumentiert Schneider, kommt das Passiv im Deutschen erheblich seltener vor als das Aktiv – in der Dichtung stehen 1,5 Prozent der Sätze im Passiv, in wissenschaftlichen Werken 6,7 Prozent, in der Trivialliteratur 1,2 Prozent. Selbst in Gebrauchsanweisungen oder Kochbüchern, die verhältnismäßig viele Passivformen enthalten, kommt es nur auf 10,5 Prozent (vgl. Schneider 2005: 71).

Schneiders pauschaler Verdammung des Passivs möchte ich mich indes nicht anschließen. In der vorliegenden Arbeit werde ich stattdessen zeigen, welche Passivformen es im Deutschen gibt und welche Funktionen sie haben. Anschließend werde ich anhand einiger Beispielsätze demonstrieren, welche Vorteile das Passiv gegenüber der Aktiv-Form hat.

Aktiv und Passiv werden unter Genus verbi zusammengefasst. Genus verbi ist eines von fünf Merkmalen – neben Numerus, Person, Tempus und Modus – hinsichtlich derer ein Verb gekennzeichnet ist (vgl. Pittner/Bermann 2004: 68). Andere Autoren bezeichnen Aktiv und Passiv auch als Diathesen eines Verbs (vgl. Eisenberg 2004: 125).

In der Literatur werden eine Reihe von Passiv-Formen diskutiert. Ich beschränke mich darauf, Vorgangspassiv, Zustandspassiv und Rezipientenpassiv samt ihrer Funktionen vorzustellen. Weitere Passivformen (darunter das unpersönliche Passiv), die Passivfähigkeit von Verben, Abgrenzungsprobleme beim Zustandspassiv sowie die Diskussion Streit um die Existenz von Zustands- und Rezipientenpassiv behandle ich in dieser Arbeit nicht.

2. Formen des Passivs

Vorgangs-, Zustands- und Rezipientenpassiv sind analytische Verbformen, die aus einem Hilfsverb plus dem Partizip II eines Vollverbs bestehen. Die Argumentstruktur eines Verbs ändert sich im Passiv nicht (vgl. Pittner/Bermann 2004: 68 f.).

Das Vorgangspassiv wird gebildet aus dem Hilfsverb werden und dem Partizip II eines Vollverbs, es heißt daher auch werden-Passiv (vgl. Eisenberg et al 2005: 474). Das Subjekt des Aktivsatzes fällt im Passivsatz weg oder wird als fakultative von-Phrase realisiert (seltener: durch-Phrase, vgl. Eisenberg et al 1998: 177). Das Akkusativobjekt des Aktivsatzes ist Subjekt des Passivsatzes (vgl. Pittner/Bermann 2004: 69). Zum Beispiel:

Aktiv: Wolf Schneider mag das Passiv nicht.

Passiv: Das Passiv wird (von Wolf Schneider) nicht gemocht.

Das Zustandspassiv besteht aus dem Hilfsverb sein und dem Partizip II eines Vollverbs, weswegen es auch sein-Passiv genannt wird (vgl. Eisenberg et al 2005: 476). In dieser Form wird ebenfalls das Akkusativobjekt des Aktivsatzes zum Subjekt des Passivsatzes, allerdings muss das Subjekt des Aktivsatzes in der Regel unrealisiert bleiben (vgl. Pittner/Bermann 2004: 72). So in folgendem Beispiel:

Aktiv: Wolf Schneider unterschätzt das Passiv.

Passiv: Das Passiv ist unterschätzt.

Passiv: *Das Passiv ist von Wolf Schneider unterschätzt.

Das Rezipientenpassiv wird gebildet mit den Hilfsverben bekommen, erhalten oder kriegen sowie dem Partizip II eines Vollverbs (vgl. Pittner/Bermann 2004: 74). Die Form mit kriegen gilt als umgangssprachlich, die Bildung mit bekommen ist in der Standardsprache üblich, das Rezipientenpassiv mit erhalten gilt als gehoben (vgl. Engel 1988: 454). Bei dieser Passivform wird das Dativobjekt des Aktivsatzes zum Subjekt des Passivsatzes, das Subjekt des Aktivsatzes kann im Passiv wegfallen oder als von-Phrase realisiert werden (vgl. Pittner/Bermann 2004: 74). Ein Beispiel:

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das Passiv wird unterschätzt
Untertitel
Formen und Funktionen des Passivs im Deutschen
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Deutsches Institut)
Veranstaltung
Thematisches Proseminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V76881
ISBN (eBook)
9783638823838
ISBN (Buch)
9783640616220
Dateigröße
408 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Passiv, Formen, Funktionen, Verwendung
Arbeit zitieren
Florian Zerfaß (Autor:in), 2006, Das Passiv wird unterschätzt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76881

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