1. Einleitung
Die Europäische Union als rechtliche, politische und wirtschaftliche Instanz ist eine einzigartige Institution in dem globalen Politikgeflecht. Es ähnelt in seinen Merkmalen zwar einer regulären internationalen Organisation, wie zum Beispiel den Vereinten Nationen, da sie sich auf völkerrechtlichen Verträgen gründet, gemeinsame Zielsetzungen beschreibt und über handlungs- und beschlussfähige Organe verfügt, in denen Mitgliedstaaten sich regelmäßig zusammenfinden und –arbeiten. Das Ausmaß der supranationalen Entscheidungen und Beschlüsse geht jedoch weit über das übliche Maß hinaus. In einem schrittweisen Integrations- und Verknüpfungsprozess ist aus der ursprünglich reinen Wirtschaftsgemeinschaft ein komplexes System von rechtlichen, politischen und ökonomischen Interdependenzen entstanden, das zunehmend auf gemeinschaftliches Handeln der heutzutage 27 Mitgliedstaaten setzt. Durch den fortlaufenden Prozess der Europäisierung werden weitreichende Kompetenzen der nationalen Parlamente an die supranationalen Organe, wie dem Europäischen Parlament (kurz EP) oder dem Europäischen Rat, abgegeben. Hoheitliche Aufgaben werden in vielen Bereichen nicht mehr vom nationalen Parlament wahrgenommen, sondern von den besagten EU-Organen durch Vorlagen und Rahmengesetzgebung vorgegeben. Durch den nur zögerlich fortschreitenden Demokratisierungsprozess der Union und Rechtsprechungen verfassungsstaatlicher Gerichte, wie dem Deutschen Bundesverfassungsgericht, ist die Anforderung an die Europäische Union gewachsen, die nationstaatlichen Parlamente in Rechtsetzungsverfahren miteinzubeziehen. Die Frage, die sich dabei aufwirft, ist, mit welchem Instrument und in welchem Ausmaß diese Rückkoppelung an die Parlamente erfolgen soll.
Die Hausarbeit wird sich im folgenden damit beschäftigen, wie die Verträge der Europäischen Gemeinschaft und Union in den letzten 50 Jahren seit der Unterzeichnung der Römischen Verträge zur Übertragung hoheitlicher Kompetenzen von nationaler auf EU-Ebene geführt haben. Zudem soll dargestellt werden, wie sich der Deutsche Bundestag an der Ausgestaltung europäischer Politik beteiligt, welche Möglichkeiten sich ihm und anderen nationalen Parlamenten vor allem durch den Vertrag von Amsterdam eröffnet haben und ob er tatsächlich Einfluss auf Rechtsetzung primärer und sekundärer Art ausüben kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Befugnisserweiterung der Organe der Europäischen Gemeinschaft im historischen Kontext
- Die Beteiligung des Deutschen Bundestages an der Ausgestaltung europäischer Politik
- Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union des Bundestages. Zusammensetzung und Tätigkeitsschwerpunkte.
- Beschlussfassungen – Mitwirkungsmöglichkeit des Deutschen Bundestages an der Ausgestaltung europäischer Gesetzesvorhaben?
- Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Vertrag von Maastricht und dessen Bedeutung...
- Der Vertrag von Amsterdam und die Stärkung der Konferenz der Europa-Ausschüsse der nationalen Parlamente in der EU.
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Übertragung hoheitlicher Kompetenzen von nationaler auf EU-Ebene im Kontext der Europäische Gemeinschaft und Union der letzten 50 Jahre. Dabei wird speziell die Beteiligung des Deutschen Bundestages an der Ausgestaltung europäischer Politik beleuchtet.
- Die historische Entwicklung der Befugniserweiterung der Organe der Europäischen Gemeinschaft
- Die Mitwirkung des Deutschen Bundestages in der europäischen Politikgestaltung
- Die Rolle des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union des Bundestages
- Der Einfluss des Bundesverfassungsgerichts auf die Beziehung zwischen Deutschland und der EU
- Die Möglichkeiten des Deutschen Bundestages zur Einflussnahme auf die Rechtsetzung der EU
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung bietet einen Überblick über die Europäische Union als einzigartige Institution im globalen Politikgefüge und beleuchtet die zunehmende Abgabe hoheitlicher Kompetenzen nationaler Parlamente an die supranationalen Organe der EU. Die Hausarbeit widmet sich der Frage, wie der Deutsche Bundestag an der Gestaltung europäischer Politik teilnimmt und in welchem Ausmaß er Einfluss auf die Rechtsetzung der EU ausüben kann.
Kapitel 2 befasst sich mit der historischen Entwicklung der Befugniserweiterung der Organe der Europäischen Gemeinschaft. Es werden wichtige Meilensteine wie die Unterzeichnung des Schuman-Plans, die Römischen Verträge, der Fusionsvertrag und der Vertrag von Maastricht erläutert. Auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in den sogenannten Solange-Beschlüssen werden in diesem Kapitel beleuchtet.
Kapitel 3 fokussiert auf die Beteiligung des Deutschen Bundestages an der Ausgestaltung europäischer Politik. Es analysiert die Zusammensetzung und Tätigkeitsschwerpunkte des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union des Bundestages und untersucht die Möglichkeiten des Deutschen Bundestages zur Mitwirkung bei der Ausgestaltung europäischer Gesetzesvorhaben.
Schlüsselwörter
Europäische Union, Europäisierung, Deutscher Bundestag, Europäisches Parlament, Europäischer Rat, supranationale Organe, hoheitliche Kompetenzen, Rechtsetzung, Mitwirkungsrechte, Verträge, Solange-Beschlüsse, Vertrag von Maastricht, Vertrag von Amsterdam.
- Arbeit zitieren
- Marc Grezlikowski (Autor:in), 2007, Die Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages in Angelenheiten der Europäischen Union hinsichtlich der Übertragung nationaler Kompetenzen auf EU-Organe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76934