In Aquileia in Oberitalien wurde unter dem Dom aus dem 11. Jahrhundert Anfang des 20. Jahrhunderts eine Kirchenanlage aus der Zeit um um und unmittelbar nach 313 n. Chr. ausgegraben. Zwei der drei Säle des Komplexes sind mit Bodenmosaiken ausgestattet, deren sehr guter Erhaltungszustand und vor allem deren Bildmotivik mit christlichen Inhalten – darunter Darstellungen der Jonasgeschichte – es erlauben, die frühmittelalterliche Kunst des Bodenmosaiks und dabei vor allem die frühe christliche Ikonographie an der Schnittstelle der Entwicklung von der 'heidnischen' Spätantike zum christlichen Frühmittelalter exemplarisch zu beleuchten. Die Mosaiken von Aquileia stehen stilistisch in der Tradition polychromer Bodenmosaiken, wie sie im 4. Jahrhundert n. Chr. im gesamten Gebiet des römischen Reichs in privaten und öffentlichen Gebäuden verbreitet waren. Im ersten Kapitel wird ein Überblick über die Entwicklung des römischen Bodenmosaiks bis zu diesem Zeitpunkt gegeben und gezeigt, wie sich diese Kunstform von der reinen Dekorationskunst hin zum „Gedankenträger“ entwickelte, was eine Voraussetzung für die Interpretation der Aquileia-Mosaiken im christlichen Sinn ist. Die besonderen Umstände der frühchristlichen Kunst vor dem Hintergrund des „Bilderverbots“ werden erläutert, aus denen heraus sich diese nach 313 rasch in eine eigene Richtung bewegte, die in die Kunst des Frühmittelalters mündet. Es folgt die Baugeschichte der Kirchenanlage von Aquileia – mit einem kurzen Exkurs über die Problematik der ursprünglichen Entstehung – und die Beschreibung der Mosaiken unter besonderer Berücksichtigung der Motive, die gemeinhin als christlich interpretiert werden. Die Problematik dieser Deutungen wird anhand der einzelnen Darstellungen und ihrem Kontext im gesamten Mosaik unter Einbeziehung der kontroversen Forschungen behandelt. In Kapitel 4 wird schließlich dieses Deutungsproblem unter Heranziehung anderer figürlicher Bodenmosaike aus frühchristlicher Zeit, namentlich den 'Oratorien' von Aquileia (Mosaiken von Privathäusern aus dem 4. Jahrhundert) und zweier Beispiele aus England, diskutiert. Dabei geht es auch um die Frage, inwieweit die christliche Interpretation bestimmter Motive Schlussfolgerungen zum Entstehungskontext eines Mosaiks rechtfertigt. Abschließend wird ein Ausblick auf die weitere Entwicklung des Bodenmosaiks im christlichen Kontext hin zum frühen Mittelalter gegeben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das römische Bodenmosaik - Mosaiken als Gedankenträger
- Vom Emblemmosaik zum römischen Schwarz-Weiß-Mosaik
- Verbindung von Motiv und Raumfunktion
- Das spätantike Bodenmosaik
- Bodenmosaik im Kontext frühchristlicher Kunst
- Die christliche Kultanlage unter dem Dom von Aquileia
- Historische Einordnung
- Baugeschichte
- Das 'Ursprungs'-Problem
- Die Mosaiken der Nordhalle
- Die Mosaiken der Südhalle
- Bildnisse
- 'Victoria Eucharistia'
- Der 'Gute Hirte'
- Hahn und Schildkröte
- Das Meerbild
- Die Deutungsproblematik frühchristlicher Mosaiken: Aquileia und Britannien
- Die 'Oratorien' von Aquileia
- Die Mosaiken von Frampton und Hinton St. Mary
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht frühchristliche Bodenmosaiken am Beispiel der Kirchenanlage unter dem Dom von Aquileia in Friaul (Oberitalien). Das Ziel ist es, die Entwicklung der frühmittelalterlichen Kunst des Bodenmosaiks und die frühe christliche Ikonographie an der Schnittstelle von Spätantike und Frühmittelalter zu beleuchten.
- Die Entwicklung des römischen Bodenmosaiks von der Dekorationskunst zum „Gedankenträger“
- Die Besonderheiten der frühchristlichen Kunst vor dem Hintergrund des „Bilderverbots“
- Die Baugeschichte der Kirchenanlage von Aquileia und die Interpretation der Mosaikmotive
- Die Deutungsproblematik frühchristlicher Mosaiken anhand von Beispielen aus Aquileia und England
- Die weitere Entwicklung des Bodenmosaiks im christlichen Kontext hin zum frühen Mittelalter
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 bietet einen Überblick über die Entwicklung des römischen Bodenmosaiks vom Emblemmosaik zum monochromen Mosaik, wobei die Bedeutung der Mosaikkunst als „Gedankenträger“ im Vordergrund steht. Kapitel 3 befasst sich mit der Kirchenanlage von Aquileia, ihrer Baugeschichte und den Mosaiken in der Nord- und Südhalle, mit besonderem Augenmerk auf die Interpretation der christlichen Motive. Kapitel 4 diskutiert die Deutungsproblematik anhand von Beispielen aus Aquileia und England und fragt nach dem Zusammenhang zwischen Motiven und Entstehungskontext.
Schlüsselwörter
Frühchristliche Kunst, Bodenmosaik, Aquileia, Ikonographie, Deutungsproblematik, Spätantike, Frühmittelalter, Bilderverbot, Oratorien, Emblemmosaik, opus tesselatum, opus vermiculatum.
- Arbeit zitieren
- Caroline Reusch (Autor:in), 2007, Deutung frühchristlicher Bodenmosaiken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77018