Gegen Mittag des 30.1.1933 wurde das laufende Rundfunkprogramm unterbrochen und aus den Lautsprechern tönte folgende Nachricht: „Der Führer der Nationalsozialisten, Adolf Hitler, ist soeben von dem Herrn Reichspräsidenten zum Reichskanzler ernannt worden, auf Grund von einer längeren Besprechung, die der Herr Reichspräsident mit Herrn Hitler sowie Herrn von Papen hatte.“1 An diesem Tag sollte die radikale Machtergreifung Hitlers beginnen, die das Leben der deutschen Bevölkerung vollkommen veränderte. Erklärtes Ziel des neuen Reichskanzlers war die Gleichschaltung, d.h. das Ende des Pluralismus auf allen Ebenen des öffentlichen Lebens.2 Innerhalb von nur zwanzig Monaten konnte dieses Ziel in die Tat umgesetzt werden.
Im Folgenden soll nun ein grober Überblick über die wichtigsten Stufen der Umsetzung dieser Gleichschaltung in den Jahren 1933/34 skizziert werden. Ausgehend von den Voraussetzungen, sollen entscheidende Schritte im politischen, wirtschaftlichen, ideologischen, kulturellen und militärischen Bereich aufgezeigt werden. Ziel dieser Arbeit ist es, die Gesamtentwicklung nachzuvollziehen, ohne sich dabei im Detail zu verlieren.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Voraussetzungen
III. Gleichschaltung der Länder
IV. Übernahme der Gewerkschaften
V. Das Ende der Parteien
VI. Ideologische Gleichschaltung
VII. Vereidigung der Wehrmacht auf den Führer
VIII. Schlussbetrachtung
IX. Quellen - und Literaturverzeichnis:
I. Einleitung
Gegen Mittag des 30.1.1933 wurde das laufende Rundfunkprogramm unterbrochen und aus den Lautsprechern tönte folgende Nachricht: „Der Führer der Nationalsozialisten, Adolf Hitler, ist soeben von dem Herrn Reichspräsidenten zum Reichskanzler ernannt worden, auf Grund von einer längeren Besprechung, die der Herr Reichspräsident mit Herrn Hitler sowie Herrn von Papen hatte.“ [1] An diesem Tag sollte die radikale Machtergreifung Hitlers beginnen, die das Leben der deutschen Bevölkerung vollkommen veränderte. Erklärtes Ziel des neuen Reichskanzlers war die Gleichschaltung, d.h. das Ende des Pluralismus auf allen Ebenen des öffentlichen Lebens.[2] Innerhalb von nur zwanzig Monaten konnte dieses Ziel in die Tat umgesetzt werden.
Im Folgenden soll nun ein grober Überblick über die wichtigsten Stufen der Umsetzung dieser Gleichschaltung in den Jahren 1933/34 skizziert werden. Ausgehend von den Voraussetzungen, sollen entscheidende Schritte im politischen, wirtschaftlichen, ideologischen, kulturellen und militärischen Bereich aufgezeigt werden. Ziel dieser Arbeit ist es, die Gesamtentwicklung nachzuvollziehen, ohne sich dabei im Detail zu verlieren.
II. Voraussetzungen
Die Gleichschaltung erfolgte nicht in einer einmaligen Blitzaktion, sondern kam nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler nur schleppend in Gang und wurde anfangs sehr zögernd umgesetzt. Zum einen befürchtete Hitler, dass eine schlagartige Umorientierung zu diesem Zeitpunkt die deutsche Bevölkerung vor den Kopf stoßen würde. Zum anderen entschied sich der neue Reichskanzler dafür, zunächst vorsichtig zu taktieren, um bei der noch relativ instabilen innenpolitischen Lage im Januar 1933, ein Eingreifen von außen zu vermeiden. Doch der wohl ausschlaggebendste Grund waren Spannungen innerhalb der NSDAP, die sich aufgrund von Rivalitäten, Meinungsverschiedenheiten und Kompetenzstreitigkeiten einzelner Parteifunktionäre untereinander ergaben. Die Parteispitze konnte sich nicht über die Strategie der geplanten Gleichschaltung einigen. Die Verzögerung der Umsetzung lag schlichtweg daran, dass im Januar 1933 noch kein klares Konzept dafür vorlag.[3]
Hitler selbst widmete sich kurz nach seiner Ernennung zum Reichskanzler zunächst der Aufgabe, die eigene Machtposition und die der NSDAP zu stärken, sowie weiter auszubauen. Seiner Forderung vom 31.1.1933, den Reichstag aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen, gab der Reichspräsident Hindenburg am 1.2.1933 nach und setzte als neuen Wahltermin den 5.3.1933 fest. Um die Bedingungen des Wahlkampfes so günstig wie möglich zu gestalten, veranlasste das Kabinett den Reichspräsidenten, unter Hinweis auf die am 31.1.1933 ergangene Aufforderung der Kommunisten zum Generalstreik, eine Notverordnung „Zum Schutz des deutschen Volkes“ zu erlassen. Diese Notverordnung vom 4.2.1933 hatte erhebliche Einschränkungen der Presse-, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit zur Folge. Sie war somit ein ideales Instrument der NSDAP, um gegnerische Parteien in ihrer politischen Agitation während des Wahlkampfes zu beschränken und zu kontrollieren.[4]
Eine endgültige Vormachtstellung der NSDAP ergab sich allerdings erst mit dem 27.2.1933, dem Tag des Reichstagsbrandes. Selbst bis heute sind die genauen Umstände dieses Ereignisses und die Täterschaft des ehemaligen holländischen Kommunisten Marinus van der Lubbe noch nicht vollständig aufgeklärt. Doch die NSDAP, allen voran Göring und Goebbels, nutzte die Gelegenheit und verbreitete die These eines gezielten kommunistischen Anschlags unter Mitverantwortung der Sozialdemokraten.[5] Unmittelbar am nächsten Tag, dem 28.2.1933, erging dann die 2. Notverordnung „Zum Schutz von Volk und Staat“, sowie eine „Verordnung gegen Verrat und hochverräterische Umtriebe“. Die sogenannte Reichstagsbrandverordnung setzte praktisch alle Grundrechte bis auf weiteres außer Kraft, begründete den permanenten Ausnahmezustand und ermöglichte Verhaftungen, Verbote und Beschränkungen gegenüber politischen Gegnern der NSDAP.[6]
Trotz dieser enormen Behinderung der Wahlkampfgegner, verfehlte die NSDAP am Wahltag mit 43,9 % der Stimmen die absolute Mehrheit. Es war demnach fraglich, ob Hitler die nötige Zweidrittelmehrheit für sein geplantes Ermächtigungsgesetz aufbringen konnte. Die KPD-Fraktion war zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig inhaftiert und stellte somit für Hitler kein Hindernis mehr dar. Trotzdem war die Zustimmung des Zentrums, v.a. aus Prestigegründen, unabdingbar für die NSDAP. Die Zentrumsfraktion forderte als Gegenleistung für ihr positives Votum einige rechtsstaatliche und kirchenpolitische Zugeständnisse. Hitler stimmte offiziell diesen Forderungen zu, sah sich jedoch persönlich nicht daran gebunden. Durch dieses geschickte Taktieren gelang es ihm tatsächlich, die notwendigen Stimmen des Zentrums für sich zu gewinnen. Am 23.3.1933 wurde das Ermächtigungsgesetz „Zur Behebung der Not von Volk und Reich“ mit 444 Ja-Stimmen verabschiedet. Lediglich die SPD hatte geschlossen mit 94 Stimmen gegen das Gesetz votiert. Dieses Gesetz ermöglichte es der Regierung, Gesetze, auch verfassungsändernden Inhalts, ohne den Reichstag zu erlassen. Ferner war Hitler nun unabhängig gegenüber dem Reichspräsidenten. Der Reichstag hatte sich durch diesen Beschluss selbst entmachtet und Hitler war es gelungen, jegliche parlamentarische Kontrolle seiner Handlungen zu beseitigen. Gotthard Jasper zufolge kann jedoch weniger vom Selbstmord des Parlaments, als vielmehr von einem zu Tode getriebenen Reichstag gesprochen werden. Aufgrund der bereits verhafteten Abgeordneten der Linksparteien, war am 23.2.1933 keine ordnungsgemäße Besetzung des beschließenden Parlaments gegeben. Massive Drohungen, verstärkt durch die Anwesenheit von SA und SS in der Kroll-Oper, beeinträchtigten die Entscheidungsfreiheit der einzelnen Abgeordneten in unzulässiger Weise. Selbst die noch am gleichen Tag eingeholte Zustimmung des Reichsrats kam ebenfalls unter nicht ordnungsgemäßer Besetzung und im Kontext einer gewaltigen Drohkulisse zustande. Zweifelsohne war das Ermächtigungsgesetz allein aufgrund formaler Mängel nicht legal. Von der Seite des materiellen Rechts aus betrachtet war jedoch sein verfassungsändernder Inhalt durchaus konform mit der Weimarer Verfassung. Doch das Zustandekommen des Ermächtigungsgesetzes wurde nicht in Frage gestellt und entfaltete seine volle Wirkung.[7]
Nach den Wahlen am 5.3.1933 und der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes, hatte Hitler nun seine Machtposition in gewünschtem Maße weiter ausbauen können. Auf dieser Basis sollte nun ein Schlag gegen die Länder erfolgen. Inzwischen hatte man sich auch eine geeignete Strategie zur effektiven Durchsetzung der Gleichschaltung zurechtgelegt. In einem ersten Schritt, sollten Truppen der SA und SS gezielt Druck „von unten“ durch inszenierte Terrorakte erzeugen, der dann in einem zweiten Schritt durch einen „legalen“ Eingriff „von oben“ eingedämmt werden würde. Diese Taktik war keineswegs neu und hatte sich bereits im Juli 1932 in Preußen bewährt.[8]
III. Gleichschaltung der Länder
Den Auftakt zur Gleichschaltung der Länder hatte bereits der sogenannte „Preußenschlag“ vom 20.7.1932 gebildet. Im Laufe des Jahres 1932 hatte sich die Situation in Preußen aufgrund von gewalttätigen Konfrontationen von SA, SS und Rotfront immer mehr zugespitzt. Die Lage entwickelte sich zunehmend in Richtung eines Bürgerkrieges. Der am 1.7.1932 eingesetzte Reichskanzler Franz von Papen sah darin eine Gelegenheit, die Regierungskoalition aus SPD und Zentrum zu entmachten. Reichspräsident Hindenburg erließ daraufhin am 20.7.1932 eine „Verordnung zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Preußen“ gemäß Art. 48 der Reichsverfassung. Papen zufolge war die Regierung unter Braun/Servering nicht imstande, den Terrorakten in Preußen ein Ende zu setzen. Dies ermöglichte eine offizielle Rechtfertigung für das Einschreiten der Reichsregierung, die Braun/Severing absetzte und Franz von Papen in das Amt des Reichskommissars erhob. Der Posten des kommissarischen Innenministers fiel an Hermann Göring, der dadurch den Oberbefehl über den Großteil der deutschen Polizeitruppen erlangte und sich somit ein nicht zu unterschätzendes Machtpotential verschaffte. Die abgesetzte Regierung klagte daraufhin vor dem Staatsgerichtshof des Deutschen Reiches, da sie in Papen`s Vorgehen eine verfassungswidrige Intervention des Reiches in die Ländersouveränität Preußens sah. Doch der Staatsgerichtshof fällte sein Urteil zugunsten der Reichsregierung und erklärte die „Reichsexekution Preußens“ für rechtens.
Nachdem alle Versuche der NSDAP, eine Selbstauflösung des preußischen Landtags zu bewirken gescheitert waren, gelang es von Papen am 6.2.1933, eine weitere Notverordnung zu erwirken, die die Auflösung des preußischen Landtages ermöglichte.
Dieser zweite Staatsstreich führte zum vollständigen Verlust der politischen Selbständigkeit Preußens und kann wohl als erster Markstein auf dem Weg zur Gleichschaltung der Länder betrachtet werden. Ohne Zweifel stellt dieser Eingriff in die Eigenständigkeit eines Landes, einen entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung Deutschlands von der Demokratie zur Diktatur dar.[9]
Dieser erfolgreiche Versuch demonstrierte musterhaft, dass es möglich war, die Länderhoheit und ihre Kompetenzen zu untergraben und widerstandslos die politische Führung an sich zu reißen. Was in Preußen mittels einer simplen Taktik geglückt war, sollte nun auch in den anderen Ländern in Angriff genommen werden. Diesmal jedoch unter der Führung Hitlers.
Als erstes außerpreußisches Zielobjekt geriet Hamburg in das Visier der Nationalsozialisten. Reichsinnenminister Frick hatte ein 14-tägiges Verbot der SPD- Zeitung „Hamburger Echo“ gefordert. Die bürgerliche Senatsmehrheit wagte es nicht, sich der Forderung Fricks zu widersetzen. Stattdessen traten der Senatspräsident Petersen und drei weitere SPD- Senatoren von ihrem Posten zurück und entzogen sich somit der Verantwortung. Diese Gelegenheit ließen die Nationalsozialisten nicht verstreichen und setzen ihre Forderung, den Kommandeur der Hamburger Ordnungspolizei durch einen Nationalsozialisten zu ersetzen, durch. Dieser schnelle und unmittelbare Griff nach der Leitung der Polizei war ein bewusst eingesetztes, strategisches Mittel zur Gleichschaltung, denn schon kurz darauf hissten NS-Polizeibeamte demonstrativ Hakenkreuzflaggen auf öffentlichen Gebäuden. Der völlig überforderte Rumpfsenat wagte es nicht, gegen diese offensichtliche Okkupation vorzugehen. Der Senat sah keine Möglichkeit, ein Vorgehen gegen die gesetzeswidrige Beflaggung durch die eigene Polizei durchzusetzen. Daraufhin ordnete Frick an, dass der Hamburger SA-Standartenführer, Polizeileutnant a.D. Alfred Richter, als kommissarischer Polizeibeauftragter des Reiches eingesetzt wurde. Mit Widerstand durch den Hamburger Senat war nicht mehr zu rechnen. Ähnlich dem Staatsstreich vom 20.7.1932 in Preußen, wurde als Legitimation des Eingriffs der Reichsebene angegeben, der Senat sei nicht mehr in der Lage, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten.[10] Diesmal war es jedoch nicht mehr nötig, den Art. 48 WRV als gesetzliche Grundlage heranzuziehen, denn die Reichstagsbrandverordnung vom 28.2.1933 gab den Nationalsozialisten genug rechtlichen Spielraum, ihr Vorgehen zu rechtfertigen.
[...]
[1] Zit. n. Harald Focke/ Monika Strocka, Alltag der Gleichgeschalteten, Reinbek 1985, S.14.
[2] Der Brockhaus Geschichte, Bd.3, Augsburg 2001, S.183.
[3] Johannes Hampel, Der Nationalsozialismus, Bd. 1, Machtergreifung und Machtsicherung 1933-1935, München 3.Aufl. 1994, S.49.
[4] Vgl. Martin Brozat, Der Staat Hitlers, München 7.Aufl. 1978, S. 82-89.
[5] Sebastian Haffner, Von Bismarck zu Hitler, München 1989, S. 234 f.
[6] Vgl. Brozat, Der Staat Hitlers, S. 99-105.
[7] Vgl. Gotthard Jasper, Die gescheiterte Zähmung, Frankfurt a.M. 1986, S.126-139.
[8] Hampel, Der Nationalsozialismus, Bd. 1, Machtergreifung und Machtsicherung 1933-1935, S.58.
[9] Vgl. Karl Dietrich Bracher, Die Auflösung der Weimarer Republik, Villingen 3.Aufl. 1960, S.582-600.
[10] Vgl. Jasper, Die gescheiterte Zähmung, S.139-146.
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