Zum historischen Begriff von Arbeits- und Zeitverständnis


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

13 Seiten, Note: 2,1


Leseprobe


Gliederung

1. Einführung
1.1.Einleitung
1.2.LeitendeFragestellungen
1.3. Zur Entwicklung des heutigen Verständnisses von Zeit

2.Hauptteil
2.1. Die Trennung von Arbeits- und Freizeit - eine Erscheinung des 20.Jahrhunderts?
2.2. Wie gliederte sich die Arbeitszeiteinteilung in vorindustrieller Zeit ?
2.3. Wie und aus welchen Gründen setzten sich Gewerkschaften für die 40- Std. - Woche ein ?
2.3.Kinderarbeit
2.5. Geschlechtsspezifische Aspekte im Arbeits- und Freizeitverhalten

3.Ausblick
3.1. Welche Veränderungen erfährt die Zeitstrukturierung des Arbeitsmarktes heute ?
3.2. Welche Chancen und Gefahren bergen diese ?

1. Einführung

1.1.Einleitung

Im Rahmen dieser Hausarbeit habe ich mich mit dem historischen Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und Zeitverständnis in Westeuropa befaßt. Ich stützte mich dabei auf Quellen, die sich mit dem Aufkommen der Gewerkschaften befaßten, sowie mit dem theoretischen Hintergrund des Zeitverständnisses, bzw die eine Aufsatzsammlung zu 'frauenspezifischen' Erfahrungen mit Arbeitszeit boten.

Mit dieser Hausarbeit möchte ich einen äußerst groben Umriß der geschichtlichen Zusammenhänge geben, aus denen die gewerkschaftlichen Bestrebungen nach kürzerer Arbeitszeit erwuchsen und beleuchten, inwiefern die gewerkschaftlichen Errungenschaften des frühen 20. Jahrhunderts sich auf das heutige gesellschaftliche Leben auswirken, bzw welche Relevanz sie noch haben. Die Thematik des Zeitverständnisses stellte sich mir als äußerst komplex dar, da sie eine große historische Dimension hat. Mein Interesse war es daher, mich auf einen Teilbereich zu beschränken. Zu dem gewählten Thema wären weitere Ausführungen möglich gewesen, z.B. die Behandlung der Frage, wie der Kampf um kürzere Arbeitszeiten in anderen europäischen Ländern geführt wurde oder aber z. B. inwiefern geschlechtsspezifische Arbeitsverteilung sich bis heute gehalten oder geändert hat. Die Bearbeitung dieser Fragen hätte jedoch den Rahmen der Hausarbeit überschritten. Im ersten Teil werde ich eingehen auf die theoretische Ebene, basierend auf einem Text von Norbert Elias. Ich werde kurz beschreiben, wie Elias die Entwicklung des modernen Zeitverständnisses skizziert und wie er das Wesen der Zeit beschreibt, um die so erbittert gekämpft wurde. Anhand der theoretischen Basis werde ich daraufhin auf das allgemeine Verständnis von Arbeitszeit eingehen. Dazu möchte ich in den historischen Kontext der Zeit vor und während der Industrialisierung einführen und versuchen, die Abgrenzung zur Zeit des frühen 20. Jahrhunderts zu bestimmen. Ich werde auf die Arbeit der Gewerkschaften eingehen und mich daraufhin mit den Fragen des Kampfes um Arbeitsschutzgesetze befassen. Wieviel Stunden Arbeitszeit wurden wann für angemessen gehalten ? War die Arbeitszeit per Gesetz festgelegt? Wie wurde erreicht, dass Kinderarbeit verboten wurde ? Zur Veranschaulichung habe ich eine Tabelle beigefügt, die die durchschnittliche Arbeitszeit von Kindern in Deutschland um 1825 darstellt. Leider habe ich keine ähnliche Tabelle zur Situation im ausgehenden 19. Jahrhundert gefunden, die einen Vergleich ermöglicht hätte.

Zum Abschluß des Hauptteils werde ich auf geschlechtsspezifische Aspekte eingehen und erläutern, in welcher Realität insbesondere Frauen und Mädchen lebten und arbeiteten. Abschließend werde ich das Thema zusammenfassend aus heutiger Sichtweise kommentieren und einen sehr allgemeinen Ausblick auf die aktuelle Situation geben.

1.2.LeitendeFragestellungen

Folgende Fragestellungen boten u. a. ein Gerüst für den Aufbau der Hausarbeit:

Wie strukturiert sich das Zeitverständnis ?

Ist das Empfinden von Zeit ein Aspekt der Sozialisation ? Falls ja, inwiefern bedingt die Arbeitsstruktur die Sozialstruktur ?

Gab es im 19. Jhd. eine Trennung von Arbeits- und Freizeit ?

Wie kann man sich geschlechtsspezifische Arbeitsteilung vorstellen ?

Welches sind geschlechtsspezifische Aspekte von Arbeitzeit und Wahrnehmung ?

1.3. Zur Entwicklung des heutigen Verständnisses von Zeit

Gemeinhin wird oft angenommen, dass Zeit eine einheitliche und objektive Konstante ist. Jedoch gibt es in verschiedenen Gesellschaften unterschiedliche Zeitmuster, z.B. zyklisch oder linear orientiert. Eine von Elias‘ grundlegenden Annahmen ist die, dass das Verständnis von Zeit in unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich ausgeprägt und keineswegs selbstverständlich ist. Zeitverständnis kann somit zyklisch oder linear sein oder weitere, andere Strukturformen annehmen. Auch Sprache verändert und entwickelt sich mit mit fortschreitendem Zeitempfinden von „unmittelbar“ in frühen Gesellschaften zu abstrakt in späteren Gesellschaften. So wurde früher das, was heute als „Nacht“ gilt, früher als „Schlaf“ bezeichnet oder der heutige „Monat“ als „Mond“. Die sozialen Prozesse waren in frühen Gesellschaften nicht zu trennen von den Naturereignissen, die sie bedingten. Zeit- Disziplinierung wurde früher durch elementare Bedürfnisse geregelt, wie Nahrungsbeschaffung und Schlaf. Zeitregulierung macht Zukunftsbezogenheit notwendig. Unmittelbare Bedürfnisse müssen zugunsten erwarteter, zukünftiger Bedürfnisse zurückgestellt werden. Unterläßt man eine Handlung zum gegenwärtigen Zeitpunkt, weil ein zukünftiger Zeitpunkt günstiger erscheint, setzt dies voraus, dass man sich gedanklich mit der Zukunft beschäftigen kann und sie als wahrscheinlich erachtet. Mit beruflicher Spezifizierung wie z.B. der Ausdifferenzierung von Handwerksberufen und organisatorischer Integration (der zeitlichen Abstimmung der Produktionsprozesse) wurde die Zeitbestimmung spezifischer und die Beziehung zwischen den Menschen zunehmend komplexer.Moderne arbeitsteilige Gesellschaften der westlichen Industrienationen könnten ohne eine einheitliche Strukturierung von Zeit nicht existieren. Zeit-Disziplinierung wurde mit fortschreitender gesellschaftlicher Entwicklung mehr und mehr von anderen Faktoren bestimmt als allein Schlaf oder Nahrungsbeschaffung. War der Selbstzwang, der einen Menschen veranlaßte, eine bestimmte Arbeit zu tun, bis ins 19. Jahrhundert hinein diskontinuierlich und punktuell (sozusagen ‚von der Hand in den Mund‘), so veränderte er sich allmählich zu kontinuierlich und allübergreifend im 20. Jahrhundert. Dieser veränderte Selbstzwang wurde durch Sozialisation ins Selbstverständnis eines jeden eingearbeitet. Die heutige Welt ist bedingt u. a. durch ihre Zeitstruktur; dies trifft auf jede Epoche der Entwicklung zu.

Zeit-Disziplinierung wurde im Zuge der Industrialisierung anhand von öffentlichen Einrichtungen (wie z. B. Schule) und gesetzlichen Bestimmungen ( z.B. Schulpflicht) erreicht. Auch mußte sich die arbeitende Bevölkerung an feste, punktuelle Arbeitszeiten (z.B. in Fabriken) gewöhnen; eine Nichteinhaltung der Arbeitszeit hatte schwere Konsequenzen für die eigene Existenz. Diese Veränderung der Zeitstruktur, ihre Ausdifferenzierung, hatte Folgen für das Lebensgefühl und das Verständnis von Zeit. Arbeitszeit wurde festgelegt und bestimmter als zuvor, somit entwickelte sich auch eine bestimmte, komplementäre Seite dazu: Freizeit. Die anfangs inhaltlich unbestimmte Nicht - Arbeitszeit entwickelte sich bis in die heutige Zeit, wo es klar gegliederte und definierte Freizeitangebote gibt.

2.Hauptteil

2.1. Die Trennung von Arbeits- und Freizeit - eine Erscheinung des 20.Jahrhunderts?

Vor dem 19. Jahrhundert war die Erwerbsarbeit in den häuslichen Bereich eingegliedert. Es gab meist keine Trennung zwischen Arbeitsplatz und Wohnort. Das damalige Zeitverständnis ließ sicherlich keine so klare Trennung von Arbeitszeit und Freizeit zu, wie sie heute bekannt ist. In der vorindustriellen Zeit waren Arbeitstage weniger klar abgegrenzt, da eine rationelle Zeitökonomie nicht zwingend war. Arbeit orientierte sich noch nicht an einer Auslastung der Maschinen, sondern am Potential der Arbeitenden. Doch ist daraus nicht zu schließen, dass vor der Industrialisierung paradiesische Zustände herrschten. Kinderarbeit war oft eine alltägliche Realität, ebenso die niedrige Entlohnung in vielen Berufszweigen der Lohnarbeit, die eine hohe Zahl von Arbeitsstunden zwingend machte. „Steigende Zeitregulierung ist Anzeiger steigender Ausdifferenzierung der Gesellschaft.“ (s. Elias, S. 75). Die Wandlung der freien Zeit zur „Freizeit“ ist ein Anzeiger steigender Zeitregulierung. Auch der Bereich der Zeit, der bisher unreguliert war, steht nun der Gestaltung frei, ist als eigener Bereich erkannt und regulierbar geworden. „In der Lohnarbeit setzte sich am schnellsten das Verständnis von Freizeit als Komplementärbereich zur Erwerbsarbeit durch.“ (Kessel, S. 21/22).

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Zum historischen Begriff von Arbeits- und Zeitverständnis
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte)
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
2,1
Autor
Jahr
2000
Seiten
13
Katalognummer
V77156
ISBN (eBook)
9783638826006
ISBN (Buch)
9783638827225
Dateigröße
440 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Begriff, Arbeits-, Zeitverständnis, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Christiana M. Wetzel (Autor:in), 2000, Zum historischen Begriff von Arbeits- und Zeitverständnis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77156

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