Kindheit und Erziehung im Wandel der Zeit

Die verbleibende Funktion von Erziehung in der modernen Gesellschaft


Diplomarbeit, 2006

93 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

1. Hinführung zur Thematik

2. Die Kindheit – Werdegang eines gesellschaftlichen Konstruktes
2.1. Definitionen des Begriffes Kindheit
2.2. Die Kindheit im Wandel der Zeit
2.2.1. Die Kindheit in der Antike
2.2.2. Die Kindheit im Mittelalter
2.2.3. Die Kindheit in der Neuzeit
2.3. Karrierestart der Kindheit
2.3.1. Entdeckung der Kindheit als eigenständige Lebensphase
2.3.2. Entdecker der Kindheit
2.3.2.1. John Locke
2.3.2.2. Jean Jacques Rousseau
2.3.2.3. Johann Heinrich Pestalozzi
2.3.2.4. Robert Owen
2.4. Die Kindheit heute
2.4.1. Aspekte, Einflüsse und Anforderungen eines modernen Kinderlebens
2.4.2. Gegensätzlichkeiten eines modernen Kinderlebens
2.4.2.1. Verlust oder Zunahme des geschützten Raumes?
2.4.2.2. Die Problematik der steigenden Kinderarmut
2.4.2.3. Die fortschreitende Konsumteilhabe in der Kindheit
2.4.3. Die zeitgenössischen Widerstände und Ausprägungen der einst freiwüchsigen Kindheit
2.4.3.1. Kindheit heute – Organisation von Freizeit und Freundschaften
2.4.3.2. Der Wandel in der Aneignung von symbolischer und materieller Kultur
2.4.3.3. Das veränderte Zeit- und Raumerleben
2.4.4. Die beständige Bedeutsamkeit der Familie
2.4.5. Die gesteigerte Bedeutung der Peer Group
2.4.6. Kindheit und Medien – Neil Postmans These vom Verschwinden der Kindheit

3. Erziehung im Überblick
3.1. Definitionen des Begriffes Erziehung
3.2. Der Erziehungsprozess
3.3. Die Erziehung im Wandel der Zeit
3.3.1. Allgemeine Übersicht
3.3.2. Die Reformpädagogik
3.3.3. Erziehung im Dritten Reich
3.3.4. Erziehung in der DDR - Exkurs zum deutschen Phänomen einer geteilten Kindheitsbiographie
3.3.5. Aspekte des Wandels ab 1945

4. Die gegenwärtige Erziehungssituation in Abhängigkeit zum sozialen Konstrukt der Kindheit
4.1. Die vernachlässigte Kompetenz der Selbsterziehung
4.2. Pro und Contra Erziehung, oder: Alles nur eine Frage der Quantität?
4.3. Es geht auch ohne Erziehung – und keiner vermisst sie
4.4. Warum die Erziehung zu scheitern droht
4.4.1. Kinder und ihre Erziehung als „Projekt“ der Eltern
4.4.2. Die Zunahme der so genannten Erziehungsunsicherheit
4.4.3. Unrealistische Vorstellungen hinsichtlich der Übernahme elterlicher Verantwortung
4.4.4. Die Wandlung des Erziehungsprozesses zum Sozialisationsprozess
4.5. Die Frage nach der verbleibenden Funktion von Erziehung in der modernen Gesellschaft
4.5.1. Das Verschwinden der Zukunft in die Gegenwart
4.5.2. Bildungsprozesse initiieren
4.5.3. Dialogfähigkeit anregen
4.5.4. Gemeinsam Grenzen neu vermessen
4.5.5. Werte für das Hier und Jetzt – und für alle
4.5.6. Moral und Ethik - Verantwortungsethik als Erziehungsziel
4.6. Keine Verlierer, keine Gewinner – ein Fazit
4.7. Ein neues soziales Phänomen: Die Infantilisierung Erwachsener
4.8. Der neue Generationenzusammenhang
4.9. Der Bezug zur Sozialen Arbeit

Quellenverzeichnis

Vorbemerkung

In dieser Arbeit wird die Thematik der Kindheit – des Kindseins – von verschiedenen Seiten aus beleuchtet. Dabei fliesen anthropologische, soziologische, pädagogische, kulturelle und historische Perspektiven mit ein, damit eine umfassende Auseinandersetzung mit der Thematik stattfinden kann. Die Frage, die sich u.a. angesichts steigender Erziehungsprobleme stellt, lautet: Ist die Erziehung heute so schwierig, weil die Kindheit „keine richtige“ Kindheit mehr ist, oder ist dagegen die Kindheit so problembehaftet, weil die Erziehung so schwierig geworden ist? Jedoch soll kein weiterer Erziehungsratgeber verfasst werden – Erziehung ist individuell und kann nicht nach Schema F empfohlen werden. Vielmehr möchte ich mich mit dieser Arbeit der Lebenssituation von Kindern annähern und dabei für die modernen Probleme der Kinder (und Jugendlichen) sensibilisieren, z.B. indem die Frage aufgeworfen wird, inwieweit Erziehung unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Wandlungsprozesse und dem Statuswandel des Kindes (noch) nötig bzw. möglich ist.

Die Institution Schule ist zwar ein wichtiger Aspekt von Kindheit und fliest in diesem Text auch an einigen Stellen mit ein, wird aber nicht ausführlich in Erscheinung treten, da dies sonst den Umfang sprengen würde.

Personen werden im Text überwiegend in der maskulinen Form benannt. Damit sollen unübersichtliche Satzstrukturen vermieden und eine bessere Lesbarkeit erreicht werden. Gemeint sind aber selbstverständlich immer beide Geschlechter. Auch soll in diesem Zusammenhang der Jugendliche nicht von dem Kind abgegrenzt werden, weswegen der Begriff des Jugendlichen in der Themenformulierung dieser Arbeit fehlt. An manchen Textstellen wird er jedoch verwendet. Sofern nicht explizit darauf hingewiesen wird, soll außerdem generell nicht zwischen Eltern oder Erziehern unterschieden werden, viele Zitate und Textpassagen gelten für beide.

1. Hinführung zur Thematik

Aufgrund einer Vielzahl historisch-kultureller Veränderungen sind die Vorraussetzungen für das, was wir seit jeher unter Erziehung und Kindheit verstehen, weitgehend entschwunden[1]. Unsere vermeintlich moderne Interpretation ist bereits wieder veraltet, woraus sich die Notwendigkeit einer zeitgemäßen Erziehung und die Konstatierung ihrer verbleibenden Funktionen ergeben. Veränderungen lassen sich erklären, wenn man die Geschichte von Kindheit und Erziehung sowie aktuelle, gesamtgesellschaftliche Tendenzen und soziale Phänomene berücksichtigt.

Denn so wie sich ein sozialer Wandel im Gesellschaftsgefüge ereignet, so sind auch das „Kindsein“ und die Kindheit dem Prozess und den Folgen eines gesellschaftlichen Wandels ausgesetzt und unterliegen immer den Dogmen der jeweiligen Zeit.

Laut dem Pädagogen Hermann Giesecke ist in unserer modernen Gesellschaft kaum etwas „so unaufgeklärt wie die Bedeutung, die Kinder für die Institutionen unserer Gesellschaft und für Erwachsene haben“[2] . Was also sind eigentlich Kinder? Die Reformpädagogin Maria Montessori (1870 – 1952) warf genau diese Frage auf und beantwortete sie zynisch-kritisch mit „eine dauernde Störung für den von immer schwereren Sorgen und Beschäftigungen in Anspruch genommenen Erwachsenen“[3] . Ihrer Meinung nach musste sich ein Kind in der Erwachsenenwelt vorkommen wie „ein Störenfried, der etwas für sich sucht und nichts findet, der eintritt und sogleich fortgewiesen wird. Seine Lage ähnelt der eines Mannes, dem die bürgerlichen Rechte und das Recht auf seine Umwelt aberkannt worden sind: Es ist ein an den Rand der Gesellschaft verwiesenes Wesen, das jedermann ohne Respekt behandeln, beschimpfen und strafen darf, dank einem von der Natur verliehenen Recht, dem Recht des Erwachsenen“[4] . Es sei ein Phänomen, dass die Erwachsenen ihrem Nachwuchs keine passende Welt schaffen würden und ihn stattdessen „als Erbe ohne Gesetze und somit außerhalb des Gesetzes“[5] „schutzlos dem tyrannischen Instinkt, der im Herzen eines jeden Erwachsenen in Bereitschaft liegt“[6], überlasse.

So beschreibt Montessori die gesellschaftliche Lage der Kinder ihrer Zeit und stellt fest, dass erst ihre Generation „in dieser seit Jahrhunderten blind und gefühllos gebliebenen Gesellschaft eine neue Bewusstheit für das Schicksal des Kindes“[7] geschaffen habe. Als Grund dafür sieht sie v.a. die Tatsache, dass Kinder Gegenstand der Wissenschaft geworden sind, „zum Guten wie zum Schlechten, sei es in der Absicht, ihnen ehrlich zur Hilfe zu kommen, sei es mit dem Vorsatz sie als Werkzeug zu benützen (…). Sie sind ein soziales Element in der Welt geworden, und infolge der ihnen zukommenden Bedeutung setzen sie sich überall durch“[8].

Dieses Zeitalter des wissenschaftlichen Denkens und damit auch das der Erziehung begann mit dem Aufklärer Jean Jacques Rousseau (1712 – 1778) in der frühen Neuzeit. Rousseau forderte einen altersgerechten Umgang Kindern gegenüber und war der erste, der für ein Eigenrecht der Kindheit plädierte. Mit ihm begann die Erforschung der Rolle des Kindes in der Gesellschaft. In wechselseitiger Abhängigkeit sah man seit seiner Zeit in Kindern einerseits bildungs- und erziehungsfähige Wesen, andererseits wurde ihnen aber auch die Unvernunft – das nicht vernünftige Wesen – unterstellt. Mit zunehmendem Interesse wuchs die Idee, sie so zu manipulieren, wie man sie haben wollte, sie zu planen und zu beherrschen. Schon damals entwickelte sich die Idee der perfekten Erziehung. „Die Ausformung der Ideengeschichten von Kindheit einerseits und von Wissenschaftlichkeit andererseits (…) legte die Basis für die prinzipielle Vorstellung, dass richtige Erziehung das richtige Kind produziere, dass es sich umgekehrt um einen Produktionsunfall handle, wenn das Kind nicht richtig werde“[9]. Diese überholte Vorstellung beeinflusst auch heute noch die Idee von Erziehung, obwohl sie den realen Gegebenheiten nicht entspricht, da es keine perfekte Erziehung geben kann.

Dazu kommt noch ein weiteres Problem: unser Kindheits- und Erziehungsbegriff ist obsolet, unaufhebbare Wandlungsprozesse in Kindheit und Erziehung wurden und werden übersehen und erschweren daher einen gesellschaftlichen Konsens über die „richtige“ Erziehung. Diese fehlende Übereinstimmung kann eine Ursache für das sich ausbreitende Problem der Erziehungsunsicherheit sein: aufgrund eines nicht existierenden, aber vermeintlich notwendigen Konsens über Erziehung werden falsche bzw. veraltete Vorstellungen über ihre verbleibenden Funktionen im sozialen Gefüge einer modernen Gesellschaft genährt.

Der Pädagoge Wilhelm Rotthaus stellt hinsichtlich der Erziehungsdebatte fest „dass immer mehr Eltern in ihrem konkreten Verhalten ihren Kindern gegenüber deutlich machen, dass sie sehr unsicher sind, ob sie erziehen wollen, d.h. ob sie bestimmte „richtige“ Erziehungsziele kennen und durchzusetzen entschlossen sind“[10]. Demnach wollen Eltern ihren Kindern zwar eine unbeschwerte Kindheit verschaffen, erwarten aber dennoch eine hohe Leistungsbereitschaft von ihnen. Immer öfter sind sie unschlüssig und aus Angst vor groben Fehlern verunsichert, weil der Wunsch nach glücklichen und gleichzeitig aber auch erfolgreichen Kindern besteht. Diese Ambivalenz kann für alle Beteiligten zu großen Nöten führen, und zwar sowohl auf der Seite der Erziehenden als auch seitens der Kinder. In der aktuellen Diskussion um die „richtige“ Erziehung stellt sich daher die Frage, ob Eltern heute noch erziehen wollen, können oder überhaupt noch müssen. Kritiker behaupten in diesem Zusammenhang, dass „je nach persönlicher Präferenz (…) die Verantwortung für die Miserere in bunter Mischung berufstätigen Müttern oder abwesenden Vätern, mäßig engagierten Lehrern oder gewaltverherrlichenden Medien, entscheidungsschwachen Politikern oder korrupten Wirtschaftskapitänen zugeschoben [wird] oder, am besten, da es den einzelnen am wenigsten in die Verantwortung nimmt, dem stets wohlfeilen Joker: der Gesellschaft“[11].

Von einem Kind wird in der heutigen pluralisierten Gesellschaft, in der es aufwächst, schon in frühem Alter die Entwicklung eines eigenen Standpunktes erwartet, ihm wird eine Menge abverlangt. Schon im Kindergartenalter wird es „durch Gleichaltrige, Massenmedien und einem Konsummarkt von Weltanschauungen und Werten umworben, die miteinander in einer bestimmten Art von Wettbewerb stehen“[12]. Neil Postman stellte in den 1980er Jahren die These vom Verschwinden der Kindheit auf, beeinflusst durch die Veränderungen der kindlichen Sozialisation und den fortschreitenden Verlust des geschützten Raumes. Die daraus resultierende Angleichung von Kindern und Erwachsenen hat Uneinigkeiten und Unsicherheiten bezüglich der Erziehungsmethoden sowie bezüglich der angestrebten Erziehungsziele zur Folge. Was ist noch sinnvoll, was ist wann und warum veraltet? Ein gerne gebrachter Vorschlag, um aus der heiß diskutierten Erziehungskrise herauszufinden, besteht darin, das „alte“ Verhältnis von Kindern und Erwachsenen wieder so weit wie möglich zu „restaurieren“ – d.h. die faktische Trennung von Kindheit und Erwachsenheit illusorisch beizubehalten. Die Gegenmeinung fordert stattdessen eine Aufhebung dieser Trennung mit der Konsequenz, dass Kinder wieder – wie etwa im Mittelalter üblich – als junge Erwachsene angesehen werden sollen.

All dies zeigt, dass neue Interpretationen für das Konzept der Kindheit heute notwendig sein werden. Das wirft eine wichtige Frage auf: Welche Funktion verbleibt der Erziehung in der modernen Gesellschaft, wenn – wie im Verlauf dieser Arbeit noch dargestellt wird – die Zukunft als Zeitdimension für die Erziehung irrelevant wird[13] und der Einfluss der Erziehung zugunsten der Bedeutung von Sozialisation sinkt. Welche neuen Wege der Kinder-Erwachsenen-Beziehung kann es darüber hinaus geben, wenn die (bürgerliche) Erziehung tatsächlich am Ende sein sollte? Auf der Suche nach neuen gangbaren Pfaden aus der Krise werden, wie eigentlich bei der gesamten Debatte um Erziehung, meist die Kinder selbst vergessen. Sie werden oft unter dem Erwachsenenaspekt wahrgenommen, was zur Folge hat, dass sie je nach Präferenz als defizitär, krank oder verhaltensauffällig etikettiert werden. Wäre es aber nicht vielleicht sinnvoller, sie „als selbstverständliche Zeitgenossen [zu] behandeln, ohne ihnen einen kulturellen Ausnahmestatus einzuräumen“[14] . Denn nur dann könnte auch auf ihre spezifischen Bedürfnisse eingegangen werden, da es „gerade der durch „Erziehung“ ausgedrückte Sonderstatus ist (…), aus dem wir die Berechtigung ableiten, ständig in das Leben der Kinder einzugreifen, deren Interessen stellvertretend wahrzunehmen oder sie gar als unser emotionales Eigentum betrachten“[15].

2. Die Kindheit – Werdegang eines gesellschaftlichen Konstruktes

2.1. Definitionen des Begriffes Kindheit

Die Kindheit ist das Ergebnis sozialer Konstruktionen und deshalb kein naturgegebenes Phänomen. Ihre Definitionen müssen daher von unterschiedlichen Vorstellungen geprägt sein und je nach Perspektive variieren. Somit ist der Begriff „Kindheit“ – und was man darunter versteht – immer den gegenwärtigen Einflüssen der Zeit und den Dogmen der jeweiligen Kultur ausgesetzt. „Anders als das Säuglingsalter ist die Kindheit ein gesellschaftliches Kunstprodukt, keine biologische Kategorie“[16]. Sie kann somit keine grundsätzlich biologisch oder psychologisch abgesteckte Lebensphase sein, sondern vielmehr nur ein Konzept der Erwachsenen über ihr Verhältnis zur nachfolgenden Generation, woraus folgt, dass das Menschenbild im Kindheitskonzept impliziert ist. Die Vorstellung der Idee einer Kindheit ist eng mit der eines pädagogischen Schonraumes verbunden. Erziehung in diesem pädagogischen Schonraum – wie in Familie und Schule üblich – gilt allgemein als Lebensvorbereitung für ein Individuum.

Fast jede Kultur hat ihr eigenes Kindheitskonzept, aber in allen Kulturen findet man ungeachtet ihrer sonstigen Differenzen eine gemeinsame Haltung Kindern gegenüber. So wird grundsätzlich versucht, sie nicht allen Verhaltensweisen der Erwachsenen unmittelbar auszusetzen, insbesondere nicht den besonders aggressiven Formen. Um sie vor zu direkter Konfrontation mit der Welt der Erwachsenen zu schützen, kennt jede Kultur deshalb so etwas wie „Filter“[17] zum Schutze ihrer Kinder.

Das, was wir in unserem abendländischen Kulturkreis unter dem Begriff Kindheit verstehen, kann anderswo entweder eine abweichende Bedeutung besitzen oder gar gänzlich unbekannt sein – wie z.B. bei einigen Naturvölkern. Dies muss aber kein Nachteil sein. „Im Zuge der Eroberungen stieß man (…) auf Menschen, die man in den zeitgenössischen Reiseberichten wie folgt beschrieb: Sie kennen weder gut noch böse, haben keine Scham, erziehen ihre Kinder nicht, weil sie selbst im Kindheitszustand der Menschheit verblieben sind“[18]. Die Naturvölker werden in diesem Zusammenhang als Kinder bezeichnet, weil sie ihre Umwelt nicht ausbeuten, sondern sich ihr anpassen. Somit hat auch die Kirche unseren Kindheitsbegriff wesentlich mitgeprägt. Im Namen Gottes erklärt sie, ihre Ordnung sei heilig und fordert Unterwerfung und Gehorsam. Menschen, die einer solchen erzieherischen Ordnung nicht entsprechen, werden demnach der Kindheit zugeordnet, z.B. der südamerikanische Volksstamm der Chicitano[19]. Für Gordian Tröller zeigt sich darin die Anmaßung der zivilisierten Welt, einen Teil der Menschheit als Kinder abzustempeln, und sich somit – wie es Missionare eben taten – als „erziehungsberechtigt“ auszugeben. „Was Kindheit ist, haben sie erst durch die Weißen erfahren. Dennoch hören die Chicitano nicht auf, ihre Töchter und Söhne als vollwertige Menschen zu achten“[20].

2.2. Die Kindheit im Wandel der Zeit

2.2.1. Die Kindheit in der Antike

Über die Einstellung zum Kind in der Antike wissen wir sehr wenig, aber schon die alten Griechen hatten eine Vorstellung von Kindheit mit einer besonderen Behandlung von Kindern im Unterschied zu den Erwachsenen. Kinderspielzeug beispielsweise war keine Erfindung der Neuzeit, sondern wurde bereits in der Antike aus Ton oder Holz gefertigt. Jedoch hatte die antike Auslegung der Kindheit nur wenig gemein mit unserer heutigen Vorstellung, da die damaligen Kleinen noch keinen besonderen Schutz, Pflege oder Einfühlungsvermögen genossen. „Obgleich sich keines ihrer Gemälde erhalten hat, ist es unwahr­scheinlich, dass es die Griechen der Mühe wert erachteten, Kinder auf ihnen darzustellen. Aber immerhin wissen wir, dass sich unter ihren erhalten gebliebenen Statuen keine einzige Darstellung eines Kindes befindet“[21]. Anhaltspunkte zur Unterstützung dieser These finden sich beim Thema Schule – welche von den alten Griechen ins Leben gerufen wurde. Die Schulen im antiken Griechenland waren keine öffentlichen Gebäude, wie wir sie heute kennen. Stattdessen wurden die Kinder (bzw. nur die Knaben) reicher Eltern von den Haussklaven in das Privathaus des Lehrers gebracht. Schulbildung genoss also nur derjenige, der (bzw. dessen Eltern) es sich leisten konnte (ein Gedanke, der in Deutschland übrigens ansatzweise auch heute wieder aufgegriffen zu werden scheint).

Nichtsdestotrotz wurde im Griechenland dieser Epoche wohl der Grundstein zur Erziehung gelegt, ebenso wie das Fundament zum heutigen Gymnasium – das zu Zeiten Platons und Aristoteles zur Ertüchtigung von Körper und Geist beitragen sollte. Körperliche Züchtigungen waren im antiken kindlichen Leben allerdings an der Tagesordnung. Platon etwa empfahl , „ungehorsame Kinder „mit Drohungen und Schlägen wie ein Stück verzogenes Holz“ zurechtzubiegen“[22]. Die Tatsache, dass keine gesetzliche Beschränkung der Kindestötung existierte[23], unterstreicht diese „Status-Losigkeit“ der Kinder noch.

Später übernahmen die Römer die Konzeption der Schule, bauten sie aus und „entwickelten sogar ein Bewusstsein für die Eigenart der Kindheit, das über die griechischen Vorstellungen hinauswies“[24]. Im Gegensatz zum antiken Griechenland wurden im römischen Reich auch öffentliche Schulen gebaut, um Lesen und Schreiben als Grundvoraussetzung von Bildung lehren zu können. Dem Kind wurde ein gewisser eigener Status zuerkannt, 374 n. Chr. erließ Rom ein Gesetz zur Pflege des Kindes, welches die Tötung von Kindern ausdrücklich verbot.

Der Zusammenbruch des römischen Weltreiches hatte gravierende Folgen für die gesamte europäische Zivilisation. Dadurch nämlich gingen vier zentrale Aspekte verschüttet, „die gerade für die Geschichte der Kindheit besonders wichtig sind. Erstens, es, [verschwand] die Fähigkeit, zu lesen und zu schreiben, kurz die »Literalität« (…). Zweitens, es [verschwand] die Erziehung. Drittens, es [verschwand] das Schamgefühl. Und viertens, infolge der drei anderen Prozesse [kam] es zum Erlöschen der Kindheit“[25].

2.2.2. Die Kindheit im Mittelalter

Die bereits in der Antike entwickelte Idee der Kindheit und der besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern zerbrach also beim „Rückfall“ ins Mittelalter neben vielen anderen Errungenschaften wieder und wurde erst in der Neuzeit erneut aufgegriffen. Besondere erwähnenswerte Merkmale waren daher im mittelalterlichen Kindheitskonzept nicht enthalten. Das „Kindsein“ wurde erneut, wie in prae-antiker Zeit, als ein notwendiges Vorstadium angesehen und war ein Lebensabschnitt ohne eigene Bedeutung. Man galt als erwachsen, wenn man mitreden, einfache Arbeiten übernehmen und sich in die Regeln seiner sozialen Gemeinschaft einfügen konnte. Nur dem Erwachsenenkonzept wurden bestimmte Qualifikationen, so z.B. die Sprach- und Arbeitsfähigkeit und die Anpassung an die Normen der jeweiligen sozialen Bezugsgruppe, als Merkmale zugeschrieben. Die mittelalterliche Gesellschaft unterstellte Kindern und Erwachsenen keine spezifischen Wesensunterschiede, Kinder wurden vielmehr wie „unfertige“, kleine Erwachsene behandelt. Ihr Verhalten wurde nahezu ausschließlich nach „erwachsenen“ Maßstäben wie etwa der Achtung der Standesregeln beurteilt[26]. So trugen sie „die gleichen Kleider, spielten die gleichen Spiele, verrichteten die gleiche Arbeiten, sahen und hörten die gleichen Dinge wie die Erwachsenen und hatten keine von ihnen getrennten Lebensbereiche“[27]. „In der mittelalterlichen Gesellschaft nahmen die Kinder entsprechend ihren Kräften – und oft darüber hinaus! – am Leben der Erwachsenen teil. „Kinderliebe“ in unserem heutigen Sinne wäre für die meisten Menschen ein Luxus gewesen, den sie sich angesichts ihres harten Lebens gar nicht hätten leisten können“[28].

Dies liegt nach Ansicht von Lloyd de Mause auch daran, dass bis ins 17. Jahrhundert hinein den Eltern die „emotionale Reife“ fehlte, um ihren Kindern Empathie und Unterstützung zu kommen zu lassen[29] . Phillipe Ariès bringt es wohl auf den Punkt, wenn er schreibt: „Immerhin konnte das Kind in den allerersten Jahren, wenn es noch ein kleines drolliges Ding war, mit einer oberflächlichen Gefühlszuwendung rechnen, die ich „Gehätschel“ genannt habe. Man vergnügte sich mit ihm wie mit einem Tier, einem ungesitteten Äffchen. Wenn es dann starb, wie es häufig vorkam, mochte dies den einen oder anderen betrüben, doch in der Regel machte man davon nicht allzu viel Aufhebens: ein anderes Kind würde bald seine Stelle einnehmen“[30].

All dies zeigt, dass im Mittelalter keine Kindheit im heutigen Verständnis eines pädagogischen Schonraumes existierte – und wenn, dann war sie nur auf den kurzen Zeitraum des Kleinkindalters beschränkt, in der ein Kind nicht ohne fremde Hilfe überleben konnte. Die Kindheit im Mittelalter – die wie beschrieben eigentlich keine war – endete mit sechs bis sieben Jahren und ging übergangslos in das Erwachsenenalter über. „Die Weitergabe der Werte und der Kenntnisse und, allgemeiner gesprochen, die Sozialisierung des Kindes wurden von der Familie weder gewährleistet, noch durch sie kontrolliert. Das Kind entfernte sich schnell von seinen Eltern“[31]. Stattdessen wurde „für gefühlsmäßige Bindungen und soziale Kontakte (…) außerhalb der Familie gesorgt; sie entwickelten sich in einem sehr dichten und warmen „Milieu“, das sich aus Nachbarn, Freunden, Herren und Dienern, Kindern und Greisen, Männern und Frauen zusammensetzte“[32].

Schulen waren im Mittelalter zwar bekannt, aber es gab keinerlei Elementarunterricht, schon gar nicht für die große Masse. Kinder lernten das, was sie lernen sollten, indem sie den Erwachsenen zur Hand gingen, im Haushalt und auf dem Feld mitarbeiteten. Bildung war der adligen und geistlichen Elite vorbehalten und demzufolge oft religiös ausgerichtet. Den Trieben der Erwachsenen waren die Kinder mehr oder weniger schutzlos ausgeliefert, sie konnten nur wenig Empathie erwarten, weswegen Missbrauch jeglicher Art an der Tagesordnung war und „unnütze“ Esser oft ausgesetzt oder dem Hungertod überlassen wurden[33]. Strafunmündigkeit im heutigen Sinne gab es nicht, weswegen auch Kinder bei Vergehen gegen den Wertekodex vor Gericht gestellt, verurteilt und harten Strafen ausgesetzt wurden. Noch 1780, also bis in die Neuzeit hinein, wurden in England 200 Kinder mit dem Tode bestraft[34].

Abschließend lässt sich daher feststellen, dass in der Welt des Mittelalters die Kindheit sozusagen „unsichtbar“ war. Barbara Tuchman vermerkt, dass „von allen Eigenheiten, in denen sich das Mittelalter von der heutigen Zeit unterscheidet, (…) keine so auffallend [ist] wie das fehlende Interesse an Kindern“[35] .

2.2.3. Die Kindheit in der Neuzeit

Die in der Antike bereits ansatzweise vorhandene Vorstellung einer „Kindheit“ manifestierte sich ab dem 16. Jahrhundert erneut. Dieser Vorstellung standen aber praktische Hürden im Weg.

Mit Beginn der Industrialisierung begann die Verlagerung der mittelalterlichen Dorfgemeinschaft und mit ihr des kindlichen Lebensraumes in die Städte, in denen Kinder häufig als billige, weil unqualifizierte Arbeiter – ohne die uns heute bekannten Arbeitnehmerrechte – eingesetzt wurden. Hatten sie das Privileg, eine Schule besuchen zu dürfen, erwartete sie dort ein hartes Strafsystem. Disziplinierungsmaßnahmen und körperliche Züchtigungen waren auch zu Beginn der Neuzeit noch immer eine Selbstverständlichkeit. Der Einzug des Industriezeitalters in Europa veränderte außerdem die Familienformen. Große, gesellige Familien mit sozialem Nahraum gehörten nach und nach der Vergangenheit an. Durch die Trennung von Berufs- und Familienwelt wurden Kinder von sozialisierenden Einflüssen durch persönliche Kontakte sowie vom öffentlichen Leben selbst mehr und mehr ausgegrenzt. Diese strikte kulturelle Trennung von Kindern und Erwachsenen veranlasste die Entstehung der Institution des Kindergartens als gesellschaftliche Reaktion. Dieser hatte seitdem die zentrale Aufgabe, das kleine Kind in ein soziales Gefüge einzureihen und die Bande zwischen Kindheit und natürlicher Umwelt wiederherzustellen, da es durch die Landflucht in die Ballungszentren immer weniger Kindern möglich war, grüne Felder, Bauernhöfe oder Wälder auch nur zu sehen, geschweige denn die Natur selbst und allein zu erfahren[36].

Aus diesen Voraussetzungen heraus begründet sich „das bürgerliche Interesse am Kind und seiner Zukunft“[37]. Durch den Kindergarten wird das Kind „aus dem gesellschaftlichen Leben und aus dem Umgang mit den anderen Generationen weitgehend herausgenommen und wächst in einer eigenen Kinderwelt, in einem pädagogischen Schonraum, einer „pädagogischen Provinz“ auf in Distanz zum wirklichen Leben“[38]. Das neue Verhältnis zur Kindheit wird auch in der Herstellung von Spielzeug, Kleidung und Büchern extra für Kinder erkennbar. Eigens für Kinder hergestelltes Spielzeug ist für den Philosophen Ariès als „Weg der Ausgrenzung“ der Kinder aus der Welt der Erwachsenen zu sehen. „Die Entwicklung eines Schonraumes für Kinder ging einher mit der Ausformung einer besonderen Spielsphäre und anderen kindertümlichen Merkmalen. Wichtiges Element aber war die Abtrennung dieses Schonraumes von dem alltäglichen Miteinander und die Entwicklung einer Distanz zwischen Kindern und Erwachsenen, zwischen Kindheit und Erwachsensein. Kindheit wurde damit zu einer Zeit des Noch-nicht-erwachsen-seins. Kindsein bedeutete die Aufgabe, erwachsen zu werden“[39].

Wenngleich bereits in der Antike erste Hinweise gesehen werden können, etablierte sich erst in der Neuzeit ein eigener Status des Kindes. Postman und Ariès sind einer Meinung, dass sich mit Beginn des 18. Jahrhunderts die Ansicht durchsetzte, dass eine Kindheit als solche existiert und dass „sie zur natürlichen Ordnung der Dinge“[40] gehört. Ab diesem Zeitpunkt etwa war man sich aufgrund ihrer Schwäche auch der Schutzbedürftigkeit von Kindern bewusst, der Begriff der „kindlichen Unschuld“ tauchte auf. Es zeigte sich, „dass die Gesellschaft in dem Maße, wie sie eine Vorstellung von Kindheit entwickelte, einen großen Vorrat an Geheimnissen anhäufte, die den Kindern vorenthalten werden sollten: Geheimnisse über sexuelle Beziehungen, aber auch über Geld, Gewalt, Krankheit, Tod“[41]. Der sich daraus manifestierende Erfahrungsvorsprung der Erwachsenen durch exklusives Wissen trug zur Herausbildung weiterer Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen bei.

Biologischen Phänomenen im eigentlichen Sinne aber stand man anfangs gleichgültig gegenüber: „man wäre niemals auf die Idee gekommen, zwischen Kindheit und Pubertät eine Grenze zu ziehen“[42], woraus sich folgern lässt, dass aus der Kindheit nur derjenige austreten kann, der aus den niedrigsten Abhängigkeitsverhältnissen herauskommt. Die Kindheitsvorstellung in der aufkeimenden Moderne war also eng mit der Vorstellung von Abhängigkeit verbunden.

2.3. Karrierestart der Kindheit

2.3.1. Entdeckung der Kindheit als eigenständige Lebensphase

Die Entwicklung des Konstruktes der Kindheit war demnach niemals frei von Hindernissen. Mit dem Ende des Mittelalters im 15. und 16. Jahrhundert hatten sich die sozialen Rahmenbedingungen, in denen die Menschen bis dato gelebt hatten, unwiderruflich verändert. Dieser Wandel hatte gesellschaftliche Reaktionen zur Folge, welche ebenfalls nicht mehr rückgängig gemacht werden konnten. Der „Lauf der Geschichte [ließ sich] nicht mehr zurückdrehen und diese Grenzen überschreitende Idee von Kindheit setzte ihren Weg stetig fort“[43]. Die dem Mittelalter nachfolgenden geistigen Bewegungen – die Renaissance als kulturelle Wiederentdeckung der Antike sowie die später folgende gesellschaftliche Emanzipation in der Phase der Aufklärung – trugen endgültig dazu bei, dass sich die Idee einer Kindheit als eigenständige Lebensphase entfalten konnte.

Die Erfindung des Buchdruckes im Jahr 1450 läutete sowohl das Ende des Mittelalters als auch die entscheidende Wende von der Nichtigkeit zur Wichtigkeit der Kindheit ein. Neil Postman unterstreicht die Bedeutung von Gutenbergs Erfindung, indem er darauf hinweist, dass erst durch die notwendige Strukturierung eines Buches auch das Denken strukturiert wurde. Der Buchdruck hat die Welt insgesamt verändert und die Neuzeit eingerufen – der Mensch selbst wurde dadurch zum Gegenstand des Nachdenkens und Sprechens: das dadurch „verstärkte Selbstgefühl war der Keim, aus dem schließlich die Kindheit aufblühte. Freilich entstand die Kindheit nicht über Nacht. Es dauerte fast zweihundert Jahre, bis sie zu einem scheinbar unumstößlichen Bestandteil der abendländischen Zivilisation geworden war. Aber dazu wäre es nicht gekommen, ohne eine Vorstellung davon, dass jedes Individuum aus sich heraus einen Wert besitzt“[44]. Gutenberg kann daher als Geburtshelfer der Kindheit angesehen werden, denn „die Druckerpresse brachte eine neue Definition von Erwachsenheit hervor, die auf dem Lesenkönnen gründete, und entsprechend eine neue Auffassung von Kindheit, die auf Nichtlesenkönnen beruhte“[45].

Die in dieser Zeit erneut aufblühenden Wissenschaften bargen aber auch die Gefahr einer Wissenskluft, weswegen die Fähigkeit des Lesens zu einem überaus wichtigen Bestandteil, ja gar zu einer Voraussetzung der Erwachsenenwelt wurde. Die Erwachsenheit war seither kein Naturgesetz mehr, sondern „musste erworben werden. Sie wurde zu einer symbolischen Leistung, war nicht länger Resultat einer biologischen Entwicklung“[46]. Um sie sich aneignen zu können, schien wiederum Erziehung unabdingbar. Die europäische Zivilisation hatte die Schule (sowie ihre Reformierung und Erweiterung) wiederentdeckt, woraus Postman die Institutionalisierung der Kindheit schlussfolgerte[47].

England kam hier eine Vorreiterrolle zu. Ab dem 16. Jahrhundert entstanden dort freie Schulen, in denen auch zunehmend Mädchen unterrichtet wurden. Schriftenbeherrschung, Schulbildung und Kindheit entwickelten sich dadurch bis ins ausgehende 17. Jahrhundert recht schnell. Mit dem Bemühen um Hygiene und Gesundheit sowie der Bewusstwerdung von Schwäche und Unschuld von Kindern verwirklichte sich parallel dazu die Idee der geschützten Kindheit. Es wurde zur Pflicht eines jeden Erwachsenen, diese zu wahren. „Kinder und Jugendliche [gewannen] an Wert, es [galt] sie zu schützen vor Gewalt und Sexualität und es entwickelte sich Schamgefühl“[48] – welches überhaupt erst mit der Idee einer geschützten Kindheit aufkommen konnte. Denn nur in einer Welt, in der die Trennung von Kindern und Erwachsenen zur Kultur gehört, kann überhaupt postuliert werden, dass Kinder vor Dingen geschützt werden müssten, die sie nicht sehen, hören oder wissen sollten.

Die Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert propagierte Individualität und soziale Gemeinschaft, „veraltete“ Strukturen und Institutionen wie etwa Zünfte verloren ihre Bindekraft. Somit veränderte sich auch die Vorstellung über das Kind und die Kindheit, eine Diskussion um die Art und Weise der „richtigen“ Erziehung entbrannte.

Die Idee einer planmäßigen Erziehung als Vorraussetzung für eine gute und gesicherte Zukunft entstand. Diese Zukunft schien – losgelöst von der bis dahin bestehenden Ständegesellschaft – auf einmal offen und individuell planbar. „Kindheit galt nun als „grundständige“ Zeit, die zur Formung des Menschen als notwendig angesehen“[49] wurde. 1902 forderte die schwedische Sozialreformerin Ellen Key in ihrem umstrittenen, aber einflussreichen Bestseller „Das Jahrhundert des Kindes“, die kindliche Entwicklung in den Mittelpunkt der Erziehung zu stellen[50]. Sie trug maßgebend zu dem sich ändernden Status von Kind und Kindheit bei, die „in der Zeit zwischen 1850 und 1950 (…) ihre Hochphase“[51] hatte.

In dieser Zeit wurde die Idee von Kindheit wohl endgültig Realität, Kinder wurden mehr und mehr erzogen und von der Lebenswelt der Erwachsenen zunehmend ausgegrenzt. Unterschiede in der Wahrnehmung von Kindern und Erwachsenen bildeten sich heraus, Kinder wurden nicht mehr länger nur als kleine Erwachsene angesehen. Fortan war daher, im Gegensatz zum mittelalterlichen Kindheitskonzept, das „Kindsein“ als eigenständige Lebensphase des Lernens mit eigenen Gesetzen, Werten, und Verhaltensweisen gekennzeichnet, während an das Erwachsenenkonzept wiederum bestimmte Ansprüche an Qualifikation und Verhalten gestellt wurden (z.B . Disziplin, Selbstkontrolle und Triebverzicht). Dem entsprechend verwirklichte die bürgerliche Gesellschaft das Bild vom mündigen und aus eigener Verantwortung heraus handelnden Erwachsenen. Der Weg zu diesen Erkenntnissen war steinig, im folgenden Kapitel sollen daher die wichtigsten Vorkämpfer der Kindheitsidee vorgestellt werden.

2.3.2. Entdecker der Kindheit

2.3.2.1. John Locke

John Locke (1632-1704), einer der frühen Vertreter der Ideenwelt der Aufklärung, übte mit seinem 1693 erschienen Werk „Gedanken über Erziehung“ enormen Einfluss ausübte . Seiner Auffassung nach ist „der Geist eines Menschen (…) bei der Geburt eine leere, unbeschriebene Tafel, eine Tabularasa“. Folgt man dieser Ansicht, wird eine große Verantwortung von Eltern und Lehrern (und auch dem Staat) deutlich, da das, was auf der Tafel geschrieben stehen soll, beeinflusst werden kann. Folglich zeugt „ein unwissendes, schamloses, ungezogenes Kind (…) von einem Versagen der Erwachsenen, nicht des Kindes“[52]. Zu jener Zeit eine ziemlich neue, überzeugende Idee, die der Medienökologe Postman als protestantische Auffassung beschreibt, derzufolge „das Kind ein ungeformtes Geschöpf [seit], das mit Hilfe von Schreiben und Lesen sowie Bildung, Verstand, Selbstbeherrschung und Schamgefühl zu einem zivilisierten Erwachsenen gemacht werden [soll]“[53]. Locke war der Meinung, dass man nur durch Erziehung zum rechten Mensch werde, wobei natürlich die Gefahr der Manipulation nicht außer Acht gelassen werden darf.

2.3.2.2. Jean Jacques Rousseau

Auch der Philosoph Jean Jacques Rousseau (1712-1778) spielt in der Auseinandersetzung mit dem Thema Kindheit eine tragende Rolle, 1762 veröffentlichte er sein Buch mit dem Titel „Emile, oder über die Erziehung“. Rousseau hielt es für bemerkenswert, dass ein Kind „aus sich heraus wertvoll sei und nicht nur Mittel zu einem Zweck“[54]. Die Kindheit stellt für ihn das Lebensalter dar, „in dem der Mensch dem Naturzustand am nächsten steht“[55], weswegen er diesem Lebensabschnitt auch eine besondere Bedeutung zugesprochen hat. Rousseaus Aussagen waren von der Idee des besagten Naturzustandes des Menschen – des positiven Zustands des ungezähmten Wilden – beherrscht. Gegenüber den Thesen von Locke ist Rousseaus Ansicht zufolge nicht das „ungeformte Kind das Problem, sondern der deformierte Erwachsene“[56]. Er wollte die originale, perfekte Natur des Kindes bewahren – mittels einer sorgfältigen Kontrolle seiner Erziehung. In seiner Theorie berücksichtigte er auch die verschiedenen körperlichen und geistigen Entwicklungsstufen eines Kindes und sprach von ihnen als „glücklichen Wilden“. Sein pädagogisches Hauptziel suchte er in der Herausbildung der sozialen Instinkte und der Selbständigkeit. Kinder sollten sich demzufolge Dinge selbst aneignen. Der Vergesellschaftung des Menschen stand er kritisch gegenüber, da der Geist sich weitgehend frei entfalten müsse und hereinbrechende Verderbnis immer von der Kultur bzw. der Gesellschaft verursacht sei[57].

2.3.2.3. Johann Heinrich Pestalozzi

Wie Rousseau war auch der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) der Meinung, dass die Erziehung in kompletter Harmonie mit der Natur des Kindes erfolgen müsse. 1805 gründete er in Yverdon die erste Heimschule, welche durch die Anwendung seiner pädagogischen Grundsätze bekannt wurde[58]. Die grundsätzliche Führung des Lernprozesses durch einen Lehrer war für ihn aber unabdingbar. Als Neuerungen integrierte er Malen, Schreiben und Erzählen in den Prozess des Gruppenlernens. Bildung beschrieb Pestalozzi als eine „umfassende, nicht auf reinem Buchwissen, sondern v.a. auf „Anschauung“ gründende Entwicklung der geistigen, ethnisch-moralischen und praktischen Kräfte der menschlichen Natur“[59]. Demzufolge hieß seine Idee „Anschauung“. Auch er stellte wie Rousseau fest, dass Kinder erst durch die eigenen Sinne ein Objekt entdecken sollten, bevor ihnen Nutzung und Zweck gezeigt würde. Schüler aus ganz Europa besuchten seine Bildungsanstalt, Pestalozzis Idee der Schule war wegweisend.

2.3.2.4. Robert Owen

Als frühes Kind der Industrialisierung erkannte Robert Owen (1771-1858) schnell die Notwendigkeit einer Reaktion durch die von ihr verursachten gesellschaftlichen Veränderungen. Er etablierte eine „child care institution“ und wurde durch die Verbesserung der materiellen und sozialen Lage der Fabrikarbeiter seiner Baumwollspinnerei in New Lanark in Schottland bekannt. Wie Pestalozzi war auch er der Überzeugung, „dass das Ziel der Erziehung die Entwicklung der kindlichen intellektuellen, ethischen und praktischen Fähigkeiten sei und dass, als ein Ergebnis davon, der Lebensstandard der gesamten Gesellschaft steigen würde“[60] . In der Erziehung sah er ein gesellschaftliches Instrument für den sozialen Wandel. Gleichzeitig würde durch sie das Defizit an Kinderbetreuung behoben, welches sich durch die Entstehung der Kleinfamilien und der Trennung von Familie und Beruf heraus kristallisiert hatte . „Owen begann die Erziehung der Kinder in einem sehr jungen Alter und passte sie [die Erziehung, Anm. d. Verf.] an das Niveau des kindlichen Verständnisses an“[61]. Von seiner „infant school“, in der 2-6 Jährige betreut wurden, wechselten Kinder ab dem 6.-7. Lebensjahr in die „richtige“ Schule. In dieser Kinderschule wurde auf Bücher verzichtet, stattdessen wurde mindestens drei Stunden täglich im Hof gespielt. „Man sang, tanzte und marschierte und es wurde eine erste Idee von Geographie gelehrt“[62] . Die Teilnahme an diesen Aktivitäten war den Schülern frei anheim gestellt, Ruhezeiten wurden nicht zwingend zur Mittagszeit gehalten sondern flexibel, je nach Bedarf. Seine Einrichtungen können als Vorreiter für moderne Kindergärten und Kindertagesstätten angesehen werden. Dem freien Spiel – egal bei welchem Wetter – maß er eine fundamentale Bedeutung bei – allerdings nur bis zum 10. Lebensjahr, denn bereits dann nahmen die Kinder am Leben der Erwachsenen teil, arbeiteten tagsüber in Owens Fabrik und besuchten abends mit den Erwachsenen die Abendklassen der Schule.

2.4. Die Kindheit heute

2.4.1. Aspekte, Einflüsse und Anforderungen eines modernen Kinderlebens

Die Lebenswelt und somit die Einflüsse und Rahmenbedingungen, die auf die Kinder einwirken und mit denen sie zurechtkommen müssen, haben sich stark gewandelt . Kindheit heute ist darum „weit entfernt von der geläufigen Vorstellung eines gesellschaftlichen Schonraums, der die Kinder vor der Gefährdung der Welt außerhalb der Familie schützt“[63]. Zwar sind sie den aggressiven Seiten des Lebens nicht mehr so schutzlos ausgeliefert wie noch zu Zeiten der Antike und dem Mittelalter, dafür aber ist die Kindheit heute von neuen sozialen Phänomenen und Risikofaktoren geprägt. Kinder werden heutzutage in eine künstliche Welt versetzt, in der sie angeleitet, erzogen und gleichzeitig aus dem normalen Leben ausgegliedert werden, in der sie von den Erwachsenen abhängig gemacht werden und in der ihr Spielraum für Selbstbestimmung gering ist[64]. Die aus Erwachsenensicht zunehmend willkommene Abschiebung in „Kinderreservate“, wie Spielplätze und -straßen, „Kinderecken“ im Restaurant oder beim Friseur, das Kinderland im Möbelhaus oder Kinderanimateure im Ferienclub verdeutlichen diese Entwicklung. Giesecke warnt in diesem Zusammenhang zu Recht vor einer fortschreitenden Entfremdung von der realen Welt.

[...]


[1] vgl. Giesecke, Hermann: „Das Ende der Erziehung – Neue Chancen für Familie und Schule“, S.7

[2] Giesecke, Hermann: „Das Ende der Erziehung – Neue Chancen für Familie und Schule“, S.12

[3] Montessori, Maria: „Geordnete geistige Entwicklung“, S. 21

[4] Montessori, Maria: „Geordnete geistige Entwicklung“, S. 21

[5] Montessori, Maria: „Geordnete geistige Entwicklung“, S. 21

[6] Montessori, Maria: „Geordnete geistige Entwicklung“, S. 21

[7] Montessori, Maria: „Geordnete geistige Entwicklung“, S. 22

[8] Montessori, Maria: „Geordnete geistige Entwicklung“, S. 22

[9] Rotthaus, Wilhelm: „Wozu erziehen? – Entwurf einer systemischen Erziehung“, S. 43

[10] Rotthaus, Wilhelm: „Wozu erziehen? – Entwurf einer systemischen Erziehung“, S. 14

[11] Aanderud, Catharina: „Die Gesellschaft verstößt ihre Kinder – Werteverlust und Erziehung“, S. 14

[12] Giesecke, Hermann: „Das Ende der Erziehung – Neue Chancen für Familie und Schule“, S. 7

[13] vgl. Mead, Margaret: „Der Konflikt der Generationen“

[14] Giesecke, Hermann: „Das Ende der Erziehung – Neue Chancen für Familie und Schule“, S. 9

[15] Giesecke, Hermann: „Das Ende der Erziehung – Neue Chancen für Familie und Schule“, S. 9

[16] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“ , S. 7

[17] vgl. Kuckhermann, Ralf: „Kulturelle Voraussetzungen von Kindheit und Erziehung“

[18] Tröller, Gordian: „Kinder der Welt 1 - Betrachtungen über unseren Kindheitsbegriff am Beispiel zivilisierter Indianer

[19] vgl. Tröller, Gordian: „Kinder der Welt 1 - Betrachtungen über unseren Kindheitsbegriff am Beispiel zivilisierter Indianer

[20] Tröller, Gordian: „Kinder der Welt 1 - Betrachtungen über unseren Kindheitsbegriff am Beispiel zivilisierter Indianer

[21] www.utopie1.de/P/Postman/Kindheit/k-01.htm - Als es keine Kindheit gab -

[22] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“ , S. 18

[23] vgl. www.utopie1.de/P/Postman/Kindheit/k-01.htm - Als es keine Kindheit gab -

[24] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“ , S. 18

[25] www.utopie1.de/P/Postman/Kindheit/k-01.htm - Als es keine Kindheit gab -

[26] vgl. Kuckhermann, Ralf: „Kulturelle Voraussetzungen von Kindheit und Erziehung“

[27] Ariès, Phillipe: „Geschichte der Kindheit“ , S. 10

[28] Giesecke, Hermann: „Das Ende der Erziehung – Neue Chancen für Familie und Schule“, S. 126

[29] vgl. de Mause, L., in: Rolff, H.-G. und Zimmermann, P.: „Kindheit im Wandel – Eine Einführung in die Sozialisation im Kindesalter“, S.10

[30] Ariès, Phillipe: „Geschichte der Kindheit“ , S. 46

[31] Ariès, Phillipe: „Geschichte der Kindheit“, S. 46

[32] Ariès, Phillipe: „Geschichte der Kindheit“, S. 4 7

[33] vgl. Rolff, H.G. und Zimmermann, P.: „Kindheit im Wandel – Eine Einführung in die Sozialisation im Kindesalter“, S.9

[34] vgl. www.schulemachtzukunft2005-035.de/mittelalter.htm - Mittelalter -

[35] www.utopie1.de/P/Postman/Kindheit/k-01.htm - Als es keine Kindheit gab –

[36] vgl. www.uni-weimar.de/architektur/e+gell/projekte/kosowo/Seminare/Greifzu/geschichtederkindheit/ - Geschichte der Kindheit -

[37] Rotthaus, Wilhelm: „Wozu erziehen? – Entwurf einer systemischen Erziehung“, S.31

[38] Rotthaus, Wilhelm: „Wozu erziehen? – Entwurf einer systemischen Erziehung“, S.31

[39] Rotthaus, Wilhelm: „Wozu erziehen? – Entwurf einer systemischen Erziehung“, S.33

[40] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“ , S. 49

[41] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“ , S. 69

[42] Ariès, Phillipe: „Geschichte der Kindheit“, S. 83

[43] www.uni-weimar.de/architektur/e+gell/projekte/kosowo/Seminare/Greifzu/geschichtederkindheit/ - Geschichte der Kindheit -

[44] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“ , S. 39

[45] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“ , S. 28

[46] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“ , S. 48

[47] vgl. Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“ , S. 48

[48] www.arbeitsblaetter.stangl-taller.at/psychologieentwicklung/

[49] Rolff, Hans-Günter und Zimmermann, Peter: „Kindheit im Wandel – Eine Einführung in die Sozialisation im Kindesalter“, S.9

[50] Key, Ellen: „Das Jahrhundert des Kindes“

[51] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“ , S. 81

[52] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“ , S. 70

[53] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“ , S. 72

[54] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“, S. 74

[55] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit, S. 72

[56] Postman, Neil: „Das Verschwinden der Kindheit“, S. 72

[57] vgl. www.uni-weimar.de/architektur/e+gel1/projekte/kosowo/Seminare/Greifzu/geschichtederkindheit/ - Geschichte der Kindheit-

[58] vgl. www.uni-weimar.de/architektur/e+gel1/projekte/kosowo/Seminare/Greifzu/geschichtederkindheit/ - Geschichte der Kindheit-

[59] www.uni-weimar.de/architektur/e+gel1/projekte/kosowo/Seminare/Greifzu/geschichtederkindheit/ - Geschichte der Kindheit -

[60] www.uni-weimar.de/architektur/e+gel1/projekte/kosowo/Seminare/Greifzu/geschichtederkindheit/ - Geschichte der Kindheit -

[61] www.uni-weimar.de/architektur/e+gel1/projekte/kosowo/Seminare/Greifzu/geschichtederkindheit/ - Geschichte der Kindheit -

[62] www.uni-weimar.de/architektur/e+gel1/projekte/kosowo/Seminare/Greifzu/geschichtederkindheit/ - Geschichte der Kindheit -

[63] www.medienpaedagogik-online.de/mf/5/00678/ - Wie Kinder mit Werbung umgehen -

[64] vgl. Rotthaus, Wilhelm: „Wozu erziehen? – Entwurf einer systemischen Erziehung“, S. 28

Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Kindheit und Erziehung im Wandel der Zeit
Untertitel
Die verbleibende Funktion von Erziehung in der modernen Gesellschaft
Hochschule
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
93
Katalognummer
V77375
ISBN (eBook)
9783638770538
ISBN (Buch)
9783638792837
Dateigröße
3171 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kindheit, Erziehung, Wandel, Zeit
Arbeit zitieren
Dipl.-Sozialpäd. (FH) Angela Gatscha (Autor:in), 2006, Kindheit und Erziehung im Wandel der Zeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77375

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