Als offizielles Repräsentationsmerkmal ist die Nationalhymne Symbol eines unabhängigen Staates und demnach von gleich großer Bedeutung wie die Staatsflagge und das Staatswappen. Insbesondere für das Zusammengehörigkeitsgefühl der Staatsbürger sind Hymnen – sowohl Musik als auch Text – von großer Bedeutung: In diesen Musikstücken spiegelt sich das nationale Selbstbewusstsein der Völker wider. Ähnlich den Kirchenliedern, durch die die Gläubigen in ihrer Kirchengemeinschaft Gott preisen und danken, soll durch das gemeinsame Singen der Nationalhymne die Vaterlandsliebe und die Treue zur Nation zum Ausdruck gebracht werden.
Gründe für die Entstehung neuer Hymnen sind etwa Staatsgründungen, gravierende politische Veränderungen oder historische Ereignisse. Anhand der Staatshymne der Sowjetunion lässt sich gut aufzeigen, inwiefern politische Kursänderungen, neue Staatsoberhäupter und Kriege Einfluss haben können auf Kultur und damit Repräsentationsmittel eines Staates.
Nachdem Josef Stalin aus den innenpolitischen Machtkämpfen, die Lenins Tod folgten, 1927 als Alleinherrscher herausgegangen war, musste er seine Herrschaft stabilisieren. Die Einführung einer neuen Staatshymne zeigte symptomatisch, in welchem Maße patriotische Appelle den Rest der revolutionären Ideale von einst verdrängten.
Inhaltsverzeichnis
- Als offizielles Repräsentationsmerkmal ist die Nationalhymne Symbol eines unabhängigen Staates und demnach von gleich großer Bedeutung wie die Staatsflagge und das Staatswappen.
- Gründe für die Entstehung neuer Hymnen sind etwa Staatsgründungen, gravierende politische Veränderungen oder historische Ereignisse.
- Nachdem Josef Stalin aus den innenpolitischen Machtkämpfen, die Lenins Tod folgten, 1927 als Alleinherrscher herausgegangen war, musste er seine Herrschaft stabilisieren.
- „Säuberungen“ und Schauprozesse eliminierten Gegner und Kritiker und dienten der Abschreckung. Indoktrination und Propaganda sollten zudem mit den Mitteln der Kunst die Diktatur abstützen und im Volk Begeisterung und Engagementwille verbreiten; besonders der Personenkult nahm eine wichtige Stellung ein.
- Nach Beginn des „Großen Vaterländischen Kriegs“ im Juni 1941 verschwand nach und nach der Sozialismus aus den Texten und wurde durch den sich im Laufe des Krieges steigernden Patriotismus ersetzt.
- Nicht nur Russland war von den kulturellen Veränderungen betroffen: Auch die zur Sowjetunion gehörenden Republiken mussten an der Vereinheitlichung der Musik teilhaben.
- Die Einführung einer neuen Staatshymne „zeigte symptomatisch (...) in welchem Maße patriotische Appelle den Rest der revolutionären Ideale von einst verdrängten“.
- Von 1833 bis zum Revolutionsjahr 1917 hieß die Hymne des zaristischen Russlands,,Boshe zarja chrani\" (Gott erhalte den Zaren). Etwa um die Jahrhundertwende wurde die von Lenin geschätzte „Internationale“ verbreitet; bereits 1910 entdeckte die „Pravda“ die ,,Internationale“ für sich und veröffentlichte sie zu Propagandazwecken.
- 1943 ordnete Stalin die Ausschreibung eines Wettbewerbes für die Komposition einer neuen Staatshymne an.
- Die Musik der Staatshymne („Gimn Sowjetskovo Sojusa“) beruhte auf dem klassischen bürgerlichen Marsch und dem heldenhaft-lyrischen Charakter der bürgerlichen Liedform.
- Nachdem der Rat der Volkskommissare die Verordnung über die neue Staatshymne beschlossen hatte, wurde sie am 22. und 31. Dezember 1943 in der „Pravda“ veröffentlicht und erklang am Tag des Neujahrsfestes von 1944 erstmals im Rundfunk.
- Nach der Eingliederung in die Sowjetunion 1940 war es den baltischen Staaten Lettland, Litauen und Estland verboten, ihre bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Nationalhymnen zu spielen.
- Auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 forderte der neue Regierungschef Nikita S. Chruščev eine Änderung des Textes; insbesondere die zweite Strophe mit dem Vers „,...und Stalin erzog uns zur Treue dem Volke“ widersprach seinem neuen politischen Kurs der Entstalinisierung.
- Erst 1977 wurde der Text korrigiert.
- Ab 1991 wurde in Russland zunächst das von Michail Glinka komponierte „Patriotische Lied\" als textlose Hymne gespielt, zehn Jahre später wurde nach dem Willen Vladimir Putins die „Hymne der Russischen Föderation“ eingeführt.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Staatshymne der Sowjetunion als Repräsentationsmittel und Instrument der politischen Machtausübung. Dabei wird untersucht, wie politische Veränderungen, neue Staatsoberhäupter und Kriege die Kultur und somit die Repräsentationsmittel eines Staates beeinflussen können.
- Die Entstehung und Entwicklung der sowjetischen Nationalhymne
- Der Einfluss von Stalin auf die Musik und Kultur der Sowjetunion
- Die Rolle der Nationalhymne in der politischen Propaganda
- Die Veränderung der Nationalhymne nach dem Zweiten Weltkrieg
- Die Wiedereinführung der sowjetischen Hymne in Russland
Zusammenfassung der Kapitel
- Das erste Kapitel beleuchtet die Bedeutung der Nationalhymne als Symbol des Nationalbewusstseins und die Gründe für die Entstehung neuer Hymnen im Zusammenhang mit Staatsgründungen und politischen Veränderungen.
- Das zweite Kapitel analysiert die Herrschaft Stalins und die damit verbundenen Veränderungen in der sowjetischen Kultur, insbesondere im Bereich der Musik. Dabei wird die Rolle der Indoktrination und Propaganda hervorgehoben.
- Das dritte Kapitel untersucht die Entwicklung der sowjetischen Nationalhymne während des Zweiten Weltkriegs und die Bedeutung des Patriotismus.
- Das vierte Kapitel befasst sich mit der Einflusssphäre der Sowjetunion und der Verpflichtung der Satellitenstaaten, die sowjetische Hymne zu übernehmen.
- Das fünfte Kapitel beleuchtet die Veränderungen der sowjetischen Nationalhymne nach Stalins Tod und die Einführung eines neuen Textes, der die Verherrlichung der Armee und das Feindbild entschärft.
- Das sechste Kapitel behandelt die Wiedereinführung der sowjetischen Hymne in Russland mit einem neuen Text und untersucht die Bedeutung der Kontinuität in der russischen Geschichte.
Schlüsselwörter
Die Staatshymne der Sowjetunion, Repräsentation, Instrumentalisierung, Propaganda, Indoktrination, Stalinismus, Kulturpolitik, Patriotismus, „Internationale“, Aleksandr Vassiljevitš Aleksandrov, Sergeij Michalkov, Gabo El'-Registan, „Gimn Sowjetskovo Sojusa“.
- Arbeit zitieren
- Bakkalaurea Artium Sandra Schmidt (Autor:in), 2007, Die Staatshymne der Sowjetunion - Repräsentation und Instrumentalisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77596