Im Jahr 1938 verabschiedete das faschistische Italien die so genannten Rassengesetze, die nicht nur eine arische italienische Rasse definierten, sondern auch alle Juden bewusst von der Zugehörigkeit dieser Rasse ausgrenzten. Das italienische Rassengesetz, das oftmals als Kopie der Nürnberger Rassengesetze des nationalsozialistischen Deutschlands bezeichnet wird, war die Grundlage zur systematischen Ausgrenzung der italienischen Juden aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Andererseits wird in der historiographischen Diskussion häufig die These vertreten, dass gerade der Antisemitismus und die Rassenpolitik die zentralen Unterschiede zwischen deutschem und italienischem Faschismus darstellen. Italien steht mit einer Überlebenden-Quote von 85% der Juden gemeinsam mit Dänemark an der Spitze der damals besetzten Länder Europas. Weiterhin existiert vielerorts das Bild des „braven Italieners“ und in der Geschichtswissenschaft war die Verfolgung der Juden in Italien lange Zeit ein wenig beachtetes Thema.
Doch wie kam es zu dieser Darstellung und lässt sich diese verifizieren? Wie groß war der Einfluss Deutschlands? Welche Rolle spielte Benito Mussolini? Und schließlich stellt sich noch die Frage, inwieweit Deutschland als Maßstab für eine Beurteilung des italienischen Antisemitismus gelten kann.
In der historiographischen Forschung sind diese Fragen lange Zeit vernachlässigt worden. Bis in die 1980er Jahre hinein wurde die These vertreten, dass die Rassengesetze und der Antisemitismus in Italien überwiegend durch den Einfluss des nationalsozialistischen Deutschlands entstanden seien. Durch neuere Forschungen jedoch ergibt sich ein differenzierteres Bild des italienischen Antisemitismus, das zu zahlreichen Kontroversen führte.
Diese Arbeit will die oben gestellten Fragen aufgreifen und den Antisemitismus im faschistischen Italien vor diesem Hintergrund beleuchten. Zunächst wird der Verlauf der historiographischen Diskussion zu diesem Thema dargestellt und der heutige Forschungsstand aufgezeigt. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht der Antisemitismus im faschistischen Italien. Dabei wird auf die historischen Entwicklungen, politischen Entscheidungsprozesse und entscheidenden Personen sowie die Verhaltensweise der Bevölkerung Italiens eingegangen. Abschließend beschäftigt sich diese Arbeit mit der Frage der Vergleichbarkeit des Antisemitismus in Deutschland und Italien.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der italienische Antisemitismus in der historiographischen Diskussion
- Antisemitismus im faschistischen Italien
- Entwicklungen und Phasen
- Vorfaschistischer Antisemitismus
- Faschistischer Antisemitismus
- Die Gründe für die Entstehung der Rassengesetze und der Einfluss Deutschlands
- Die Rolle Mussolinis
- Das Verhalten der italienische Bevölkerung
- Entwicklungen und Phasen
- Faschismus und Antisemitismus – die italienische Ausprägung im Lichte eines deutschen Phänomens
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Antisemitismus im faschistischen Italien und untersucht die historischen Entwicklungen, politischen Entscheidungsprozesse und entscheidenden Personen, die zu den Rassengesetzen von 1938 führten. Darüber hinaus analysiert sie das Verhalten der italienischen Bevölkerung gegenüber den Juden und untersucht die Vergleichbarkeit des italienischen Antisemitismus mit dem deutschen Phänomen.
- Die Entwicklung und die Phasen des Antisemitismus in Italien
- Die Rolle Deutschlands bei der Entstehung der Rassengesetze
- Die Rolle Mussolinis im Kontext des Antisemitismus
- Das Verhalten der italienischen Bevölkerung gegenüber den Juden
- Die Vergleichbarkeit des italienischen Antisemitismus mit dem deutschen Phänomen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt die zentralen Fragen der Arbeit vor, die sich mit dem Antisemitismus im faschistischen Italien befassen, und führt den Leser in die Thematik ein. Sie beleuchtet die Verabschiedung der Rassengesetze 1938 und die widersprüchlichen Perspektiven auf den italienischen Antisemitismus in der historischen Diskussion.
- Der italienische Antisemitismus in der historiographischen Diskussion: Dieses Kapitel behandelt die Entwicklung der historischen Diskussion über den Antisemitismus in Italien, die von einer anfänglichen Vernachlässigung bis hin zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema reicht. Es beleuchtet die Ansichten von Historikern wie Renzo De Felice und die Kritik an seiner Sichtweise.
- Antisemitismus im faschistischen Italien: Dieses Kapitel analysiert die Entwicklung des Antisemitismus im faschistischen Italien und zeichnet die Phasen des vorfaschistischen und faschistischen Antisemitismus nach. Es beleuchtet die Gründe für die Entstehung der Rassengesetze, den Einfluss Deutschlands, die Rolle Mussolinis und das Verhalten der italienischen Bevölkerung gegenüber den Juden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Antisemitismus, Faschismus, Rassengesetze, italienische Geschichte, Historiographie, Vergleichende Geschichte, Italien, Deutschland, Judenverfolgung, Mussolini, Bevölkerung.
- Quote paper
- Björn Lindemann (Author), 2007, Der Mythos der "italiani brava gente" - Der Antisemitismus im faschistischen Italien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77647