Der Titel und damit auch die These dieser Studienarbeit ist unweigerlich sehr gewagt gewählt. Venezuela als ein Entwicklungsbeispiel für die Bundesrepublik Deutschland darzustellen, erscheint zunächst unpassend, zumal auf den ersten Blick sozioökonomische Unterschiede zwischen dem Lateinamerikanischen Kontinent und der Europäischen Union nicht von der Hand zu weisen sind. Hinzu kommt die allgemeine Unkenntnis oder vielleicht auch Ignoranz in Europa über Vorgänge und Entwicklungen in Lateinamerika. Kann tatsächlich ein Bezug zwischen beiden Staaten hergestellt werden, oder gibt es doch zu viele unterschiedliche Variablen um eine Verbindung herstellen zu können?
Der Wohlstand, der sich in den Mitgliedsstaaten der früheren Europäischen Gemeinschaft und insbesondere in der Bundesrepublik seit dem zweiten Weltkrieg manifestiert hat, ist ein gutes „Todschlagargument“ für jeglichen Diskussionsbeginn über diese Thematik. Zudem ist in der Bundesrepublik seit ihrer Gründung eine intensive Bildungsoffensive gegen totalitäres Gedankengut praktiziert worden und auch die Demokratie scheint, trotz öfter vorkommender Warnungen durch Führungspositionen etablierter Parteien, auf einem festen Fundament zu stehen.
Intensiviert man jedoch die wissenschaftliche Recherche und berücksichtigt die parlamentarische Entwicklung ideologischer Parteien seit der Wiedervereinigung, so können Zweifel an der gegenwärtigen Argumentationsgrundlage entstehen.
Einerseits haben staatsfeindliche und auch ideologische Strukturen in Ansätzen ihren Platz in Gesellschaft und Parlamenten finden können. Die Nationaldemokratische Partei (NPD), die in vielen kommunalen Parlamenten bereits vertreten ist und auch Chancen für den Einzug in Landesparlamente - wie in Sachsen bereits geschehen – erkennen lässt, ist nur ein Beispiel von vielen. Die mit den rechtsextremen zwar nicht gleichzusetzende, jedoch sozialistisch orientierte Nachfolgepartei der SED, „Die Linke“, ist ein Beispiel aus dem entgegengesetzten politischen Lager. Die Movimiento al Socialismo (MAS), sowie Hugo Chavez‘ Partei Movimiento Quinta República (MQR) sind die heranzuziehenden Beispiele aus Venezuela. Ihr Einfluss auf den demokratischen Prozess soll daher in dieser Arbeit überprüft werden. Dass diese beiden Parteien in Venezuela „Movimiento“, also Bewegung und nicht Partien, genannt werden, ist ebenfalls bemerkenswert. Daher sollen jene Beweggründe auch in dieser Arbeit ihre Erwähnung finden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Wirtschaftliche Analyse.
- 2.1 Wirtschaftsdaten
- 2.1.1 Bundesrepublik und EU
- 2.1.2 Venezuela und Lateinamerika
- 2.1.3 Die Bundesrepublik und Venezuela als Wirtschaftsmacht in der jeweiligen Region
- 2.1.4 Zwischenfazit
- 2.2 Venezuela zu Zeiten von Präsident Pérez (1989-1993)
- 2.2.1 Sozioökonomische Entwicklung nach den Reformen von Pérez
- 3. Politische Analyse.
- 3.1 Neoliberale Tendenzen in den etablierten Parteien.
- 3.2 Ideologieextreme Parteien
- 3.3 Pérez und Schröders Reformen im Vergleich
- 3.4 Ist Hugo Chavez ein Neopopulist?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Studienarbeit untersucht die These, dass Venezuela ein mögliches Entwicklungsbeispiel für die Bundesrepublik Deutschland sein kann, indem sie Parallelen in der sozioökonomischen Entwicklung beider Staaten im Zuge neoliberaler Wirtschaftsreformen analysiert. Dabei wird auch die Rolle extremer politischer Parteien in beiden Ländern und die Akzeptanz starker Führungspersönlichkeiten berücksichtigt.
- Analyse der sozioökonomischen Entwicklungen in Venezuela und der Bundesrepublik Deutschland
- Untersuchung der Auswirkungen neoliberaler Wirtschaftsreformen auf die Gesellschaften beider Staaten
- Bedeutung extremer Parteien in der politischen Landschaft beider Länder
- Vergleich der Rolle von starken Führungspersönlichkeiten in Venezuela und Deutschland
- Exploration von Gemeinsamkeiten und Unterschieden im politischen und wirtschaftlichen Kontext beider Staaten
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik der Studienarbeit ein und erläutert die These, wonach Venezuela als Entwicklungsbeispiel für die Bundesrepublik Deutschland dienen kann, obwohl es zunächst unpassend erscheint, angesichts der sozioökonomischen Unterschiede zwischen beiden Ländern. Das Kapitel beleuchtet die Rolle extremer Parteien und die Akzeptanz starker Führungspersönlichkeiten in beiden Ländern. Es thematisiert auch die Wirtschaftskraft und den Einfluss beider Staaten auf ihre jeweiligen Regionen.
Das zweite Kapitel analysiert die wirtschaftliche Situation Venezuelas und der Bundesrepublik im Vergleich. Es zeigt auf, dass Venezuela seine Macht nicht durch Wirtschaftskraft, sondern durch seine Ölreserven und seine Beteiligung an den OPEC-Staaten erlangt. Das Kapitel erläutert, wie beide Staaten versuchen, ihren Einfluss innerhalb ihrer Kontinente geltend zu machen, und beleuchtet die Auswirkungen von neoliberalen Wirtschaftsreformen auf die sozioökonomische Entwicklung Venezuelas während der Präsidentschaft von Carlos Andrés Pérez.
Schlüsselwörter
Neoliberalismus, Wirtschaftsreformen, sozioökonomische Entwicklung, Venezuela, Bundesrepublik Deutschland, Extremismus, politische Parteien, Führungspersönlichkeiten, Ölreserven, OPEC, Lateinamerika, Europa.
- Quote paper
- Erkan Ertan (Author), 2007, Venezuela als Entwicklungsbeispiel für die Bundesrepublik Deutschland?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77768