Der Titel und damit auch die These dieser Studienarbeit ist unweigerlich sehr gewagt gewählt. Venezuela als ein Entwicklungsbeispiel für die Bundesrepublik Deutschland darzustellen, erscheint zunächst unpassend, zumal auf den ersten Blick sozioökonomische Unterschiede zwischen dem Lateinamerikanischen Kontinent und der Europäischen Union nicht von der Hand zu weisen sind. Hinzu kommt die allgemeine Unkenntnis oder vielleicht auch Ignoranz in Europa über Vorgänge und Entwicklungen in Lateinamerika. Kann tatsächlich ein Bezug zwischen beiden Staaten hergestellt werden, oder gibt es doch zu viele unterschiedliche Variablen um eine Verbindung herstellen zu können?
Der Wohlstand, der sich in den Mitgliedsstaaten der früheren Europäischen Gemeinschaft und insbesondere in der Bundesrepublik seit dem zweiten Weltkrieg manifestiert hat, ist ein gutes „Todschlagargument“ für jeglichen Diskussionsbeginn über diese Thematik. Zudem ist in der Bundesrepublik seit ihrer Gründung eine intensive Bildungsoffensive gegen totalitäres Gedankengut praktiziert worden und auch die Demokratie scheint, trotz öfter vorkommender Warnungen durch Führungspositionen etablierter Parteien, auf einem festen Fundament zu stehen.
Intensiviert man jedoch die wissenschaftliche Recherche und berücksichtigt die parlamentarische Entwicklung ideologischer Parteien seit der Wiedervereinigung, so können Zweifel an der gegenwärtigen Argumentationsgrundlage entstehen.
Einerseits haben staatsfeindliche und auch ideologische Strukturen in Ansätzen ihren Platz in Gesellschaft und Parlamenten finden können. Die Nationaldemokratische Partei (NPD), die in vielen kommunalen Parlamenten bereits vertreten ist und auch Chancen für den Einzug in Landesparlamente - wie in Sachsen bereits geschehen – erkennen lässt, ist nur ein Beispiel von vielen. Die mit den rechtsextremen zwar nicht gleichzusetzende, jedoch sozialistisch orientierte Nachfolgepartei der SED, „Die Linke“, ist ein Beispiel aus dem entgegengesetzten politischen Lager. Die Movimiento al Socialismo (MAS), sowie Hugo Chavez‘ Partei Movimiento Quinta República (MQR) sind die heranzuziehenden Beispiele aus Venezuela. Ihr Einfluss auf den demokratischen Prozess soll daher in dieser Arbeit überprüft werden. Dass diese beiden Parteien in Venezuela „Movimiento“, also Bewegung und nicht Partien, genannt werden, ist ebenfalls bemerkenswert. Daher sollen jene Beweggründe auch in dieser Arbeit ihre Erwähnung finden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Wirtschaftliche Analyse
2.1 Wirtschaftsdaten
2.1.1 Bundesrepublik und EU
2.1.2 Venezuela und Lateinamerika
2.1.3 Die Bundesrepublik und Venezuela als Wirtschaftsmacht in der jeweiligen Region
2.1.4 Zwischenfazit
2.2 Venezuela zu Zeiten von Präsident Pérez (1989-1993)
2.2.1 Sozioökonomische Entwicklung nach den Reformen von Pérez
3. Politische Analyse
3.1 Neoliberale Tendenzen in den etablierten Parteien
3.2 Ideologieextreme Parteien
3.3 Pérez und Schröders Reformen im Vergleich
3.4 Ist Hugo Chavez ein Neopopulist?
4. Fazit
5. Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Der Titel und damit auch die These dieser Studienarbeit ist unweigerlich sehr gewagt gewählt. Venezuela als ein Entwicklungsbeispiel für die Bundesrepublik Deutschland darzustellen, erscheint zunächst unpassend, zumal auf den ersten Blick sozioökonomische Unterschiede zwischen dem Lateinamerikanischen Kontinent und der Europäischen Union nicht von der Hand zu weisen sind. Hinzu kommt die allgemeine Unkenntnis oder vielleicht auch Ignoranz in Europa über Vorgänge und Entwicklungen in Lateinamerika. Kann tatsächlich ein Bezug zwischen beiden Staaten hergestellt werden, oder gibt es doch zu viele unterschiedliche Variablen um eine Verbindung herstellen zu können?
Der Wohlstand, der sich in den Mitgliedsstaaten der früheren Europäischen Gemeinschaft und insbesondere in der Bundesrepublik seit dem zweiten Weltkrieg manifestiert hat, ist ein gutes „Todschlagargument“ für jeglichen Diskussionsbeginn über diese Thematik. Zudem ist in der Bundesrepublik seit ihrer Gründung eine intensive Bildungsoffensive gegen totalitäres Gedankengut praktiziert worden und auch die Demokratie scheint, trotz öfter vorkommender Warnungen durch Führungspositionen etablierter Parteien, auf einem festen Fundament zu stehen.
Intensiviert man jedoch die wissenschaftliche Recherche und berücksichtigt die parlamentarische Entwicklung ideologischer Parteien seit der Wiedervereinigung, so können Zweifel an der gegenwärtigen Argumentationsgrundlage entstehen.
Einerseits haben staatsfeindliche und auch ideologische Strukturen in Ansätzen ihren Platz in Gesellschaft und Parlamenten finden können. Die Nationaldemokratische Partei (NPD), die in vielen kommunalen Parlamenten bereits vertreten ist und auch Chancen für den Einzug in Landesparlamente - wie in Sachsen bereits geschehen – erkennen lässt, ist nur ein Beispiel von vielen. Die mit den rechtsextremen zwar nicht gleichzusetzende, jedoch sozialistisch orientierte Nachfolgepartei der SED, „Die Linke“, ist ein Beispiel aus dem entgegengesetzten politischen Lager. Die Movimiento al Socialismo (MAS), sowie Hugo Chavez‘ Partei Movimiento Quinta República (MQR) sind die heranzuziehenden Beispiele aus Venezuela. Ihr Einfluss auf den demokratischen Prozess soll daher in dieser Arbeit überprüft werden. Dass diese beiden Parteien in Venezuela „Movimiento“, also Bewegung und nicht Partien, genannt werden, ist ebenfalls bemerkenswert. Daher sollen jene Beweggründe auch in dieser Arbeit ihre Erwähnung finden.
Zudem ist die Ausgangslage sowohl der Bundesrepublik, als auch Venezuelas in der wirtschaftlichen Machtposition durchaus vergleichbar. Beiden Staaten wird eine wirtschaftliche Sonderstellung innerhalb ihres eigenen Kontinents nachgesagt und beide Staaten haben stets versucht diesen Vorteil gegenüber ihren Anrainerstaaten geltend zu machen. Wie weit dieser Einfluss gehen konnte und bis heute geht, soll hier erörtert werden.
Ein weiterer Punkt scheint sowohl Venezuela, als auch die Bundesrepublik zu einen: Die Akzeptanz und politische Entwicklung traditionell etablierter Parteien angesichts innerparteilicher neoliberaler Strömungen. In dieser Entwicklung ist Venezuela der Bundesrepublik augenscheinlich um eine Dekade voraus. Die politische Erosion der etablierten venezolanischen Parteien, wie z.B. die sozialdemokratische Acción Democrática (AD) oder die christlich-soziale Comité de Organización Política Electoral Independiente (COPEI) soll ebenfalls im Bezug auf die Stimmenverluste der beiden deutschen „Volksparteien“ SPD und CDU miteinander verglichen und Gemeinsamkeiten untersucht werden. Die neugegründete Partei „Die Linke“ spielt dazu ebenso eine maßgebliche Rolle. Dessen mögliches Äquivalent in Venezuela, die MAS, hat eine ähnliche Entstehung durchlebt und war zeitweise in den 80er Jahren drittstärkste Kraft.
Der sozioökonomische Hintergrund und die gesellschaftlichen Veränderungen sind darüber hinaus zur Überprüfung der These unabdingbar. Die neoliberalen Wirtschaftsansätze von gerade sozialdemokratischen Regierungschefs wie Carlos Andrés Pérez zwischen 1989-1993 in Venezuela und Gerhard Schröder zwischen 1998-2005 in der Bundesrepublik haben dank gefühlter und auch faktischer Ungerechtigkeiten, sowie hoher Armutsentwicklungen während ihrer sozialpolitischen Reformen das Vertrauen in die etablierten Parteien enorm erschüttert. Der konservative Präsident Rafael Caldera hat die Situation nicht verbessern können, sondern durch seinen radikalen Stilwechsel auf bereits vergeblich angewandte neoliberale Wirtschaftsreformen die gesellschaftliche Armut gesteigert und damit den Weg für Hugo Chavez vorbereitet.
Ein vorerst letzter Aspekt, der die These der Arbeit decken soll, ist die lateinamerikanische Tradition für starke Führungspersönlichkeiten. Dazu gehören sowohl Militärjunta, als auch die stark präsidial ausgeprägten politischen Staatssysteme und die Frage der Akzeptanz eines Hugo Chavez als derartige starke Führungspersönlichkeit.
Inwiefern all diese Argumente Bestand haben und tatsächlich die These bestätigen können, muss in der Studienarbeit erörtert und dort auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden. Daher sollen zunächst die Entwicklung extremer Parteien in beiden Ländern untersucht werden. Anschließend wird eine Analyse der beiden Staaten im Bezug auf ihren politischen Einfluss auf ihre Anrainerstaaten und dessen Ergebnisse stattfinden. Zudem sollen die (ehemaligen) etablierten Parteien auf ihre chronologische und parallele Entwicklung erforscht und die Bedeutung des Neoliberalismus für die sozioökonomische Entwicklung in Deutschland wie in Venezuela untersucht werden. Anhand dieser Untersuchungen sollen dann im Fazit eine Zusammenfassung der Ergebnisse und eine Schlussfolgerung über die Stichhaltigkeit der These stattfinden.
2. Wirtschaftliche Analyse
Die wirtschaftliche Lage Venezuelas und der Bundesrepublik ist im direkten Vergleich nicht zu analysieren. Die Wirtschaftskraft des europäischen Raums ist eines der stärksten weltweit. Auf dem internationalen Parkett ist die Bundesrepublik in mehreren Bereichen der Wirtschaftskraft in einer weltweiten Spitzenposition, dank der sie in gängigen Medien oft genug als „Exportweltmeister“ bezeichnet wird.
Venezuela befindet sich in einer anderen Ausgangslage. Venezuela zeigt ihren Einfluss nicht durch seine Wirtschaftskraft, sondern durch seine Beteiligung an den OPEC-Staaten und ihrem politischen Einfluss durch politische Nutzung ihrer weltweit viertgrößten Ölreserven. Weitere venezolanische Wirtschaftszweige schaffen es jedoch nicht, sich weltweit im internationalen Wettbewerb durchzusetzen. Man kann beim Beispiel Venezuela daher von einer „monoproduktiven Ökonomie“ sprechen.[1]
Die Ausgangslage sowohl der Bundesrepublik, als auch Venezuelas in der wirtschaftlichen Stellung durchaus vergleichbar. Beiden Staaten wird eine wirtschaftliche Sonderstellung innerhalb ihres eigenen Kontinents nachgesagt und beide Staaten haben stets versucht diesen Vorteil gegenüber ihren Anrainerstaaten geltend zu machen.
An dieser Stelle sollen nur die wichtigsten für diese politikwissenschaftliche Studienarbeit relevanten Wirtschaftsbereiche erörtert werden, da eine noch ausführlichere Analyse für die Intention dieser Arbeit nicht förderlich wäre. Benutzt werden an dieser Stelle einige Internetquelladressen, da die Daten des statistischen Bundesamtes, des Bundesamtes für Außenwirtschaft und auch von Eurostat auch über die Internetpräsenzen erreichbar und aktuell sind.
2.1 Wirtschaftsdaten
2.1.1 Bundesrepublik und EU
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Bundesrepublik Deutschland lag im Jahre 2006 bei 2.307,2 Mrd. €[2]. Dabei ist das BIP in den vergangenen acht Jahren, außer 2002 und 2003, jährlich um durchschnittlich 1,66% gestiegen[3], was die Entwicklung des Wirtschaftswachstums darstellt. Bei 82,3 Mio. Einwohnern beträgt das BIP damit, durchschnittlich pro Einwohner berechnet, nominal 28.012 €.[4] Im Vergleich dazu lag das BIP innerhalb der Europäischen Union bei ca. 8.524,2 Mrd €[5], was einen europäischen Durchschnitt pro Einwohner von ca. 18.059 €[6] ergibt. Entstanden ist das BIP in der Bundesrepublik hauptsächlich durch Finanzierung, Vermietung, Unternehmensdienstleistungen (29,0%), Industrie (26,0%), Handel, Gastgewerbe und Verkehr (18,3%) und dem Baugewerbe (4,0%). Verwendet wurde das BIP im Jahre 2006 für Privaten Konsum (60,7%), für den Staatsverbrauch (20,0%), sowie für Bruttoanlageinvestitionen (19,3%).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das reale Wirtschaftswachstum der Bundesrepublik nach Sektoren aufgeteilt stellt die Hauptaspekte des Wachstums dar. Dabei unterstützte insbesondere die Industrie (+5,5%), die Bauwirtschaft (+4,6%), sowie Handel, Gastgewerbe und Verkehr (+3,3%) das Wachstum der Wirtschaft. Finanzierung, Vermietung und Unternehmens-dienstleistungen stellten einen anderen unterstützenden Einfluss dar (+1,9%), während die Land- und Forstwirtschaft (-3,5%) einen hemmendes Gewicht darstellten.
Das Wachstum der Industrieproduktionen setzte sich (nach wirtschaftlicher Relevanz) aus dem Fahrzeugbau (+4,5%), Maschinenbau (+8,0%), dem Ernährungsgewerbe und Tabakverarbeitung (+0,8%), sowie den chemischen Erzeugnissen (+3,8%) zusammen. Die Produktionen der Metallerzeugnisse (+6,8%), Gummi- und Kunststoffwaren (+6,2%), als auch Papier-, Verlags- und das Druckgewerbe (+1,5%) konnten ein Wachstum attestieren.[7] Die Inflationsrate der Bundesrepublik betrug im Jahre 2006 1,7%, 2005 2,0% und 2004 1,6%. Der Anteil arbeitsuchender Bürger betrug 2006 nur noch 8,1% während die Quote 2005 9,1% und 2004 9,2% betrug.
Der Außenhandel ist ein weiterer wichtiger Bereich der bundesrepublikanischen Wirtschaftsdaten. Er verzeichnet in den letzten Jahren einen erheblichen Zuwachs und ist damit seit mehreren Jahren bis heute „Exportweltmeister“[8]. 2006 umfasste der Wert der Ausfuhr von Waren 894,5 Mrd. € während die Einfuhr 730,8 Mrd. € betrug. Dies ergibt einen Überschuss von 163,7 Mrd. €. Die Werte 2005 betrugen 786,3 Mrd. € bei der Ausfuhr und 628,1 Mrd. € bei der Einfuhr von Waren, was ein Saldo von +158,2 Mrd. € ergibt. 2004 lagen die Werte bei 731,1 Mrd. € im Export und 576,0 Mrd. € im Import. Damit generierten die Deutschen auch in jenem Jahr mehr als zehn Prozent der weltweiten Exporte. Unterm Strich blieb ein Überschuss in der Handelsbilanz von 155,1 Mrd. Euro.[9]
Der Großteil der Ausfuhrgüter waren dabei KFZ und KFZ-Teile (16,9%), Maschinen (16,3%), Elektronik (6,8%) und Elektrotechnik (5,9%). Hinzu kommen Arzneimittel (3,9%), Kunststoffe (3,3%) und Nahrungsmittel (2,9%). Restliche Güter nahmen 44% der Exporte ein.
Einfuhrgüter waren insbesondere Elektronik (10,3%), Maschinen (8,8%), KFZ und KFZ–Teile (8,5%), Erdöl (8,1%) und Elektrotechnik (4,5%). Dazu gehören auch Textilien und Bekleidung (4,2%), sowie Arzneimittel (3,7%). 47% nahmen die restlichen Güter ein.
Die Europäische Union nimmt beim deutschen Außenhandel einen großen Stellenwert ein.
Die Bundesrepublik lieferte im Jahr 2003 Waren im Wert von 367,2 Mrd. € in die EU und führte für 268,3 Mrd. € Waren aus den EU-Mitgliedstaaten in die Bundesrepublik ein. Die EU erreicht damit einen Anteil von 55,5% an den deutschen Exporten (im Wert von 661,6 Mrd. Euro) und von 50,4% an den deutschen Importen (532,0 Mrd. Euro). [10]
Die Werte sind zwar aus dem Jahr 2003, der Anteil von deutschen Exporten wie Importen ist zwar leicht rückläufig hat sich jedoch bis heute nur marginal geändert.[11] 2006 war der Europäische Unionsraum sogar mit 62,7% größter Lieferant und mit 62,2% größter Abnehmer von Gütern für die Bundesrepublik gewesen. Eine größere Abhängigkeit ist in keinem anderen Wirtschaftsraum zu erkennen. Ganz im Gegenteil dazu besitzt die Bundesrepublik eine breite internationale Basis von Handelspartnern, durch die sie flexibel auf globalwirtschaftliche Entwicklungen reagieren zu können scheint.[12]
2.1.2 Venezuela und Lateinamerika
Das BIP der Bolivarischen Republik Venezuela lag mit einer Bevölkerung von 27,5 Mio. Einwohner 2006 bei ca. 137,6 Mrd. €, während es 2005 noch 108,7 Mrd. € betrug.[13] Die venezolanische Wirtschaft erlebt dabei in den letzten acht Jahren extreme wirtschaftliche Schwankungen. Während sich das Wirtschaftswachstum nach einer Rezession 1999 (-7,2%) kurzzeitig erholte (2000: 3,2%, 2001: 2,8%), brach das Wachstum 2002 (-8,9%) und 2003 (-7,7%) ein, erholte sich 2004 jedoch mit einem erheblichen Wachstum von 18,3%, das die folgenden zwei Jahre mit ca. 10,3 % konstant blieb.[14] Das BIP betrug 2006 in Venezuela pro Kopf 5.103€, während es im Jahr 2005 noch 4.112€ betrug. Im Vergleich dazu betrug im Jahre 2005 die BIP in Lateinamerika 1.816,53 Mrd. € und damit die wirtschaftliche Leistung pro Kopf bei ca. 3.340€[15]. Das ergibt für Venezuela im Vergleich zum Durchschnitt der lateinamerikanischen Region eine um 35% höhere Wirtschaftsleistung.
Das BIP setzt sich dabei in Venezuela hauptsächlich durch Industrie (16,6%), Erdöl (14,4%), Dienstleistungen der Zentralregierung (11,3%), Handel (10,3%), sowie Immobilien- und Unternehmensdienstleistungen (9,8%) zusammen. Hinzu kommt das Baugewerbe (6,6%), der Finanzbereich (4,2%), Telekommunikation (3,8%), sowie Transport und Logistik (3,5%), Finanzen (2,8%) und Elektrizität/Wasser (2,3%).[16] Verwendet wurde die Wirtschaftskraft für den privaten Konsum (67,1%), den Staatsverbrauch (15,3%) und für Bruttoanlageinvestitionen (15,3%).
Das nach Sektoren aufgeteilte reale Wirtschaftswachstum stellte sich (nach Relevanz)
zusammen aus der verarbeitenden Industrie (+10,4%), dem Baugewerbe (+32,1%), Handel (+19,9%), Transport/Logistik (+12,3%), sowie Telekommunikation (+23,2%). Hinzu kommen Immobilien und Unternehmensdienstleistungen (+8,2%), Elektrizität/Wasser (+6,2%), sowie Bergbau (+3,9%) und Finanzen (+39,2%). Anteile verloren hat der Erdölsektor, und zwar um 1,9%. Das Wachstum der Industrieproduktion setzte sich zusammen aus Erdöl (+2,7%), Erdölderivate (-10,6%), Eisenerz (+0,2%), Stahl (-0,9%) und Aluminium (-1,9%). Dazu kommt Zucker (-10,0%), Pkw (+3,3%), sowie Nfz (+6,1%).
Die Inflationsrate lag 2006 bei 13,6%, 2005 bei 15,9% und 2004 sogar bei 21,7%. Damit ist die Inflationsrate seit drei Jahren stetig zurückgegangen. Diese Daten korrelieren auch mit der Arbeitslosigkeit die ebenfalls seit drei Jahren nach der Bundeszentrale für Außenwirtschaft rückläufig erscheint. Für 2006 wurde eine Arbeitslosenrate von 10,0% ermittelt, während diese 2005 noch bei 12,2% und 2004 sogar noch bei 15,3% attestiert wurde.
Im Außenhandel konnte 2006 auch Venezuela einen Überschuss erwirtschaften. Während Venezuela durch Ausfuhr von Waren 52,15 Mrd. € erwirtschaftete, musste es für die Einfuhr von Gütern 27,52 Mrd. € bezahlen. Es errechnet sich damit ein Überschuss von 24,63 Mrd. € für das Saldo im Außenhandel 2006. Dieser lag 2005 bei 24,96 Mrd. € und 2004 bei 16,69 Mrd. €.[17]
Einen überwiegenden Teil der Ausfuhrgüter Venezuelas nahmen Bergbauprodukte mit 65,6% als Anteil an allen Exporten ein. Diesen folgten unedle Metalle und Metallerzeugnisse (21,7%), chemische Erzeugnisse (6,5%) und Transportausrüstung (2,7%).
Eingeführt wurden Maschinen und elektrische Ausrüstungen (32,8%), Transport-ausrüstung (19,4%), sowie chemische Erzeugnisse (11,5%). Zudem nehmen einen beträchtlichen Teil Lebensmittel, Getränke und Tabak (5,1%), landwirtschaftliche Erzeugnisse (4,7%), sowie Kunststoff und Kunststofferzeugnisse (4,4%) ein.
Im Gegensatz zum deutschen Außenhandel liegen die wichtigsten Handelspartner Venezuelas nicht auf dem gleichen Kontinent. Lateinamerikanische Staaten waren für die venezolanische Außenpolitik stets von geringerer Bedeutung.[18] Venezuela ist zwar seit 2005 eines der fünf Mitglieder des südamerikanischen Wirtschaftsbündnis MERCOSUR und baut zielstrebig die selbst initiierte alternative und gesamtamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft ALBA auf, der Hauptlieferant[19] wie auch der Hauptabnehmer[20] von Gütern sind jedoch weiterhin die Vereinigten Staaten von Amerika.
Betrachtet man zunächst die Hauptlieferländer, so exportieren mit großem Abstand die USA, mit einem Anteil von 29,6% aller Importe, Güter nach Venezuela. Ihnen folgen Kolumbien (10,0%), Brasilien (9,7%), sowie die Volkrepublik China (7,2%) und Mexiko (6,2%). Die restlichen Importe (37,3%) teilen sich mit 3,2% auf Japan und 2,6 auf die Bundesrepublik Deutschland und Sonstige (31,5%) auf.
Bei den Hauptabnehmerländern stechen die USA noch weiter vor. Sie gehören mit 57,0% zu dem absoluten Spitzenreiter der Abnehmer venezolanischer Güter. Der restliche Teil splittet sich auf die Niederlande (5,5%), Kolumbien (4,5%), Mexiko (4,3%) und die Niederländischen Antillen (2,8%) auf, während die verbleibenden Handelspartner 25,9% einnehmen.
2.1.3 Die Bundesrepublik und Venezuela als Wirtschaftsmacht in der jeweiligen Region
Die Europäische Union ist zwar als unvollendete Gemeinschaft auf dem Weg zu einem unbekannten Ziel anzusehen[21]. Diese Gemeinschaft war jedoch von ihren Ursprüngen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) bis heute ein machtpolitisches Kalkül gewesen, um an den positiven Effekten einer rasanten Wirtschaftsentwicklung der Bundesrepublik Deutschland teilnehmen zu können und gleichzeitig über die Definition gemeinsamer Spielregeln dieselbe mit zu kontrollieren.[22] Durch den Integrationseffekt dieser heutigen Europäischen Union führt jedoch für alle beteiligten Staaten kein Weg mehr an Zusammenarbeit vorbei.
Um den gegenseitigen Einfluss zu verdeutlichen kann man sich die wichtigsten deutschen Handelspartner in der Europäischen Union vor Augen führen.
Die größten Handelspartner Deutschlands in der Europäischen Union sind Frankreich (19,1% der deutschen Exporte in die EU, 18,2% der deutschen Importe aus
der EU 2003), das Vereinigte Königreich (15,1% der Ausfuhr, 11,9% der Einfuhr), Italien (13,3% der Ausfuhr, 12,5% der Einfuhr) und die Niederlande (11,2% der Exporte, 16,6% der Importe). Hinzu kommen Österreich (9,6% der Ausfuhren, 7,8% der Einfuhren), Belgien (9,1% der Versendungen, 9,6% der Eingänge) und Spanien (8,9% der Versendungen, 6,1% der Eingänge). Die vier bedeutendsten EU-Partner für den deutschen Außenhandel sind damit Frankreich, das Vereinigtes Königreich, Italien und die Niederlande. Sie erreichten 2003 zusammen einen Anteil von 58,7% an den deutschen Versendungen in EU-Staaten, sowie von 59,2% an den deutschen Eingängen aus der EU. Rechnet man noch Österreich, Belgien und Spanien hinzu, so nehmen sie in beiden Handelsrichtungen mehr als 80% des deutschen Handels im EU-Raum ein.[23]
Da ca. zwei Drittel der europäischen Exporte und Importe dem Binnenhandel dienen, ist der Binnenhandel für die EU als Ganzes sogar noch bedeutender, als er für den deutschen Außenhandel an Bedeutung besitzt.
Zudem ist die Bundesrepublik für ein Viertel der Ausfuhren der EU (22% der Versendungen im Binnenhandel und 29% der Ausfuhren an Drittländer), sowie ein Fünftel der Einfuhren (20% der Eingänge im Binnenhandel und 24% der Einfuhren aus Drittländern) verantwortlich.[24] Damit ist der Europäische Markt für die Bundesrepublik Deutschland zum Einen der wichtigste Markt, da sie hier ihre stärksten gegenseitigen Handelsbeziehungen verfügt und damit eine bedeutende Konzentration auf den europäischen Kontinent besitzt. Zum Anderen aber stehen auch die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in enger Abhängigkeit mit der deutschen Wirtschaft, was in der Schwächephase der Bundesrepublik 2002 und 2003 erkennbar ist, in der auch die Europäische Union angesichts der ausgefallenen „Wirtschaftslokomotive“ Deutschland nicht die Wirtschaftskraft wie in den vorangegangen Jahren entfalten konnte. Man kann daher ganz klar von einer wirtschaftlichen Interdependenz innerhalb der Mitglieds-staaten der Europäischen Union sprechen. Die Bundesrepublik profitiert dabei insbesondere durch den gemeinsamen Markt und hat auch durch die Osterweiterung seine Handelsbeziehungen auf dem europäischen Kontinent am Besten erweitern können.
Venezuelas wirtschaftliche Machtposition innerhalb der dortigen Region entsteht nicht durch Interdependenzen, sondern durch die politische und wirtschaftliche Kooperation innerhalb ausgewählter Staaten.
Insbesondere der Eintritt Venezuelas in den „Mercado Comùn del Sur“ (MERCOSUR) hat eine Restrukturierung der Wirtschaftsbeziehungen in Lateinamerika[25] beginnen lassen, in der auch Venezuela seinen politischen Einflussbereich erweitern konnte. Diese Zoll- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und seit 2005 auch Venezuela hat sich das Ziel des wirtschaftlichen, sowie politischen Integrationsprozesses[26] gesetzt. Sie soll eine Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklungsprozesse innerhalb der Mitgliedsstaaten bewirken und darüber hinaus eine Einbindung der Mitgliedstaaten in das internationale Gefüge der großen Wirtschaftsblöcke erleichtern.
Venezuela hat anlässlich seines Beitritts die Botschaft der engeren Kooperation gegeben. Als ersten Schritt stehen dafür grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte, wie z.B. der Bau einer 7000-8000km langen Erdölpipeline, die alle fünf Mitgliedsstaaten miteinander verbinden solle. Für diesen Bau sollen Investitionen von 12 Mrd. US$ (ca. 10,1 Mrd. €) innerhalb der Mitgliedsländer getätigt werden.[27] Zu den gemeinsam Außenzolltarifen kommen auch entwicklungspolitische Maßnahmen hinzu, für die Venezuelas Konzept der Energiekooperation und infrastrukturellen Vernetzung einen wichtigen Beitrag leistet.
Mit dieser Zusammenarbeit soll der „Gemeinsame Markt des Südens“ (MERCOSUR) als Bollwerk gegen die gesamtamerikanische Freihandelszone (ALCA/FTAA) der Vereinigten Staaten langfristig gestärkt und so die ALCA/FTAA bestmöglich behindert werden.
Im Gegenzug dazu hat Venezuela seine Mitgliedschaft in der Andengemeinschaft (CAN) beendet und damit den MERCOSUR sichtlich gestärkt. Der Grund waren zum Einen die komplizierte Problematik der Zolltarifregelungen der Mitgliedstaaten der CAN mit den festgesetzten Regelungen der MERCOSUR zu verbinden. Zum Anderen haben Partnerstaaten wie Peru und Kolumbien eigenmächtig Freihandelsverträge mit den USA unterschrieben und damit aus Sicht Venezuelas den Gedanken der regionalen Integration verraten.[28]
[...]
[1] Azzellini, Dario, Venezuela Bolivariana, ISP, Köln, 2006, S.51
[2] Bundesagentur für Außenwirtschaft: http://www.bfai.de/nsc_true/DE/Navigation/Metanavigation/Suche/sucheUebergreifendGT.html deutschland 22.06.07, Wirtschaftsdaten Kompakt, Stand Mai 2007,
[3] Grafik aus: http://www.bfai.de/ext/anlagen/PubAnlage_3242.pdf 22.06.07 , BfAI, Wirtschaftsdaten Kompakt, Stand Mai 2007, S.1
[4] http://www.bfai.de/ext/anlagen/PubAnlage_3242.pdf 22.06.07 , BfAI, Wirtschaftsdaten Kompakt, Stand Mai 2007, S.1 ff.
[5] http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_PUBLIC/6-15052002-AP/EN/6-15052002-AP-EN.HTML 24.06.07
[6] Zusammengerechneter Durchschnitt aller 27 EU-Länder nach Eurostat:http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page?_pageid=1996,45323734&_dad=portal&_schema=PORTAL&screen=welcomeref&open=/&product=STRIND_ECOBAC&depth=2
[7] http://www.bfai.de/ext/anlagen/PubAnlage_3242.pdf 22.06.07 24.06.07 S.2
[8] Warenursprung und Präferenzen, Möller, Thomas /Schumann, 3., überarb. Auflage. Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Köln, 2005, S.3
[9] Warenursprung und Präferenzen, S.3
[10] Außenhandel mit der Europäischen Union, Gehle, Dr. Silke, Statistisches Bundesamt - Wirtschaft und Statistik 3/2004, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, 2004 S. 324
[11] http://www.bfai.de/ext/anlagen/PubAnlage_3242.pdf 22.06.07 BfAI, Wirtschaftsdaten Kompakt, Stand Mai 2007, 24.06.07, S.4
[12] Aus Grafik: http://www.bfai.de/ext/anlagen/PubAnlage_3242.pdf 22.06.07 BfAI, Wirtschaftsdaten Kompakt, Stand Mai 2007, 24.06.07, S.3
[13] http://www.bfai.de/ext/anlagen/PubAnlage_3258.pdf BfAI, Wirtschaftsdaten Kompakt, Stand Mai 2007, 24.06.07, S.1 ff.
[14] Grafik aus: http://www.bfai.de/ext/anlagen/PubAnlage_3258.pdf BfAI, Wirtschaftsdaten Kompakt, Stand Mai 2007, 24.06.07, S.1
[15] http://devdata.worldbank.org/external/CPProfile.asp?PTYPE=CP&CCODE=LAC , Lateinamerika - World Development Indicators database, April 2007
[16] http://www.bfai.de/ext/anlagen/PubAnlage_3258.pdf BfAI, Wirtschaftsdaten Kompakt, Stand Mai 2007, 24.06.07, S.1 ff.
[17] Bei diesen Daten ist jedoch zu beachten, dass die Preise in der allgemeinen Statistik als Dollarkurse angegeben werden, zum besseren Vergleich jedoch in den Eurokurs des jeweiligen Jahres berechnet wurde und dadurch Unstimmigkeiten entstehen können.
[18] Boeckh, Andreas, Die Außenpolitik Venezuelas: Von einer „Chaosmacht“ zur regionalen Mittelmacht und zurück, Diehl, Oliver/Muno, Wolfgang (Hrsg.), Venezuela unter Chavez – Aufbruch oder Untergang? Vervuert, Frankfurt, 2005,S.88
[19] http://www.bfai.de/ext/anlagen/PubAnlage_3258.pdf BfAI, Wirtschaftsdaten Kompakt, Stand Mai 2007, 24.06.07, S.2
[20] http://www.bfai.de/ext/anlagen/PubAnlage_3258.pdf BfAI, Wirtschaftsdaten Kompakt, Stand Mai 2007, 24.06.07, S.3
[21] Gretschmann, Klaus, Traum oder Alptraum? - Politikgestaltung im Spannungsfeld von Nationalstaat und Europäischer Union, Aus Politik und Zeitgeschichte, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, 2001, S.25
[22] Siehe Nr.21
[23] Außenhandel mit der Europäischen Union, Gehle, Dr. Silke, Statistisches Bundesamt - Wirtschaft und Statistik 3/2004, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, 2004 S. 326
[24] Außenhandel mit der Europäischen Union, Gehle, Dr. Silke, Statistisches Bundesamt - Wirtschaft und Statistik 3/2004, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, 2004 S. 330
[25] Venezuelas Fahrplan in den Mercosur, Bfai, http://www.bfai.de/ext/Export-Einzelsicht/DE/Content/__SharedDocs/Links-Einzeldokumente-Datenbanken/fachdokument,templateId=renderPrint/MKT20051213101001.pdf S.1
[26] Gründungsvertrag von Asunción zur Konstituierung von Mercosur: http://www.mercosur.int/msweb/Normas/Tratado%20e%20Protocolos/Tratado%20Assunci%F3n_ES.pdf Präambel
[27] siehe Nr. 25
[28] Neuber, Harald, Kampf um den Hinterhof, heise online, www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22910/1.html 26.06.07
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