Diese Arbeit möchte zwei Felder miteinander verknüpfen, die so noch nicht verknüpft worden sind: Das seit längerem intensiv beackerte Feld des organisationalen Lernens soll in Beziehung gesetzt werden zu dem wissenschaftlich, vor allem sozialwissenschaftlich noch kaum beachteten Feld der Instrumente, mit denen Unternehmen und andere Organisationen durch ihre eigenen Mitglieder, also ohne Hilfe externer Evaluatoren , sich selbst analysieren, bewerten und auf dieser Grundlage Verbesserungsmaßnahmen einleiten können; im Folgenden kurz „Selbstbewertungsinstrumente“ genannt. In dieser Arbeit geht es also um die Frage, welchen Beitrag Selbstbewertungsinstrumente zum organisationalen Lernen leisten können.
Diese Arbeit möchte also keine klassischen Instrumente zur Förderung des organisationalen Lernens, sondern Selbstbewertungsinstrumente einer theoretischen Prüfung im Hinblick auf ihren Beitrag zum Lernen in Organisationen unterziehen. Dies liegt vor allem in der Relevanz begründet, die diese Instrumente bei entsprechender Verbreitung für die Weiterentwicklung von Unternehmen haben könnten, da der finanzielle Aufwand, der durch die Inanspruchnahme externer Trainer entstehen würde, entfällt und die Selbstbewertungsinstrumente dadurch auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) interessant sind, also für 99% aller ca. 3,3 Millionen Unternehmen in Deutschland, denen ein Managementtraining im Stile von Argyris und Schön oder Senge, bei dem von außen kommende Berater den Teilnehmern ihre Kommunikations- und Denkprozesse zurückspiegeln, in der Regel zu teuer und aufwändig ist. Da KMU in Deutschland 70% aller Arbeitnehmer und 80% aller Auszubildenden beschäftigen (BDI o.J.: 121, zit. nach Klemisch/Rohn 2002: 4), sind Instrumente zur Verbesserung der Leistung dieser Unternehmen von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung.
Ziel der Arbeit ist es darzulegen, an welchen Stellen des organisationalen Lernprozesses Selbstbewertungsinstrumente einen wertvollen Beitrag leisten können, an welchen Stellen sie es nicht können und wo sie es möglicherweise könnten, wenn sie konsequenter im Hinblick auf organisationales Lernen gestaltet wären; wie eine solche Ergänzung der Instrumente aussehen könnte, werde ich ebenso herausarbeiten wie lernfördernde organisationale Bedingungen, in deren Rahmen Selbstbewertungsinstrumente besonders gute Resultate hervorbringen dürften.
Gliederung
1. Einleitung
1.1. Fragestellung
1.2. Vorgehen
1.3. Theorien des organisationalen Lernens: Historischer Überblick und Forschungsstand
1.4. Forschungsstand zu Selbstbewertungsinstrumenten zum nachhaltigen Wirtschaften sowie Kurzvorstellung der Instrumente SAFE und BNC
2. Theorien des organisationalen Lernens
2.1. Die Theorie des organisationalen Lernens von Argyris und Schön
2.1.1. Organisationsverständnis
2.1.2. Aktionstheorien
2.1.3. Einschleifen-Lernen und Doppelschleifen-Lernen
2.1.4. Der Prozess des organisationalen Lernens – Voraussetzungen und Methoden
2.1.5. Resümee zur Theorie von Argyris und Schön
2.2. Die Theorie des organisationalen Lernens von Preskill und Torres
2.2.1. Organisationales Lernen im Verständnis von Preskill und Torres
2.2.2. Der Prozess des organisationalen Lernens im Konzept von Preskill und Torres
2.2.3. Planung der evaluativen Untersuchung
2.2.4. Durchführung der evaluativen Untersuchung
2.2.5. Umsetzung des Gelernten
2.2.6. Infrastruktur für die Durchführung evaluativer Untersuchungen
2.2.7. Resümee zur Theorie von Preskill und Torres
2.3. Quintessenz der Theorien des organisationalen Lernens von Argyris und Schön sowie Preskill und Torres
3. Selbstbewertungsinstrumente
3.1. Einleitung
3.2. Darstellung und Analyse der Instrumente
3.2.1. Sustainability Assessment For Enterprises (SAFE)
3.2.1.1. Kritische Betrachtung der Durchführung von SAFE
3.2.1.1.1. Bildung des „SAFE-Teams“ im Unternehmen
3.2.1.1.2. Status-quo-Analyse
3.2.1.1.3. Auswertung des Fragebogens
3.2.1.1.4. Zukunfts-Workshop
3.2.1.1.5. Durchführung der beschlossenen Maßnahmen
3.2.1.1.6. Überprüfung der durchgeführten Maßnahmen durch einen Controlling-Workshop
3.2.1.2. Kritische Gesamtbetrachtung von SAFE
3.2.1.2.1. Normativer Anspruch
3.2.1.2.2. Was ist organisationales Lernen – und findet sich dies in der Konzeption von SAFE wieder?
3.2.1.2.3. Lernniveaus
3.2.1.2.4. Was muss mit Hilfe von SAFE umgesetzt werden, um die Voraussetzungen für organisationales Lernen zu schaffen?
3.2.1.2.5. Welche Rahmenbedingungen muss SAFE vorfinden und unterstützen, um zum organisationalen Lernen beitragen zu können?
3.2.1.2.6. Was verhindert/erschwert, dass SAFE zum organisationalen Lernen beiträgt?
3.2.1.2.7. Welche Akteure sollten eingebunden werden, damit SAFE zum organisationalen Lernen beitragen kann?
3.2.2. Bochumer Nachhaltigkeitscheck (BNC)
3.2.2.1. Kritische Betrachtung des Ablaufs des BNC
3.2.2.1.1. Startphase
3.2.2.1.2. Analyse-Workshop
3.2.2.1.3. Auswertungs-Workshop
3.2.2.1.4. Umsetzung und Controlling der Maßnahmen
3.2.2.1.5. Erfahrungsaustausch
3.2.2.2. Kritische Gesamtbetrachtung des BNC
3.2.2.2.1. Normativer Anspruch
3.2.2.2.2. Was ist organisationales Lernen – und findet sich dies in der Konzeption des BNC wieder?
3.2.2.2.3. Lernniveaus
3.2.2.2.4. Was muss mit Hilfe des BNC umgesetzt werden, um die Voraussetzungen für organisationales Lernen zu schaffen?
3.2.2.2.5. Welche Rahmenbedingungen muss der BNC vorfinden und unterstützen, um zum organisationalen Lernen beitragen zu können?
3.2.2.2.6. Was verhindert / erschwert, dass der BNC zum organisationalen Lernen beiträgt?
3.2.2.2.7. Welche Akteure sollten eingebunden werden, damit der BNC zum organisationalen Lernen beitragen kann?
3.3. Lernperspektiven durch den Einsatz von Selbstbewertungsinstrumenten und Entwicklungsmöglichkeiten von Selbstbewertungsinstrumenten
3.4. Anspruchsvolles organisationales Lernen mit Unterstützung von Selbstbewertungsinstrumenten: Zusammenfassende Darstellung der Bedingungen, unter denen dies gelingen kann
3.4.1. Auf welche Art und Weise müssen Selbstbewertungsinstrumente angewendet und punktuell ergänzt werden, damit sie zu einem anspruchsvollen organisationalen Lernen beitragen?
3.4.1.1. Einstiegsphase
3.4.1.2. Analysephase
3.4.1.3. Auswertungsphase
3.4.1.4. Umsetzungsphase und Erfolgskontrolle
3.4.2. Grundlegende Neuerungen in Organisationen zur Förderung des organisationalen Lernens
4. Abschließende Beurteilung der Selbstbewertungsinstrumente im Hinblick auf ihren Beitrag zum organisationalen Lernen
5. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Datenerhebungsplan im Konzept von Preskill und Torres
Abb. 2: Plan zum Kommunizieren und Berichten
Abb. 3: Aktionsplan
Abb. 4: Der Lernkreislauf
Abb. 5: Analysebereiche und Indikatoren beim Instrument SAFE
Abb. 6: COMPASSradar des Unternehmens
Abb. 7: Stärken-/Schwächenprofil
Abb. 8: Identifikation von Stärken und Schwächen
Abb. 9: Maßnahmenplanung
Abb. 10: BNC-Auswertungsblatt
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Modell I handlungsleitender Theorien im Konzept von Argyris und Schön
Tab. 2: Modell II der handlungsleitenden Theorie
Tab. 3: Soziale Tugenden in den Modellen I und II der handlungsleitenden Theorie...
Tab. 4: Die wichtigsten Gesichtspunkte der Ansätze von Argyris und Schön sowie Preskill und Torres
Tab. 5: Zusammenführung wichtiger Aspekte aus den Ansätzen von Argyris und Schön sowie Preskill und Torres als Orientierungshilfe zur Beurteilung von Selbstbewertungsinstrumenten
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1. Fragestellung
Diese Arbeit möchte zwei Felder miteinander verknüpfen, die so noch nicht verknüpft worden sind: Das seit längerem intensiv beackerte Feld des organisationalen Lernens soll in Beziehung gesetzt werden zu dem wissenschaftlich, vor allem sozialwissenschaftlich noch kaum beachteten Feld der Instrumente, mit denen Unternehmen und andere Organisationen durch ihre eigenen Mitglieder, also ohne Hilfe externer Evaluatoren[1], sich selbst analysieren, bewerten und auf dieser Grundlage Verbesserungsmaßnahmen einleiten können; im Folgenden kurz „Selbstbewertungsinstrumente“ genannt. In dieser Arbeit geht es also um die Frage, welchen Beitrag Selbstbewertungsinstrumente zum organisationalen Lernen leisten können.
Diese Frage drängt sich deshalb auf, weil mit Hilfe der Selbstbewertungs-instrumente einerseits Veränderungen in Organisationen angestrebt werden, die, wie noch zu zeigen sein wird, nur durch organisationales Lernen zu realisieren sind, wovon in der Selbstdarstellung dieser Instrumente zum Teil auch die Rede ist. Andererseits funktionieren Selbstbewertungsinstrumente deutlich anders als die Instrumente, die von den Entwicklern der Theorien organisationalen Lernens selbst konzipiert und eingesetzt wurden und werden, um organisationales Lernen zu ermöglichen. So setzen letztere vor allem darauf, dass Organisationsmitglieder ihre (pathologischen) Kommunikations-, Handlungs- und kognitiven Prozesse erkennen und ändern, nachdem sie ihnen durch externe Trainer zurückgespiegelt worden sind. Senge beispielsweise, wohl einflussreichster Autor des organisationalen Lernens aus dem Bereich der Managementliteratur, lässt Teilnehmer einer Gesprächssituation – womit er die „Linke-Spalte-Methode“ von Argyris und Schön aufgreift (vgl. Argyris/Schön 1999: 135ff.) – im Anschluss an das Gespräch all das aufzuschreiben, was sie ihren Gesprächspartnern gerade nicht gesagt, sondern nur über sie gedacht haben. Durch diese „Reflexion in Aktion“ sollen den Teilnehmern ihre meist verallgemeinernden (Vor-)Urteile über ihre Kollegen, Vorgesetzten und Untergebenen überhaupt erst bewusst werden (Senge 1996: 223). Selbstbewertungsinstrumente hingegen streben Verbesserungen des Organisationshandelns ausschließlich aus der Organisation selbst heraus an, indem Mitglieder eine Status-quo-Analyse durchführen, darauf fußend ein Stärken/Schwächen-Profil der Organisation anfertigen und auf der Basis der Erkenntnis des Ist-Zustands Verbesserungsmaßnahmen in die Wege leiten.
Diese Arbeit möchte also keine klassischen Instrumente zur Förderung des organisationalen Lernens, sondern Selbstbewertungsinstrumente einer theoretischen Prüfung im Hinblick auf ihren Beitrag zum Lernen in Organisationen unterziehen. Dies liegt vor allem in der Relevanz begründet, die diese Instrumente bei entsprechender Verbreitung für die Weiterentwicklung von Unternehmen haben könnten, da der finanzielle Aufwand, der durch die Inanspruchnahme externer Trainer entstehen würde, entfällt und die Selbstbewertungsinstrumente dadurch auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) interessant sind, also für 99%[2] aller ca. 3,3 Millionen Unternehmen[3] in Deutschland, denen ein Management-training im Stile von Argyris und Schön oder Senge, bei dem von außen kommende Berater den Teilnehmern ihre Kommunikations- und Denkprozesse zurückspiegeln, in der Regel zu teuer und aufwändig ist. Da KMU in Deutschland 70% aller Arbeitnehmer und 80% aller Auszubildenden beschäftigen (BDI o.J.: 121, zit. nach Klemisch/Rohn 2002: 4), sind Instrumente zur Verbesserung der Leistung dieser Unternehmen von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung.
Die Instrumente, an denen ich beispielhaft meine Untersuchung durchführen werde, nämlich SAFE (Sustainability Assessment for Enterprises) und BNC (Bochumer Nachhaltigkeitscheck), wurden von Organisationen entwickelt, die ausdrücklich das Ziel des nachhaltigen Wirtschaftens betonen. Im Falle von SAFE ist dies das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie; für den BNC zeichnet die im hessischen Friedberg ansässige Trifolium – Beratungsgesellschaft mbH verantwortlich[4]. Die dezidierte Ausrichtung von SAFE und BNC auf nachhaltiges Wirtschaften ist auch für meine Forschungsfrage von Relevanz, da das anspruchsvolle Ziel des nachhaltigen Wirtschaftens, neben den ökonomischen auch ökologische und soziale Werte zu steigern, nur durch ein kontinuierliches Lernen des Unternehmens erreicht werden kann, denn es ist, um allen nachhaltigkeitsrelevanten Ansprüchen und Anspruchsgruppen gerecht zu werden, vonnöten, die sich dynamisch ändernde natürliche und soziale Umwelt wie auch organisationsinterne soziale Prozesse sensibel wahrzunehmen und auf diese zu reagieren bzw. kommende Anforderungen zu antizipieren und entsprechend zu agieren.
Ziel der Arbeit ist es darzulegen, an welchen Stellen des organisationalen Lernprozesses Selbstbewertungsinstrumente einen wertvollen Beitrag leisten können, an welchen Stellen sie es nicht können und wo sie es möglicherweise könnten, wenn sie konsequenter im Hinblick auf organisationales Lernen gestaltet wären; wie eine solche Ergänzung der Instrumente aussehen könnte, werde ich ebenso herausarbeiten wie lernfördernde organisationale Bedingungen, in deren Rahmen Selbstbewertungsinstrumente besonders gute Resultate hervorbringen dürften.
1.2. Vorgehen
Zunächst werde ich einen kurzen Überblick über die Themenfelder und den jeweiligen Forschungsstand des organisationalen Lernens und der Selbstbewertungsinstrumente geben und offensichtliche Anknüpfungspunkte zwischen diesen Feldern nennen. Kapitel 2 wird sich dann ausführlich mit wichtigen und interessanten Theorien des organisationalen Lernens, nämlich den Ansätzen von Argyris und Schön sowie Preskill und Torres, beschäftigen, Kapitel 3 wird sich eingehend mit den Selbstbewertungsinstrumenten SAFE und BNC befassen. Im Hintergrund dieser Betrachtungen soll stets die Frage stehen, an welchen
Punkten – implizit oder explizit – die beiden Themenfelder aufeinander verweisen. Das Herausarbeiten solcher Bezugspunkte wird also das zentrale Mittel zur Bearbeitung der Forschungsfrage sein. Es sind von daher die in Kapitel 2 dargestellten Theorien des organisationalen Lernens auf einen Katalog von Kriterien zu verdichten, die zusammenfassen, was das organisationale Lernen ausmacht und warum es verhindert wird bzw. wie es gefördert werden kann; anhand dieser Kriterien sind die Selbstbewertungsinstrumente zu untersuchen, ob und an welcher Stelle sie einen Beitrag zum Lernen im Unternehmen leisten können. Eine kritische Analyse im Hinblick darauf, ob Theorien des organisationalen Lernens stimmig sind und welche Theorie am geeignetsten scheint, in die Praxis umgesetzt zu werden, ist also nicht das Anliegen dieser Arbeit. Es geht vielmehr darum, Theorien des organisationalen Lernens als Brille zu benutzen, um mit ihrer Hilfe einen scharfen Blick auf Selbstbewertungs-instrumente und deren möglichen Beitrag zum Lernen in Unternehmen werfen zu können. Um dieses Vorgehen nachvollziehbar zu machen, werden im zweiten Kapitel die wichtigsten Eigenschaften dieser Brille herausgearbeitet und auch auf ein paar offensichtliche Unschärfen und Blindstellen hingewiesen; die Brille selbst wird jedoch nicht hinterfragt.
Das dritte Kapitel wird vor allem analysieren, was die untersuchten Selbstbewertungsinstrumente in ihrer bestehenden Form im Hinblick auf organisationales Lernen zu leisten in der Lage sind, soll aber auch einen Ausblick darauf geben, was sie zu leisten imstande wären, wenn sie, was Beschaffenheit und Art der Durchführung betrifft, punktuell verändert und ergänzt würden, und was sie leisten könnten, wenn sich bestimmte lernfödernde oder -hemmende Voraussetzungen und Rahmenbedingungen in der jeweiligen Organisation ändern würden. In einem letzten, vierten Kapitel werde ich dann die Ergebnisse zusammenfassen.
1.3. Theorien des organisationalen Lernens: Historischer Überblick und Forschungsstand
Der Forschungsstand zum organisationalen Lernen kann aufgrund der überaus zahlreichen und vielfältigen Literatur zu diesem interdisziplinären Thema hier nur in groben Grundzügen dargestellt werden. Je nachdem, ob die Autoren aus dem Wirtschaftssystem kommen und also Selbstbeschreibungen von Unternehmen anfertigen, oder aus dem Wissenschaftssystem, welches in diesem Zusammenhang mindestens in die Disziplinen (Betriebs-)Pädagogik, Verhaltenswissenschaft, Kognitionspsychologie, Betriebswirtschaftslehre/ Managementforschung und Organisationssoziologie untergliedert werden kann, je nachdem, ob sie einen deskriptiv-analytischen Blickwinkel einnehmen oder organisationales Lernen normativ einfordern bzw. ermöglichen wollen, werden unterschiedliche Fragen gestellt und andere Antworten gegeben. Einige der wichtigsten Fragen lauten:
- Was ist organisationales Lernen?
- Ist es also möglich und beobachtbar, dass Organisationen lernen? Wenn ja,
- Warum lernen sie? Was ist der Auslöser? Lernen als Reaktion auf eine Umweltveränderung oder als aktives, antizipatives, gestalterisches Verhalten?
- Wie lernen sie? Wer oder was ist das Lernsubjekt – einzelne Organisationsmitglieder, Teams oder die Organisation an sich, der kognitive Eigenschaften zuerkannt werden?
- Was sind die relevanten katalytischen und hemmenden Faktoren für das organisationale Lernen?
Entsprechend der Vielzahl der Fragestellungen und Blickwinkel, die von den Autoren der verschiedenen Disziplinen untersucht bzw. eingenommen werden, gibt es keine einheitliche Definition des organisationalen Lernens. Allgemein kann man lediglich feststellen, dass es sich um eine zielgerichtete Veränderung der Organisation im Hinblick auf neues organisationales Wissen handelt – um Wissen also, dessen Verfügbarkeit nicht von der Anwesenheit einzelner Wissensträger abhängig ist, denn auch wenn es unterschiedliche Erklärungsversuche darüber gibt, wer oder was wie lernt, so dürfte doch Konsens darüber bestehen, dass das hierbei entstandene Wissen nicht verloren geht, wenn einzelne Mitglieder die Organisation verlassen, ansonsten wäre der Terminus des organisationalen Lernens unsinnig.
Olaf Kranz (2000: 13) zufolge waren Richard M. Cyert und James G. March 1963 mit ihrem Buch „A Behavioral Theory of the Firm“ die ersten, die das Begriffspaar des organisationalen Lernens verwendeten. Sie begreifen organisationales Lernen als reaktive Anpassung der Organisation an eine sich ändernde Umwelt und werden der Strömung des Behaviorismus zugerechnet, das heißt sie erklären die Anpassungsleistung nach dem Prinzip von Reiz und Reaktion (synonym: Stimulus und Response). Die Reaktion der Organisation auf einen Reiz in Form einer Umweltveränderung liegt also in einer Verhaltensänderung der Organisation mit dem Zweck, der Umwelt weiterhin gut angepasst zu sein.
Zusammen mit Johan P. Olsen veröffentlicht March 1975 mit dem Artikel „The Uncertainty of the Past – Organizational Learning under Ambiguity“, 1990 in deutscher Sprache erschienen, einen weiteren bedeutenden Beitrag zur verhaltenswissenschaftlich begründeten Theorie des organisationalen Lernens. Hierin entwickeln sie das Konzept der unvollständigen Lernzyklen. Ein vollständiger Lernzyklus bestünde darin, dass
1. die Umwelt der Organisation einen Stimulus setzt (der auch eine Reaktion auf vorheriges Organisationshandeln sein kann),
2. der Stimulus von einem Organisationsmitglied wahrgenommen und kognitiv verarbeitet wird,
3. das Handeln des Individuums dadurch beeinflusst wird, wodurch
4. das Handeln der Organisation beeinflusst wird, was
1. eine Reaktion der Umwelt als neuen Stimulus für die Organisation zur Folge hat usw.
Durch diese vollständigen Lernzyklen verhielte sich die Organisation adaptiv rational, ihr gelänge ein Anpassungslernen, durch das sie im Laufe der Zeit immer besser auf die Umwelt reagieren könnte (vgl. Leichthammer 1998: 19). Das Problem nach March und Olsen liegt jedoch darin, dass die Rationalität der Individuen grundsätzlich ebenso eingeschränkt, wie ihr Wissen um die komplexe, mehrdeutige Umwelt unvollständig ist:
„Wir gehen davon aus, dass Individuen ihr Verständnis auf eine Weise modifizieren, die intentional adaptiv (und nicht rational adaptiv, Anm. TE) ist. Sie operieren jedoch unter Bedingungen, in denen a) das, was geschieht, nicht immer offensichtlich ist, b) warum es geschehen ist, im Dunkeln liegt, und c) unklar ist, ob das, was geschehen ist, gut ist.“ (March/Olsen 1990: 389)
Daher kann es im während eines Lernzyklus’ an einer oder mehreren Stellen zu Unterbrechungen kommen – was nicht bedeutet, dass nicht gelernt wird, was aber bedeuten kann, dass dysfunktional gelernt wird, wodurch die Wissensbasis in der Organisation zwar verändert wird, aufgrund des unnützen oder gar falschen Wissens die Adaptionsleistungen der Organisation an die Umwelt jedoch nicht verbessert wird.
Im Gegensatz zu den Verhaltenswissenschaftlern stellen die kognitions-wissenschaftlich beeinflussten Theoretiker des organisationalen Lernens die Frage in den Fokus, wie Organisationsmitglieder Informationen auf der Ebene von Wahrnehmung und Bewusstsein verarbeiten und wie sie ihr Verhalten hinterfragen.
Besonders Letzteres ist zentral für die Theorie des organisationalen Lernens, die Chris Argyris und Donald A. Schön in ihrem im Bereich des Organisationslernens zum Standardwerk gewordenen, 1978 erschienenen Buch „Organizational Learning: A Theory of Action Perspective“ entwickeln[5]. Argyris und Schön gehen davon aus, dass organisationales Lernen durch defensive Routinen der Organisationsmitglieder verhindert wird. Dies kann bedeuten, dass (fachliche wie persönliche) Probleme nicht offen und aufrichtig, sondern abwehrend diskutiert werden. Dem Handeln von Individuen liegen Argyris und Schön zufolge sogenannte Aktionstheorien („theories of action“) zugrunde, mit deren Hilfe Individuen die ihrer Ansicht nach adäquaten Strategien zur Lösung von Problemen wählen. Diese Aktionstheorien spalten sich auf in die verlautbarten Theorien („espoused theories“) und die tatsächlich handlungsleitenden Theorien („theories-in-use“). Im Auftreten defensiver Routinen äußert sich, dass die „espoused theory“, also die gegenüber anderen und sich selbst verlautbarte Handlungstheorie, wonach man anderen Individuen stets offen, ehrlich und selbstkritisch gegenübertritt, nicht mit der „theory-in-use“, der tatsächlich handlungsleitenden Theorie, die häufig von „das Gesicht wahren“ geprägt ist, übereinstimmt. In diesem Falle sind organisationale Lernprozesse bestenfalls als oberflächliches Erkennen und Korrigieren von Fehlern, als inkrementelle Verbesserungen des Organisationshandelns innerhalb der bestehenden Denk- und Handlungsschemata möglich, hier Einschleifen-Lernen („single-loop learning“) genannt, weil niemand bereit und in der Lage ist, diese Schemata zu durchbrechen. Um die Diskrepanz zwischen der verlautbarten und der handlungsleitenden Theorie zu erkennen, werden den Organisationsmitgliedern durch externe Trainer ihre Kommunikationsprozesse zurückgespiegelt. Durch das Erkennen sind die Individuen nun in der Lage, ihre handlungsleitende Theorie zu hinterfragen und zu ändern. Durch den Abbau von defensiven Routinen ist nun ein anspruchsvolleres, höherstufiges Lernen, nämlich Doppelschleifen-Lernen („double-loop learning“), möglich, indem die Organisationsmitglieder ihre handlungsleitenden Werte, Normen, Annahmen und Strategien ändern, wodurch im Organisationskontext auch radikale, strategische Neuausrichtungen möglich werden. Die von Argyris und Schön eingeführte Gliederung des Lernens in unterschiedliche Lernniveaus ist von den meisten anderen Theoretikern des organisationalen Lernens in der einen oder anderen Form aufgegriffen worden. Sie ist für die Debatte um das organisationale Lernen wie auch für meine Forschungsfrage deshalb so wichtig, weil sie eine Vorstellung von Lernprozessen erlaubt, die über das reaktive Anpassungslernen der behavioristischen Modelle hinausgeht: Durch die kognitiven Fähigkeiten der Individuen und die quasi-kognitiven Fähigkeiten der Organisation – wie diese beiden Ebenen zusammenhängen, wird noch zu erörtern sein – werden Organisationen in die Lage versetzt, in antizipierender Weise auch grundlegende Aspekte ihres Handeln zu verändern, um weiterhin erfolgreich am Markt zu bestehen. Heißt das Ziel „nachhaltiges Wirtschaften“, so können inkrementelle Verfahrensverbesserungen innerhalb des bestehenden Handlungsrahmens, die beispielsweise zu einem geringeren Energieaufwand bei der Herstellung eines Produktes führen, nur ein erster, wenngleich wichtiger Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel sein. Anspruchsvolle Teilziele der Nachhaltigkeit wie z.B. die von Friedrich Schmidt-Bleek in seinem Buch „Wieviel Umwelt braucht der Mensch?“ (Schmidt-Bleek 1997) geforderte Steigerung der Ressourcenproduktivität um den Faktor 10, wird nur mit völlig neuen Nutzungskonzepten von Produkten und Dienstleistungen zu erreichen sein. Hierfür ist ein Doppelschleifen-Lernen, welches das bisherige Handeln in Frage stellt, vonnöten. Aufgrund seiner starken Ausdifferenzierung und seiner Bedeutung für die Debatte um das organisationale Lernen wird das Konzept von Argyris und Schön in Kapitel 2 ausführlich behandelt.
Die Autoren, die in der Folgezeit ihre Theorien des organisationalen Lernens veröffentlichten, bereicherten die Debatte vor allem in Hinblick auf die Frage, welche Eigenschaften, die normalerweise Individuen zu eigen sind, Organisationen zugeschrieben werden können, woraus sie unterschiedliche Möglichkeiten und Bedingungen des organisationalen Lernens herleiten.
R. Duncan und A. Weiss, die seit den späten 70er Jahren ihren Beitrag zur kognitionspsychologisch beeinflussten Kontingenztheorie leisten (z.B. Duncan/Weiss 1979), betrachten Organisationen metaphorisch als Organismen, welche in regem Austausch mit ihrer Umwelt stehen und das Überleben als Ziel haben. Dieses soll gesichert werden, indem die Unternehmensstruktur optimal an die jeweilige, sich immer wieder ändernde Umwelt angepasst ist; der Vorgang dieser Anpassung ist bei Duncan und Weiss das organisationale Lernen (a.a.O.: 76f.). Solche Strukturanpassungen werden von Mitgliedern „dominanter Koalitionen“ innerhalb des Managements anhand der Einschätzungen dieser Entscheidungsträger über die Passgenauigkeit von Organisationsstruktur und Umwelt vollzogen. Das hierfür entscheidende Wissen über die Struktur-Umwelt-Beziehungen wird in eine organisationale Wissensbasis eingebettet und immer weiter angereichert, wobei zum einen Strukturanpassungen immer besser gelingen, je mehr dieses Wissens vorhanden ist, und zum anderen sich das organisationale Wissen dadurch auszeichnet, dass es Entscheidungsträgern lediglich zugänglich sein muss, aber keineswegs von allen Organisations-mitgliedern geteilt zu werden braucht (a.a.O.: 85). Durch die organisationale Wissensbasis entkoppeln Duncan und Weiss also konzeptuell das organisationale Lernen vom individuellen Wissen der Organisationsmitglieder, nicht aber von deren individuellem Lernen: Die organisationale Wissensbasis bildet und vergrößert sich durch einen Kommunikationsprozess, indem Individuen einander Informationen mitteilen, prüfen, einen Konsens über die Bedeutung bilden und in vorhandene organisationale Wissensbestände integrieren. Entscheidungsträger können sich nun dieser Wissensbasis bedienen, um Organisationsveränderungen vorzunehmen, sprich: organisationales Lernen zu bewirken. Es sind also Individuen, die stellvertretend für ihre Organisation lernen und entscheiden. Die Optimierung der Passung zwischen Organisationsstruktur und Umwelt muss dabei nicht im Versuch-und-Irrtum-Verfahren und auch nicht rein reaktiv geschehen, da die Entscheidungsträger nach dem Erkennen von Umweltveränderungen auf die in der organisationalen Wissensbasis gespeicherten Erfahrungswerte zurückgreifen und Anpassungen vornehmen können, noch bevor die Umweltveränderungen sich negativ auf die Organisation auswirken können (vgl. Kranz 2000: 71ff.). Dank der kognitiven Fähigkeiten der Organisationsmitglieder kann also gewissermaßen die „Response“ dem Stimulus zuvorkommen.
1981 zieht Bo Hedberg in seinem Handbuchartikel „How Organizations Learn and Unlearn“ (Hedberg 1981) die bis dahin engste Parallele zwischen Organisationen und menschlichen Gehirnen, indem er dem Verlernen eine entscheidende Rolle bei der Steigerung der kognitiven Fähigkeiten von Organisationen zuweist. Hedberg betrachtet Organisationen als informationsprozessierende Systeme, deren Gedächtnis – unabhängig von den jeweiligen Organisationsmitgliedern – aus „behaviors, mental maps, norms and values“, zudem aus „Myths and organizitional sagas“ besteht (a.a.O: 6). Mit dem Begriff der Mythen, womit Hedberg die erkenntnis- und handlungsleitenden Aktionstheorien bezeichnet, mit deren Hilfe die Organisation ihre Umwelt wahrnimmt und interpretiert und auf sie eingeht, unterstreicht er die Begrenztheit der Rationalität der Organisation und ihrer Mitglieder: Der Mythos muss die Umwelt nicht exakt und wahrheitsgemäß abbilden, da diese bei Hedberg ohnehin als veränderliches, kontingentes Konstrukt der Aktionstheorien der Organisationsmitglieder zu betrachten ist, sondern lediglich zum Handeln befähigen und dadurch Ergebnisse ermöglichen. Entsprechen die Ergebnisse nicht mehr den Erwartungen, wird ein neuer Mythos den alten ersetzen und sich an dessen Stelle etablieren (vgl. Leichthammer 1998: 33). Die Mythen verbinden Hedberg zufolge zwei getrennte kognitive Metaebenen in der Organisation. Auf der einen Ebene werden Umweltinformationen ausgewählt und interpretiert, auf der anderen Ebene wird aus einem vorhandenen Verhaltensrepertoire eine Reaktion auf den Umweltstimulus erzeugt. Durch ihre Funktion, Umweltsignale mit Antworten zu versehen, erfüllen Aktionstheorien oder Mythen also für Organisationen den Zweck, den kognitive Strukturen für Individuen haben (Kranz 2000: 76).
Mit der begrenzten Rationalität korrespondiert die begrenzte Kapazität, was die Aufnahme und Verarbeitung von Wissen in Organisationen betrifft. Ebenso wie Aktionstheorien bzw. Mythen von Zeit zu Zeit ersetzt werden müssen, muss Wissen verlernt werden, um Kapazität für neues Wissen zu schaffen – wobei dem Verlernen nicht zwangsläufig das „re-learning“ neuen Wissens folgen muss, die Organisation sich durch das Verlernen also auch schaden kann (Hedberg 1981: 18f.). Gelingt das „re-learning“ jedoch, geht Hedberg davon aus, dass die Organisation Nutzen aus dem Lernprozess zieht, da er das neue Wissen als das in der Regel effektivere betrachtet.
Auch Hedberg differenziert das Lernen in verschiedener Weise. So unterscheidet er zwischen reaktivem Anpassungslernen und aktivem, offensivem, antizipierendem Lernen, welches das Ziel verfolgt, entweder die Passung, den „fit“ zwischen Organisation und Umwelt vorausschauend zu verbessern, oder gar die Umwelt selbst zu verändern. Das Lernen muss auch nicht unbedingt nach dem Stimulus-Response-Modell ablaufen, sondern kann auch durch Imitation oder Adaption von Erfahrungen anderer Organisationen stattfinden (a.a.O: 6f.). Darüber hinaus identifiziert Hedberg mehrere Lernniveaus: Beim „adjustment learning“ werden andere als die bisherigen „Responses“ aus dem bestehenden Verhaltensrepertoire gewählt. „Turnover learning“ bedeutet, dass alte Verhaltensweisen und Interpretationen verlernt und neue gelernt werden. Beim „turnaround learning“ schließlich werden die Aktionstheorien selbst verändert (a.a.O: 10). Ausgelöst werden Lernprozesse in der Regel dadurch, dass die tatsächlichen Ergebnisse des Organisationshandelns von den erwarteten Ergebnissen abweichen, die Organisation also nicht mehr den gewünschten Erfolg hat. Organisationen können jedoch auch in erfolgreichen Phasen versuchen, in einem experimentellen Prozess ihre Umwelt neu zu untersuchen bzw. neu zu definieren, um daraufhin neue Handlungsoptionen auszuprobieren. Hier setzt Hedbergs normativer Anspruch an: Er empfiehlt eine grundsätzlich auf Sensibilität für Umweltentwicklungen und organisationale Experimentierbereitschaft ausgerichtete Geisteshaltung, damit kontinuierlich altes Wissen verlernt und neues gelernt werden kann (Kranz 2000: 78).
Als weitere Vertreter kognitionspsychologisch beeinflusster Konzepte des organisationalen Lernens seien noch Paul Shrivastava, Paul C. Nystrom und William H. Starbuck sowie Richard L. Daft und Karl E. Weick erwähnt und einige ihrer Grundgedanken in wenigen Worten angerissen.
Shrivastava versteht, wie in seinem Aufsatz „A Typology of Organizational Learning Systems“ (Shrivastava 1983) nachzulesen ist, organisationales Lernen als individuelles Lernen in Organisationen. Dieses individuelle Lernen wird beeinflusst durch organisationale Lernsysteme, die zur Aufgabe haben, das subjektive Wissen der Personen zu objektivieren und dadurch der Organisation zugänglich zu machen. Solche Lernsysteme können unterschiedlicher Art sein, von strategischen Planungssystemen des Managements oder Budgetkontrollsystemen bis hin zu informellen Informationsnetzwerken. Je nachdem, wie diese Lernsysteme beschaffen sind, lernen Organisationen auf unterschiedliche Weise. Basierend auf empirischen Daten, arbeitet Shrivastava sechs verschiedene Mischtypen heraus, die das Lernen in Organisationen charakterisieren: „a) One man institution; b) Mythological learning systems; c) Information seeking culture; d) Participative learning system; e) Formal management systems; f) bureaucratic learning systems“ (a.a.O: 20). (vgl. Kranz 2000: 81)
Nystrom und Starbuck richten in ihrem Aufsatz „To Avoid Organizational Crisis, Unlearn“ (Nystrom/Starbuck 1984) ihren Fokus, was den Lernort betrifft, auf das Top-Management von Organisationen, und schenken, was den Modus des organisationalen Lernens betrifft, dem Verlernen besondere Aufmerksamkeit. Nystrom und Starbuck zufolge prägen Top-Manager zwar aufgrund ihrer herausgehobenen Stellung mit ihren Ideen das Lernen in der Organisation, doch aufgrund der begrenzten Rationalität der Manager, die sich beispielsweise in falscher Umweltwahrnehmung auf Grundlage veralteter kognitiver Strukturen ausdrückt, verläuft dieses Lernen nicht fehlerfrei, und vor allem wird durch die vom Management erzwungene Aufrechterhaltung veralteter und fehlerbehafteter Verhaltensweisen das Verlernen dieser Pathologien verhindert. Falls die Top-Manager nicht selbst dafür Sorge tragen, dass ihre kognitiven Denk- und Verhaltensmuster stets auf dem neuesten Stand sind, zum Beispiel indem sie abweichende Meinungen zulassen und anhören und ihre Annahmen immer wieder experimentell hinterfragen (a.a.O 1984: 59ff.), bleibt nach Nystrom und Starbuck der Organisation nichts übrig als ihr Top-Management immer wieder auszuwechseln, um absichtsvoll zu verlernen. (vgl. Kranz 2000: 82)
Auch Daft und Weick weisen in ihrem Aufsatz „Toward a Model of Organizations as Interpretation Systems“ (Daft/Weick 1984) dem Top-Management die Schlüsselrolle beim organisationalen Lernen zu, denn die obersten Manager sind hier diejenigen, die stellvertretend für die Organisation lernen. Organisationen können als dreistufige Interpretationssysteme verstanden werden: Im ersten Schritt beobachten die Organisationen die Umwelt und sammeln Daten, im zweiten Schritt werden diese Daten interpretiert, und im dritten Schritt wird auf dieser Grundlage gelernt, was bedeutet, dass der Interpretation eine neue Handlung oder eine neue Reaktion folgt. Die Interpretation wiederum ist Aufgabe des Top-Managements. Durch sie bekommen die ursprünglich mehrdeutigen Daten der kontingenten Umwelt eine eindeutige Bedeutung für die Organisation. (vgl. Kranz 2000: 82ff.)
Während in den 1970er und 80er Jahren die Zahl der Veröffentlichungen langsam und kontinuierlich zugenommen hatte, stieg sie in den 90ern sprunghaft an (Kranz 2000: 4), was vor allem dem Erfolg von Peter Senges 1990 erschienenen Buch „The Fifth Discipline“ zugerechnet wird. Indem wir dieses kurz betrachten, betreten wir das Feld der Managementforschung, in dem seit Senges Buch – und mehr oder weniger von diesem inspiriert – eine schwer überschaubare Zahl von Veröffentlichungen zur lernenden Organisation zu verzeichnen ist, weshalb hier nur Senges Konzept selbst Erwähnung finden soll.
Senges Ansatz hat einen eindeutig normativen, in der eigenen Darstellung auch visionären und in der Rezeption Dritter gelegentlich als utopisch bezeichneten Anspruch (z.B. Garvin 1993: 78; vgl. Kranz 2000: 130): Er will Organisationen dazu verhelfen, lernende Organisationen zu werden. Diese gebe es in der Realität nämlich nicht, es seien bisher lediglich erste Schritte in Richtung dieses Zieles getan. Die entscheidenden Lernagenten sind für Senge die Top-Manager eines Unternehmens, deren Führungsstil er dahingehend weiterentwickeln will, dass sie zum „Designer“, „Steward“ und „Lehrer“ (Senge 1996: 412, 417, 427) werden mit dem Ziel einer besseren, dezentralen Kontrolle ihrer Untergebenen, einer „Kontrolle durch Lernen“ (a.a.O: 351). Um dies zu erreichen, ist von Seiten der Top-Manager die Beherrschung der von Senge entwickelten „Fünf Disziplinen“ anzustreben, welche da wären:
- Personal mastery: Förderung lernbereiter, visionärer Persönlichkeiten;
- Sichtbarmachung und Veränderung von mental models;
- Entwicklung von shared visions;
- Einrichtung von Teams als Lerneinheiten (Teamlernen) und schließlich
- Systemdenken, das alle zuvor genannten Disziplinen integrierend umgreift. (vgl. Kranz 2000: 127)
Betrachtet Senge die Top-Manager als die Personen, die lernen, so sieht er in Teams die Struktur, in der gelernt wird. Damit diese Struktur zu einer optimalen Lernleistung verhilft, sind bestimmte (derzeit in der Regel nicht gegebene oder von herkömmlichen, kontraproduktiven Verhaltensmustern in Unternehmen überdeckte) Voraussetzungen in der Persönlichkeitsstruktur der Teammitglieder vonnöten. Diese Voraussetzungen, in ihrer Schaffung vom Management zu befördern, können anhand der „Fünf Disziplinen“ erklärt werden: Personal Mastery, die „Disziplin der Selbstführung und Persönlichkeitsentwicklung“ (Senge 1996: 173), bedeutet hier, dass die Beschäftigten nicht gegen ihren Willen zur Arbeit angehalten werden, sondern aus intrinsischer Motivation heraus lernbereit ihre Kreativität und Leidenschaft ins Team und ins Unternehmen einbringen, da das Unternehmen sich „tatsächlich dafür einsetzt, dass wirklich jeder Mitarbeiter sein Potential entfaltet und die Ziele im Leben erreicht, die ihm wahrhaft wichtig sind“ (a.a.O: 517f.).
Bei Senges Ansatz spielen neue Organisationsstrukturen im Sinne von horizontaler Prozessintegration eine wichtige Rolle. Diese Strukturen erforderten eine Orientierung an der Werten Ganzheitlichkeit, „Proaktivität“ und Kooperation, also den gegenteiligen der traditionell erlernten Werte Fragmentation, Reaktivität und Wettbewerb[6]. Damit die mentalen Modelle, also die in der Regel unbewussten, aber handlungsleitenden Interpretationsmuster, mit deren Hilfe Individuen die Welt selektiv wahrnehmen und deuten, an die Anforderungen der neuen Organisationsstruktur angepasst werden können, müssen sie zunächst sichtbar gemacht werden, z.B. indem Teilnehmer einer Gesprächssituation – womit Senge eine Methode von Argyris aufgreift – aufgefordert werden, im Anschluss all das aufzuschreiben, was sie ihren Gesprächspartnern gerade nicht gesagt, sondern nur über sie gedacht haben (a.a.O: 223). Senge fordert nun über die Reflexion der eigenen mentalen Modelle ein radikales Umdenken, eine Änderung dieser Modelle durch das Lernen neuer Werte.
Damit zusammen hängen auch die „shared visions“. Um neue Formen der Arbeitsorganisation optimal auszunutzen, sind gemeinsame Visionen der Teammitglieder vonnöten, damit diese von den ihnen gebotenen Freiräumen, welche zugleich – durch die Reduktion klarer, hierarchischer Direktiven – mit erhöhter Komplexität verbunden sind, bestmöglich Gebrauch machen können. Durch die gemeinsamen Visionen machen sich die Individuen die Gruppen- und Organisationsziele zu eigen und verfolgen sie innerhalb ihres nun vergrößerten Handlungsspielraums, wobei ihnen die Interpretations- und Handlungsmuster, die ihnen aufgrund ihrer neuen mentalen Modelle und des veränderten „personal mastery“ in der Organisation zur Verfügung stehen, zugute kommen.
Diese neuen Rahmenbedingungen und Fähigkeiten befördern zudem das Teamlernen. Die Teamstruktur wirkt hierbei als Katalysator für die Umwandlung von Konflikten und Abwehrmechanismen in Lernprozesse, und zwar vor allem dadurch, dass sie die Beteiligten dazu bringt, ihre eigentlich im Verborgenen liegenden Mutmaßungen und Meinungen zu kommunizieren und dadurch im Teamkontext zu hinterfragen. Ein wichtiges Werkzeug hierfür ist der Dialog, eine Kommunikationsform, in der es nicht Ziel ist, sich wie in einer Diskussion mit seiner vorgefertigten Meinung durchzusetzen, sondern den anderen intensiv zuzuhören, um das eigene Denken kritisch zu beobachten und die Grenzen des eigenen Verstehens zu erweitern. Mit Hilfe des Dialogs können schwierige, komplexe Fragen unter verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und dadurch neue, der Komplexität der Probleme angemessene Antworten erlangt werden: Das Team lernt. Im Gegensatz zu individuellem Lernen, das häufig keinerlei Einfluss auf den Wissensbestand der Organisation hat, weil es nicht weitergegeben und verbreitet wird, haben neue Erkenntnisse und Fähigkeiten ganzer Teams aufgrund der Bedeutung dieser Arbeitsgruppen weitaus bessere Chancen, an andere Individuen oder Teams im Unternehmen weitergegeben zu werden.
Die Königsdisziplin schließlich ist das Systemdenken, das Senge als die Sprache der lernenden Organisation bezeichnet. Hierbei sollen die Organisationsmitglieder befähigt werden, nicht nur Fragmente der Realität zu erfassen, sondern ein Verständnis dafür zu entwickeln, welche Auswirkungen ihr Handeln auf die gesamte Organisation und deren Umwelt hat. Es wird angestrebt, mit dynamischer Komplexität umgehen zu können, was vor allem bedeutet, nicht mehr in linearen Ursache-Wirkungs-Ketten zu denken, sondern zu erkennen, dass es Feedbackschleifen gibt, die nicht nur im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Aktion auftreten. Das Individuum soll sich als Teil des Systems verstehen und wissen, dass seine Aktionen Auswirkungen (möglicherweise sehr große, vielleicht aber auch keine und vor allem nicht die gewünschten) auf ganz andere Teile des Systems haben kann, und zwar mitunter mit großer zeitlicher Verzögerung.
Eine der neueren Veröffentlichungen zum organisationalen Lernen ist das Buch von Hallie Preskill und Rosalie T. Torres, „Evaluative Inquiry for Learning in Organizations“ (Preskill/Torres 1999) aus dem Bereich der Aktions- und Evaluationsforschung. Preskill und Torres wenden eine Beratung mit Evaluierungsinstrumenten an, in deren Durchführung die Organisationsmitglieder für künftige Evaluierungen in Eigenregie geschult werden. Im Rahmen der Beratung bzw. der Schulung soll die Lernkompetenz der Beteiligten durch Dialog, Reflexion, Stellen von Fragen sowie Identifizieren und Hinterfragen von handlungsleitenden Werten, Überzeugungen und Annahmen gesteigert werden.
Preskill und Torres nehmen einige Anleihen bei den etablierten Modellen, beispielsweise die von Argyris und Schön eingeführte Unterscheidung unterschiedlich anspruchsvoller Lernniveaus oder die besonders von Senge betonte Bedeutung des Dialogs als lernförderliche Kommunikationsform. Anders als die meisten bisherigen Autoren, wollen Preskill und Torres jedoch die Unternehmen mit ihrem evaluativen Beratungsansatz in die Lage versetzen, solche Evaluationen in Zukunft regelmäßig selbst, ohne Zuhilfenahme externer Beratung, durchführen zu können. Darüber hinaus werden hier, im Gegensatz zu den meisten anderen Ansätzen des organisationalen Lernens, die Beratungs- und Lernprozesse nicht auf die Führungsebene der Organisation beschränkt, sondern auf eine viel breitere, partizipativere Grundlage gestellt, indem jedes interessierte Organisationsmitglied am Evaluationsprozess teilnehmen kann und soll. Diese beiden Punkte – die Befähigung zur Selbstevaluation und der partizipative Ansatz – lassen auf eine gewisse Nähe zu den Leitgedanken schließen, die den zu untersuchenden Selbstbewertungsinstrumenten zugrunde liegen. Der von Preskill und Torres entwickelte evaluative Interventionsprozess soll daher den zweiten Schwerpunkt in Kapitel 2 bilden und dabei eine wichtige Rolle bei der Suche nach Anknüpfungspunkten zwischen Theorien des organisationalen Lernens und Selbstbewertungsinstrumenten spielen.
1.4. Forschungsstand zu Selbstbewertungsinstrumenten zum nachhaltigen Wirtschaften sowie Kurzvorstellung der Instrumente SAFE und BNC
Die Selbstbewertungsinstrumente SAFE und BNC sind, wie andere ähnliche Instrumente auch, bisher nicht zum Gegenstand kritisch-reflektierender Forschung gemacht worden. Eine gewisse Ausnahme bildet hierbei die Diplomarbeit von Thomas Wenzel (Wenzel 2004) über Instrumente zur Bewertung von Nachhaltigkeit in Unternehmen, die sich mit einem Kapitel den Selbstbewertungsinstrumenten SAFE, BNC und dem von future e.V., einem Zusammenschluss umweltorientierter Unternehmen, entwickelten future-Nachaltigkeitscheck widmet. Die Tatsache, dass es sich hierbei um drei Instrumente handelt, die zum Teil von den gleichen Akteuren entwickelt worden sind, lässt darauf schließen, dass es sich bei Selbstbewertungsinstrumenten zum nachhaltigen Wirtschaften um ein bislang sehr wenig verbreitetes Phänomen handelt. Dieser Eindruck wurde bestätigt durch ein Gespräch mit Wenzel, der bei seinen Recherchen auf keine weiteren Instrumente gestoßen war, aber auch durch ein Interview mit Jürgen Freimann, Professor für Betriebliche Umweltpolitik in Kassel, der über die erwähnten Instrumente hinaus nur ganz wenige weitere Beispiele nennen konnte, die zudem ausschließlich Umweltbelange in den Fokus stellen. Weithin bekannt und anerkannt ist lediglich die von der European Foundation for Quality Management (EFQM) entwickelte Systematik, bei der die Selbstbewertung des Unternehmens eine wichtige Rolle spielt. Der Gedanke des nachhaltigen Wirtschaftens ist in den EFQM-Kriterienkatalog zwar mit eingeflossen, in erster Linie versteht die EFQM ihr Modell jedoch als Qualitätsmanagement-system, das zudem einen hohen Recherche- und Dokumentationsaufwand erfordert und daher für KMU nicht uneingeschränkt durchführbar ist. Zwar gibt es zahlreiche Publikationen, die sich anwendungsorientiert-pragmatisch mit der Umsetzung der EFQM-Systematik im Unternehmen befassen, doch selbst zu diesem weit verbreiteten Ansatz findet sich keine analytische, reflektierende Literatur. Auch von der EFQM selbst gibt es keine Veröffentlichungen, die über Anwendungsanleitungen hinaus gehen und beispielsweise transparent machen, wie der Kriterienkatalog und die Gewichtung der Kriterien zustande gekommen sind. Dies dürfte an der konsequent pragmatischen Vorgehensweise der EFQM-Gründer liegen, die sich als Vertreter großer Unternehmen 1988 zur EFQM zusammenschlossen mit dem Ziel, Total Quality Management in Europa zu verbreiten und bei der Erarbeitung der Systematik auf bereits bestehende Qualitätspreise in Japan und den USA sowie auf Praxiserfahrungen aus ihren Unternehmen zurückgriffen (vgl. Knoll 2003: 17).
Bei der Entwicklung von Selbstbewertungsinstrumenten sieht Freimann ein ähnlich pragmatisches Vorgehen, wenn er sagt:
„Die Instrumente sind, wie gesagt, in drittmittelfinanzierten Projekten entstanden, und diese stehen immer unter dem Druck der knappen Mittel. Das heißt, die Drittmittelförderer (…) sind an dem theoretischen Hintergrund und an einer theoretisch ausgearbeiteten Analyse nicht interessiert. Ich fand das sehr bemerkenswert, dass es im Rahmen dieses SAFE-Projektes überhaupt gelungen ist, mal so einen Workshop in Wuppertal zu machen (...), der so ein bisschen einen längeren theoretischen Bogen spannte. Ansonsten gingen die ganzen Instrumentenmacher innerhalb der Projekte ausgesprochen pragmatisch vor. Die sagen sich, was haben die nach unserer Erfahrung oder nach den Ergebnissen einschlägiger empirischer Untersuchungen, was haben die Umweltmanager, was haben die Geschäftsleitungen in KMU für Probleme auf diesem Sektor und wie können wir ihnen helfen, diese Probleme zu lösen. Die fragen nur sehr verkürzt nach den möglichen Handlungssituationen oder gar nach theoretischen Vorstellungen, von dem wie da Leute lernen oder wie Organisationen lernen.“[7]
Der Umstand, dass es sich bei SAFE und BNC um Instrumente handelt, die von der Selbstbeschreibung her relativ umfangreich dokumentiert sind und hierbei, zumindest im Falle von SAFE, auch ansatzweise die Entwicklungsschritte mit den dahinter stehenden grundsätzlichen Überlegungen nachvollziehbar werden lassen (s. Rohn/Baedeker/Liedtke 2001), ist ein weiterer Grund, warum die Wahl auf diese beiden Instrumente gefallen ist.
SAFE ist ein dialogisches Selbstbewertungsinstrument, das auf die Beteiligung der Beschäftigten aller Unternehmensbereiche und -ebenen zielt und besonders an kleine und mittlere Unternehmen adressiert ist. Bei der Durchführung von SAFE werden folgende Phasen durchlaufen:
1. Bildung des „SAFE-Teams“ im Unternehmen, bestehend aus etwa sechs bis zwanzig Mitarbeitern aus allen Unternehmensbereichen und Hierarchieebenen (bei Kleinbetrieben bis 20 Beschäftigten die gesamte Belegschaft).
2. Die „Status-quo-Analyse“: Ein erster „Zukunftsfähigkeitscheck“ wird mit Hilfe eines Fragebogens durchgeführt. Alle Teilnehmerinnen füllen einen eigenen Bogen aus.
3. Auswertung des Fragebogens. Die Durchschnittswerte und die Streubreite der Benotungen aller Teilnehmer für die jeweils abgefragten Bereiche werden in einem Diagramm eingetragen und ein detailliertes Stärken-/Schwächen-Profil erstellt.
4. „Zukunfts-Workshop“: Auf diesem Forum erfolgt die Diskussion der Ergebnisse, Verbesserungsvorschläge und Qualifizierungswünsche von Beschäftigten werden diskutiert sowie prioritäre Handlungsfelder und Verbesserungs-maßnahmen festgelegt.
5. Durchführung der beschlossenen Maßnahmen.
6. Überprüfung der durchgeführten Maßnahmen (zum Beispiel durch einen „Controlling-Workshop“).
SAFE hat zum Ziel,
„die Kompetenzen der Beschäftigten zu erhöhen, den Dialog und die Beteiligung im Unternehmen zu fördern und damit bisher brach liegende Potenziale auszuschöpfen. Die Einbindung der Beschäftigten und ihres Know-hows in den SAFE-Prozess soll hierbei nicht nur zur Verbesserung der Performance des Unternehmens erfolgen, sondern wird auch als Selbstzweck, als wichtiger Teil nachhaltigen Wirtschaftens verstanden.“ (Rohn/Engelmann 2004: 138)
Beim Vorhaben, den Gedanken des nachhaltigen Wirtschaftens in Unternehmen zu verbreiten, setzt SAFE also den Hebel der Partizipation an. Mit Hilfe des großen Projektteams, in dem, wie gesagt, Unternehmensangehörige aus allen Bereichen und Ebenen mitarbeiten, soll das Konzept Nachhaltigkeit bis in die „hintersten Winkel“ der Unternehmung getragen werden und allgemeine Akzeptanz erlangen. Dies dürfte dem von Freimann angesprochenen Problem entgegenwirken, dass Themen, die mit Umweltschutz und/oder Nachhaltigkeit zu tun haben, häufig nur von Umweltmanagementbeauftragten, welche in der Regel eine schwache Position im Unternehmen innehaben, bearbeitet werden und entsprechend schnell wieder in der Versenkung verschwinden. Ein Thema, dem sich sowohl die Geschäftsführung als auch die Auszubildenden widmen, dürfte von vornherein stärker respektiert werden als eines, das nur von Einzelkämpfern beackert wird. Zudem fällt eine mögliche Opposition weg, indem Mitarbeiter von der Unternehmensbasis eingebunden werden und sich zum einen überzeugen können, dass es sich beim Konzept des nachhaltigen Wirtschaftens nicht um eine neue Managementmarotte handelt, sich zum anderen die Ziele des Konzeptes durch aktive Mitarbeit an ihrer Umsetzung zu eigen machen.
SAFE ist vom Selbstverständnis her ein Einstieg in die Nachhaltigkeitsthematik für KMU, denen für einen möglichst geringen finanziellen und zeitlichen Aufwand ein effektives Instrument zur Unternehmensanalyse und -entwicklung geboten werden soll.
Der BNC wurde entwickelt in Zusammenarbeit mit neun in Bochum ansässigen Unternehmen und Institutionen, die an dem Projekt „Bochumer Unternehmen auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise“ im Rahmen der Lokalen Agenda 21 in Bochum teilgenommen haben.
Die Struktur des BNC orientiert sich nicht am Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit, fragt also nicht nacheinander spezifisch zum ökonomischen, ökologischen oder sozialen Bereich zugehörige Indikatoren ab, sondern integriert diese Indikatoren in die folgenden zehn Themenbereiche:
1. Kunden, Produkte und Dienstleistungen
2. Personal
3. Aus- und Weiterbildung
4. Leitbild und Strategie
5. Organisation und Führung
6. Produktion
7. Kooperation und Innovation
8. Finanzen und Rechtssicherheit
9. Umfeld des Unternehmens am Standort
10. Regionale und internationale Märkte / Globalisierung.
Zu jedem dieser abgefragten Bereiche gibt es vier bis sechs Aussagen zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Diese Aussagen werden von einem drei- bis zehnköpfigen Projektteam gemeinsam und im Konsens anhand einer 10-Punkte-Skala und qualitativer Anmerkungen bewertet, und zwar jeweils in Hinblick auf die Planung, die Durchführung und die Überprüfung der abgefragten Indikatoren. Im Maßnahmenplanungsworkshop werden anhand dieser Ergebnisse die spezifischen Stärken und Schwächen des Unternehmens identifiziert und daraus ein konkreter Maßnahmenplan abgeleitet. Die Umsetzung der Maßnahmen selbst wird vom BNC nicht angeleitet.
Die Ausrichtung des BNC ist weniger stark partizipativ als bei SAFE, dafür sind die Fragemethodik und auch die Fragen selbst komplexer. Dieses Instrument spricht daher eher die Führungsebene an. Ziel des Vorgehens, relativ abstrakte Fragen im Projektteam gemeinsam und im Konsens beantworten zu lassen, ist, dass die Beteiligten gezwungen sind, sich gemeinsam darüber Gedanken zu machen, was die jeweiligen Indikatoren eigentlich für das Unternehmen bedeuten.
Hier deutet sich also an, dass Selbstbewertungsinstrumente vor allem Anreize und Anstöße zu Denk- und damit zu Lernprozessen liefern wollen. Ob dies ausreicht, damit neben inkrementellen auch radikale, auf grundlegende Denk- und Verhaltensmuster und Strategien abzielende Verbesserungen bzw. Veränderungen erwartet werden können, wird im Verlaufe der Arbeit zu diskutieren sein.
Ein wichtiger Berührungspunkt zwischen den zu untersuchenden Selbstbewertungsinstrumenten und organisationalem Lernen kann in der Ausrichtung der Instrumente auf nachhaltiges Wirtschaften gesehen werden. Eine weithin anerkannte Definition nachhaltiger Entwicklung gab 1987 die Brundtland-Kommission:
„Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, „die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.“ (zit. nach www.bundesregierung.de/
dokumente/Artikel/ix_59934.htm)
Heruntergebrochen auf ein Wirtschaftsunternehmen bedeutet dies, so zu wirtschaften, dass das Unternehmen langfristig am Markt erfolgreich ist, dabei seinen Naturverbrauch so gering wie möglich hält und auf die Interessen seiner Anspruchsgruppen eingeht, z.B. indem es sichere Jobs mit guten Arbeitsbedingungen zur Verfügung stellt oder Produkte bzw. Dienstleistungen anbietet, die einen wirklichen gesellschaftlichen Nutzen stiften.
Es ist offensichtlich, dass dieses Paradigma nicht die Leitlinien des bisherigen Handelns der meisten Unternehmen bestimmt. Gleichzeitig wird angesichts der Überlastung der Ökosphäre (s. z.B. Schmidt-Bleek 1997) und der zunehmenden gesellschaftlichen Ungleichverteilung von materiellen Werten und Einflussmöglichkeiten, aber auch der Schwierigkeiten gerade kleiner und mittelständischer Unternehmen, sich am Markt zu behaupten, eine allgemeine Orientierung am Nachhaltigkeitsparadigma zu einem wichtigen wirtschaftspolitischen Ziel. Um dieses zu erreichen, müssen Unternehmen in die Lage versetzt werden, Anforderungen, die ihre Umwelt an sie stellt, sensibel und vorausschauend wahrzunehmen und das Unternehmenshandeln an diese neuen Umweltanforderungen anzupassen. Solche neuen Anforderungen können z.B. in Form neuer Umweltgesetze[8] oder neuer Richtlinien zur Kreditwürdigkeit von Unternehmen (z.B. BASEL II) auftreten, sich aber auch als veränderte Marktanforderungen oder sich weiterentwickelnde Bedürfnisse der Beschäftigten bezüglich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie äußern. Eine solche Anpassung an die sich ändernde Umwelt ist den meisten einschlägigen Autoren zufolge, s.o., organisationales Lernen. Streben die Selbstbewertungsinstrumente also an, eine solche Anpassung anzustoßen, und sei es nur, indem sie die Organisationsmitglieder für das Handeln des Unternehmens in seiner Umwelt sensibilisieren, so haben sie, auch wenn es in ihrer Selbstdarstellung keine zentrale Rolle spielt, organisationales Lernen zum Ziel. Ob aufgrund ihrer Konzeption zu erwarten ist, dass sie hierbei erfolgreich sind, soll im dritten Kapitel erörtert werden.
2. Theorien des organisationalen Lernens
Dieses Kapitel hat zum Ziel, ein Schema zu erarbeiten, in dem die wichtigsten Aspekte zweier Theorien des organisationalen Lernens herausgearbeitet sind. Nachdem im ersten Kapitel eine kurze historische Übersicht über verschiedene bedeutende Theorien des organisationalen Lernens gegeben wurde, sollen nun zwei Ansätze, ein klassischer, vielzitierter und ein neuerer, einer näheren Betrachtung unterzogen werden.
Die Theorie von Argyris und Schön gewinnt für das vorliegende Vorhaben ihre Bedeutung durch ihre große Elaboriertheit und ihre seit Jahrzehnten starke Präsenz in der Diskussion um organisationales Lernen, welche von dieser Theorie wesentlich geprägt wurde, so dass kaum eine Publikation, die sich mit organisationalem Lernen befasst, am Ansatz von Argyris und Schön vorbeikommt. Die Theorie von Preskill und Torres ist im Zusammenhang mit dieser Arbeit interessant, weil sie organisationales Lernen sehr anschaulich operationalisiert und dabei ein partizipativ orientiertes Selbstevaluationsinstrumentarium anbietet, das Anknüpfungspunkte zu den zu untersuchenden Selbstbewertungsinstrumenten liefert. Es sei in diesem Zusammenhang vorweg genommen, dass das Instrumentarium der evaluativen Untersuchung keineswegs deckungsgleich mit den Selbstbewertungsinstrumenten ist, sondern in Aufwand und Tiefe weit über diese hinausgeht. Dennoch sind Ähnlichkeiten erkennbar, die Überlegungen ermöglichen, welchen Beitrag Selbstbewertungsinstrumente zum organisationalen Lernen leisten können und wie sie eventuell zu ergänzen wären. Wichtig sind daneben die Ausführungen, und zwar die beider Theorien, zu den lernfördernden und lernhemmenden Rahmenbedingungen, die für kleine und mittelständische Unternehmen in Europa, auf welche die Selbstbewertungsinstrumente zugeschnitten sind, ebenso gelten dürften wie für die Unternehmen und Institutionen, die von Argyris und Schön bzw. Preskill und Torres untersucht und beraten wurden.
Es geht hierbei also nicht um einen kritischen Vergleich, welches Konzept des organisationalen Lernens besser geeignet ist, in der Praxis mittels bestimmter Instrumente umgesetzt zu werden. Vielmehr sollen die beiden Ansätze in ergänzender Absicht betrachtet werden, um zu einem vollständigeren Bild über das, was „organisationales Lernen“ heißen kann, zu gelangen, um herauszuarbeiten, welchen organisationalen Phänomenen, Strategien und Handlungsoptionen, die der eine Ansatz außer Acht lässt, sich der andere überzeugend widmet. Am Schluss des Kapitels soll eine verdichtete Darstellung der Quintessenz beider Theorien stehen.
2.1. Die Theorie des organisationalen Lernens von Argyris und Schön
2.1.1. Organisationsverständnis
Für Argyris und Schön sind solche Organisationen, die nicht nur kurzlebig und informell sind, „ein gemeinschaftliches Werkzeug für die regelmäßige Durchführung wiederkehrender Aufgaben“ (Argyris/Schön 1999: 25). Die Autoren verwenden hierbei den Begriff der Polis als Ergebnis eines Kollektivierungsprozesses:
„Die einzelnen Angehörigen (…) müssen
1. vereinbarte Maßnahmen ausdenken, um Entscheidungen im Namen der Gesamtheit treffen zu können,
2. einzelnen die Vollmacht geben, für die Gesamtheit zu handeln, und
3. Grenzen zwischen der Gesamtheit und der übrigen Welt festhalten.
Sobald diese Bedingungen erfüllt sind, werden die Mitglieder der Gesamtheit allmählich zu einem erkennbaren ‚Wir’, das Entscheidungen treffen und diese Entscheidungen in Handlungen umsetzen kann.“ (Argyris/Schön 1999: 24)
Sind diese Charakteristika einer Polis, eines erkennbaren Trägers kollektiver Entscheidungen und Handlungen, durch (geschriebene oder ungeschriebene) Regeln bestimmt, an welche sich die Mitglieder im Wesentlichen halten, handelt es sich um eine Organisation, in deren Namen die einzelnen Mitglieder entscheiden und handeln. Wenn Argyris und Schön von „Organisationshandeln“ sprechen, meinen sie also das Handeln Einzelner für die Organisation. Die Organisationsregeln konstituieren die Organisation als solche, grenzen sie von ihrer Umwelt ab und regeln, wie es zum konkreten Handeln kommen kann, z.B. indem sie vorschreiben, auf welche Weise Mitglieder zum Handeln im Namen der Organisation zu bevollmächtigen sind. Die Existenz der Organisation wird also, unabhängig vom Weg- und Zugang ihrer Mitglieder, durch die Kontinuität der Organisationsregeln gewahrt; das Organisationshandeln selbst ist dagegen, obwohl beeinflusst von den Organisationsregeln, abhängig von den zum jeweiligen Zeitpunkt dazugehörigen Individuen. Dieses Verständnis von organisationalem Handeln ist, wie noch zu zeigen sein wird, grundlegend für Argyris’ und Schöns Konzeption des organisationalen Lernens.
2.1.2. Aktionstheorien
Argyris und Schön gehen davon aus, dass dem Handeln von Individuen Theorien zugrunde liegen, die dieses Handeln bestimmen. Diese sogenannten Aktionstheorien bilden sich aus dem Erfahrungshintergrund der Individuen heraus und stellen diesen ein Repertoire verschiedener Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung, um in einer konkreten Situation zu einem bestimmten Ergebnis zu gelangen. Personen greifen also bei ihren Handlungen auf ihre persönliche Wissensbasis zurück, die aus Normen, Werten, Strategien und Erwartungen über die Folgen von Handlungsweisen besteht. Argyris und Schön differenzieren hierbei zwischen der „espoused theory“, also der Handlungstheorie, die das Individuum anderen und eventuell auch sich selbst gegenüber als handlungsleitend verkündet, und der „theory-in-use“, welches die tatsächlich handlungsleitende Aktionstheorie ist[9]. Verlautbarte und handlungsleitende Aktionstheorie können, aber müssen nicht übereinstimmen; ebenso können, aber müssen die Individuen sich nicht dieser Nichtübereinstimmung bewusst sein (vgl. Argyris/Schön 1978: 11). Besonders in den Fällen, in denen die Situation von den Organisationsmitgliedern als unangenehm oder bedrohlich empfunden wird, erkennen die Individuen die Diskrepanz zwischen ihrer verlautbarten und der handlungsleitenden Aktionstheorie nicht, weil kognitive Abwehrstrategien dies verhindern. Diese Abwehrstrategien werden weiter unten Gegenstand der Betrachtung sein.
Verlautbarte und handlungsleitende Aktionstheorien gibt es nicht nur auf individueller, sondern auch auf Organisationsebene. Hier können verlautbarte Aktionstheorien als Unternehmensphilosophien, -grundsätze und -strategien auftreten. Tatsächlich dürfte das im organisationalen Kontext stehende Handeln der Organisationsmitglieder nicht immer von diesen offiziellen Strategien und Werten geleitet werden, vielmehr bilden sich im Laufe der Zeit durch das gemeinsame Handeln und Kommunizieren der Individuen Wissen und Erwartungen über situationsadäquates Agieren und Reagieren heraus, die von den Mitgliedern geteilt werden; Wahren (1996: 47) nennt dies die „Konstruktion einer intersubjektiv geteilten Wirklichkeit“, die das organisationale Handeln anleitet und nicht mit der offiziell verlautbarten Handlungstheorie der Organisation übereinstimmen muss. Da sich die Organisationsmitglieder in der Regel der handlungsleitenden organisationalen Aktionstheorie nicht bewusst sind, kann diese nur durch die Dokumentation und Auswertung der Handlungsmuster innerhalb der Organisation aufgedeckt werden. Argyris und Schön haben hierfür eine Methodik entwickelt, die weiter unten beschrieben werden soll.
2.1.3. Einschleifen-Lernen und Doppelschleifen-Lernen
Individuelles wie organisationales Lernen betrachten Argyris und Schön, abstrakt gesprochen, als das Entdecken und Korrigieren von Fehlern, also von Nichtübereinstimmungen der erwarteten Ergebnisse einer bestimmten Handlungsstrategie mit den tatsächlichen Ergebnissen. Hierbei führen Argyris und Schön die wichtige Unterscheidung von Einschleifen-Lernen („single-loop learning“) und Doppelschleifen-Lernen („double-loop learning“) ein. Als Einschleifen-Lernen werden Veränderungen des individuellen oder organisationalen Handelns bezeichnet, die möglich sind, ohne dass die bestehenden Aktionstheorien hinterfragt werden müssen. Das bisherige Verhalten wird, wenn es nicht mehr die gewünschten Ergebnisse hervorbringt, durch ein anderes Verhalten, das die handlungsleitende Aktionstheorie bereitstellt, ersetzt. Dies kann zu inkrementellen Produkt- und Verfahrensverbesserungen führen, etwa indem ein Qualitätsmangel entdeckt und korrigiert wird oder im Rahmen des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses ein Herstellungsverfahren optimiert wird.
Ein Doppelschleifen-Lernen findet dagegen nicht nur auf der Verhaltensebene statt, sondern basiert auf dem Hinterfragen und Korrigieren der Aktionstheorien, genauer gesagt der handlungsleitenden Aktionstheorien. Ausgestattet mit neuen handlungsleitenden Aktionstheorien, sind Individuen und Organisationen auch zu radikalen Neuorientierungen oder Neuausrichtungen in der Lage. Voraussetzung, die handlungsleitende Aktionstheorie zu hinterfragen und zu korrigieren, ist das Wissen um die Existenz einer von der verlautbarten Theorie abweichenden handlungsleitenden Aktionstheorie und das Erkennen ihrer Merkmale. Hierfür haben Argyris und Schön eine Methodik entwickelt, die den Organisationsmitgliedern ihre Denk- und Handlungsweisen zurückspiegelt, was noch Gegenstand dieser Abhandlung sein wird.
Das Identifizieren von handlungsleitenden Aktionstheorien wird dadurch erleichtert, dass diese Verhaltensmuster Argyris zufolge, trotz vielfältiger Ausprägungen im Detail, sich in der Regel stark ähneln und auf „das Gesicht wahren“ hinauslaufen:
"The behavior of individuals varied widely, but the theory they used to design and implement the behavior did not vary. For example, the actual behavior called 'face saving' varies widely. But the proposition of the rule that is followed to produce face saving remains the same: when encountering embarassment or threat, bypass it and cover up the bypass. (…) One important impact of these finding is that theories-in-use are few in number throughout the industrial world, the understanding and facilitating learning should be more doable than many have supposed.” (Argyris 1993: 51; zitiert nach Leichthammer 1998: 56).
Argyris betrachtet von daher die Initiierung von Lernprozessen mittels der Identifizierung und der Korrektur von handlungsleitenden Aktionstheorien optimistisch – wenngleich er die Überwindung eben dieses Verhaltensmusters, wie unten in der Darstellung des sog. Modells I handlungsleitender Theorien zu sehen sein wird, als schwierig bezeichnet.
2.1.4. Der Prozess des organisationalen Lernens – Voraussetzungen und Methoden
Das Lernen in Organisationen beginnt mit dem Entdecken von Fehlern, das heißt mit dem Entdecken mangelnder Übereinstimmung von Ergebnissen und Erwartungen. Diese Entdeckung ist der Ausgangspunkt für das, was Argyris und Schön „organisationale Untersuchung“ nennen. Diese Untersuchung hat zum Ziel, den entdeckten Fehler zu berichtigen. Den Begriff der Untersuchung verwenden Argyris und Schön im Sinne John Deweys, nämlich als
„Verflechtung von Denken und Handeln, die vom Zweifel zur Lösung des Zweifels voranschreitet. In der Untersuchung nach Dewey (…) wird Zweifel als das Erleben einer ‚problematischen Situation’ gedeutet, die durch die fehlende Übereinstimmung zwischen den erwarteten Ergebnissen des Handelns und den tatsächlich erzielten Ergebnissen ausgelöst wird. Eine solche fehlende Übereinstimmung – eine Überraschung, wenn wir sie erleben – blockiert den Strom spontaner Aktivität und läßt Gedanken und weitere Handlungen aufkommen, die darauf abzielen, diesen Strom wiederherzustellen. (Argyris/Schön 1996: 26)
Organisational wird eine solche Untersuchung dann, wenn sie von Personen im Namen der Organisation durchgeführt wird. Diese Personen müssen keineswegs dem Management angehören, Argyris und Schön betrachten jedoch die Initiierung durch Vorgesetzte oder zumindest deren Zustimmung zu Untersuchungen ihrer Mitarbeiter als entscheidend dafür, ob diese Untersuchungen das organisationale Wissen mehren oder aber ohne Auswirkungen auf den Bestand des organisationalen Wissens und damit auch ohne Einfluss auf das organisationale Handeln bleiben. Mit dieser Fokussierung auf das Management liegen Argyris und Schön auf einer Linie mit dem Großteil der Literatur zu organisationalem Lernen. Allerdings gibt es auch Gegenbeispiele aus der Praxis, wie etwa die in Ikujiro Nonakas und Hirotaka Takeuchis Buch „Die Organisation des Wissens“[10] (1997: 153ff.) dokumentierten Untersuchungsprozesse[11], die zur Entwicklung des Klebebands und der Post-it-Notes bei 3M geführt haben, obwohl diese Untersuchungen von Mitarbeitern auf eigene Faust und sogar gegen den zeitweiligen Widerstand ihrer Vorgesetzten und der Unternehmensleitung durchgeführt wurden. Daher drängt sich die Frage auf, ob mit der Bedingung der Zustimmung des Managements zu organisationalen Untersuchungen nicht auch Potenziale im Hinblick auf das Lernen der Organisation verschenkt werden. Diese Frage wird im Zusammenhang mit der Analyse der teilweise partizipativ gestalteten Selbstbewertungsinstrumente in Kapitel 3 aufzugreifen sein.
Führt die Untersuchung zu neuem Wissen, das ein verändertes Denken und Handeln zur Folge hat, so ist Lernen das Ergebnis der Untersuchung. Damit das individuelle Lernen zum organisationalen Lernen werden kann, muss das von den Individuen erworbene Wissen zum organisationalen Wissen werden. Argyris und Schön führen hierbei eine Unterscheidung ein, indem sie Organisationen einerseits als Bestandsumfelder für Wissen begreifen, andererseits feststellen, dass Organisationen direkt Wissen darstellen.
Im ersten Fall – Unternehmen dienen als Bestandsumfelder für Wissen – bleibt das Wissen entweder in den Köpfen einzelner Mitglieder – was für die Organisation problematisch werden kann, wenn diese Mitglieder sie verlassen und deren Wissen damit der Organisation verloren geht –, oder es wird in der organisationalen Wissensbasis abgespeichert und wird dadurch erst zum organisationalen Wissen. Bei den Speichermedien für organisationales Wissen kann es sich um offizielle Akten, aber auch um inoffizielle Pläne handeln; in letzteren ist das, wie die Autoren es nennen, Alltagswissen[12] festgehalten, das nicht in den offiziellen Anweisungen, Verlautbarungen oder Akten festgehalten werden kann oder muss.
Im zweiten Fall – Unternehmen stellen Wissen direkt dar – verkörpern Unternehmen Strategien zur Durchführung von Aufgaben und zur Lösung von Problemen. Hier äußert sich das – implizite und explizite – organisationale Wissen in Form von Abläufen und Verfahren. Diese Form von Wissen leitet das organisationale Handeln an: Es handelt sich also um Aktionstheorien, die erstens die das Handeln einleitenden Aktionsstrategien, zweitens die Werte, welche die Auswahl der Strategien bestimmen, und drittens die den Werten und Strategien zugrunde liegenden Annahmen enthalten.
Von organisationalem Lernen kann jedoch erst dann gesprochen werden, wenn auf neues organisationales Wissen neue Handlungen oder Handlungsweisen folgen. Folgen dem Wissen keine Taten, hat die Organisation nicht gelernt.
Um ein organisationales Doppelschleifen-Lernen zu ermöglichen, ist es entscheidend, die handlungsleitende organisationale Aktionstheorie zu identifizieren und die Diskrepanzen zur verlautbarten Aktionstheorie herauszuarbeiten. Da die Organisationsmitglieder die handlungsleitende Aktionstheorie nicht beschreiben können oder wollen bzw. dürfen, weil entweder die ihr zugrundeliegenden Strategien, Werte und Annahmen sich aus implizitem Wissen herleiten und sich daher dem kognitiven Zugang oder zumindest dem verbalen Ausdrucksvermögen der Individuen entziehen, oder aber weil der Versuch, die handlungsleitende Aktionstheorie – und damit die Nichtübereinstimmung mit der verlautbarten Aktionstheorie – aufzudecken, als bedrohlich oder unangenehm empfunden würde, muss die handlungsleitende Aktionstheorie der Organisation durch organisationsfremde Beobachter mittels der Rekonstruktion organisationaler Aktivitätsmuster offengelegt werden. (vgl. Argyris/Schön 1999: 28ff)
Ein weiterer Grund, warum Individuen nicht in der Lage sind, die handlungsleitende organisationale Aktionstheorie vollständig zu erfassen, liegt in der Komplexität von Organisationen. Jedes Organisationsmitglied macht sich ein Bild von der handlungsleitenden Aktionstheorie der Organisation und versucht permanent, dieses zu vervollständigen, indem das Individuum sich durch Kommunikation und Beobachtung mit anderen Individuen in Beziehung setzt, anpasst und neu beschreibt, wodurch die Bilder der Einzelnen mehr oder weniger stark miteinander verknüpft werden. Das Handeln der Organisation ergibt sich aus diesen dynamisch miteinander verknüpften und sich immer wieder ändernden Bildern. Die organisationale Kontinuität wird hierbei gesichert durch Organisationsdiagramme (z.B. Abflussdiagramme, Organisationspläne), organisationale Speicher (z.B. Akten, Unterlagen, Datenbanken) und Programme (Verfahrensdarstellungen organisationaler Abläufe wie z.B. Arbeitspläne, Taktiken, Protokolle, Richtlinien, Aufzeichnungen, Vorlagen), die bestehende Aktivitätsmuster beschreiben und die Richtung für zukünftige Aktionen vorgeben, indem sie den Organisationsmitgliedern als Hinweise für deren individuelle Anpassungen dienen. (vgl. Argyris/Schön 1999: 30f.)
Zusammenfassend definieren Argyris und Schön:
„Organisationales Lernen findet statt, wenn einzelne in einer Organisation eine problematische Situation erleben und sie im Namen der Organisation untersuchen. Sie erleben eine überraschende Nichtübereinstimmung zwischen erwarteten und tatsächlichen Aktionsergebnissen und reagieren darauf mit einem Prozeß von Gedanken und weiteren Handlungen; dieser bringt sie dazu, ihre Vorstellungen von der Organisation oder ihr Verständnis organisationaler Phänomene abzuändern und ihre Aktivitäten neu zu ordnen, damit Ergebnisse und Erwartungen übereinstimmen, womit sie die handlungsleitende Theorie von Organisationen ändern. Um organisational zu werden, muß das Lernen, das sich aus Untersuchungen in der Organisation ergibt, in den Bildern der Organisation verankert werden, die in den Köpfen ihrer Mitglieder und/oder den erkenntnistheoretischen Artefakten existieren (den Diagrammen, Speichern und Programmen), die im organisationalen Umfeld angesiedelt sind.“ (a.a.O: 31f.)
Wie schon erwähnt, ist das Identifizieren der handlungsleitenden Organisationstheorie entscheidend für anspruchsvolles Lernen, welches das Hinterfragen und gegebenenfalls Abändern dieser Aktionstheorie voraussetzt. Wie ebenfalls schon angesprochen, wirken organisationale Untersuchungen, die zum Hinterfragen der organisationalen Aktionstheorien führen könnten, auf viele Organisationsmitglieder bedrohlich oder zumindest unangenehm, weshalb diese Untersuchungen unterlassen oder abgeblockt werden. Der Abbau solcher Abwehrroutinen ist daher Voraussetzung für anspruchsvolles organisationales Lernen.
An dieser Stelle soll kurz erklärt werden, wie Organisationsmitglieder zu den Schlussfolgerungen gelangen, auf denen ihre Meinungen, Überzeugungen, Gefühle und Handlungen beruhen. Argyris (1993: 57) nennt diesen Prozess eine Schlussfolgerungsleiter ("ladder of inference"):
1. Sprosse: Das Individuum nimmt beobachtbare Fakten wahr, z.B. eine Unterhaltung.
2. Sprosse: Es zieht meistens blitzschnell Schlüsse aus der Beobachtung.
3. Sprosse: Das Individuum unterstellt der beobachteten Person eine Handlungsabsicht und mutmaßt über deren Bedeutung. Es überlegt z.B. Gründe oder Ursachen für die Handlung oder schätzt ihre Wirksamkeit ein.
4. Sprosse: Am Ende entspricht die Bewertung der Situation der praktizierten Handlungstheorie des Individuums. (vgl. Leichthammer 1998: 62f.)
Aufgrund des dem Individuum vielleicht nicht einmal bewussten Bestrebens, seine handlungsleitende Aktionstheorie nicht hinterfragen und gegebenenfalls abändern zu müssen, steht also das Ergebnis der Schlussfolgerungen im Grunde von vornherein fest. Ein defensiv argumentierendes Individuum wird die Überprüfung der Gültigkeit seiner Schlussfolgerungen nicht zulassen, sondern die Prämissen, die den Schlussfolgerungen zugrunde liegen und die Schritte, die von den Prämissen zu den Schlussfolgerungen führen, verdecken. Es wird darauf bestehen, dass seine Logik die einzig schlüssige ist.
Argyris und Schön nennen es das Modell I handlungsleitender Theorien, das zu diesem defensiven Verhalten führt.
In Tabelle 1 ist das Modell-I-Verhalten schematisch dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Modell I handlungsleitender Theorien (leicht verändert aus Argyris/Schön 1999: 104f.)
Mit der Leitvariablen „Ziele bestimmen und versuchen, sie zu erreichen“ weisen Argyris und Schön darauf hin, dass Individuen in der Regel Ziele selbst bestimmen und nicht gemeinsam mit anderen definieren wollen, sich auch nicht von anderen in ihren Ansichten über die jeweilige Aufgabe beeinflussen lassen möchten. Sie handeln daher nach der Strategie „Die Umwelt einseitig entwerfen und leiten“, das heißt sie planen ihr Handeln geheim und versuchen andere zu überzeugen oder zu überreden, mit der eigenen Situationsbeschreibung übereinzustimmen.
„Das Gewinnen maximieren und das Verlieren minimieren“ beschreibt die verbreitete Meinung, dass es eine Niederlage bedeute oder zumindest ein Zeichen von Schwäche sei, Ziele zu ändern, nachdem man sich auf diese festgelegt hat. Organisationsmitglieder sind von daher bestrebt, diese Ziele unbedingt zu erreichen und wollen deswegen „Die Aufgabe an sich ziehen und kontrollieren“ und andere von der Stimmigkeit ihrer eigenen Sicht der Dinge überzeugen, um die Aufgabe gemäß der eigenen Zielvorstellungen durchziehen zu können.
Mit dem Wert „Das Erzeugen oder Ausdrücken negativer Gefühle minimieren und rational sein“ verdeutlichen Argyris und Schön die vorherrschende Ansicht, das Erzeugen oder Ausdrücken negativer Gefühle zeige Unbeholfenheit, Inkompetenz oder einen Mangel an Diplomatie. Stattdessen wollen Individuen objektiv und intellektuell diskutieren. Sie fahren die Strategie „Sich einseitig schützen“ und „Einseitig andere vor Schäden schützen“: Sie reden abstrakt, um sich keine Blößen zu geben und halten ihre Gedanken und Gefühle, die sie zu ihrem Handeln veranlassen, geheim. Sie halten Informationen und Emotionen zurück, um die anderen Mitglieder vor den eigenen negativen Urteilen und Gefühlen zu schützen und sich selbst im Gegenzug vor deren möglicherweise negativen Reaktionen zu schützen. Diese gegenseitige Schutzstrategie wird geheim gehalten und damit die ihr zugrunde liegenden Vermutungen nicht überprüft.
Individuen versuchen also, durch ihr Verhalten andere zu kontrollieren und gleichzeitig Beeinflussungen durch andere abzuwehren. Sie verhalten sich defensiv, schätzen andere als defensiv ein und werden ihrerseits als abwehrend betrachtet. Da es weniger um eine Zusammenarbeit als um persönliche Siege und Niederlagen geht, verschlimmern die Interaktionen die Probleme eher. Da die Leitvariablen und Handlungsstrategien von Modell I nicht öffentlich überprüft werden, wird aufgrund unreflektierter Grundannahmen gehandelt, und all dies bleibt undiskutiert, denn aufgrund der zu befürchtenden negativen Reaktionen ist niemand bereit, sich dem eigenen defensiven Verhalten und dem der anderen zu stellen. Da es also kaum eine Chance gibt, die eigene handlungsleitende Aktionstheorie öffentlich zu überprüfen, aber dennoch gehandelt werden muss, tut man dies immer wieder auf Grundlage einer ungeprüften handlungsleitenden Theorie, die sich dadurch mit ihren Beurteilungen und Zuschreibungen in sich selbst verstärkenden defensiven Schleifen versiegelt; gegenseitiges Misstrauen und Zynismus nehmen zu.
Dadurch, dass die Organisationsmitglieder versuchen, als unangenehm oder bedrohlich empfundene Situationen zu umgehen und die Gründe für die befürchtete Bedrohung zu verdecken, wird schließlich die gesamte Organisation umgehen und verdecken, was wiederum die bestehenden handlungsleitenden Aktionstheorien der Individuen verstärkt: Sind in der Organisation Abwehrhaltung, Irrtümer und sich selbst verwirklichende Prozesse dominant, versucht der Einzelne um so mehr, sich durch einseitige Kontrolle und Gewinnstreben zu schützen, um mit möglichst „rationalem“ Verhalten der Abwehrhaltung der anderen zu begegnen. Organisationale und individuelle Aktionstheorien stehen also in einem Verhältnis der ständigen wechselseitigen Beeinflussung, organisationale Routinen können nicht radikal verändert werden, das bedeutet, die Möglichkeit zum organisationalen Doppelschleifen-Lernen kann nicht geschaffen werden, wenn sich die individuellen Routinen nicht grundlegend ändern.
[...]
[1] Der Selbstbewertungsprozess kann durchaus von externen Moderatoren begleitet werden, die jedoch nicht als Evaluatoren, als Bewertende auftreten, wie dies beispielsweise bei einem Audit der Fall wäre.
[2] Nach EU-Definition, siehe z.B. Institut für Mittelstandsforschung Bonn: www.ifm-bonn.de.
[3] In dieser Zahl sind natürlich sehr viele Kleinst- und Ein-Personen-Unternehmen enthalten, für die die Etablierung von Selbstbewertungsinstrumenten zum nachhaltigen Wirtschaften kaum in Frage kommt. Die tatsächliche Zielgruppe für solche Instrumente dürfte daher wenige Hunderttausend Unternehmen umfassen. (vgl. Rohn/Engelmann 2004: 129)
[4] Der Fragebogen zu SAFE kann, nebst anderen Materialien, unter www.wupperinst.org/safe heruntergeladen werden und ist auf der CD-ROM-Beilage des SAFE-Handbuchs (Baedeker/Heuer/Klemisch/Rohn 2002) vorhanden. Der BNC ist dagegen kein gemeinfreies Produkt und kann nur im Zusammenhang mit einer Beratungsleistung verwendet werden. Über die Website www.nachhaltigkeit.de können Interessierte mit den Entwicklern des BNC abklären, ob sie zu wissenschaftlichen Zwecken Einblick in den Fragebogen des BNC erhalten.
[5] 1996 haben sie ihr Werk durch das (1999 ins Deutsche übersetzte) Buch „Organizational Learning II. Theory, Method, and Practice“ aktualisiert.
[6] Nicht nur an dieser Stelle wird deutlich, warum Senges Ansatz mitunter als utopisch kritisiert wird. Zum Mainstream in der Managementliteratur und im Managementhandeln zählt beispielsweise seit den 90er Jahren gerade nicht das Abschwächen des unternehmensinternen Wettbewerbs, sondern eher das Gegenteil, nämlich die Vermarktlichung betriebsinterner Strukturen.
[7] Das Transskript des am 24. Januar 2005 in Kassel geführten Interviews mit Freimann liegt beim Verfasser dieser Arbeit vor.
[8] Man denke hier an die 1999 verabschiedete EU-Richtlinie zur Verminderung gefährlicher Feinstäube in der Atemluft, die seit 2005 zu unvorbereitet bis hilflos wirkenden Reaktionen von Gebietskörperschaften und Industriezweigen führt, weil diese die sich ändernden Anforderungen ihrer Umwelt offensichtlich nicht aufmerksam genug verfolgt oder zumindest nicht rechtzeitig Konsequenzen aus ihren Umweltbeobachtungen gezogen haben. Als weiteres Beispiel drängt sich das Einwegpfand für Getränkedosen und die fehlende Vorbereitung der Verpackungsindustrie und des Einzelhandels auf selbiges auf. Politische Erklärungsmuster wie z.B. das absichtliche Ignorieren sich ändernder Umweltanforderungen, um diese über einen Boykott oder demonstratives Unvorbereitetsein zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen, seien hier ausgeblendet.
[9] Obwohl auch in der deutschsprachigen Literatur zum organisationalen Lernen in der Regel die von Argyris und Schön geprägten englischen Begriffe verwendet werden, werde ich im Folgenden auf die deutschen Bezeichnungen zurückgreifen, um grammatisch und orthografisch unsaubere zweisprachige Satzkonstruktionen zu vermeiden.
[10] Nonaka und Takeuchi bezeichnen ihr Buch nicht ausdrücklich als Ansatz, organisationales Lernen zu erklären oder anzuleiten. Es geht ihnen um Wissensmanagement, genauer gesagt um die Schaffung und effektive Nutzung organisationalen Wissens – was man also durchaus auch als organisationales Lernen bezeichnen kann.
[11] Um mit Argyris und Schön zu sprechen. Nonaka und Takeuchi verwenden diesen Begriff nicht.
[12] In der Literatur weit verbreitete Begriffe hierfür sind „tacit knowledge“ und „implizites Wissen“, z.B. ausführlich in Nonaka/Takeuchi 1997.
- Arbeit zitieren
- Diplom-Soziologe Tobias Engelmann (Autor:in), 2006, Organisationales Lernen dank Self-Assessment?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77916
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