Im Rahmen der vorliegenden Hausarbeit soll schwerpunktmäßig die Entwicklung des nationalsozialistischen Strafrechts in der Zeit von 1939 bis 1945 untersucht werden. Nach Kriegsausbruch wurde eine Vielzahl strafrechtlicher Gesetze und Verordnungen erlassen, die sich durch eine immense Verschärfung hinsichtlich der angedrohten Rechtsfolgen auszeichnen. Außerdem wurden die Tatbestände weiter gefaßt. Im Zuge der weitergehenden Politisierung des Strafrechts wurden etliche neue Tatbestände geschaffen, die vielfach mit drakonischen Strafen geahndet wurden.
Welche Intention verfolgte der Gesetzgeber mit den Gesetzesnovellen bzw. mit der Androhung höherer Strafen? Wurde die Verschärfung aufgrund der sich immer bedrohlicher entwickelnden Kriegslage vorgenommen, oder diente die Radikalisierung einer planvollen Bekämpfung mißliebiger Personenkreise, die aus ideologischen Gründen erfolgte? Diese Fragestellung wird auf der Grundlage einer Auswahl von Sekundärliteratur und anhand zeitgenössischer Äußerungen und Publikationen von nationalsozialistischen Juristen diskutiert. Zu beachten ist auch die Tatsache, daß die Schaffung eines nationalsozialistischen Strafgesetzbuches in den 30er Jahren heiß diskutiert, aber auf die ,,Zeit nach dem Kriege" verschoben wurde. Daher wird untersucht, inwieweit die strafrechtlichen Neuerungen der Kriegsjahre als wegweisend für ein nationalsozialistisches Strafgesetzbuch angesehen werden können. Um die Leitfrage angemessen zu beantworten, sollen sowohl die während der Kriegsjahre erlassenen Gesetze, als auch die Lenkung der Justiz im Sinne des Regimes thematisiert werden.
Lassen sich die Strafrechtsvorschriften aufgrund der Quellenlage noch sehr gut erschließen, so fällt eine Beurteilung der praktischen Umsetzung der Strafverfolgung und Urteilsfindung schwerer. Einschlägige Akten und Unterlagen sind vielfach vernichtet worden oder fielen den Kriegswirren zum Opfer, so daß selbst eine abschließende Schätzung der während der NS-Zeit gefällten bzw. vollstreckten Todesurteile relativ spekulativ bleibt, da sie sich auf Hochrechnungen stützen muß1.
Im Zuge der Politisierung und Radikalisierung des Strafrechts, die zwar vor Kriegsbeginn schon massiv greifbar ist, in den Kriegsjahren aber eine radikale Steigerung erfuhr, waren neue Institutionen an der Rechtspflege beteiligt.
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1 Hirsch, Martin / Majer, Diemut / Meinck, Jürgen (Hrsg.), Recht, Verwaltung und Justiz im Nationalsozialismus.[...]
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. 1. Grundlegende strafrechtliche Änderungen von 1933 bis Kriegsausbruch
- II. 2. Die wichtigsten Gesetze und Verordnungen der Kriegsjahre
- II. 3. Die Beeinflussung der Justiz in den Kriegsjahren
- III. Das „Gesetz über die Behandlung Gemeinschaftsfremder“ als Modell für ein nationalsozialistische Strafgesetzbuch?
- IV. Liste der benutzten Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die Entwicklung des nationalsozialistischen Strafrechts im Zeitraum von 1939 bis 1945. Sie untersucht die Gesetzesänderungen und Verordnungen, die in dieser Zeit erlassen wurden, und beleuchtet deren Auswirkungen auf die Rechtsprechung. Die Arbeit beschäftigt sich insbesondere mit der Frage, ob die Verschärfung des Strafrechts auf die Kriegslage zurückzuführen war oder ob sie Teil einer planvollen, ideologisch motivierten Bekämpfung politischer Gegner war.
- Die Entwicklung des nationalsozialistischen Strafrechts im Zweiten Weltkrieg
- Die Rolle der Kriegslage bei der Verschärfung des Strafrechts
- Die Ideologie des Nationalsozialismus und ihr Einfluss auf die Strafgesetzgebung
- Die Bedeutung von Sondergerichten für die Durchsetzung der nationalsozialistischen Rechtsprechung
- Die Frage nach dem Stellenwert der strafrechtlichen Neuerungen für ein nationalsozialistisches Strafgesetzbuch
Zusammenfassung der Kapitel
- I. Einleitung: Dieses Kapitel stellt die Leitfrage der Arbeit vor und skizziert den Forschungsgegenstand und die Methode. Es wird darauf hingewiesen, dass die Quellenlage zum Teil begrenzt ist und einige Aspekte der Strafverfolgung im Nationalsozialismus nur schwer rekonstruierbar sind.
- II. 1. Grundlegende strafrechtliche Änderungen von 1933 bis Kriegsausbruch: Dieses Kapitel befasst sich mit den ersten Änderungen des Strafrechts nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten. Es werden einige wichtige Gesetze und Verordnungen genannt, die die Grundlage für die spätere Verschärfung des Strafrechts legten. Insbesondere wird die Einführung des Analogieverbots und die Aufhebung des Rückwirkungsverbots hervorgehoben.
- II. 2. Die wichtigsten Gesetze und Verordnungen der Kriegsjahre: Dieses Kapitel behandelt die im Zweiten Weltkrieg erlassenen Gesetze und Verordnungen. Es werden die Verschärfung der Strafen, die Erweiterung der Tatbestände und die Einführung neuer Delikte beleuchtet. Die Einführung von Sondergerichten und die wachsende Bedeutung der „Volksgemeinschaft“ als normatives Konzept werden ebenfalls thematisiert.
- II. 3. Die Beeinflussung der Justiz in den Kriegsjahren: Dieses Kapitel befasst sich mit der zunehmenden Politisierung und Radikalisierung der Rechtsprechung im Zweiten Weltkrieg. Es wird die Bedeutung von Sondergerichten und subtileren Maßnahmen der Einflussnahme auf die Justiz beleuchtet.
- III. Das „Gesetz über die Behandlung Gemeinschaftsfremder“ als Modell für ein nationalsozialistisches Strafgesetzbuch?: Dieses Kapitel analysiert das „Gesetz über die Behandlung Gemeinschaftsfremder“ als Beispiel für ein nationalsozialistisches Strafgesetzbuch. Es wird die Frage untersucht, ob dieses Gesetz und ähnliche Gesetze den Weg für die Schaffung eines nationalsozialistischen Strafgesetzbuchs ebnen konnten.
Schlüsselwörter
Diese Hausarbeit behandelt die Themen Nationalsozialismus, Strafrecht, Kriegsstrafrecht, Rechtsprechung, Politisierung der Justiz, Sondergerichte, "Volksgemeinschaft", Gesetzgebung, "Gesetz über die Behandlung Gemeinschaftsfremder", nationalsozialistisches Strafgesetzbuch.
- Arbeit zitieren
- Christian Tegethoff (Autor:in), 2000, NS-Kriegsstrafrecht: kriegsbedingtes Notrecht oder Etappe auf dem Weg zu einem nationalsozialistischen Strafgesetzbuch?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7821