Change Management. Darstellung und Bewertung der Ansätze von Lewin, Bullock & Batten, Kotter, Beckhard & Harris, Senge, Stacey & Shaw


Seminararbeit, 2007

48 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zwei Arten von Wandel: Reorganisation vs. Organisationsentwicklung

3. Sechs Modelle des Wandels
3.1 Das „3-Phasen-Modell der Veränderung“ von Kurt Lewin
3.2 Die „4-Phasen der geplanten Änderung“ von Bullock & Batten
3.3 Der „Acht-Stufen-Prozess für den Wandel“ von John P. Kotter
3.4 Die „Änderungsgleichung“ von Beckhard & Harris
3.5 Das Modell der „lernenden Organisation“ von Senge
3.6 Das Modell der „Komplexität dynamischer Systeme“ von
Stacey & Shaw

4. Bewertung der Modelle
4.1 Operationalisierung der Bewertungskriterien
4.2 Das Bewertungssystem
4.3 Bewertung der Kriterien innerhalb der Modelle
4.3.1 Bewertung des Modells von Lewin
4.3.2 Bewertung des Modells von Bullock und Batten
4.3.3.Bewertung des Modells von Kotter
4.3.4 Bewertung des Modells von Beckhard und Harris
4.3.5 Bewertung des Modells von Senge
4.3.6 Bewertung des Modells von Stacey und Shaw
4.4 Graphische Darstellung der Bewertungen

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In den vergangenen Jahrzehnten hat das Thema der Gestaltung von unterneh­merischen Wandel einen kontinuierlichen Bedeutungszuwachs erlebt, der sich auch heute noch stetig weiterentwickelt. In der Praxis lässt sich das insbeson­dere innerhalb von Beratungsfirmen beobachten, die den ursprünglich anglo­amerikanischen Begriff des Change Managements, des Managements von Wandel, zunehmend geprägt und daraus ein eigenes Business geschaffen ha­ben. Von Einzelberatern bis zu internationalen Beratungskonzernen wird mitt­lerweile auf allen Ebenen die professionelle Begleitung von innerbetrieblichen Veränderungsprozessen angeboten. Change Management ist eine der zentra­len Managementaufgaben in Unternehmen geworden. Nach einer Studie der in sieben europäischen Ländern ansässigen Unternehmensberatung „Capgemini“ in Zusammenarbeit mit dem Bamberger Centrum für Europäische Studien (BA­CES) an der Friedrich-Otto-Universität Bamberg aus dem Jahr 2005, bei der Führungskräfte aus deutschen, österreichischen sowie schweizerischen Unter­nehmen befragt wurden, gaben 55 Prozent der Unternehmen an, das Change Management für sie ein „wichtiges“ Thema sei. 29 Prozent stuften es sogar als ein „sehr wichtiges“ Thema ein. Jedes fünfte der befragten Unternehmen gab zudem an, ein eigenes Budget für Change Management-Maßnahmen einge­plant zu haben.[1]

Mit stetigen Veränderungen umgehen zu können, ist heute quasi zu einer

Dau­eraufgabe für Unternehmen geworden:

Die meisten Geschäftsleute, mit denen ich heute spreche, sind sich darin einig, dass umwälzende Veränderungen in der Unternehmenswelt stattfinden. Diese Veränderungen gehen weit über das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage oder die Fortschritte neuer Tech­nologien hinaus. Sie sind Ausdruck einer Anpassung an weitreichende Kräfte, einschließlich einer nie da gewesenen Ausweitung des globalen Arbeitsmark­tes“ (Senge 1994: 14).

Es ist also nicht verwunderlich, dass sich auch die Wirtschaftswissenschaft seit Jahrzehnten mit dem Thema Change Management beschäftigt. Wie groß der Stellenwert mittlerweile ist, zeigt eine Stichwortsuche in wissenschaftlichen Publikationen mit Hilfe des ISI Web of Knowledge.

Wird dort nach den Begriffen Change Management, Managing Change sowie Organisation Change als Stichwort, Abstract oder Titel gesucht, werden für das Jahr 2005 mehr als 300 Publikationen gefunden. Zum Vergleich: 1995 enthielten rund 220, 1985 nur rund 40 Publikationen die gesuchten Wörter.[2]

Doch trotz einer Vielzahl wissenschaftlicher Theorien und unterschiedlicher An­sätze – „eine“ umfassend perfekte Veränderungsstrategie für Unternehmen konnte anscheinend noch nicht gefunden werden. Erhebungen haben offenbart, dass die meisten Wandlungsversuche das angestrebte Ziel nicht erreichen. Nach einer Studie von Paul Strebel aus den neunziger Jahren müssen bis zu zwei Drittel der geplanten Änderungsprozesse abgebrochen werden, da nicht die gewünschten Ergebnisse erreicht werden konnten (vgl. Strebel 1992: 86). Auch John P. Kotter belegte in einer Studie, dass mehr als die Hälfte der von ihm untersuchten Projekte für eine kundenorientierte Umgestaltung noch in der Anfangsphase scheiterten (vgl. Kotter 1995: 59).

Machiavelli hat dieses Phänomen schon vor rund 500 Jahren beobachtet. Schon damals wusste er, nichts ist schwieriger, als eine neue Ordnung herzu­stellen.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich deshalb mit Grundlagen der Verände­rungsstrategien, mit sechs unterschiedlichen Modellen, die alle auf ihre Art ver­suchen, Lösungsvorschläge für die Gestaltung von Wandel in Unternehmen zu geben. Diese Ansätze unterteilen sich in das „3-Phasen-Modell der Veränderung“ von Kurt Lewin, das „4-Phasen-Modell der geplanten Änderung“ von R. J. Bullock und Donde Batten, den „Acht-Stufen-Prozess“ von John P. Kotter, die „Änderungsgleichung“ von Richard Beckhard und Reuben T. Harris, das Modell der „Lernenden Organisation“ von Peter Senge sowie das Modell der „Komplexität dynamischer Systeme“ von Ralph Stacey und Patricia Shaw. Bevor die einzel­nen Modelle näher erläutert werden, folgt im zweiten Kapitel eine Abgrenzung der zwei grundlegenden Arten von Wandel, der Reorganisation bzw. Revoluti­onsstrategie auf der einen Seite sowie der Organisationsentwicklung bzw. Evolutionsstrategie auf der anderen Seite. Das dritte Kapitel befasst sich mit einer Darstellung der oben genannten Modelle des Wandels. In dem daran an­schließenden Kapitel 4 wird der Versuch einer Bewertung der Modelle mit Hilfe eines eigenen Bewertungssystems anhand von vier Kriterien unternommen.

2. Zwei Arten von Wandel: Reorganisation vs. Organisationsentwicklung

Veränderungen werden in Unternehmen auf verschiedene Art und Weise voll­zogen. Zwei Arten, in die sich unternehmerischer Wandel grob einteilen lässt, werden an dieser Stelle näher erläutert. Dies ist zum einen die Reorganisation oder auch Revolutionsstrategie sowie zum anderen die Organisationsentwick­lung bzw. Evolutionsstrategie. Hierbei handelt es sich um eine wenig differen­zierte Einteilung, da sich Veränderungsprozesse auch in einer Vielzahl von Hybridmodellen bzw. Mischformen vollziehen können (vgl. Reiß/Rosenstiel, v./ Lanz 1997: 14 f.). Im Rahmen dieser Arbeit soll eine grobe Einteilung in zwei grundsätzliche Arten des betrieblichen Wandels genügen und lediglich auf das Vorhandensein vielfältiger Unterarten und Mischformen verwiesen werden. Vor diesem Hintergrund werden nachfolgend die Reorganisation sowie die Organi­sationsentwicklung in ihren Eigenschaften näher erläutert sowie ihre Vor- und Nachteile genannt.

Eine Reorganisation ist nach A. M. Pettigrew eine revolutionäre Strategie, wes­halb sie auch oft als Revolutionsstrategie bezeichnet wird (vgl. Pettigrew 1985). Eines ihrer Hauptmerkmale ist ein episodisch auftretender Wandel. Wandel be­deutet in diesem Fall eine Unterbrechung des normalerweise vorherrschenden Gleichgewichts und geht immer mit tiefgreifenden, radikalen Veränderungen einher, die kurzfristig umgesetzt werden. Eine Reorganisation wird von zentraler Stelle aus, meist von der Unternehmensleitung, detailgenau in Ablauf und Umfang geplant und anschließend zielgerichtet ausgeführt (vgl. Weick/ Quinn 2004). Eine besonders radikal intervenierende Strategie innerhalb der Reorga­nisation ist die so genannte „Bombenwurfstrategie“. Demnach werden Verände­rungen typischerweise top-down vollzogen, d.h. sie werden von der Unterneh­mensleitung geplant und bis zur schlagartigen Implementierung vor den Mitar­beitern und Dritten geheim gehalten. Der Erfolg hängt dabei stark vom Überra­schungseffekt und von der Fähigkeit, den Widerstand der Mitarbeiter zu bre­chen, ab. Der Widerstand der Mitarbeiter ist hierbei meist als sehr groß einzu­stufen, da sie weder in die Prozesse eingebunden sind, noch auf ihre Bedürf­nisse/ Emotionen Rücksicht genommen wird. Das Ziel ist eine radikale Ände­rung des Ist-Zustands binnen kurzer Zeit (vgl. Osterloh/ Frost 2003: 232 ff.).

Eine Reorganisation birgt sowohl Vor-, als auch Nachteile. Die Chancen einer solchen Strategie liegen darin, einen tiefgreifenden Wandel „aus einem Guss“ zu schaffen, d.h. dass alle notwendigen Stellen in den Prozess einbezogen werden und sämtliche Aktionen zeitlich koordiniert sind. Zudem sind die einzel­nen Phasen einer Reorganisation durch ihre Planbarkeit klar abgrenz- und cha­rakterisierbar und der gesamte Prozess zeitlich zu überblicken. Das Risiko einer revolutionären Strategie ist jedoch, dass die Widerstände der vor vollendete Tatsachen gestellten Mitarbeiter so groß sind, dass der Veränderungsprozess sich verzögert oder im schlimmsten Fall sogar scheitert. Darüber hinaus ist zu vermuten, dass es längere Zeit dauern wird, bis die neue Struktur in das Unter­nehmen integriert ist, da die dem Unternehmen zugehörigen Mitarbeiter sich erst mit den veränderten Prozessen, Strukturen und Abläufen auseinander set­zen müssen. In dieser Zeit sind meist Nachbesserungen nötig, da in der Um­setzungsphase evtl. Fehlplanung oder Schwachstellen der Planung auftauchen können. Dieses kann zu Lasten des laufenden Betriebs gehen. Ein weiterer ne­gativer Aspekt ist, dass die auf Grund der fehlenden Integration in die Planung des Wandels nicht aus dem Wandlungsprozess lernen können und so eventuell vor­handenes Wissen/ Fertigkeiten nicht genutzt und an andere Mitarbeiter weiter­gegeben werden können (vgl. Osterloh/Frost 2003: 238).

Der Theorie der Organisationsentwicklung liegt eine gänzlich unterschiedliche Herangehensweise zu Grunde. W.L. French und C.H. Bell jr. liefern folgende Definition:

„Im sozialwissenschaftlichen und vielleicht idealen Sinn des Wortes ist Organisationsentwicklung (OE) eine langfristige Bemühung, die Problemlö­sungs- und Erneuerungsprozesse in einer Organisation zu verbessern, vor al­lem durch eine wirksamere und auf Zusammen-

arbeit gegründete Steuerung der Organisationskultur […]

(French/ Bell, 1977, S. 31).

Im Rahmen dieser Theorie der Organisationsentwicklung ähnelt innerbetrieblicher Wandel eher einer Evolution anstatt einer Revolution. Wandel wird als eine stetige Weiter­entwicklung und Anpassung in Prozessen und Praktiken verstanden, er voll­zieht sich also kontinuierlich. Veränderungen innerhalb des Unternehmens sind nicht darauf ausgerichtet, das vorherrschende Gleichgewicht kurzfristig zu stö­ren, sondern gegenteilig langfristig die Balance zu halten.

Die Art der Interven­tion ist eher sanft. Die Mitarbeiter werden an dem kontinuierlichen Versuch ei­ner Verbesserung der Unternehmenskultur sowie der Arbeitsbedingungen be­teiligt, wodurch sie gleichzeitig in einen stetigen Lern-prozess eingebunden werden. Vorrangiges Ziel der Organisationsentwicklung ist nicht das finanzielle Wohlergehen des Unternehmens, sondern die Förderung der Qualität des Ar­beitslebens, an der die Beschäftigten partizipieren (vgl. Weick/Quinn 2004).

Daraus ergeben sich folgende Vorteile der evolutionären Strategie: Aufgrund der dauerhaften Einbeziehung der Mitarbeiter in den Planungs- und Umset­zungsprozess sind diese zum einen in einen dauerhaften Lernkreislauf integ­riert. Zum anderen sind nur geringere Widerstände zu erwarten. Des Weiteren werden durch das kontinuierliche Einbringen von Detail- und Ablaufkenntnissen der Mitarbeiter auf allen Ebenen Nachbesserungen kaum notwendig, Fehlpla­nungen sind durch die direkte Umsetzung gering. Dennoch offenbart die Orga­nisationsentwicklungsstrategie auch Risiken. Die kontinuierlichen Veränderun­gen können dazu führen, dass der tägliche Produktionsablauf durch ständige Anpassungen gestört wird. Zu kritisieren ist auch die mangelnde Planbarkeit. Da Veränderungen kontinuierlich und nicht in Episoden ablaufen, lassen sie sich weder zeitlich noch finanziell bestimmen. Dies kann dazu führen, dass an­gestrebte Ziele nicht rechtzeitig oder sogar gar nicht erreicht werden (vgl. Osterloh/Frost 2003: 238).

3. Sechs Modelle des Wandels

In den folgenden Unterkapiteln werden die, in der Einleitung bereits erwähnten, sechs Modelle des Wandels dargestellt. Die Modelle – das „3-Phasen-Mo­dell der Veränderung“ von Kurt Lewin, die „4 Phasen der geplanten Veränderung“ von Bullock und Batten, der „Acht-Stufen-Prozess“ von John P. Kotter, die „Änderungsgleichung von Beckhard und Harris, das Modell der „Lernenden Organisation“ von Senge sowie das Modell der „Komplexität dynamischer Prozesse“ von Stacey und Shaw – sollen in genannter Reihenfolge vorgestellt werden.

3.1 Das „3-Phasen-Modell der Veränderung“ von Kurt Lewin

Das 3-Phasen-Modell von Lewin war eines der ersten Modelle, das sich systematisch mit den Veränderungsprozessen in Organisationen auseinandersetzte. Der Ursprung dieser Managementsichtweise liegt also in den USA und beginnt sich in Europa seit Mitte der 90-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zu etablieren.

Kurt Lewin führte in den 40er und 50er Jahren Experimente durch, die als Ergebnis die drei Phasen organisatorischen Wandels hervorbrachten. Diese stellen insbesondere die Aktivität und Kooperation des Einzelnen, die Gruppe als zentrales Element und die Tatsache, dass Wandelprozesse zyklisch verlaufen in den Mittelpunkt. Aus diesen Erkenntnissen werden die Phasen "unfreezing", "moving" und „freezing" als organisatorisches Änderungsgesetz konstruiert, welches nach Lewin allen erfolgreichen Wandelprozessen zugrunde liegt (vgl. Ullrich 2005: 49).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1

Das 3-Phasen-Modell von Lewin

Nach Lewins Modell muss zu Beginn eines jeden Veränderungsvorhabens der zu dieser Zeit herrschende Gleichgewichtszustand aufgehoben werden, um das bestehende Effizienzniveau einer Organisation zugunsten eines Neuen auf eine höhere Ebene anheben zu können. Lewin spricht in dieser Phase von „unfreezing“ (auftauen). Diese Phase baut auf der Theorie auf, dass das menschliche Verhalten durch das Lernen aus Beobachtungen begründet ist und durch kulturelle Einflüsse untermauert wird. Änderung verlangt das Hinzufügen neuer Kräfte oder das Eliminieren von vorhandenen Faktoren, die das Verhalten fortsetzen. Es werden hemmende (retardierende) Kräfte, wie z.B. Sicherheitsstreben, Ressourcenmangel, die die Veränderung zurückhalten, erarbeitet und treibende (akzelerierende) Kräfte, wie z.B. Umweltanforderungen, die den Wandel unterstützen, identifiziert und in einer so genannten, von Lewin 1951 entwickelten, Kraftfeldanalyse (force field analysis) gegenübergestellt und gewichtet (vgl. Ullrich 2005: 49). Das Auftauen des Status Quo, also des bestehenden Zustandes, kann anhand der so genannten Aktionsforschung durchgeführt werden, welche die fünf Schritte Diagnose, Analyse, Feedback, Handeln und Evaluierung enthält, durch die der gewünschte Zielzustand erarbeitet und z.B. auf einem Flipchart festgehalten wird. Dann werden die Kräfte ermittelt, die den gewünschten Zielzustand unterstützen und diejenigen Kräfte, die dieses Ziel behindern. Durch Versehen der Kräfte mit Prioritäten, die beispielsweise durch Pfeillängen erfolgen kann, verbessert das visuelle Ergebnis. Es ist notwendig sich an den möglichen Ängsten der Veränderung vorbeizubewegen, um voranzuschreiten.

Die Methode der Kraftfeldanalyse stellt also die positiven und negativen Aspekte einer Situation einander gegenüber und ein visueller Vergleich ist möglich. Die Beteiligten werden gezwungen, alle Aspekte gemeinsam zu überdenken, wie man eine gewünschte Veränderung verankern kann. Die Kraftfeldanalyse ermutigt zum einen, hinsichtlich der Priorität von Faktoren, ich auf beiden Seiten der "Bilanz" zu einigen und zum anderen zum ehrlichen Nachdenken über die wirklichen Wurzeln eines Problems und dessen Lösung (vgl. Mohr 1997: 10).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2

Gemeinsame Auswertung auf Wandzeitung (vgl. Schratz 2000: 125 )

In der zweiten Phase „moving“ (bewegen) werden die eigentlichen Veränderungen vorgenommen und die neuen Verhaltensweisen eingeübt. Da hier Unsicherheiten auftreten und die Mitarbeiter für den Wandel zusätzlich Energie aufbringen müssen, sinkt die Leistungskurve in Abb. 3 zunächst ab. Gegen Ende des erfolgreichen Veränderungsprozesses pendelt sie sich dann auf höherem Niveau ein.

Der Prozess der Verhaltensänderung läuft dabei in sieben typischen Schritten ab:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3

Phasen von Veränderungsprozessen (vgl. Kostka/ Mönch: 11)

In der 1. Phase (Schock) kommt es zu einem ersten Kontakt mit der Veränderung und einem Abgleich der vorhandenen Kompetenzen mit den Benötigten und Geforderten. In der darauf folgenden Phase (Ablehnung) reagieren die Beteiligten mit Trotz und Ablehnung und behaupten, dass eine Verwirklichung der Änderung nicht möglich ist. Auf der Grundlage von alten bewährten Verhaltenskonzepten werden die eigenen Kompetenzen gestärkt. Frustration folgt dann in der dritten Phase (rationale Einsicht), in der eingesehen wird, dass die Veränderung notwendig und unumgänglich ist, worauf die vierte Phase (emotionale Akzeptanz) folgt, in der die Beteiligten ihre eigene Kompetenz als sehr gering einschätzen. Hier ist es wichtig zumotivieren, um Anreize zu schaffen, neue Kompetenzen zu Erlernen. In der fünften Phase (Lernen) wird versucht neue Situationen zu bewältigen und somit neue Kompetenzen aufzubauen. Erfolgt an dieser Stelle ein Scheitern, kann dies einem Rücksprung in die zweite Phase verursachen. Hat der Beteiligte jedoch Erfolgt, folgt die sechste Phase (Erkenntnis), in der er die angelernten neuen Fähigkeiten anwendet und neue Aufgaben beherrschbar werden. Die siebte und letzte Phase (Integration) beinhaltet die völlige Integration der erlernten Methoden, nicht mehr anwendbare Kompetenzen und alte Gewohnheiten werden abgelegt (vgl. Kostka 2001: 11).

Zum Ende des Veränderungsprozesses geht es nach Lewin in der Phase des „refreezing“ (wieder einfrieren) darum, wieder Ruhe und Sicherheit in der Organisation einkehren zu lassen. Ziel ist es, einen neuen Gleichgewichtszustand auf dem erreichten, höheren Effizienzniveau zu festigen. Die neu erworbenen Werte, Einstellungen und Verhaltensweisen werden durch entsprechende Maßnahmen gefestigt. Der neue Gleichgewichtszustand wird stabilisiert, die neuen Einstellungen, Werte und Verhaltensweisen werden wieder eingefroren (vgl. Mohr 1997:11).

3.2 Die „4-Phasen der geplanten Änderung“ von Bullock & Batten

R. J. Bullock und Donde Batten analysierten mehr als 30 Modelle des Wandels und brachten ihr 4 Phasen-Modell der geplanten Änderung hervor. Sie veröffentlichten 1985 in der Zeitschrift „Group & Organization Studies“ einen Artikel, der sich mit diesem Thema auseinandersetzte. In diesem Artikel „It´s Just a Phase We`re Going Through: A Review and Synthesis of OD Phase Analysis“ stellen Bullock und Batten ihre Gründe vor, warum in den letzten 30 Jahren keine Einigkeit bezüglich eines wahren Phasenmodells erschienen ist, sondern immer wieder neue Modelle entwickelt und modifiziert wurden.

R.J. Bullock war 1985 Juniorprofessor der industriellen und organisatorischen Psychologie an der Universität in Houston. Seine damaligen Forschungs-interessen schlossen Theorie und Forschungsmethoden in Organisations-entwicklung, organisatorischer Kreativität und Produktivitätsmaß mit ein. Donde Batten war 1985 eine Studentin im Hauptstudium der industriellen und organisatorischen Psychologie an der Universität in Houston. Ihre damaligen Forschungsinteressen schlossen unter anderem Selbstwahrnehmung, Personalauswahl und Organisationsentwicklung ein.

In ihrem Artikel aus dem Jahre 1985 erläutern sie, dass der ausschlaggebende Grund für die Uneinigkeiten eines wahren Phasenmodells darin besteht, dass es an diversen Kriterien mangelt, die die Phasenmodelle bewerten. Ohne jene Kriterien werden die einzelnen Phasen nur subjektiv bewertet, beliebige Meinungen und Entscheidungsgrundlagen verwendet, die der Rezensent für passend hält. Diese Vorgehensweise führt zur Uneinigkeit, da die Kriterien nicht einheitlich definiert und abgestimmt sind (vgl. Bullock/ Batten 1985: 385f.).

Um Phasenmodelle in der Organisationsentwicklung bewerten zu können, schlagen Bullock und Batten sieben Kriterien vor. Zum einen sollen Phasen-modelle als langfristige, andauernde und fließende Prozesse angesehen werden. Zum anderen soll man Phasenmodelle als geradlinige, d.h. nicht um-kehrbare Prozesse sehen, die auf einer Tätigkeit begründet sind und allgemein definiert, d.h. für viele Situationen anwendbar, sein müssen. Sie sollen außerdem relevant und nützlich sein, um jeden Veränderungsprozess zu verstehen.

Es wurden drei Basisannahmen verwendet, um die Phasen der Organisationsentwicklung zu definieren: der theoretische Ansatz, der historische Ansatz und der Interventionsansatz.

Der theoretische Ansatz definiert die Begriffe der Prozesse, die während der Entwicklung vorkommen und beschreibt die Organisationsentwicklungsphasen in Bezug auf diese Prozesse. Der historische Ansatz identifiziert hingegen die historischen Hauptereignisse, die aufgetreten sind und zu Änderungen geführt haben. Der Interventionsansatz definiert die Organisationsentwicklungsphasen in Bezug darauf, was die Akteure in einer bestimmten Änderungsphase tun (vgl. Bullock/ Batten 1985: 388).

Das von Bullock und Batten aus 30 verschiedenen Modellen entwickelte Modell der geplanten Änderung umfasst vier Phasen des Wandels innerhalb einer Organisation. Ihrer Meinung nach erfüllt dieses Modell alle erforderlichen Kriterien, da es den Wandel auf Ebene der Organisation als kontinuierlichen, fortlaufenden Prozess sieht, der so fließend ist, dass er selbst eine Überlappung der Phasen erlaubt, ohne die dominanten Eigenschaften der einzelnen Phasen zu verlieren (vgl. Bullock/ Batten 1985: 401). Entgegen anderer Modelle sind die Phasen geradlinig und beziehen sich auf Interventionen, so dass die einzelnen Phasen mit verschiedenen Organisationsentwicklungsphasen beschrieben und erklärt werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4

Veränderungsprozessphasen nach Bullock und Batten

Die erste Phase, die Erforschungsphase („exploration phase“), beginnt mit dem Bedürfnis nach Veränderung oder dem Bewusstwerden eines Problems. Dieser Prozess bringt die Organisation dazu, nach Beratung und Hilfe zu suchen, erforderliche Mittel zu analysieren und bereitzustellen. In der Erforschungsphase ist es wichtig, dass alle Mitglieder diese Veränderung auch wirklich wollen und sich darüber bewusst sind, was dieser Wandel mit sich bringt. In der zweiten Phase, der Planungsphase („planning phase“), besteht die Aufgabe darin, das Problem zu verstehen, indem man es diagnostiziert. Durch Datenerfassung, z.B. durch Interviews, Workshops, Übersichten oder ähnlichem, können Informationen über alle Bedürfnisse gesammelt und der gegenwärtige Zustand der Organisation bewertet werden. Durch die gewonnen Informationen und Feedbacks kann das Problem diagnostiziert und Absichten, sowie Prioritäten herausgestellt werden. In dieser Phase werden auch spezifische Handlungsstrategien entwickelt und von Hauptentscheidungsträgern genehmigt.

In der dritten Phase, der Phase der Tätigkeit („action phase“), wird der diagnostizierte Bedarf an Änderungen vereinbart und genehmigt. Manchmal besteht diese Phase aus diversen Handlungsschritten, die teilweise etappenweise ausgeführt werden. Obwohl die Veränderung und das Eingreifen in die Organisation bereits analysiert und entwickelt ist, werden Auswirkungen und Effekte durch Begutachtung des Prozesses, Feedbacks durch Daten und fortlaufende Testläufe beobachtet. Häufig erscheinen die gewonnen Ergebnisse rückläufig und umgekehrt, da sich die Organisation in einer Übergangsphase befindet (vgl. Bullock/ Batten 1985: 407).

Sobald die Änderung erfolgreich durchgeführt worden ist, muss sie dauerhaft in das soziale System integriert und stabilisiert werden. Diese Integration beschreibt die vierte Phase von Bullock und Batten, die Phase der Integration („integration phase“). Dort werden die erfolgreichen Änderungen eingebettet, indem die Angestellten durch ständiges Training und Ausbildung geschult werden. Diese Prozesse werden ständig überwacht und ausgewertet.

3.3 Der „Acht-Stufen-Prozess für den Wandel“ von John P. Kotter

John P. Kotter baute auf das Modell von Lewin auf und entwarf den Acht-Stufen-Prozess für den Wandel bzw. der Transformation, der allgemein nutzbar, aber sehr konkret in der Ausgestaltung der Anwendung ist. In seinem Artikel in der März-April-Ausgabe 1995 des Harvard Business Review unter dem Titel „Leading Change: Why Transformation Efforts Faile“ machte Kotter deutlich, dass der Veränderungsprozess stets eine Reihe von Phasen durchläuft, die im Ganzen reichlich Zeit beanspruchen und dass das Überspringen einzelner Abschnitte lediglich die Illusion raschen Fortschrittes schafft und nie zu einem befriedigenden Resultat führt (vgl. Kotter 1995: 74).

Die ersten vier Stufen des Transformationsprozesses sind laut Kotter hilfreich, um einen Status Quo zu verändern. Wenn der Wandel einfach zu verwirklichen wäre, bräuchte man diese ersten vier Stufen nicht (vgl. Kotter 1997: 39). Die Stufen 5 bis 7 stellen viele neue Verfahrensweisen vor und der letzte Schritt verankert und manifestiert die Veränderungen innerhalb der Unternehmenskultur. Selbst in dem Bestreben, schnell zum Erfolg zu kommen, sollte man nicht in Betracht ziehen, Phasen und Schritte auszulassen, um so schneller zum Ergebnis zu kommen. Vielmehr sollte man die ersten vier Schritte nutzen, um eine solide Basis für das weitere Vorgehen zu schaffen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5

Der Acht-Stufen-Prozess des Wandels von Kotter ( vgl. Kotter 1997: 38f.)

Kotter schlägt vor, in der ersten Phase ein Gefühl von Dringlichkeit zu erzeugen, indem man Motive für Selbstherrlichkeit ausschaltet. Diese Art der Selbstzufriedenheit ist laut Kotter in vielen Menschen verankert und äußert sich dann in der Abwehrhaltung gegenüber dem Wandel. Gründe für Selbstzufriedenheit können unter anderem sein, dass zuviel sichtbarer Wohlstand des Unternehmens zum Ausdruck kommt oder dass Topmanager nur positives Geschwätz von sich geben. Andere Gründe wären das Fehlen einer großen und erkennbaren Krise oder die menschliche Neigung zum Verdrängen, besonders unter Stress oder Anspannung. Diese genannten Gründe und andere können durch bestimmte Maßnahmen eliminiert werden, indem man das Bewusstsein für die Dringlichkeit steigert. Man könnte zum Beispiel eine Krise erzeugen, indem man finanzielle Verluste in einem Unternehmen hinnimmt, indem man Manager mit ihren extremen Schwachstellen der Konkurrenz aussetzt oder Fehler zulässt, statt diese im letzten Moment zu verhindern oder indem man sichtbare Beispiele für Verschwendung (z.B. unternehmenseigene Clubs, Gourmetbistros für leitende Angestellte) eliminiert. Erkennbare Krisen können hilfreich sein, um Menschen wachzurütteln und das Bewusstsein für die Dringlichkeit wird erhöht

[...]


[1] Die komplette Studie „Veränderungen erfolgreich gestalten, Change Management 2005“ vgl. www.capgemini.de.

[2] vgl. http://portal.isiknowledge.com/

Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
Change Management. Darstellung und Bewertung der Ansätze von Lewin, Bullock & Batten, Kotter, Beckhard & Harris, Senge, Stacey & Shaw
Hochschule
Universität Hamburg  (IÖP - Arbeitsbereich Personalwirtschaftslehre)
Veranstaltung
Change Management
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
48
Katalognummer
V78289
ISBN (eBook)
9783638837439
ISBN (Buch)
9783638938525
Dateigröße
1666 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wandel, Ebene, Organisation, Darstellung, Bewertung, Ansätze, Lewin, Bullock, Batten, Kotter, Beckhard, Harris, Senge, Stacey, Shaw, Change, Management
Arbeit zitieren
Claudia Martin (Autor:in), 2007, Change Management. Darstellung und Bewertung der Ansätze von Lewin, Bullock & Batten, Kotter, Beckhard & Harris, Senge, Stacey & Shaw, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78289

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