Unterrichtseinheit: König der Löwen - Der Film im Unterricht

Darstellung ausgewählter Unterrichtssequenzen für den Ethik- / Werte&Normen-Unterricht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

19 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Das Medium Film im Unterricht

3 Mythos und Religion im Film

4 Vorüberlegungen
4.1 Didaktische Überlegungen
4.2 Methodische Überlegungen

5 Der Film König der Löwen
5.1 Inhaltsangabe
5.2 Grobgliederung
5.2.1 Die erste Stunde
5.2.2 Die zweite Stunde
5.2.3 Das Unterrichtsprojekt im Überblick

6 Arbeitsblätter
6.1 Intentionen
6.2 Lösungen
6.3 Tafelbilder und Skizzen

7 Literatur

1 Einleitung

Unsere Schüler[1] sind tagtäglich mit Massenmedien konfrontiert, zumeist ohne vorher eine Auswahl getroffen zu haben, mit welchen sie eigentlich konfrontiert werden möchten und dürfen. Nur selten sind es Filme, die wirklich sinnvoll und deren Inhalt für die Bildung der Kinder und Jugendlichen bedeutsam sind. So kann man behaupten, Filme seien Bestandteil unseres Alltags, unserer Kultur und unseres Erlebens.

Diesen Tatbestand möchte ich nutzen, um im Ethikunterricht den Film König der Löwen, einem Walt Disney Film, ausführlich zu besprechen. Er bietet zahlreiche Ansatzpunkte, um sowohl für den Ethikunterricht relevant zu sein als auch fächerübergreifend für Geschichte oder Deutsch. Es ist möglich und angebracht, diesen Film in verschiedenen Klassenstufen unter verschiedenen Zielen unter Berücksichtigung der entsprechenden Rahmenrichtlinien einzusetzen.

Inhalt dieser Arbeit wird sein: eine allgemeine Betrachtung des Medium Films im Unterricht, eine Betrachtung zur Thematik Mythos und Religion im Kino, die Vorstellung des Filmes und der Erarbeitung eines Unterrichtsprojekts zum Film.

2 Das Medium Film im Unterricht

Das traditionelle Medium des geschriebenen Textes, das auch im Ethikunterricht selbstverständlich unerlässlich ist, kann und soll gerade im Ethikunterricht erweitert und kombiniert werden mit allen anderen möglichen Medien, die es uns gestatten Lerninhalte zu formulieren und den Schülern nahe zubringen. Bezüglich der überfachlichen Medienerziehung erweist sich der Film als ein geeigneter Gegenstand fächerübergreifenden und fächerverbindenden Lernens. Aus unterschiedlichen Perspektiven lernen die Schüler verschiedene Kategorien der Filmanalyse kennen, die sowohl auf Fachwissen aufbauen, jenes erweitern und auch darüber hinaus durch den Erkenntnisweg komplexe Beurteilungskriterien vermitteln, so dass im Ergebnis ein reflektierender Umgang mit dem lebensweltlich bedeutsamen Medium Film erzielt werden kann.

In semiotischer Hinsicht[2] muss der Film verstanden werden als eine Komposition verschiedener Zeichensysteme wie Bild, Wort und Ton, also einem optischen und einem akustischen Zeichensystem. Die Analyse eines Films setzt voraus, dass sich gegenüber gesellschaftswissenschaftlichen, naturwissenschaftlichen und auch sprachlichen Fächern und Bereichen geöffnet wird, da der Rezipient sonst nur eine relativ einseitige Erfahrung erleben würde. Zum Beispiel ist es von Bedeutung in historischer Hinsicht den Film, die Handlung einordnen zu können, um dann schließlich auch die historische Wirklichkeit zur Differenzierung von Wahrheit und Dichtung einschätzen zu können. In psychologischer Hinsicht muss der Rezipient bereit und fähig sein, kognitive und emotionale Prozesse der Filmwahrnehmung und deren Auswirkungen aufzunehmen und zu verarbeiten. In einem weiteren Bereich, dem der Fremdsprachen, werden die Schüler in der Lage sein, kulturelle Dispositionen und Traditionen zu erfassen.

Ein Film im Unterricht sollte aber nicht ausschließlich mittels Unterrichtsmethoden rein kognitiver Art erschlossen werden, denn die Kombination analytischer, reflexiver und produktiver Methoden sind wesentlich sinnvoller für einen reichhaltigen Erkenntnisgewinn.

Wählt man einen Film als Unterrichtsmedium, muss man verschiedenen Gesichtspunkte, Merkmale und Besonderheiten beachten und berücksichtigen. Die Wechselwirkungen der Zeichensysteme stellt eine Interferenz, ein Ineinander-Verwobensein[3] dar. Während das Bild in seiner Aussage unmittelbar und unzweideutig ist, sind Wörter Abstraktionen, bereits Gedeutetes. In der Kombination aber von Sprache und Bild sowie Bildinhalt und Musik werden neue, zusätzliche Erfahrungs- und Wahrnehmungsräume erschlossen. Filmtheoretiker wie Metz (1972) und Eco (1972)[4] versuchten in den 1960er Jahren, die Filmsprache mit Hilfe der Semiotik zu beschreiben und eine spezielle Theorie der Filmzeichen zu entwickeln. Das Ziel war, Kategorien und Klassifikationen zu finden, mit deren Hilfe eine Beschreibung und Analyse von Filmen möglich sei. Aber gerade hinsichtlich der Filmanalyse weist die Filmsemiotik Probleme auf, so dass man in gewisser Weise noch von Filmsprache in filmanalytischer Sicht spricht, aber darunter Kategorien versteht, die der Filmproduktion entstammen und die sich auf die Kamera und die Aufnahmetechnik beziehen.

Betrachtet man die Geschichte des Films, so kann man erkennen, dass dieses Medium keinesfalls eine Handlung erzählen sollte, sondern es sollten in erster Linie bewegte Bilder vermittelt werden. Der Film aber hat von den Romanen des 19.Jahrhunderts gelernt, insbesondere von der narrativen Struktur derer von Charles Dickens[5]. Literarische Ausdrucksformen wie der innere Monolog, der Dialog, der Kommentar wurden so zu wesentlichen Elementen filmischer Darstellungskunst. Auch Metaphorik, die Darstellung der Vergangenheit durch Rückblenden, die figurale Typisierung, die Verklammerungstechnik von rahmen- und Binnenhandlung, die Leitmotivtechnik wurden vom Roman auf den Film übertragen und gestaltet. Durch diese enge Beziehung zwischen Film und Literatur ist es nahezu logisch, dass im Film die großen klassischen Themen der Weltliteratur aufbereitet wurden.

Der Film ist schon längst nicht mehr nur technisches Unterrichtsmittel sondern ein neues Bildungsmittel. Unter Verwendung der Massenwirksamkeit der Medien und deren massenkommunikativer Funktion stellen sich eindeutige Argumente für die Verwendung des Films im Unterricht heraus:

- Erziehung durch Medium Film auf Grund des spezifischen Bildungspotentials und ihrer unterrichtsmethodischen Möglichkeiten
- Förderung eines emanzipatorischen und kreativen Umgangs mit Medien
- Von der Weltaneignung zur Weltdeutung
- Von der Vergegenwärtigung von Triebregungen, Wünschen und Träumen zum utopischen Denken
- Von der Handlungsbezogenheit zur Innenperspektive
- Vom anekdotischen zum historischen Geschichtsverständnis
- Von der Rollen- und Normenfixierung zur Auseinadersetzung mit Verhaltensweisen
- Vom Lachen über Normverstöße mit Verhaltenserwartungen
- Entwicklung der Reflexionsfähigkeit und der Fähigkeit zum Durchschauen von Rezeptionssituationen
- Fähigkeit zum kommunikativen Handeln in der Gesellschaft[6] [7]

So ist der Film eine Variante, im Unterricht sowohl handlungs- und produktionsorientiert zu arbeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zur Analyse ethisch relevanter Sachverhalte und Handlungssituationen, zu einer an ethischen Grundsätzen orientierten Reflexion und Argumentation und zu ethisch verantwortlicher Selbstbestimmung und Kommunikation mit anderen zu erreichen.

3 Mythos und Religion im Film

Als im Jahr 1895 die Brüder Skladanowsky im Berliner Wintergarten[8] eine erste Filmvorführung starteten, begann ein neues Zeitalter, indem ein Abbildungsverbot gebrochen und die Kamera als ein Auge, das überall sein konnte, eingeführt wurden. Die Welt konnte nun mit völlig neuen Mitteln dargestellt werden. Anfang des 20. Jahrhunderts, in den 1910er Jahren, sollte dieses Medium feste Häuser bekommen, deren bauliche Vorbilder eindeutig sakrale Bauten darstellten. Nicht umsonst wird von Kinotempeln bzw. Kinopalästen gesprochen. Aber nicht nur äußerlich sind die Kinos eine sakrale Erscheinung, auch das Wesen an sich erinnert daran, indem zum Beispiel ein Spiel von Licht und Dunkelheit als eine Art Offenbarung stattfindet; das Signal, der Gongschlag, fungiert als eine Art Anordnung an das Publikum, einer anonymen aber zugleich intimen Gesellschaft; der innere Zustand eines Kinobesuchers ist gekennzeichnet von einer Ekstase, die einem religiösen Empfinden gleichsetzbar ist.[9]

In den Vereinigten Staaten entstanden Kinos zunächst in sozialen Brennpunkten, in denen sich vor allem Emigrantenschicksale begegneten. So wurde es zum Ort des Vergessens, des Zusammenhalts, der Gemeinsamkeit und natürlich auch der Ablenkung. Zunächst existierten zwei Genres, zum einen das Melodram, deren Inhalt die Unterscheidung von Gut und Böse war und dann das Nationalepos – der Western, einem religiösen Gleichnis auf die Christianisierung von Gottes eigenem Land.[10]

Man bezeichnet das Kino auch als Kirche, „die viel gibt – wenig fordert, die die Beichte in der unverfänglichen Form abnimmt, die eine Gemeinschaft der Gläubigen schafft durch nicht mehr als den Blick auf die Leinwand,...die wahre Lösung erfährt man immer erst im nächsten Film“[11] Die Phasen der Mythisierung, Barockisierung, Technifizierung und Verarmung erscheint als eine Abfolge von Sakralisierung und Entwertung.

Kinogeschichten sind zum großen Teil dramenartig in drei Akten aufgebaut: Es ist zum einen der Held, der Gefahren und Prüfungen bestehen muss; zum anderen wird ein Opfer gefordert, und zum Schluss erfährt der Zuschauer die Erlösung. Fast jede Kinogeschichte lässt sich auf einer Ebene als mehr oder weniger säkularisierte Form eines biblischen Gleichnisses lesen.

Mit einem Jenseits- und Diesseitsverweis werden christliche Legenden materialisiert. Nach Seeßlen gibt es dazu sechs Thesen, die genau das verdeutlichen sollen.

1.Geschichten des populären Films gelten als Revision biblischer Gleichungen, indem durch ein offenes Ende die Lösung vom Zuschauer eingefordert wird, durch einen Helden, der drei Aufgaben auf der cinematographischen, einer moralisch – sozialen und einer symbolischen Ebene, erfüllen muss.
2.Jedes Genre des populären Films besitzt eine eigene Erlösungsmythologie, eine pseudo – religiöse Ikonographie, einem Mystizismus und einer eigenen Darstellungsform des Dekalogs.
3.Sämtliche Handlungen, Zeichen, Wahrnehmungen sind einem selbstgewählten Rahmen gewissermaßen sinnerfüllt.
4.Die Erzählform an sich ist fast ohne christliche Verpflichtung. Jedes Genre des populären Films aber fungiert als eine Ableitung christlicher Heilslehre.[12]

Sowohl das moderne als auch das ursprüngliche Kino bieten christliche Paraphrasen neben einer sich ständig wandelnden Welt mit starker Durchsetzung von christlichen Symbolen und Phantasien.

Eines der deutlichsten Beispiele ist der erwähnte Film König der Löwen, um den es im Folgenden gehen soll. Er bietet zahlreiche Ansatzpunkte, um diese Religiosität und deren Alltäglichkeit zu erfahren.

[...]


[1] Das gesellschaftliche Projekt von sexistischer Überformung der Sprache entspricht meinem Selbstverständnis. Dennoch habe ich aus Gründen der besseren Lesbarkeit meiner Ausführungen überwiegend die männlich besetzte Sprachform gewählt.

[2] Landesinstitut für Schule und Weiterbildung [Hrsg.]. Film als Gegenstand fachübergreifenden und fächerverbindenden Arbeitens in der gymnasialen Oberstufe, Materialien für Unterricht und Lehrerbildung. Verlag für Schule und Weiterbildung. Bönen. 1. Auflage. 2002. Seite 7

[3] Lange, Günter; Neumann, Karl; Ziesenis, Werner [Hrsg.]. Taschenbuch des Deutschunterrichts, Literaturdidaktik, Band II. Verlag Schneider-Hohengehren. 5., vollständig überarbeitete Auflage. Baltmannsweiler. 1994. Seite 677

[4] Ebenda. Seite 678

[5] Ebenda. Seite 680

[6] Vgl. Lange, Günter

[7] Vgl. Landesinstitut für Schule und Weiterbildung [Hrsg.]. Film als Gegenstand fachübergreifenden und fächerverbindenden Arbeitens

[8] Seeßlen, Georg. König der Juden oder König der Löwen, Religiöse Zitate und Muster im populären Film. Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen. Information Nr. 134. Berlin. 1996. Seite 2

[9] Ebenda. Seite 5

[10] Ebenda. Seite 3

[11] Ebenda. Seite 4

[12] Ebenda. Seite 6 ff

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Unterrichtseinheit: König der Löwen - Der Film im Unterricht
Untertitel
Darstellung ausgewählter Unterrichtssequenzen für den Ethik- / Werte&Normen-Unterricht
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Philosophie)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V78309
ISBN (eBook)
9783638826259
ISBN (Buch)
9783638827379
Dateigröße
516 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterrichtseinheit, König, Löwen, Film, Unterricht
Arbeit zitieren
Juliane Wagner (Autor:in), 2004, Unterrichtseinheit: König der Löwen - Der Film im Unterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78309

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