Möglichkeiten der Beschäftigungsförderung von geringqualifizierten Arbeitnehmern und Langzeitarbeitslosen


Hausarbeit, 2002

26 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Theoretische Erläuterungen
2.1 Sozialhilfefalle
2.2 Negative Einkommenssteuer
2.3 Lohnsubventionen

3. Ursachen der Arbeitslosigkeit und Beschäftigungspotentiale

4. AG- und AN-Zuschüsse im Rahmen der Hilfe zur Arbeit

5. Niedriglohnbeschäftigung nach Prof. Dr. Fritz Scharpf

6.CAST
6.1 Mainzer Modell
6.2 SGI Modell

7. Ländervergleich
7.1 USA
7.2 Dänemark

8. Resümee

9. Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Das vielleicht meist diskutierte politische und gesellschaftliche Problem in Deutschland, ist die seit 25 Jahren ansteigende Massenarbeitslosigkeit. Dabei ist gerade die Zahl der Beschäftigungsmöglichkeiten für geringquali- fizierte Arbeitnehmer drastisch gesunken. Von den heute rund 4 Millionen Arbeitslosen besteht nach Angaben des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit (IAB) ca. die Hälfte aus Langzeitarbeitslosen und „schwer Vermittelbaren“. Darunter fallen haupt- sächlich gering qualifizierte, alleinerziehende und ältere Menschen.

Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, werden seit einiger Zeit ver- schiedene Modelle von Niedriglohnsubvention diskutiert. Die Idee ist, durch eine „negative Einkommensteuer“ die Löhne im Niedriglohnsektor zu sub- ventionieren und somit Beschäftigungsanreize und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Bundesregierung hat sich, dieses Thema betreffend, erst Anfang diesen Jahres auf die bundesweite Einführung des Mainzer Mo- dells verständigt.

Ziel dieser Hausarbeit ist es, verschiedenen Modelle der Beschäftigungsförderung für die betrachtete ‚Problemgruppe’, ihre notwendigen Rahmenbedingungen sowie die durch sie erzielten Erfolge vorzustellen. Die zentrale Frage ist, ob die vorgestellten Modelle im Allgemeinen und die deutschen Modelle im Besonderen ein erfolgversprechendes Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bei geringqualifizierten Arbeitnehmern und Langzeitarbeitslosen in Deutschland sind.

Dazu soll zunächst eine theoretische Erläuterung der Einkommenstrans- fers erfolgen. Anschließend werden die Ursachen der Arbeitslosigkeit von geringqualifizierten Arbeitnehmern und Langzeitarbeitslosen in Deutsch- land betrachtet und Chancen neuer Beschäftigungsmöglichkeiten analy- siert.

Im Folgenden wird auf die in der Praxis erprobten deutschen Modelle ein- gegangen. Zum einen auf die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerzuschüsse im Rahmen der Hilfe zur Arbeit (§ 18 BSHG) und zum anderen auf die Durchführung zweier Modelle die im Rahmen des Sonderprogramms „Chancen und Anreize zur Aufnahme sozialversicherungspflichtiger Tätigkeiten“ durchgeführt wurden. Das Mainzer-Modell und das SGI Modell der Saar Gemeinschaftsinitiative. Als theoretischer Alternativvorschlag soll der Ansatz von Prof. Dr. Fritz Scharpf betrachtet werden Um die Effizienz der deutschen Modelle besser beurteilen zu können, folgt daran anschließend noch ein Ländervergleich mit Dänemark und den USA.

2 Theoretische Erläuterungen

In diesem Abschnitt sollen die Begriffe Lohnsubvention, negative Einkommenssteuer und Sozialhilfefalle definiert und kurz erläutert werden. Die Kenntnis dieser Begriffe dient dem besseren Verständnis der folgenden Beschäftigungsförderungsmodelle.

2.1 Sozialhilfefalle

Die sogenannte Sozialhilfe- oder auch Armutsfalle entsteht durch einen zu geringen Abstand zwischen Hilfsleistungen durch den Staat und den Nettoeinkommen in unteren Tarifgruppen. In Deutschland werden Er- werbseinkommen von Sozialhilfeempfängern in annähernd voller Höhe auf die Hilfsleistung angerechnet. Dadurch entsteht ein Quasigrenzsteuersatz von über 80%, was bedingt, dass sich das verfügbare Einkommen bei Aufnahme von Arbeit nur unwesentlich erhöht. Aus mikroökonomischer Sicht würde sich eine Arbeitsaufnahme für den Sozialhilfeempfänger somit nicht lohnen, da der Reduktion von Freizeit eine zu geringe Einkommens- erhöhung entgegensteht.1

Betrachtet man das einfache Arbeits-Freizeit-Entscheidungsmodell würde sich die Situation folgendermaßen darstellen:

Das Individuum wäre bei entsprechender Indifferenzkurve und gegebenem Sozialhilfeniveau indifferent zwischen der Aufnahme von Arbeit und weiterem Bezug der Hilfeleistung. Bei dieser neoklassischen Sicht wird allerdings von einem nach rein ökonomischen Gesichtspunkten handelndem Individuum ausgegangen. In der Realität spielen viele weitere Faktoren bei der Entscheidung für oder gegen eine Aufnahme von Arbeit eine Rolle. Persönliche Befriedigung oder Sozialstatus bleiben aber beim mikroökonomischen Entscheidungsmodell unberücksichtigt.2

2.2 Negative Einkommensteuer

Ein Instrument, welches diesem Effekt entgegenwirken und neue Arbeits- plätze im Niedriglohnsektor schaffen soll, ist die negative Einkommens- steuer. Die Idee ist die Fortführung der Einkommenssteuer in einen negati- ven Bereich durch Transferzahlungen in das Steuersystem. Alle Personen unter einer bestimmten Einkommensgrenze erhalten Transferleistungen durch den Staat.3

Bei der negativen Einkommenssteuer sind zwei Varianten denkbar. Zum einen ein gleich hoher, einkommensunabhängiger Transferbetrag für alle Personen (Social-dividend-type) und zum anderen die Festlegung eines kritischen Einkommens. Die 2. Variante sieht vor, dass die Differenz zwi- schen festzulegendem kritischem Einkommen und Erwerbseinkommen mit einem ebenfalls festzulegenden Steuersatz belegt und ausgezahlt wird.

Dadurch verringert sich der Kreis der Anspruchsberechtigten auf alle Personen mit einem Einkommen unter der kritischen Einkommensgrenze (Poverty-gap-type).4

Somit wird nur ein Teil des Erwerbseinkommens angerechnet und die Möglichkeit der Sozialhilfefalle ausgeschlossen. Zusätzliche Arbeitsplätze können geschaffen werden, da sie durch geringere Löhne für Unternehmer produktiver werden. Von den Arbeitnehmern werden diese Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich dann auch nachgefragt, weil ihr Konsumlohn durch die Transferleistung steigt.5

2.3 Lohnsubventionen

Lohnsubventionen sind hingegen ein zielgruppengenaueres Instrument und können nach folgenden Gesichtspunkten untergliedert werden.

1. Permanente oder temporäre Lohnsubventionen. Permanente Lohnsub- ventionen stellen eine dauerhafte und temporäre Lohnsubventionen le- diglich eine zeitlich begrenzte Transferleistung dar.
2. Zielgruppenorientierte oder allgemeine Lohnsubventionen. Durch erste- re werden sämtliche Arbeitnehmer gefördert während im zweiten Fall nur bestimmte Arbeitnehmer berücksichtigt werden, um gezielt be- stimmte Berufsgruppen fördern zu können.
3. Pauschale Lohnsubventionen oder Wertsubventionen. Wertsubventio- nen sind abhängig von der Höhe des Einkommens, während Wertsub- ventionen einen konstanten Betrag je Arbeitnehmer darstellen.6

Lohnsubventionen können sowohl an Arbeitnehmer als auch an Arbeitge- ber gerichtet sein. „Lohnsubventionen an Arbeitnehmer sind immer dann ein wirkungsvolles beschäftigungspolitisches Instrument, wenn die Ar- beitslosigkeit in hohen Anspruchslöhnen der Arbeitnehmer begründet ist. Durch derartige Lohnsubventionen können die Arbeitnehmer veranlasst werden, ihre Arbeitsangebote bei geringeren Marktlöhnen aufrecht zu er- halten. Sind hohe Mindestlöhne hingegen Grund der unzureichenden Be- schäftigung, so sind Lohnsubventionen an Arbeitnehmer nicht empfeh- lenswert, weil sie die bestehende Arbeitslosigkeit eher verschärfen.“7

Für diese Arbeit von Interesse erscheint des weiteren die Erkenntnis, dass durch temporäre Lohnsubventionen Unternehmer lediglich dazu veranlasst werden, bereits getroffene Einstellungsentscheidungen vorzuziehen um von den Subventionen zu profitieren. Eine langfristige Mehrnachfrage an Arbeitskräften kann durch die permanente Lohnsubvention nicht erreicht werden.8

Nach diesen einführenden begrifflichen Definitionen kommen wir nun zunächst zu den Ursachen der Arbeitslosigkeit.

3 Ursachen der Arbeitslosigkeit und Beschäftigungspotentiale

Der Arbeitsmarkt aller westlichen Industrienationen befindet sich im Wan- del. Die Beschäftigung im produzierenden Gewerbe und in Großbetrieben geht stark zurück, während neue Arbeitsplätze vor allem im Dienstlei- stungssektor entstehen.9Diese Veränderung ist hauptsächlich im weltweiten Wettbewerb, dem der Industriesektor ausgesetzt ist, begründet. Der Kostenvorteil der „Billigproduktionsländer“ (Asien, Osteuropa) durch geringere Umwelt-, Sozial-, und Lohnkosten kann im Hochlohnland Deutschland nur teilweise durch Automatisierung und Rationalisierung kompensiert werden. Ein dramatischer Arbeitsplatzabbau besonders im Beschäfti- gungsbereich für Geringqualifizierte ist die logische Folge.

Dies ist für Deutschland von besonderer Bedeutung, da es historisch bedingt als ein Staat der „Überindustrialisierung“ gilt.10Das impliziert, dass ein Grossteil der Erwerbspersonen im Industriesektor beschäftigt sind bzw. waren. Besonders „im produzierenden Gewerbe führten die konjunkturellen und strukturellen Einbrüche Anfang der 90er Jahre in Ost- und West- deutschland zu einem dramatischen Arbeitsplatzabbau.“11

Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass in Deutschland der Anteil des Erwerbspersonenpotentials, welches im industriellen Bereich tätig ist, nur gering über dem Japans oder Schwedens liegt. Betrachtet man dagegen den Anteil der Beschäftigten im Dienstleistungssektor wird ein hohes Defizit beim Ländervergleich sichtbar.12

Somit liegen die Beschäftigungspotentiale Deutschlands für die Zukunft eindeutig im Bereich der Dienstleistungen. Diesen Trend bestätigt auch das IAB in seiner Prognose für die Arbeitslandschaft 2010: „Höhere Be- schäftigungsanteile der Dienstleistungsbranchen, insbesondere bei den sekundären Dienstleistungen. Starker Rückgang bei allen produktionsori- entierten Tätigkeiten.“13

Das bedeutet aber nicht, das die Dienstleistungsbranche nicht der Auto- matisierung unterworfen wäre. Auch hier werden wenig produktive Arbeits- plätze wegrationalisiert. Man denke nur an Selbstbedienungsbereiche in Restaurants, Geld- oder Fahrscheinautomaten. Daher ist es wichtig Ni- schen zu finden und zu fördern, in denen geringqualifizierte Arbeitnehmer sinnvolle Beschäftigung finden können. Das gilt im besondern für nicht technisierbare Tätigkeiten im personennahen Dienstleistungssektor. Diese Tätigkeiten können sein: Haushaltsarbeiten, Gartenarbeiten, Kinderbetreu- ung, Parkhausbewachung, Altenpflege etc. In einem Hochlohnland wie Deutschland sind diese Dienstleistungen für den „Otto-Normal- Verbraucher“ allerdings kaum bezahlbar, da personalintensiv und somit teuer und wenig produktiv.14

Entscheidend für die Zukunft wird somit sein, ob es gelingt genügend Arbeitsplätze trotz geringer Produktivität entstehen zu lassen. Sei es durch Senkung der Lohnnebenkosten, Schaffung eines Niedriglohnsektors oder Produktsubventionen.

Kommen wir also zu den deutschen Bemühungen dieses Thema betref- fend.

4 AN- und AG-Zuschüsse im Rahmen der Hilfe zur Arbeit

Die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberzuschüsse im Rahmen der Hilfe zur Ar- beit sind im Bundessozialhilfegesetzt (BSGH) in den Paragraphen 18 bis 20 verankert und werden seit ihrer Einführung im Zuge der Sozialhilfe- Reform von 1996 auch in Anspruch genommen. Das Prinzip dieser För- dermaßnahmen soll anhand von Auszügen kurz dargestellt werden. Eine ausführliche Erläuterung der Paragraphen würde den Rahmen dieser Ar- beit sprengen und kann unter www.bma.de nachgelesen werden.

[...]


1Sesselmeier, Werner: Einkommenstransfers gegen persistente Arbeitslosigkeit, http://www.fes.de/fulltext/asfo/00225003.htm#E11E3, S29

2Sesselmeier, Werner: Einkommenstransfers als Instrumente der Beschäftigungspolitik, Rürup, Bert (Hrsg.): Sozialökonomische Schriften 12, Europäischer Verlag der Wissenschaften, 1997, S.50

3Sesselmeier, Werner: Einkommenstransfers als Instrumente der Beschäftigungspolitik, Rürup, Bert (Hrsg.): Sozialökonomische Schriften 12, Europäischer Verlag der Wissenschaften, 1997, S.47

4Sesselmeier, Werner: Einkommenstransfers als Instrumente der Beschäftigungspolitik, Rürup, Bert (Hrsg.): Sozialökonomische Schriften 12, Europäischer Verlag der Wissenschaften, 1997,S.50-57

5 Sesselmeier, Werner: Einkommenstransfers gegen persistente Arbeitslosigkeit, http://www.fes.de/fulltext/asfo/00225003.htm#E11E3, S.31

6Sesselmeier, Werner: Einkommenstransfers gegen persistente Arbeitslosigkeit, http://www.fes.de/fulltext/asfo/00225003.htm#E11E3, S32

7Sesselmeier, Werner: Einkommenstransfers als Instrumente der Beschäftigungspolitik, Rürup, Bert (Hrsg.): Sozialökonomische Schriften 12, Europäischer Verlag der Wissenschaften, 1997, S.75

8 Sesselmeier, Werner: Einkommenstransfers als Instrumente der Beschäftigungspolitik, Rürup, Bert (Hrsg.): Sozialökonomische Schriften 12, Europäischer Verlag der Wissenschaften, 1997, S.59

9Walwei, Hoffmann: IAB-Bericht: Wandel der Erwerbsformen: Was steckt hinter den Veränderungen?, S.138

10Scharpf, Fritz W.: Subventionierte Niedriglohnbeschäftigung statt bezahlter Arbeitslosigkeit?; Zeitschrift für Sozialreform 41. Jahrgang, Heft 2, S.65-68

11Engelbrech, Reinberg: IAB Kurzbericht Nr.9/1997,Beschäftigungskrise trifft im Westen vor allem die Männer, im Osten die Frauen, S.1

12Scharpf, Fritz W.: Subventionierte Niedriglohnbeschäftigung statt bezahlter Arbeitslosigkeit?; Zeitschrift für Sozialreform 41. Jahrgang, Heft 2, S.65-68

13 Schnur, Peter: Arbeitslandschaft 2010 Teil 1, IAB Kurzbericht Nr.9/1999, S.1

14 Scharpf, Fritz W.: Subventionierte Niedriglohnbeschäftigung statt bezahlter Arbeitslosigkeit?; Zeitschrift für Sozialreform 41. Jahrgang, Heft 2, S.70

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Möglichkeiten der Beschäftigungsförderung von geringqualifizierten Arbeitnehmern und Langzeitarbeitslosen
Hochschule
Universität Kassel  (Wirtschaftswissenschaften)
Veranstaltung
Probleme und Alternativen der Sozialpolitik
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
26
Katalognummer
V7833
ISBN (eBook)
9783638149600
Dateigröße
529 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Niedriglohnsektor, Mainzer Modell, Hilfe zur Arbeit, SGI Modell, Lohnsubventionen, Negative Einkommensteuer, Sozialhilfefalle
Arbeit zitieren
Claudia Bracht (Autor:in), 2002, Möglichkeiten der Beschäftigungsförderung von geringqualifizierten Arbeitnehmern und Langzeitarbeitslosen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7833

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