Geschichte und Theorie des Monetarismus


Seminararbeit, 2001

23 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einführung und Gang der Untersuchung

2. Begriffliche Kennzeichnung und Entstehung des Monetarismus

3. Hauptthesen der monetaristischen Theorie
3.1 Beschäftigung und Arbeitslosigkeit
3.2 Fiskalpolitik
3.3 Wirkungen von Geldmengenänderungen und Transmissionsprozess

4. Zusammenhang zwischen Monetarismus und Wirtschaftspolitik
4.1 Wirtschaftspolitische Empfehlungen aus der monetaristischen Sichtweise abgeleitet
4.2 Problematische Aspekte der monetaristischen Stabilisierungspolitik

5. Fallbeispiel südliches Lateinamerika

6. Schlussbetrachtung und kritische Würdigung

Literaturverzeichnis

1. Einführung und Gang der Untersuchung

Die vorliegende Arbeit behandelt das Thema „Geschichte und Theorie des Monetarismus“.

Im Verlauf der Untersuchung sollen die fundamentalen Aussagen der monetaristischen Denkweise dargelegt werden basierend auf der ursprünglichen Begründung dieser ökonomischen Ausrichtung, wobei der Bezug zu der oftmals kontrovers erwähnten keynesianischen Theorie weitgehend bei der Analyse der Hauptthesen hergestellt werden soll.

Nach Klärung der grundlegenden Begriffe wird die Entstehung des Monetarismus in Anlehnung an die Quantitätstheorie erläutert. Darauf aufbauend möchte ich die wichtigsten Aussagen und Thesen der Theorie untersuchen, und speziell an dieser Stelle die Unterschiede zur Theorie von Keynes erwähnen. Den Rahmen bilden die Bereiche der Beschäftigungspolitik, Fiskalpolitik und die verschiedenen Wirkungen einer Geldmengenänderung. Im folgenden Teil der vorliegenden Arbeit soll der Zusammenhang zwischen Monetarismus und Wirtschaftspolitik herausgestellt werden. Dazu werden die zumeist aus der monetaristischen Schule abgeleiteten Empfehlungen aufgegriffen, die dann bestimmte wirtschaftspolitische Konsequenzen bewirken. Jedoch soll auch die Problematik und die kritische Betrachtung der monetaristischen Argumentationsweise und Stabilisierungspolitik nicht vernachlässigt werden und wird deshalb an dieser Stelle als Denkanstoß einbezogen. Die Anwendung der Theorie am Beispiel südliches Lateinamerika soll einen Realitätsbezug für den Betrachter herstellen. In einer abschließenden Schlussbetrachtung möchte ich die monetaristische Theorie abrundend kommentieren und würdigen.

2. Begriffliche Kennzeichnung und Entstehung des Monetarismus

Die Lehre des Monetarismus ist insbesondere als Gegenargumentation auf die geldtheoretische Vorstellung des auf den britischen Ökonomen zurückgehenden Keynesianismus entstanden und kann als Erweiterung der Quantitätstheorie verstanden werden, welche die strikte Trennung des geld- und realwirtschaftlichen Sektors aufweicht. Man kann diese Ausrichtung deshalb eher als reine Neo-Quantitätstheorie bezeichnen mit dem Anspruch, eine realistischere Fundierung zu bieten als die Denkweise von Keynes („monetaristische Gegenrevolution“). Die bekanntesten Vertreter der monetaristischen Schule sind Milton Friedman und Karl Brunner[1].

Allerdings ist anzumerken, dass die monetaristische Theorie sich nicht eindeutig auf ein detailliertes Modell herunterbrechen lässt, das man als genau festlegte Stoßrichtung bezeichnen könnte[2].

Die Quantitätstheorie als elementarer Bestandteil des Monetarismus besagt ganz allgemein, dass eine Änderung der Geldmenge sich stark auf die monetäre Entwicklung des Einkommens auswirkt; es kommt zu Preisniveauerhöhungen ohne dauerhafte realwirtschaftliche Folgen. Die keynesianische Theorie dagegen lehnt einen maßgeblichen Einfluss von Geldmengenänderungen auf das Einkommen ab, obwohl dabei die Geldmenge an sich nicht als unwichtig erachtet wird[3].

Der Monetarismus baut auf die Gleichgewichtsidee der Klassik und Neoklassik auf und nimmt eine relative Stabilität des privaten Sektors an, d.h. eine Tendenz zu einer stabilen Gleichgewichtslage der Marktwirtschaft bei flexiblen Preisen, wobei exogene Schocks absorbiert werden. Sofern ein vollständiger Wettbewerb vorliegt, existiert ein zur Vollbeschäftigung tendierender Mechanismus, der zum Gleichgewicht auf allen Gütermärkten führt und durch staatliche Interventionen gestört würde. Keynes hingegen argumentiert gegen die Gleichgewichts- und Harmoniethese und vertritt die Ansicht, Vollbeschäftigung lasse sich nur durch staatliche Eingriffe realisieren. Er glaubt vielmehr, ein marktwirtschaftliches System tendiere zu einem Gleichgewicht bei Unterbeschäftigung[4].

In der ursprünglichen naiven Quantitätstheorie wird ein streng proportionaler Zusammenhang zwischen der Geldmenge und dem Preisniveau angenommen, und es wird postuliert, dass das reale Einkommen unabhängig von monetären Einflüssen bestimmt wird bei einer konstanten und gegebenen Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Die Neoquantitätstheorie dagegen versteht die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes als eine vom Nachfrageverhalten determinierte Größe, abhängig von der gesamten Höhe des Vermögens, bestimmten Präferenzen sowie verschiedenen Ertragsmöglichkeiten. Eine Steuerung der Geldmenge ist möglich und erlaubt eine Beeinflussung des Einkommens[5]. Man kann diesen Effekt als Dominanz des Impulses monetärer Einflussfaktoren auf das nominelle Einkommen bezeichnen[6].

Es lässt sich zunächst festhalten, dass die Marktwirtschaft gemäß dem monetaristischen Standpunkt stabil ist und sich bei konjunkturellen Schwankungen selbst helfen kann. Eventuelle Schocks werden aufgefangen, und Interferenzen werden durch die sogenannte „unsichtbare Hand“ wieder ausgeglichen[7].

Auf die genannten und die weiteren Hauptaussagen und Thesen der Theorie wird im nächsten Gliederungspunkt näher eingegangen.

3. Hauptthesen der monetaristischen Theorie

3.1 Beschäftigung und Arbeitslosigkeit

Wie bereits erwähnt sprechen die Vertreter des Monetarismus von einem sich selbst regulierenden Markt, der im Idealfall zu einer Situation der Vollbeschäftigung führt. Wie auch die Keynesianer streben sie ein hohes Beschäftigungsniveau als wünschenswerten Zustand an. Jedoch wird das Beschäftigungsziel in beiden Schulen völlig anders behandelt. Keynes sieht in der Arbeitslosigkeit eine zumeist unfreiwillige Situation, die durch eine Expansion der Nachfrage und eine Senkung des Reallohnniveaus hätte abgeschwächt werden können. Dies ist seiner Auffassung nach mit Hilfe der entsprechenden Stabilisierungspolitik möglich[8]. Die von ihm vertretene Tendenz zur Unterbeschäftigung resultiert seiner Meinung nach fundamental aus dem nicht vorhandenen Realitätsgehalt des „Sayschen Theorems“, was den Grundgedanken der Monetaristen widerspiegelt, dass das Angebot sich immer wieder seine Nachfrage im Markt schafft[9].

Die Monetaristen streiten nicht ab, dass das Ausmaß der Arbeitslosigkeit durch Stabilisierungspolitik verändert werden kann, betonen aber, dass ab einem bestimmten Punkt nur noch vorübergehende Effekte erwirkt werden können. In der Theorie des Monetarismus wird ein „natürliches Unterbeschäftigungsniveau“ entsprechend des jeweiligen Wirtschaftssystems mit seiner aktuellen Strukturbeschaffenheit und des Arbeitsmarktes bei einem gleichgewichtigen Reallohnniveau angenommen. Diese natürliche Unterbeschäftigung muss nicht mit der Rate der Unterbeschäftigung bei der Zielverfolgung der Vollbeschäftigung in Konflikt geraten. Soll der vorhandene Grad der Unterbeschäftigung bis auf den natürlichen Level gesenkt werden, besteht keine Diskrepanz zwischen Keynesianern und Monetaristen. Soll aber durch Stabilisierungspolitik die Unterbeschäftigung über den natürlichen Grad hinaus bis hin zum keynesianischen Vollbeschäftigungsniveau reduziert werden, ist dies nach monetaristischer Argumentation nur vorübergehend von Erfolg begleitet. Und zwar nur solange, wie die Inflationserwartungen der Nachfrager- und Anbieterseite sich unterscheiden. Das Niveau der natürlichen Unterbeschäftigung wird sich demnach wieder einstellen, wenn keine immer öfter erneuerte Inflationspolitik betrieben wird. So plädieren die Keynesianer bei starker Unterbeschäftigung für eine massive Stabilisierungspolitik, und die Monetaristen sehen bei relativ geringen Schwankungen des Unterbeschäftigungsgrades keinen Sinn in dieser Strategie, da sie an eine Wiedereinstellung des natürlichen Niveaus durch den Markt glauben und ein Eingriff diesen Prozess nur gegenteilig beeinflussen würde[10].

Die monetaristische Schule schlägt also anstelle der Stabilisierungspolitik hinsichtlich des Beschäftigungsziels eher eine angemessene Strukturpolitik des Staates vor, um Einfluss auf das natürliche Unterbeschäftigungsniveau auszuüben[11].

Zum Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation bestehen gleichfalls kontroverse Standpunkte der beiden Ökonomien. Keynes untermauert mit der „Phillipskurve“ eine inflationsorientierte Wirtschaftspolitik, wobei nach A.W. Phillips[12] ein Trade-Off zwischen der Arbeitslosigkeit und der Inflation herrscht in dem Sinne, dass die Arbeitslosigkeit umso kleiner ist, je größer die Inflation ist, und umgekehrt. Durch diese einfache Alternativenkonstellation lässt sich der erwünschte Grad an Arbeitslosigkeit und die damit einhergehende Inflation oder der wünschenswerte Inflationslevel und die damit verbundene Arbeitslosigkeit bestimmen. So wurde die Phillipskurve zu einem beliebten Instrument der Wirtschaftspolitik, beispielsweise bei inflationärer Politik. Es wurde abgeleitet, dass mit steigenden Preisen die Beschäftigung steigen würde, und vielfach wurde in der Politik die Meinung vertreten, eine gewisse Inflation sei positiv für die Wirtschaft und die Beschäftigung. Die Monetaristen analysierten diese Hypothese und stellten empirisch fest, dass lediglich kurzfristig, nämlich innerhalb von zwei Jahren durch eine höhere Inflationsrate eine geringere Arbeitslosigkeit erwirkt werden kann, aber auf lange Sicht mit der Inflation auch die Arbeitslosigkeit ansteigt. Zudem wiesen der Monetarist Karl Brunner wie auch andere nach, dass bei dem Kalkül der Phillipskurve etwaige Antizipationen und die Anpassungsfähigkeit der Wirtschaftssubjekte vernachlässigt werden. Die Situation auf dem Kreditmarkt wird beeinträchtigt, Verträge und Zinsen könnten sich ändern[13].

Milton Friedman interpretierte die Philippskurve in einer Form, die den statistischen Zusammenhang nicht außer Acht lässt, aber auch die realwirtschaftliche Neutralität des Geldes nicht vernachlässigt: Er unterscheidet zwischen einer kurzfristigen Kurve, die dem von Phillips beschriebenen Trade-Off entspricht, und einer langfristigen Kurve, die er „natural rate of unemployment“ nennt und die auf die jeweiligen realwirtschaftlichen Strukturbedingungen zurückzuführen ist[14].

Gemäß den Monetaristen ist nur eine vorübergehende Beeinträchtigung von Produktion und Beschäftigung möglich, nämlich durch den Transmissionsmechanismus des Geldes und damit eine neue Interpretation des Phillips-Zusammenhangs, auf den später noch gesondert eingegangen wird. Man kann also kurzfristig eine geringere Arbeitslosigkeit durch mehr Inflation bewirken, was aber mehr Inflation und höhere Arbeitslosigkeit in der Zukunft hervorruft[15].

[...]


[1] Vgl. Dr. John, Klaus-Dieter: Monetarismus, auf URL: http://www.gabler.de/wilex/daten/304.htm,

2001, Zugriff am 03.09.2001, S. 1.

[2] Vgl. Teigen, R.L.: The Evolution of Monetarism, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft,

Band 137, 1981, S.1f.

[3] Vgl. Mayer, Thomas: Die Struktur des Monetarismus, in: Ehrlicher, Werner/Becker, Wolf-Dieter

(Hrsg.): Kredit und Kapital – Die Monetarismus-Kontroverse, Heft 4, Berlin 1978, S. 13.

[4] Vgl. Zinn, Karl Georg: Makroökonomie, Einführung in die Einkommens- und Beschäftigungstheorie,

7. Auflage, Aachen 1998, S. 23-25.

[5] Vgl. Dr. John: Monetarismus, a.a.O., S. 1.

[6] Vgl. Frisch, Helmut: Monetarismus oder monetäre Ökonomie, in: Ehrlicher, Werner/Becker, Wolf-

Dieter (Hrsg.): Kredit und Kapital – Die Monetarismus-Kontroverse, Heft 4, Berlin 1978, S. 203.

[7] Vgl. Mühlfenzl, Isabel: Vom Monetarismus zur angebotsorientierten Wirtschaftspolitik, in: Hampe,

Peter (Hrsg.): Friedman contra Keynes, Zur Kontroverse über die Konjunktur- und

Beschäftigungspolitik, München 1984, S. 13f.

[8] Vgl. Felderer, Bernhard/Homburg, Stefan: Makroökonomik und neue Makroökonomik, Berlin 1994,

S. 98ff.

[9] Vgl. Mussel, Gerhard/Pätzold, Jürgen: Grundfragen der Wirtschaftspolitik, München 1998, S. 12.

[10] Vgl. Baßeler, Ulrich/Heinrich, Jürgen/Koch, Walter: Grundlagen und Probleme der Wirtschaftspolitik,

Köln 1995, S. 387.

[11] Vgl. Neumann, Manfred J.M./Schröder, Wolfgang: Aspekte monetaristischer Theorie, in:

Konjunkturpolitik, Zeitschrift für angewandte Konjunkturforschung, begründet von Albert Wissler,

21. Jg., Berlin 1975, S. 38f.

[12] Vgl. Phillips, A.W.H.: The Relation between Unemployment and the Rate of Change of Money Wage

Rates in the United Kingdom 1861-1957, in: Economica, 11/1958, S. 282-299.

[13] Vgl. Mühlfenzl: Vom Monetarismus zur angebotsorientierten Wirtschaftspolitik, a.a.O., S. 17-20.

[14] Vgl. Friedman, Milton: The Role of Monetary Policy: 1967 Presidential Address of the American

Economic Association, in: American Economic Review, 03/1968, S. 1-17.

[15] Vgl. Mühlfenzl: Vom Monetarismus zur angebotsorientierten Wirtschaftspolitik, a.a.O., S. 17-20.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Geschichte und Theorie des Monetarismus
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (VWL)
Note
2,7
Autor
Jahr
2001
Seiten
23
Katalognummer
V7838
ISBN (eBook)
9783638149655
Dateigröße
454 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geschichte, Theorie, Monetarismus
Arbeit zitieren
Kathrin Alt (Autor:in), 2001, Geschichte und Theorie des Monetarismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7838

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