In Italien wurde 1994 mit Silvio Berlusconi ein Mann Ministerpräsident, der alles andere als ein erfahrener Politiker war. Weder war er seit einigen Jahren aktiv in der Regierung oder in der Opposition aktiv, noch war er langjähriges Mitglied einer Partei. Die typischen Merkmale der meisten westeuropäischen Regierungschefs waren bei ihm nicht zu finden. Im Gegenteil. Ihm gelang es in nur kurzer Zeit eine Partei zu gründen, effektiven Wahlkampf zu führen und bereits nach der ersten Beteiligung an nationalen Parlamentswahlen sich als Ministerpräsident eines der größten und wichtigsten Staaten Europas wählen zu lassen. Dieser schnelle Erfolg ließ viele europäische Staaten besorgt Richtung Rom blicken, einige Intellektuelle "verfielen in Endzeitstimmung". War Italien vielleicht nur der Anfang und würde sich diese Art der "medialen Machtergreifung", wie Stefan Wallisch sie nennt, über ganz Europa ausbreiten können?
Diese Arbeit möchte sich primär mit den Hintergründen der ungewöhnlichen Vorgänge Anfang der 90er Jahre auseinandersetzen. Wie ist es möglich, dass ein zwar ohne Frage mächtiger Unternehmer, Chef eines riesigen Medienimperiums, seine Macht scheinbar so unproblematisch auch auf die Politik ausdehnen konnte?
Diese Arbeit wird ihren Schwerpunkt dabei nicht auf die Person Berlusconi oder sein Wirtschaftsimperium legen. Auch die Art seines Wahlkampfes wird nur am Rande erwähnt werden. Vielmehr wird primär versucht, die speziellen gesellschaftspolitischen Voraussetzungen herauszuarbeiten, die den Erfolg dieser schillernden Persönlichkeit erst möglich machten.
Der erste Teil der Arbeit wird sich mit den Ereignissen in Italien während der 80er und Anfang der 90er Jahre auseinandersetzen. Welche Entwicklungen haben dazu beigetragen, dass Italien 1992 in eine solch tiefe, umwälzende innenpolitische Krise kam? Was für Schwächen hatte das politische System Italiens und wie kamen sie zustande? Aufgrund der Komplexität der Ereignisse in den 80er Jahren sei schon hier darauf hingewiesen, dass sich die Arbeit darauf beschränkt, Strukturen zu beschreiben und einige Hintergründe anzusprechen. Eine detaillierte Analyse der Ereignisse würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Die Vorgeschichte der Krise – ein zementiertes Regierungssystem
- Das Wahlrechts-Referendum 1991
- Die Wahlen vom April 1992 und „Mani pulite“
- Der Eintritt Berlusconis in die Politik und sein Wahlerfolg 1994
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit den Hintergründen der ungewöhnlichen Vorgänge in Italien Anfang der 90er Jahre, die zum Aufstieg von Silvio Berlusconi zum Ministerpräsidenten führten. Sie analysiert die gesellschaftspolitischen Voraussetzungen, die Berlusconis Erfolg ermöglichten und untersucht, wie ein mächtiger Unternehmer seine Macht auf die Politik übertragen konnte.
- Die politische und gesellschaftliche Krise Italiens in den 80er und frühen 90er Jahren
- Die Schwächen des italienischen politischen Systems und die Ursachen dafür
- Die Bedeutung des Wahlrechts-Referendums 1991 für den Aufstieg Berlusconis
- Die „Mani pulite“-Ermittlungen und ihre Auswirkungen auf die etablierten Parteien
- Die Rolle von Berlusconis Medienimperium und seine Strategie des Wahlkampfs
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit vor und beleuchtet die ungewöhnliche Karriere Silvio Berlusconis vom Unternehmer zum Ministerpräsidenten. Sie verweist auf die Besorgnis in Europa angesichts Berlusconis Aufstieg und untersucht die Frage, wie er seine Macht so unproblematisch auf die Politik ausdehnen konnte.
Hauptteil
Die Vorgeschichte der Krise – ein zementiertes Regierungssystem
Dieses Kapitel beleuchtet die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Italien während der 80er Jahre, die zu einer tiefen innenpolitischen Krise führten. Es untersucht die Schwächen des politischen Systems und die Hintergründe ihrer Entstehung. Dabei wird der Fokus auf die Beziehungen zwischen der Christdemokratischen Partei (DC) und der Kommunistischen Partei (PCI) sowie die Koalitionsbildungen der „Linken-Mitte“ gelegt.
Das Wahlrechts-Referendum 1991
Dieses Kapitel analysiert die Wahlrechtsreform von 1991, die als Angriff auf die etablierten Parteien gesehen wird. Es untersucht die Hintergründe der Reform, die Hauptakteure und ihre Motive.
Die Wahlen vom April 1992 und „Mani pulite“
Dieses Kapitel analysiert die Wahlen von 1992, die in der Literatur oft als „politisches Erdbeben“ bezeichnet werden. Es untersucht den Zusammenbruch der etablierten Parteien und das Entstehen eines Vakuums in der politischen Mitte. Zudem werden die zeitgleich anlaufenden Ermittlungen der Mailänder Staatsanwälte unter dem Namen „Mani pulite“ beleuchtet.
Der Eintritt Berlusconis in die Politik und sein Wahlerfolg 1994
Dieses Kapitel gibt einen kurzen Überblick über den Eintritt Berlusconis in die Politik. Es untersucht seine politische Aktivität vor 1994 und beleuchtet seine Machtteilung im Jahr 1994.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem politischen Wandel in Italien im Zeitraum 1979-1994. Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Silvio Berlusconi, politische Krise, Wahlrechtsreform, „Mani pulite“, Christdemokratische Partei (DC), Kommunistische Partei (PCI), Medienmacht, gesellschaftspolitische Voraussetzungen, Aufstieg einer neuen politischen Klasse.
- Arbeit zitieren
- Malte Dress (Autor:in), 2002, Italiens Weg zur Zweiten Republik , 1979-1994, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7843