Gründe, Durchsetzung und Folgen der Erfindung des Buchdrucks

Eine Unterrichtseinheit für den Sachunterricht unter besonderer Berücksichtigung des Lernens an Stationen


Examensarbeit, 2004

94 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Sachanalyse der schwarzen Kunst
2.1 Schreiben und Drucken vor Gutenberg
2.1.1 Die Entwicklung in Asien
2.1.2 Die Entwicklung in (Mittel-)Europa
2.1.3 Klösterliche Schreibstuben und weltliche Schreibwerkstätten
2.1.4 Holzschnitt und Blockbuch
2.1.5 Kupferstiche
2.2 Gutenberg und seine Erfindung
2.2.1 Gutenbergs Jugend
2.2.2 Gutenberg in Straßburg
2.2.3 Gutenberg zurück in Mainz
2.2.4 Seine Erfindung
2.3 Ausbreitung und Folgen des Buchdrucks
2.3.1 Warum Johannes Gutenberg, warum zu dieser Zeit?
2.3.2 Ausbreitung und Entwicklung des Buchdrucks in der Inkunabelzeit
2.3.3 Kirchliche Zensur und Reformation
2.3.4 Weitere Nutznießer und Anwendungsgebiete der Buchdruckerkunst
2.3.5 Die (technische) Entwicklung bis heute

3. Historisches Lernen in der Grundschule
3.1 Förderung des Geschichtsbewusstseins in der Schule
3.2 Voraussetzungen für das historische Lernen in der Grundschule
3.3 Lernen durch Entdecken
3.4 Didaktische Aspekte der Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftsbezüge im Geschichtsunterricht
3.5 Die Auswahl von Lerninhalten

4. Lernen an Stationen
4.1 Definition
4.2 Merkmale des Stationenlernens
4.3 Die Unterrichtsphasen des Stationenlernens
4.4 Organisation von Stationenarbeit
4.5 Arbeitsaufträge und Gestaltung der Stationen
4.6 Der Laufzettel
4.7 Unterschiedliche Arten von Stationenlernen
4.8 Chancen und Grenzen der Stationenarbeit

5. Didaktische Reduktion und Schwerpunktsetzung
5.1 Station: Schreiben wie im Mittelalter
5.2 Station: Kartoffeldruck
5.3 Station: Gutenberg – Der Erfinder des Buchdruckes
5.4 Station: Die schwarze Kunst
5.5 Station: Ein Buch entsteht
5.6 Zusatzstation: Brettspiel

6. Materialauswahl und Aufbereitung der Materialien
6.1 Station: Schreiben wie im Mittelalter
6.2 Station: Kartoffeldruck
6.3 Station: Gutenberg – Der Erfinder des Buchdrucks
6.4 Station: Die schwarze Kunst
6.5 Station: Ein Buch entsteht
6.6 Zusatzstation: Brettspiel

7. Präsentation der Ergebnisse

8. Schlussbetrachtung

Quellennachweis der Abbildungen

Literaturverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

Zu 18 Millionen bereits archivierten Büchern[1] kommen jährlich noch 180.000 Exemplare (jeweils 2 der rund 90.000 deutschen Veröffentlichungen)[2] zu der Sammlung der Deutschen Bibliothek in Frankfurt und Leipzig hinzu.

Einer Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes vom 05. Oktober dieses Jahres zufolge geben die deutschen Haushalte im Durchschnitt 12 Euro monatlich für Bücher (Zeitschriften und Zeitungen sind hier nicht berücksichtigt) aus.

Diese Zahlen belegen, dass Bücher heute etwas Alltägliches sind. Kaum jemand macht sich beim Kauf eines Buches noch Gedanken darüber, wie es wohl hergestellt wurde, oder empfindet den Anblick der gedruckten Buchstaben als etwas Außergewöhnliches; Bücher sind für uns in unserer heutigen Zeit etwas Normales. Das war aber nicht immer so. Bis zur Erfindung des Buchdrucks mit Hilfe beweglicher Bleilettern wurden Bücher von Hand geschrieben und anschließend sehr aufwändig verziert. Dies und die Tatsache, dass sie fast ausschließlich in lateinischer Sprache geschrieben wurden, machten Bücher über Jahrhunderte hinweg zu einem äußerst kostbaren Gut.

Mit diesem Thema beschäftigt sich der erste Teil (Kapitel 2) dieser Examensarbeit. Hierin wird beschrieben, wie Bücher vor der Erfindung Johannes Gutenbergs hergestellt wurden und mit welchen Techniken schon viele Jahre früher einzelne Text- und Bildseiten gedruckt werden konnten. Die Kunst des Buchdrucks ist untrennbar mit ihrem Erfinder Johannes Gutenberg verbunden, daher ist ein großer Teil der Sachanalyse seinem Leben und seiner Erfindung gewidmet. Im weiteren Verlauf wird dargestellt, welche Auswirkungen diese Erfindung auf die damalige Zeit hatte, wie sie beispielsweise die kirchliche Reformation durch Martin Luther und die weitere Entwicklung und Ausbreitung der Wissenschaften unterstützt hat. Gleichfalls wird die durch die einsetzende Industrialisierung bedingte technische Weiterentwicklung des Druckhandwerks bis zur - in der Mitte des 20. Jahrhunderts stattgefundenen - Abkehr von Druckerschwärze und Bleilettern dargestellt.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Theorie des historischen Lernens in der Grundschule, das heißt mit der Frage, ob Geschichtsunterricht in der Grundschule möglich und sinnvoll ist. Die sich daraus ergebenden Anforderungen und Möglichkeiten für den Unterricht bilden den Abschluss dieses Kapitels.

Im darauf folgenden Teil wird eine Art des offenen Unterrichts, das Lernen an Stationen, ausführlich betrachtet. Diese noch relativ junge Form des Unterrichts birgt - neben wenigen Nachteilen - viele Vorteile für die Schüler und auch für den Lehrer. Dabei werden die wesentlichen Punkte (insbesondere die Auswahl der Arbeitsmaterialien, der Ablaufplanung und der Nachbearbeitung), die für einen erfolgreichen Verlauf einer so gestalteten Unterrichtseinheit zu beachten sind, beschrieben.

In den anschließenden drei Kapiteln wird die didaktische Umsetzung der Geschichte der Buchdruckerkunst (Erfindung, Ausbreitung und Folgen) anhand einer selbst entworfenen Unterrichtseinheit für den Sachunterricht (für eine 4. Klasse), unter Berücksichtigung der in den Kapiteln 3 und 4 beschriebenen Theorien, dargelegt. Für fünf Stationen plus eine Zusatzstation wurden Arbeitsblätter und –aufträge konzipiert, anhand welcher die Schüler das Thema „Die Geschichte des Buchdrucks“ in der offenen Unterrichtsform Lernen an Stationen vermittelt bekommen sollen. Während sich das 5. Kapitel mit den konkreten didaktischen Mitteln und den verfolgten Lernzielen befasst, werden im 6. Kapitel die für die Stationen benötigten Arbeitsmaterialien beschrieben. Schließlich wird im 7. Kapitel dargelegt, in welcher Form die Ergebnisse der durchgeführten Stationsarbeiten gesichert und präsentiert werden können.

Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit habe ich mich bei der Beschreibung von Personen auf die männliche Form beschränkt. Selbstverständlich sind hier aber auch Schülerinnen und Lehrerinnen inbegriffen.

2. Sachanalyse der schwarzen Kunst

Die verfluchten Erfindungen unseres Jahrhunderts sind es, die alles zugrunde richten, die Kanonen, die Feldschlangen, die Mörser und vor allem die Buchdruckerkunst, diese zweite Pest aus Deutschland. Keine Handschriften, keine Bücher mehr! Die Druckerei tötet den Buchhandel. Der Weltuntergang steht uns bevor.

Meister Andry Musnier, Vereidigter Buchhändler der Universität Paris, 06. Januar 1482[3]

Dieses Zitat stammt zwar aus einem Roman, doch mag es zu jener Zeit tatsächlich Menschen gegeben haben, die so über die neue Kunst, die so genannte „schwarze Kunst“, gedacht haben. Denn die 1450 von Johannes Gutenberg in Mainz erfundene Buchdruckkunst mit beweglichen und wieder verwendbaren Schriftzeichen – Typen – setzte eine Revolution in Gang, deren Auswirkungen und Folgen bis in unsere heutige, moderne Kommunikationsgesellschaft reichen.

Diese Erfindung sollte die weitere Entwicklung der Wissenschaften, die Ausbreitung des Schulwesens, die Reformation der Kirche überhaupt erst ermöglichen.

2.1 Schreiben und Drucken vor Gutenberg

Seit Anbeginn der Zeit versucht der Mensch Erlebnisse und Beobachtungen für sich und seinesgleichen zu dokumentieren. Waren es anfangs noch – aus unserem heutigen Blickwinkel – einfache Höhlenmalereien oder andere primitive Zeichnungen auf Stein oder Hölzern, entwickelten sich vor ca. 5.000 Jahren die ersten Schriften.

2.1.1 Die Entwicklung in Asien

Wesentlich früher als in Europa war in China die Vervielfältigung von Texten mittels Drucken erfunden worden. Bereits seit dem Jahr 175 n.Chr. wurden in China Abklatsche erstellt, indem man angefeuchtetes Papier auf in Steinplatten geschnittene Texte drückte. Dadurch blieben beim anschließenden Einfärben und Bürsten des Papiers mit Tusche die herausstehenden Schriftzeichen weiß. Diese Technik wurde bis ca. ins 7. Jahrhundert, bis zur Erfindung des Holztafeldrucks (s. 2.1.3.), angewandt. In den Jahren zwischen 960 und 1269 (Song-Dynastie) hatte der Holztafeldruck seine Blütezeit, in diesen Jahren entstanden umfangreiche Drucke von Nachschlagewerken und Literatursammlungen.[4] Mitte des 11. Jahrhunderts (1040) begann man in China das Drucken mit einzelnen, beweglichen Druckzeichen aus Ton und Keramik.

Ungefähr 300 Jahre später war es dann, zunächst durch Verwendung von Holz-, später dann mit Kupfer-, Blei- oder Messingschriftzeichen möglich, einheitliche Text-Formen zu bilden. Dass sich das Drucken mit beweglichen Buchstaben in China auch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nicht durchsetzen konnte, hängt mit der Masse an unterschiedlichen Schriftzeichen (über 100.000) zusammen, die dort existieren.

Anders war dies in Korea, hier wurde im Jahr 1444 das Hangul-Alphabet eingeführt, dieses umfasste zunächst 28 und später nur noch 24 Buchstaben. Aber bereits vorher wurde in Korea das Drucken mit beweglichen Einzelbuchstaben praktiziert: 1377 wurde in der koreanischen Stadt Cheongju das „Buljo jikji simche yojeol“, eine Anthologie der Zen-Lehre, gedruckt. Dieses 73 Jahre vor der Gutenberg-Bibel gedruckte Buch ist damit das älteste Exempel für die Buchdruckkunst. Genau wie die Göttinger Gutenberg-Bibel hat es die Unesco in ihr Register des Weltdokumentenerbes „Memory of the world“ aufgenommen.[5]

2.1.2 Die Entwicklung in (Mittel-)Europa

In Europa war es seit der Spätantike überwiegend den Angehörigen der Kirche vorbehalten, schreiben und lesen zu lernen; es gab nur wenige Ausnahmen, die sich allesamt auf die gehobenen Gesellschaftsschichten und den Adel begrenzten.[6] Diese Eingrenzung hatte unter anderem als Ursache, dass als Schreibunterlage teures Pergament, welches aus Tierhäuten hergestellt wurde, diente.

Obwohl Papier bereits im 2. Jahrhundert n.Chr. in China erfunden wurde, dauerte es noch gut eintausend Jahre, bis es den Weg zunächst über die Seidenstraße bis nach Vorderasien und dann durch die einsetzende Verbreitung des Islam bis nach Europa fand. Italien und Spanien waren die ersten europäischen Länder, in welchen im 12. und 13. Jahrhundert Papier hergestellt wurde.[7] In Deutschland entstand die erste Papiermühle (von Ulman Stromer) um 1390 in der Nähe von Nürnberg. Papier wurde anfangs aus Lumpen und Stoffresten, die in Wasser eingeweicht und verfilzt wurden, hergestellt. Zunächst war die Qualität des im deutschsprachigen Raum fabrizierten Papiers nicht vergleichbar mit der des italienischen Papiers.

Durch die Tatsache, dass Papier (trotz etwaiger Importkosten aus Südeuropa) um ein Vielfaches günstiger war als Pergament, wurde die Form der schriftlichen Verständigung in Gesellschaftsbereichen außerhalb der Kirche oder des hohen Adels wesentlich vereinfacht. Waren es bis zu diesem Zeitpunkt überwiegend kirchliche Texte und Bücher, die in mühsamer Arbeit und lateinischer Sprache erstellt wurden, so wurden im Laufe der nächsten zwei Jahrhunderte, unterstützt durch die zunehmende Bevölkerung und die damit verbundene Reformation im Erziehungs- und Bildungswesen, immer mehr Texte und vor allem Schulbücher in den Landessprachen hergestellt.

Kaufleuten war es jetzt möglich, bei jeglichen Geschäften Angebote und Rechnungen zu schreiben; in städtischen, kirchlichen und anderen Verwaltungen begann man nun Buch über die Abläufe der internen und externen Geschäfte zu führen.

Durch diese zunehmende Verschriftlichung in fast allen Schichten der Gesellschaft wurde es selbstverständlich für viel mehr Menschen nötig, die Kunst des Schreibens und des Lesens zu erlernen.

2.1.3 Klösterliche Schreibstuben und weltliche Schreibwerkstätten

Die in der Spätantike vorhandenen Interessen an geistiger Unterhaltung und die Gelehrsamkeit fanden durch die einsetzende Völkerwanderung ein Ende. Nur in den Klöstern wurde die Weitergabe von Wissen mittels Büchern gepflegt.[8]

Bereits im Jahre 529 n.Chr. hat der heilige Benedikt von Nursia in dem von ihm gegründeten Kloster in Monte Cassino die erste klösterliche Schreibstube – das Skriptorium - eingeführt. Durch die Verbreitung der Benediktiner-Klöster unter Karl dem Großen entstanden in ganz Mittel- und Westeuropa Skriptorien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2-1 - Skriptorium

In den klösterlichen Schreibstuben wurden überwiegend kirchliche Texte, Gebet- und Chorbücher, aber eben auch Manuskripte antiker Klassiker abgeschrieben.

Hierbei handelte es sich um eine sehr aufwändige und anstrengende Arbeit. Das Abschreiben eines Buches dauerte oft Monate, das einer Bibel sogar bis zu drei Jahren. Daher entwickelte sich bald eine Arbeitsteilung unter den Mönchen bzw. den Nonnen. Die Arbeit der Schreiber, welche die vorhandenen Texte „einfach“ abschrieben, wurde durch die Korrektoren überprüft und korrigiert, bevor die Rubrikatoren anschließend die (meist roten) Initialen und die Überschriften einfügten. Zum Schluss veredelten die Miniatoren das Werk mit einer oftmals aufwändigen und prächtigen (Buch-)Malerei.

Anders als später in den städtischen Schreibwerkstätten wurde in den Klöstern nicht auf Vorrat produziert. Es wurden immer nur die Bücher (ab-)geschrieben, die für eine neue Kirche oder für den adligen Hausgebrauch (Heimandacht) benötigt wurden.

Im 14. Jahrhundert bekamen die Skriptorien langsam Konkurrenz. An den neu gegründeten Universitäten bestand ein großer Bedarf an neuen Büchern, mit welchen Latein und die immer wichtiger werdenden Wissenschaften gelehrt und gelernt werden konnten. Da diese große Nachfrage nicht mehr von den klösterlichen Schreibstuben befriedigt werden konnte, bildete sich an jeder Universität ein so genanntes Stationarat. In diesem wurden Lehrbücher zum Verkauf angeboten, die vorher - nach Genehmigung durch den Rektor - abgeschrieben und gebunden worden waren. Die in den Stationaraten arbeitenden Stationare, Schreiber und Buchbinder unterlagen der Rechtshoheit der Universitäten und waren auch in deren Matrikel eingetragen. Trotz diesen Stationaraten kam es immer noch vor, dass besonders wertvolle Bücher von Magistern und Studenten selbst abgeschrieben werden mussten.

Außerhalb der Universitäten, in den Städten, entstanden mit der Zeit weltliche Schreibwerkstätten, in denen Bücher auf Vorrat geschrieben und dann verkauft wurden. Zunächst wurde dort im gleichen Stil gearbeitet wie in ihren kirchlichen Pendants. Um jedoch schneller eine größere Anzahl eines Buches geschrieben zu bekommen, begann man damit, den Schreibern Bücher von so genannten Diktatoren diktieren zu lassen. Das bedeutete, je mehr Schreiber beschäftigt wurden, desto mehr Exemplare eines Buches waren nach dem Diktat verfügbar. Da die Inhaber der Schreibwerkstätten eher den Drang nach Gewinn­erzielung als nach Schönheit und Perfektion hatten, ist es nur verständlich, dass die Zeichnungen in den dort geschriebenen Büchern nicht dieselbe Genauigkeit und Präzision aufwiesen wie diejenigen der Bücher aus den Klöstern. Ein weiterer Nachteil dieser neuen, auf Masse angelegten Vervielfältigungsart war, dass sich Hörfehler der Schreiber teilweise entschieden auf die Textinhalte auswirkten.

So soll beispielsweise Karl der Große die Sachsen enthauptet lassen haben, statt sie an einen anderen Ort bringen zu lassen (aus delocatus wurde decolatus)[9].

2.1.4 Holzschnitt und Blockbuch

Durch die Erfindung und Verbreitung des Papiers war die Voraussetzung für die Entwicklung der Holzschnitt- und Kupferstich-Technik gegeben. Genau wie das Papier wurde der Holzschnitt in Asien entdeckt, und zwar bereits im 7. Jahrhundert. Anders als später in Europa wurde diese Technik hier eher zur Bewahrung als zur Reproduktion angewandt.[10]

In Europa entwickelte sich der Holzschnitt aus dem bereits seit der Spätantike bekannten Zeugdruck, dem Bedrucken von Stoffen per Holzstempel oder –platten.[11] Seit Ende des 14. Jahrhunderts dienten Holzschnitte (Holztafeldrucke) überwiegend zur Vervielfältigung von einfachen Darstellungen von Andachtsbildern, von Heiligen, zur Darstellung von Wallfahrtsstätten oder deren Reliquien, aber auch zur Herstellung von Spielkarten. Im Gegensatz zu der etwas später einsetzenden Verwendung von Kupferstichen, welche auf Grund der schöneren und genaueren Darstellungsformen und der damit verbundenen höheren Preise eher für die oberen Bevölkerungsschichten gedacht waren, waren Holzschnitte für das einfache Volk, welches sich über diese Form Bilder von Heiligen für Heimgebete leisten konnte.[12] Der älteste bekannte Holzschnitt, „Maria mit dem Kind“, stammt aus dem Jahr 1418.

Die Herstellung eines Holzschnitts war sehr aufwändig. Zunächst mussten ein Text und/oder ein Bild geschrieben bzw. gemalt und anschließend auf das Holz übertragen oder gepaust werden. Dann wurde das umgebende Holz ausgeschabt, so dass der Text und das Bild erhaben waren. Nun konnte man die Erhebungen einfärben und Papier durch leichtes Aufdrücken und vorsichtiges Entfernen mit Hilfe eines Holzreibers bedrucken.

Es wurden auch Bücher – so genannte Blockbücher – aus Holzschnitten angefertigt. Da durch die Holzschnitt-Technik auf der Rückseite der Papiere reliefartige Einkerbungen entstanden, konnten sie nicht von beiden Seiten bedruckt werden. Daher klebte man bei der Heftung von Blockbüchern zwei Papiere aneinander, die dann ein Blatt ergaben. Wegen dieses komplizierten Herstellungsverfahrens wurden meist nur sehr dünne Blockbücher hergestellt, die überwiegend kirchliche Texte und Bilder enthielten.

Einige Jahre nach Gutenbergs Erfindung fand man heraus, wie man die Texte zusammen mit Holzschnitten drucken konnte. Seit 1461 erschienen dann immer mehr Bücher mit gedruckten Bildern.[13]

2.1.5 Kupferstiche

In welchem Jahr genau die Kupferstich-Technik erfunden wurde, ist nicht bekannt, der älteste bekannte Kupferstich, „Berliner Passion“, wird auf das Jahr 1446 datiert. Er entwickelte sich aus der bereits bekannten Kunst der Metallverarbeitung und soll zunächst als Mustervorlage für Gravurarbeiten gedient haben. Anders als bei den Holzschnitten, bei welchen die hoch stehenden Holzerhebungen eingefärbt wurden, handelt es sich bei Kupferstichen um Tiefdrucke, da hier die Farbe in die Vertiefungen (die eingestochenen Linien) gegeben wird.

2.2 Gutenberg und seine Erfindung

Die Erfindung von Johannes Gensfleisch, wie Gutenbergs eigentlicher Geburtsname lautete, war nicht „nur“ das Drucken an sich, vielmehr war es das Kombinieren und Zusammenbringen vieler kleinerer Entdeckungen und die Weiterentwicklung oder Adaption von bereits vorhandenen Techniken. So gab es beispielsweise zu seiner Zeit bereits verschiedene Arten von Pressmaschinen wie die Wein- oder die Papierpresse, er machte sich das dort schon seit der Antike bekannte Prinzip der Spindelpresse zu Nutze. Auch war es nicht nötig, die Druckfarbe völlig neu zu erfinden. Gutenberg und seine Mitarbeiter konnten auf den Farben, die vorangehend im Kupferdruck oder bei der Ölmalerei verwendet wurden, aufbauen. Seine Erfindung war aber auch nicht, wie es bei vielen großen Entdeckungen der Fall ist, das Ergebnis eines Zufalls oder einer spontanen Eingebung; seine Erfindung war der Erfolg einer über mehrere Jahre andauernden Entwicklungs- und Versuchsarbeit, an deren Ende das wohl noch bis heute schönste Beispiel für die Buchdruckerkunst, die berühmte Gutenberg-Bibel, stand.

2.2.1 Gutenbergs Jugend

Johannes Gutenberg wurde 1998 von amerikanischen Journalisten zum „Man of the millennium“ gekürt, vor Berühmtheiten wie Christopher Kolumbus, William Shakespeare oder auch Martin Luther. Als Begründung für die Wahl äußerten die Juroren, da „(...) durch seine Druckerpresse die ungehinderte Verbreitung von Wissen und Ideen über die gesamte Welt möglich geworden ist, platzieren wir ihn vor all den Persönlichkeiten, deren Wirkung erst durch die Druckerpresse möglich wurde“.[14] Solche Ehrung oder Anerkennung wurde Gutenberg zu Lebzeiten niemals zuteil, er starb von der Außenwelt kaum beachtet am 03. Februar 1468 in Mainz.

Im Gegensatz zu Gutenbergs Todestag, der auf Grund einer handschriftlichen Eintragung in einem Mainzer Frühdruck belegt ist, lassen sich für den Geburtstag keinerlei Dokumente finden. Einen Rückschluss auf sein mögliches Geburtsjahr geben erstmals Unterlagen, die im Jahre 1420 einen Erbrechtstreit um die väterliche Hinterlassenschaft zwischen Gutenberg, seinem Bruder sowie seiner Stiefschwester und deren Mann dokumentieren. Laut diesen Unterlagen tritt er hier für sich selbst ein, was die Schlussfolgerung zulässt, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits volljährig war. Als mögliche Geburtsjahre kamen die Jahre zwischen 1397 und 1404 in Frage, bis man sich im Jahre 1900 auf internationaler Ebene auf das Geburtsjahr 1400 einigte.[15]

Auch über die nachfolgenden Jahre lassen sich nur Vermutungen anstellen, da es keine ausreichenden Unterlagen gibt, die Genaues belegen können. Es wird angenommen, dass Gutenberg, dessen Vater nachweislich aus einer seit über 200 Jahren in Mainz ansässigen Patrizierfamilie stammte, eine dem Stand entsprechend gute Schulausbildung erhielt, die zu jener Zeit an den anerkannten Kloster- oder Stiftsschulen in Mainz möglich war.[16] Ebenso soll er sich bereits in seiner Jugend versierte Kenntnisse in handwerklichen Dingen, insbesondere Fähigkeiten der Münzprägung und Goldschmiedekunst, die auf familiäre Bindungen zu den Münzgenossen zurückzuführen wären, angeeignet haben.[17]

Ein mögliches universitäres Grundstudium könnte man den Jahren 1418 bis 1419 zuordnen. Im Sommersemester 1418 hat sich ein Johannes de Alta Villa in das Matrikelbuch der Universität Erfurt eingeschrieben. Mütterlicherseits besaß Gutenbergs Familie ein Haus in Eltville, in welches sie sich auf Grund politischer Auseinandersetzungen zwischen den Patriziern und den immer stärker werdenden Zünften in Mainz, 1411 und 1413, zurückgezogen haben könnte. Dies oder die mögliche Geburt Gutenbergs in Eltville – denn auch für eine Geburt in Mainz gibt es keinerlei bestätigende Dokumente – würden den Namenszusatz „de Alta Villa“ rechtfertigen. Ausgehend davon kann man sagen, dass Gutenberg im Wintersemester 1419/1420, nach drei Studiensemestern, seine Prüfung zum Baccalaureus an der Artisten-Fakultät erfolgreich abgelegt hat. An dieser Fakultät wurden die sieben freien Künste Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Astronomie, Mathematik, Arithmetik und Musik gelehrt. Dass sich nach diesem Examen in keinem weiteren Matrikelverzeichnis eine Spur von Johannes de Alta Villa finden lässt, würde sich mit dem Tod von Gutenbergs Vater im Herbst 1419 und einer damit verbundenen Rückkehr nach Mainz erklären lassen. Hier kam es dann 1420 zu den bereits erwähnten Erbrecht­streitigkeiten.

Was in den darauf folgenden Jahren geschah, ist nicht bekannt; allerdings ist anzunehmen, dass Gutenberg versucht hat, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Denn als es 1428 nach einem heftigen Disput wiederum zu Auswanderungen von Patriziern aus Mainz kam, war auch Gutenberg unter ihnen.[18] Ein vom Erzbischof Konrad von Dhaun im März 1430 aufgesetzter Einigungsvertrag, mit welchem die Patrizier unter erneuter Gewährung vielerlei Rechte zur Rückkehr nach Mainz aufgefordert wurden, konnte Johannes Gutenberg nicht zur Heimkehr bewegen.

2.2.2 Gutenberg in Straßburg

Aus der nächsten urkundlichen Erwähnung Gutenbergs lässt sich erahnen, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits in Straßburg ansässig war, wo er sich dann bis mindestens 1444 aufgehalten hat. Am 14. März 1434 ließ er den zwecks Verhandlungen in Straßburg weilenden Mainzer Stadtschreiber Nikolaus Wörstadt verhaften. Dies geschah auf der Grundlage eines Rentenvertrages zwischen ihm und der Stadt Mainz, wonach er bei ausbleibenden Renten- und Zinszahlungen der Stadt dazu berechtigt war, „von jedem Mainzer Bürger die Gemeindeschulden einfordern zu dürfen“.[19] Nach Intervention des Straßburger Rates ließ Gutenberg den Gefangenen aus der Haft entlassen, allerdings nicht ohne dessen Zusicherung, dass die Stadt Mainz die rückständigen Zahlungen in Höhe von 310 Gulden an seinen (Gutenbergs) in Oppenheim lebenden Vetter Gelthus leisten werde. Die Tatsache, dass Gutenberg überhaupt in der Lage war, Wörstadt inhaftieren zu lassen, und die dann folgenden Verhandlungen mit den Straßburger Ratsherren zeigen auf, dass er bereits vor dem besagten Datum in Straßburg bekannt gewesen sein muss.

Im Gegensatz zu Mainz mit 6.000 Einwohnern war Straßburg zu dieser Zeit mit einer Einwohnerzahl von 25.000 eine der Metropolen Mitteleuropas. Hier war der Geldhandel weiter fortgeschritten und es herrschte ein allgemein offeneres Klima als in Mainz. Dies mag eine entscheidende Rolle für Johannes Gutenberg gespielt haben, sich (vorübergehend) in Straßburg niederzulassen. Doch obwohl er Mainz im Streit verlassen hatte, nahm er das Straßburger Bürgerrecht nicht für sich in Anspruch.

Abgesehen von einer von Ennelin von der Yserin Thüre im Jahre 1436 gegen Gutenberg eingereichten Klage wegen Bruchs des Eheversprechens, dauert es bis 1439 bis sein Name – allerdings erneut im Zusammenhang mit einer Klage – wieder in historischen Dokumenten auftaucht. Bei diesen Dokumenten handelt es sich um Aufzeichnungen eines Gerichts­verfahrens, welches von Jörge und Claus Dritzehn angestrengt worden war. Aus den Unterlagen lässt sich von Gutenbergs Schaffen um die Jahre 1436-1439 ein recht genaues Bild zeichnen. So wird durch die Tatsache, dass er um das Jahr 1436[20] Andreas Dritzehn in der Technik des Edelsteinpolierens unterrichtet hat, unterstrichen, dass er über sehr ausgeprägte Fähigkeiten in den Bereichen der Goldschmiede- oder Münzhandwerkskunst verfügte.[21] Zu Beginn des Jahres 1438 tat sich Johannes Gutenberg mit dem Straßburger Patrizier Hans Riffe in der Absicht zusammen, für die im folgenden Jahr stattfindende Aachener Heiltumsfahrt Pilgerspiegel in großer Menge zu produzieren. Für diese aus einer Blei-Zinn-Legierung bestehenden Devotionalien hatte Gutenberg allem Anschein nach eine Möglichkeit zur vereinfachten Massenproduktion entdeckt, was sehr gute Gewinnaussichten für diese Unternehmung versprach. Kurz danach wurden noch Andreas Heilmann und Andreas Dritzehn als Kompagnons aufgenommen, die jeweils eine Beteiligung in Höhe von 80 Gulden mit einbringen mussten. Dafür wurde ihnen von Gutenberg zugesichert, der in dieser Gesellschaft als – heute würden wir sagen – Technischer Leiter fungierte, dass sie in den Ablauf der Pilgerspiegel-Herstellung eingewiesen würden. Die Gewinnverteilung wurde schon vor Beginn der Produktion, welche dann im laufenden Jahr stattfand, klar geregelt: Gutenberg sollte 50%, Riffe (der nur als Investor beteiligt war) sollte 25% und die beiden als Arbeitskräfte fungierenden Heilmann und Dritzehn sollten jeweils 12,5% erhalten.[22] Ob sich Johannes Gutenberg und Hans Riffe bei der Berechnung der nächsten, eigentlich alle sieben Jahre stattfindenden, Heiltumsfahrt verrechnet haben[23] oder ob diese auf Grund der sich verbreitenden Pest um ein Jahr verschoben wurde[24], lässt sich nicht eindeutig klären. Jedenfalls konnte die Genossenschaft die hergestellten Aachenspiegel nicht so schnell absetzen, wie es ursprünglich geplant gewesen war. Dies und die Vermutung von Gutenbergs Teilhabern, dass dieser über noch mehr neues Wissen verfügte, als er bisher zu teilen bereit gewesen war, veranlasste die vier, ihren bisherigen Gesellschaftsvertrag durch einen neuen zu ersetzen. In diesem neuen Vertrag, welcher auch noch die Abwicklung des Pilgerspiegel-Geschäfts beinhaltete, wurde vereinbart, dass Gutenberg seinen Mitstreitern seine Kenntnisse und Fähigkeiten über „afentur und kunst“[25] vermitteln und beibringen sollte. Darüber hinaus wurde für die fünfjährige Laufzeit des Vertrages absolutes Stillschweigen über den tatsächlichen Inhalt der Unternehmung vereinbart. So sollten beispielsweise im Falle des Todes eines Partners die Erben mit einer Summe von 100 Gulden abgefunden werden und damit keinen Anspruch auf Aufnahme in die Gesellschaft haben. An dieser Stelle ist noch zu bemerken, dass die festgesetzten 100 Gulden nur einem kleinen Teil der Einlagen entsprachen, da sich mit Abschluss des neuen Vertrages alle Beteiligten dazu bereit erklärten, eine nochmals wesentlich größere Geldsumme zu investieren. Dazu ist aus den Gerichtsakten des Prozesses zu entnehmen, dass Andreas Dritzehn zu einer Verkäuferin sagte: „Höre, hättest du nur soviel, als es mich über dreihundert bare Gulden gekostet hat, du hättest dein Lebtag genug; (...) Darum habe ich mein Eigentum und mein Erbe versetzt.“[26] Den gleichen Dokumenten ist auch zu entnehmen, dass Dritzehn von einem finanziellen Erfolg binnen eines Jahres überzeugt war.

Der Auslöser für den Prozess, den die Brüder Jörge und Claus gegen Gutenberg führten, war, dass Andreas Dritzehn Ende 1438 an der Pest starb. Sie versuchten die Aufnahme in die - jetzt nur noch aus drei Teilhabern bestehende - Gesellschaft gerichtlich zu erwirken.

Die weiteren Aufzeichnungen geben über den Inhalt bzw. den Hintergrund der neu geschlossenen Geschäftsvereinbarung keine genauen Informationen. Sie liefern jedoch Raum für Spekulationen darüber, ob Gutenberg bereits zu jenem Zeitpunkt an der Erfindung des Druckens mit beweglichen Einzellettern gearbeitet hat.

Man findet in den Gerichtsprotokollen die Aussage des Goldschmieds Hans Dünne, wonach er bereits im Jahr 1436 100 Gulden von Gutenberg für „dass zu dem trucken gehöret“ erhalten hat.[27] Gleichfalls wird bekannt, dass der Drechsler Konrad Saspach eine Presse für Gutenberg gebaut hat, die im Haus von Andreas Dritzehn stand. Nach dessen Tod soll Lorenz Beildeck, der Diener Gutenbergs, beauftragt worden sein, vier Teile aus der Presse zu entfernen, damit andere Personen keine Rückschlüsse auf ihre tatsächliche Funktion hätten ziehen können. Als er jedoch im Hause von Dritzehn ankam, waren diese Teile nicht mehr da.[28]

Diese Aussagen belegen, dass Gutenberg über die notwendigen Materialien zum Fertigen von Drucklettern und auch über eine Presse verfügt hat. Hinzu kommt noch, dass sein späterer Teilhaber Andreas Heilmann zusammen mit seinem Bruder Nikolaus eine Papiermühle betrieb.

Bis heute ist kein einziges bedrucktes Blatt aus dieser Zeit aufgetaucht. Es ist daher anzunehmen, dass sich Gutenberg zwar schon mit der Idee des Buchdruckens befasste, aber die passende Lösung noch nicht gefunden hatte.[29]

Der Prozess endete damit, dass die beiden Kläger auf Grund des von ihrem Bruder unterschriebenen Vertrages lediglich mit 15 Gulden abgefunden wurden und sie keinen Anspruch auf Aufnahme in die Gesellschaft hatten.

Über den weiteren Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den drei verbliebenen Partnern ist nichts weiter bekannt. Es ist wahrscheinlich, dass der Absatz der produzierten Wallfahrtsspiegel und auch Gutenbergs sonstige Geschäfte in Straßburg positiv verlaufen sind, weil verschiedenen Dokumenten aus den Jahren 1441, 1443 und 1444 zu entnehmen ist, dass Gutenberg über eine gesicherte finanzielle und soziale Stellung in Straßburg verfügte.[30] Am 12. März 1444 wird Gutenberg letztmals in Straßburger Akten, hier war es die Begleichung der jährlichen Wein-Steuer, erwähnt.

2.2.3 Gutenberg zurück in Mainz

Wo sich Johannes Gutenberg seit 1444 aufgehalten hat, ist wieder nicht bekannt, aber 1448 ist er zurück in seiner Heimatstadt Mainz. Am 06. Oktober nimmt er von seinem Vetter Arnold Gelthus ein Darlehen über 150 Gulden auf. Hierauf gründen sich die Vermutungen, dass Gutenberg weitere Mittel für das Vorantreiben seiner Arbeit benötigte.[31]

Ende 1449 - Gutenberg war wieder an einem Punkt angelangt, wo er für sein Vorhaben eine größere Geldsumme benötigte - trat er an den angesehenen Mainzer Bürger Johann Fust heran. Dieser gewährte ihm ein Darlehen über 800 Gulden, welches er sich durch die Verpfändung der Werkzeuge, die Gutenberg mit dem Geld herstellen wollte, absichern ließ. Heute geht man davon aus, dass Gutenberg bereits seit 1448 die ersten kleineren Drucke in einer „Urdruckerei“ hergestellt hatte[32] ; mit dem Geld von Fust und der Unterstützung seines Gehilfen Peter Schöffers konnte er seine Entwicklungen weiter verbessern. 1452 taten sich Fust und Gutenberg zu einem gemeinsamen „Werk der Bücher“ zusammen, dessen Inhalt der Bibel-Druck (die so genannte B-42) war. Fust stellte Gutenberg nochmals 800 Gulden, diesmal als Geschäftseinlage, zur Verfügung.

In den folgenden Jahren beschäftigte Gutenberg, neben Schöffer, mehrere (anfangs vier, später dann sechs) Setzer, mindestens zwölf Drucker und noch weiteres Hilfspersonal zum Druck der Bibel. Die Vollendung seines Traums sollte er jedoch nicht mehr als Beteiligter erleben.[33]

Dem einzigen aus dieser Zeit überlieferten Dokument, dem Notariatsinstrument von Ulrich Helmasperger vom 06. November 1455 (auf welches sich alle Aussagen über diese Zeit Gutenbergs beziehen), ist zu entnehmen, dass Gutenberg 1455 von Fust auf sofortige Rückzahlung sämtlicher Darlehen verklagt wurde. Fusts Forderungen beliefen sich mit Zinsen auf insgesamt 2.026 Gulden - ein gutes Bürgerhaus kostete damals 500 Gulden. Es bleibt offen, ob Fust von Anfang an geplant hatte, die Druckwerkstatt an sich zu bringen, oder ob es daran lag, dass Gutenberg nebenbei noch auf eigene Rechnung arbeitete: Der Moment der Klage hätte für Gutenberg nicht ungünstiger sein können. Denn allem Anschein nach waren die Bibeln zu diesem Termin schon fertig gedruckt (zumindest stand man kurz vor der Vollendung) und wahrscheinlich auch schon verkauft.

Diese Annahme begründet sich auf einen Schriftwechsel zwischen Enea Silvio Piccolomini, dem damaligen Bischof von Siena und späteren Papst Pius II, und dem spanischen Kardinal Carvajal. Hiernach hatte Piccolomini während des Reichtags im Oktober 1454 in Frankfurt einige Seiten der gedruckten Bibel vorgeführt bekommen. Er lobte die neue Schreibweise und fügte an, dass keines der Exemplare (er gibt eine ungenaue Auflagenhöhe von 158–180 an), an deren Fertigstellung er nicht zweifle, mehr zu haben sei.[34]

Auf Grund der damaligen Zahlungsbedingungen, wonach eine Zahlung erst ein halbes oder ganzes Jahr nach Warenübergabe stattfand, besteht die Möglichkeit, dass nur wenige Monate oder Wochen zum erfolgreichen Geschäftsabschluss gefehlt hätten – so aber konnte Gutenberg die Forderung Fusts nicht erfüllen.[35] Das Gericht sprach die gesamte Einrichtung der Druckwerkstatt sowie alle gedruckten Bibel-Exemplare Fust zu. Dieser führte die Werkstatt dann gemeinsam mit Peter Schöffer weiter.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2-2 - Johannes Gutenberg

Über das Leben, das Johannes Gutenberg in den nächsten Jahren führte, ist wieder nichts bekannt. Auf Grund von Spekulationen darüber, dass er seine alte Druckschrift (die Donalt-Kalender-Type) behalten hat, werden ihm einige kleinere Drucke in den folgenden Jahren zugeordnet. Neben Vermutungen darüber, ob und wenn wie er an der Entstehung der zweiten gedruckten Bibel (der B-36), die in Bamberg gedruckt wurde, beteiligt war, wird ihm allerdings der Druck des im Jahr 1460 erschienenen Catholicon zugeschrieben.[36] Gesichert ist auch dies nicht, jedoch wird diese Einschätzung unterstützt durch das die Buchdruckkunst so lobende Nachwort: „ (...) dieses vortreffliche Buch Catholicon, nicht mit Hilfe von Schreibrohr, Griffel und Feder, sondern mit der wunderbaren Harmonie und dem Maß der Typen und Formen gedruckt und vollendet worden (...) “. Teilweise wird sogar gemutmaßt, dass Gutenberg diese Schlussworte für „seine“ berühmte Bibel angedacht hatte.[37]

Nach der Beendigung der Mainzer Stiftsfehde durch die Eroberung der Stadt durch Adolf von Nassau im Oktober 1462 ließ dieser etliche Mainzer Bürger, darunter wohl auch Johannes Gutenberg, vertreiben. Wie bereits in seiner Jugend zog dieser sich wahrscheinlich nach Eltville zurück. Es wird angenommen, dass er hier mit Adolf von Nassau, dessen erzbischöfliche Burg nicht weit entfernt von Gutenbergs Haus lag, zusammentraf. Am 17. Januar 1465 ist Gutenberg dann zum Hofmann Adolfs ernannt worden, was ihm für seine letzten Jahre materielle Sicherheit gab.

„Anno Domini 1468 uff sant blasius tag starp der ersam meister Henne Ginsfleiss dem got gnade“, lautet der handschriftliche Vermerk in einem Mainzer Frühdruck – am 03. Februar 1468 starb der „Man of the millennium“ Johannes Gutenberg – von der Außenwelt kaum beachtet.

2.2.4 Seine Erfindung

Wie man der Lebensgeschichte von Johannes Gutenberg entnehmen kann, war die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Einzelbuchstaben das Ergebnis von jahrelanger Arbeit. Vielleicht hat sich Gutenberg davon inspirieren lassen, dass bereits seit mehreren Jahren Buchtitel mit einzelnen Buchstabenstempeln in die meist ledernen Bucheinbände gedruckt wurden – man weiß es nicht. Aus heutiger Sicht wirkt seine Erfindung vielleicht nicht so spektakulär wie beispielsweise die Erfindung des Telefons durch Graham Bell. Versetzt man sich allerdings zurück in das 15. Jahrhundert, eine Zeit, in der die handgeschriebenen Bücher wahre Meisterwerke und noch immer etwas Besonderes waren, wird man erkennen, was für ein ehrgeiziges Ziel es war, diese Meisterwerke nicht mehr per Hand, sondern in Massenanfertigung herstellen zu wollen. Noch weniger als über Gutenbergs Leben sind Aufzeichnungen über seine Erfindung oder über die von ihm verwendeten Materialien bekannt, daher beruhen alle Angaben über diese technische Seite auf Auswertungen und Analysen der Papiere und Farben in den Gutenberg zugeschriebenen Drucken und auf den uns bekannten Errungenschaften, die zu seiner Zeit vorhanden waren.

Gutenberg konnte bei seinen Versuchen sicherlich auf einige bereits bestehende, für das Drucken unabdingbare Produktionsmittel zurückgreifen und darauf aufbauen. So wurden bei der Holzschnitt- und Kupferstichtechnik bereits Farbzusammenmischungen verwendet, die sich vom Grunde her zum Drucken eigneten. Es ist aber anzunehmen, dass Gutenberg einige Versuche unternommen hat, bis die Konsistenz der Druckfarbe so war, dass sie in getrockneter Form nicht durch das Papier durchschien. Die hohe Qualität der von Gutenberg verwendeten Druckerschwärze wird dadurch belegt, dass bis zum heutigen Tage keinerlei Gelbfärbungen um die gedruckten Buchstaben entstanden sind, was bei späteren Druckwerken aus dem 17. und 18. Jahrhundert öfter vorkommt.[38] Im Zusammenhang mit der Druckfarbe stellte sich dann auch die Problematik einer gleichmäßigen Farbverteilung auf dem Drucksatz. Da es sich hier – wie bei Holzschnitten – um einen Hochdruck (die Druckzeichen stehen hoch, sind erhaben) handelt, musste darauf geachtet werden, dass es beim Auftragen zu keinen Farbverschmierungen kam, da eine spätere Korrektur nicht möglich war. Hierzu wurden Druckballen, wie sie auf etlichen überlieferten Abbildungen zu erkennen sind, verwendet. Diese bestanden aus einem mit Leder überzogenen und mit Wolle oder Pferdehaar gefüllten Holz. Durch die spezielle Behandlung des Leders, welches völlig fettfrei sein musste, und durch die Füllung (diese musste alle drei Tage gewechselt werden) wurde eine ebenmäßige Verteilung der Druckerschwärze erreicht.[39]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2-3 - Einfärben mit Druckballen

Bereits seit mehreren Jahrhunderten waren Wein- und Ölpressen bekannt, deren Grundprinzip sich Gutenberg ebenfalls zu Nutze machen konnte. Die Funktion einer solchen Presse war relativ simpel, durch Betätigen des Presshebels wurde der Presskörper durch die Spindel (Spindelpresse) herabgesenkt und erzeugte großen Druck auf die Unterlage. Wichtig für eine Presse, die zum Buchdruck verwendet werden sollte, war es allerdings, dass der Druck gleichmäßig über die gesamte Fläche der zu bedruckenden Seite verteilt wurde, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Diese Gleichverteilung erreichte Gutenberg mit Hilfe einer Metallplatte, dem so genannten Tiegel. Ein weiteres Problem, das Gutenberg löste, war, dass in dem Moment, in dem der Tiegel das Papier berührt, die Seitwärtsbewegung der Spindel nicht übertragen werden durfte, da es sonst zu Verwischungen des Drucks gekommen wäre. Hierzu baute er in die Presse eine so genannte Büchse ein, die dazu führte, dass lediglich der Druck der Spindel, nicht aber die Rotationsbewegungen übertragen wurden.[40]

Die tatsächliche Erfindung von Johannes Gutenberg war aber wohl, Worte in ihre kleinsten Bestandteile, die Buchstaben und sonstigen Satzzeichen, zu zerlegen und mit Hilfe eines Gießgerätes beliebig viele Bleigüsse von ihnen herzustellen, die alle absolut identisch waren und auch im Vergleich mit den anderen Zeichen die gleiche Größe (Höhe und verhältnismäßige Breite) aufwiesen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2-4 – Handgießgerät Abb. 2-5 - Bleilettern

Für die Grundlagen konnte er auf die bereits weit fortgeschrittenen Metallverarbeitungskünste, genauer gesagt auf die Stempelherstellung zurückgreifen. Zunächst wurde ein seitenverkehrtes Abbild des gewünschten Zeichens auf der Spitze eines Stahlstabs herausgeschnitten, so dass es (wie bei den Holzschnitten) überstand. Anschließend wurde dieser Stempel (oder auch Patrize) auf einen Kupferblock geschlagen, wodurch die Matrize (die Grundgießform) entstand. Diese wurde dann in das neu entwickelte Handgießgerät so eingespannt, dass alle Buchstaben und Satzzeichen die gleiche Höhe bekamen, was für den sauberen Druck der Gutenberg-Bibel absolut erforderlich war. Es wird angenommen, dass die von Johannes Gutenberg hergestellten Lettern aus einer Blei-Zinn-Antimon-Legierung bestanden, da diese umgehend erstarrt und damit eine schnelle Verwendung der Bleilettern möglich macht.[41]

Waren nun dank dieser Erfindung genügend Einzeltypen gegossen, konnte man Texte zusammensetzen. Dabei ist nicht bekannt, ob Gutenberg bereits über einen Winkelhaken, mit dessen Hilfe die einzelnen Zeilen gesetzt wurden, verfügte (die früheste Abbildung stammt aus dem Jahr 1500) und ob er die Zeichen schon in Setzkästen griffbereit hielt.[42]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2-6 - Setzkasten

Zum Schluss musste er nur noch herausfinden, wie feucht das zu bedruckende Papier sein musste, damit es die Druckfarbe richtig aufnehmen konnte, ohne dass diese dabei verlief. Da Gutenberg einen hohen ästhetischen Anspruch hatte und die gedruckten Bücher den handgeschriebenen in nichts nachstehen sollten, fand er auch eine Lösung dafür, wie beim Widerdruck (dem Bedrucken der Rückseite) die Zeilen auf der gleichen Höhe aufgedruckt wurden wie auf der Vorderseite (Schöndruck). Auf den Rahmen der Presse, in welchen der Papierbogen eingelegt wurde, brachte er kleine Nadeln an, die kleine Löcher auf den äußeren Papierrändern hinterließen. Mit deren Hilfe konnte er beim Widerdruck das Papier exakt in die gleiche Position bringen. Diese kleinen Löcher sind noch heute auf den Bibeln zu erkennen.

[...]


[1] Vgl. Deutsche Bibliothek, www.dbb.de vom 15.11.2004.

[2] Vgl. Goethe-Institut, www.goethe.de vom 15.11.2004.

[3] Hugo, Victor: Der Glöckner von Notre-Dame, Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 1957, S. 20.

[4] www.gutenberg.de - „Gutenbergs unbekannte Brüder – Frühe chinesische Drucke“, 25.10.2004.

[5] Vgl. Göttinger Tageblatt vom 20.09.2003, „Gutenbergs Kollegen aus Korea“.

[6] Vgl. aventur und kunst. Vom Geheimunternehmen zur ersten Medienrevolution, Mainz 2000, S. 144.

[7] Vgl. Füssel, Stephan: Johannes Gutenberg, Hamburg 1999, S. 10.

[8] Vgl. Lorck, Carl B. Handbuch der Geschichte der Buchdruckerkunst, Verlag von J. J. Weber, Leipzig 1882/83, S. 13.

[9] Vgl. Presser, Helmut: Johannes Gutenberg, Reinbek 1979, S. 34 ff.

[10] Vgl. Füssel, Johannes Gutenberg , S. 11 ff.

[11] Vgl. Rosenfeld, Hans-Friedrich u. Helmut, Handbuch der Kulturgeschichte, Wiesbaden 1978, S. 216 ff.

[12] Vgl. Rosenfeld 1978, S. 215.

[13] Vgl. Rosenfeld 1978, S. 218.

[14] Füssel: Johannes Gutenberg, S. 142.

[15] Vgl. Füssel: Johannes Gutenberg , S. 19.

[16] Vgl. aventur und kunst 2000, S. 115 ff.

[17] Vgl. Presser 1979, S. 26.

[18] Vgl. aventur und kunst 2000, S. 120.

[19] aventur und kunst 2000, S. 122.

[20] Unterschiedliche Jahreszahlen in der Fachliteratur: In aventur und kunst 2000 wird auf S. 125 „schon vor 1436“ angegeben; Füssel, Johannes Gutenberg, gibt auf S. 24 das Jahr 1437 an.

[21] Vgl. Füssel: Johannes Gutenberg, S. 24.

[22] Vgl. aventur und kunst 2000, S. 125.

[23] Vgl. Presser 1979, S. 27.

[24] Vgl. aventur und kunst 2000, S. 125.

[25] aventur und kunst 2000, S. 126.

[26] Presser 1979, S. 27.

[27] Vgl. Presser 1979, S. 26.

[28] Vgl. aventur und kunst 2000, S. 126.

[29] Vgl. Presser 1979, S. 29.

[30] Vgl. Füssel: Johannes Gutenberg , S. 28.

[31] Vgl. Lorck, Carl B.: Handbuch der Geschichte der Buchdruckerkunst, J. J. Weber, Leipzig 1882/83, S.26.

[32] Vgl. aventur und kunst 2000, S. 130.

[33] Vgl. Füssel: Gutenberg und seine Wirkung, Frankfurt und Leipzig 1999, S. 14 ff.

[34] Vgl. aventur und kunst 2000, S. 132.

[35] Vgl. Füssel: Johannes Gutenberg , S. 49.

[36] Vgl. aventur und kunst 2000, S. 136 ff.

[37] Vgl. Presser 1979, S. 66.

[38] Vgl. aventur und kunst 2000, S. 175.

[39] Vgl. aventur und kunst 2000, S. 177.

[40] Vgl. Presser 1979, S. 43.

[41] Vgl. Füssel: Johannes Gutenberg , S. 31 ff.

[42] Vgl. Presser 1979, S. 42.

Ende der Leseprobe aus 94 Seiten

Details

Titel
Gründe, Durchsetzung und Folgen der Erfindung des Buchdrucks
Untertitel
Eine Unterrichtseinheit für den Sachunterricht unter besonderer Berücksichtigung des Lernens an Stationen
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Seminar für Didaktik der Geschichte)
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
94
Katalognummer
V78554
ISBN (eBook)
9783638815543
ISBN (Buch)
9783638816717
Dateigröße
2802 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Vollständiger Titel der Arbeit: Gründe, Durchsetzung und Folgen der Erfindung des Buchdrucks - Eine Unterrichtseinheit für den Sachunterricht unter besonderer Berücksichtigung des Lernens an Stationen Der Anhang ist detailliert im Inhaltsverzeichnis aufgelistet. Es handelt sich dabei um u.a. speziell für die Examensarbeit entwickelte Arbeitsblätter, Spiele etc.
Schlagworte
Gründe, Durchsetzung, Folgen, Erfindung, Buchdrucks
Arbeit zitieren
Dorothea Schleider (Autor:in), 2004, Gründe, Durchsetzung und Folgen der Erfindung des Buchdrucks, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78554

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Gründe, Durchsetzung und Folgen der Erfindung des Buchdrucks



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden