Gegenstand: Analyse der Kommunikationsstrukturen mit stationär aufgenommenen Kindern im Krankenhaus.
Ziel: Unterstützung der Tendenz zur Sensibilisierung der Thematik „Kind im Krankenhaus“; Einblick in die entwicklungspsychologischen, kognitiven und sozialen Faktoren, welche in der Kommunikation mit stationär aufgenommenen Kindern vor allem von Seiten des medizinischen Fachpersonals berücksichtigt werden sollten.
Abgrenzung: Kommunikation wird als wechselseitig bewusst oder unbewusst stattfindender Prozess der Bedeutungsvermittlung verstanden. Beim Kind wird der Schwerpunkt auf die kognitiven Fähigkeiten und die soziale Einbettung gelegt. Geistige Gesundheit und Zugehörigkeit zur westlichen Gesellschaft sind die Rahmenbedingungen.
Hypothesen: Das Kind ist wegen seines jeweiligen Entwicklungsstandes und seiner Bevormundung durch die Eltern in der „schwächeren“ Position gegenüber dem Erwachsenen. Das durch seine organische Krankheit geschwächte Kind ist im Krankenhaus einer Reihe von zusätzlichen psychischen Belastungen ausgesetzt. Auf Grund dieser Aspekte muss mit Kindern im Krankenhaus in besonderer Form umgegangen und kommuniziert werden.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Entwicklungsbedingt haben Kinder je nach Altersstufe begrenzte Verständnis- und Ausdrucksmöglichkeiten. Im Rahmen einer Erkrankung und eines Krankenhausaufenthaltes kommt es zu einer Reihe von Vorstellungen, Ängsten und Bedürfnissen, die Aufklärung, Aufmerksamkeit und Unterstützung verlangen. Eigenschaften „idealer“ Kommunikation mit Kindern im Krankenhaus sind: offen, ehrlich, aufrichtig; aktiv, motivierend; ganzheitlich, familienorientiert; abgestimmt auf Alter, Entwicklung, Persönlichkeit; kontinuierlich; vertrauensvoll, mitfühlend; unterstützend, akzeptierend. Es besteht ein großer Bedarf an internationalen Richtlinien und Standards sowie an spezieller Ausbildung des Personals.
Methoden: Literaturanalyse; Analyse und Vergleich internationaler empirischer Studien und Konzepte; Experteninterviews
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung und Problemstellung
2. Kind Sein
2.1 Kindheit im Wandel
2.1.1 Lloyd deMauses Evolution der Kindheit
2.1.2 Kindheit heute
2.2 Geistige Entwicklung des Kindes
2.2.1 Kognitive Entwicklung nach Jean Piaget
2.2.2 Persönlichkeitsentwicklung nach Erik H. Erikson
2.2.3 Sprachliche und kommunikative Entwicklung
2.2.4 Kindliche Entwicklung im therapeutischen Kontext
3. Krank Sein – im Krankenhaus Sein
3.1 Kranke Kinder
3.1.1 Krankheitskonzepte und Krankheitserleben
3.1.2 Krankheitsbedingte Vorstellungen und Ängste
3.1.3 Kindliche Krankheitsbewältigung
3.1.4 Exkurs: Akute, chronische und lebensbedrohliche Krankheiten
3.2 Kinder im Krankenhaus
3.2.1 Das Kinderkrankenhaus und seine Entwicklung
3.2.2 Die Problematik „Kind im Krankenhaus“
3.2.3 Spezifische Ängste und Bedürfnisse im Krankenhaus
3.2.4 Konzepte und Beispiele zur Verbesserung der Situation
4. Kommunikation mit Kindern im Krankenhaus
4.1 Grundlegende Aspekte der Arzt-Patient-Kommunikation
4.1.1 Die fünf kommunikationspsychologischen Axiome
4.1.2 Sprachloses oder sprachliches Leid?
4.2 „Arzt-Kind-Kommunikation“ – Wo stehen wir?
4.2.1 Der Stand der Forschung – ein Review
4.2.2 Problematiken in der Kommunikationspraxis
4.2.3 Die EACH-Charta – Rechte des Kindes im Krankenhaus
4.3 Ansätze einer „neuen“ Arzt-Kind-Kommunikation
4.3.1 Kommunikation mit und Information von kranken Kindern
4.3.2 Die Rolle der Ärzte und des Pflegepersonals
4.3.3 Die Rolle der Eltern
4.3.4 Das psychosoziale Betreuungskonzept des St. Anna Kinderspitals Wien
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
Anhang A-1
1. Einleitung und Problemstellung
Der Genesungsfortschritt eines Kindes im Krankenhaus hängt nicht nur vom korrekten Einsatz medizinischer und therapeutischer Maßnahmen, sondern auch von der psychosozialen Betreuung und vom kommunikativen Umgang mit dem jungen Patienten ab. Zu diesem Schluss kommen zahlreiche Autoren aktueller Fachliteratur und auch in journalistischen Publikationen wird der diesbezügliche Handlungsbedarf immer stärker thematisiert. So stellt Topf (1997) beispielsweise fest, dass „[…] eine gute medizinische Aufklärung eine wichtige Voraussetzung für eine aktive Bewältigung der Krankheit ist und dadurch möglicherweise den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann“[1]. Auch Gottschlich (1998) betont den Zusammenhang zwischen Heilung und Kommunikation: „Die kommunikative Begegnung ist Teil des Heilungsprozesses“[2] und „Gesundheit beruht auf Kommunikation!“[3] Die deutsche Ärzte Zeitung zitiert den Vorsitzenden des Vereins „Die kleinen Patienten“, Bodo Gentsch: „In einem kindgerechten Umfeld fühlen sich Kinder besser aufgehoben, sie werden schneller gesund und können mitunter früher nach Hause.“[4]
Eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der medizinischen Fachkräfte hat auch im Bereich der Sozialpädiatrie bereits begonnen. So werden die Belastungen, die ein Krankenhausaufenthalt für die Psyche der jungen Patienten darstellt, auch von den Medien aufgegriffen und die psychosozialen Aspekte wie die Mitaufnahme der Mutter/Bezugsperson oder die Unterstützung durch Psychologen werden – wenn auch eher vereinzelt und in kleineren Publikationen oder auf einschlägigen Homepages – öffentlich angesprochen.[5] Es wird die Forderung laut, die spezielle Situation des kranken Kindes anzuerkennen und vor allem in diesem Kontext zu agieren. Das Kind in seiner Entwicklung und die Anpassung der Therapiekonzepte an neue, in diese Richtung gehende Erkenntnisse war auch Gegenstand des 34. Internationalen Herbst-Seminar-Kongresses in Brixen, Südtirol. Im Rahmen der Vorlesungsreihe „Das Kind als Akteur seiner Entwicklung“ beschäftigten sich hundertsiebzig Ärzte, Therapeuten, Psychologen, Erzieher und Lehrer unter anderem damit, dass vor allem bei chronisch kranken Kindern nicht nur ihre organischen Leiden behandelt werden sollen, sondern dass auch die Seele dieser Kinder und das seelische Befinden der gesamten Familie in die Behandlungen und Therapien mit einbezogen werden müssen.[6] Eine Tendenz in Richtung Unterstützung, Offenheit und Akzeptanz macht sich in allen das Kind im Krankenhaus betreffenden Bereichen allmählich bemerkbar.
Um sich dem komplexen Themenbereich der Kommunikation mit Kindern im Krankenhaus aus einer kommunikationswissenschaftlichen Perspektive zu nähern, bedarf es der grundsätzlichen Berücksichtigung von drei äußerst relevanten Faktoren: Zum Ersten muss das Kind im Kontext seiner Entwicklung und seiner sozialen Einbettung in Familie und Umwelt gesehen werden. Zum Zweiten unterscheidet sich das Kind als Patient grundlegend von erwachsenen Patienten und hat spezifische emotionale Bedürfnisse. Zum Dritten ist dementsprechend in Kinderkrankenhäusern und auf Kinderstationen ein kindgerechter kommunikativer Umgang von Nöten, welcher über die in der aktuellen Fachliteratur bereits viel diskutierte ambivalente Beziehung zwischen dem Arzt und seinem Patient hinaus geht.
Wie kann einem Kind erklärt werden, dass es in das Krankenhaus muss und was es dort erwartet? Wie kann einem Kind erklärt werden, an welcher Krankheit es leidet und welche Maßnahmen deshalb durchgeführt werden müssen? Und wie kann einem Kind erklärt werden, dass auch unangenehme oder schmerzhafte Behandlungen letztendlich der Genesung dienen? Altbewährte Methoden wie Kinderbücher oder Spiele zum Thema Krankenhaus stellen eine von vielen Möglichkeiten dar, den Kindern den Sinn und Zweck eines Krankenhausaufenthaltes näher zu bringen. Doch die alters- und sachgemäße Aufklärung eines stationär aufgenommenen Kindes muss darüber hinausgehen: Zusätzlich müssen – wie auch erwachsenen Patienten – individuelle Informationen gegeben werden, individuelle Fragen müssen geklärt werden und auf individuelle Bedürfnisse muss eingegangen werden.
Welche Möglichkeiten der Kommunikation mit Kindern im Krankenhaus es gibt und wie eine möglichst optimale kommunikative Beziehung zu den jungen Patienten aufgebaut und aufrechterhalten werden kann, stellt eine der zentralen Problemstellungen dieser Arbeit dar. Durch die Analyse fachspezifischer Literatur sowie aktueller internationaler empirischer Studien und Konzepte sollen außerdem aus entwicklungspsychologischer und psychosozialer Perspektive Antworten auf folgende Fragestellungen gefunden werden: Welche spezifischen Merkmale prägen die kognitive Entwicklung des Kindes und seine Einbettung in die soziale Umwelt? Welche speziellen kommunikativen Bedürfnisse und seelischen Ängste ergeben sich in der besonderen Situation einer Erkrankung bzw. eines Krankenhausaufenthaltes? Wie gestaltet sich die Interaktion zwischen dem kranken Kind und dem medizinischen Fachpersonal sowie zwischen dem kranken Kind und seinen Eltern/Bezugspersonen im Krankenhaus?
Ziel dieser Arbeit ist es, die Tendenz zur Sensibilisierung der Thematik „Kind im Krankenhaus“ zu unterstützen und einen Einblick zu geben in die entwicklungspsychologischen, kognitiven und sozialen Faktoren, welche in der Kommunikation mit stationär aufgenommenen Kindern vor allem von Seiten des medizinischen Fachpersonals berücksichtigt werden sollten. Dem kranken Kind, welches im Falle eines Krankenhausaufenthaltes mit vielen zusätzlichen Bedürfnissen und Ängsten konfrontiert wird, soll eine seinem psychischen Zustand angemessene Umgangsform gewährleistet werden.
Entsprechend der oben genannten Fragestellungen gliedert sich diese Arbeit im Wesentlichen in drei Bereiche, die mit „Kind Sein“, „Krank Sein – im Krankenhaus Sein“ und „Kommunikation mit Kindern im Krankenhaus“ betitelt werden.
Kapitel 2, „Kind Sein“, soll zunächst einen Einblick in das Phänomen Kindheit sowie in die Grundzüge der geistigen Entwicklung des Kindes geben. Nach einem historischen Abriss der Evolution der Kindheit und einer Beschreibung der heutigen Einbettung des Kindes in die Gesellschaft (Kapitel 2.1) werden die kognitive Entwicklung, die Persönlichkeitsentwicklung sowie die sprachlich-kommunikative Entwicklung des Kindes dargelegt und abschließend in einen therapeutischen Kontext gestellt (Kapitel 2.2). Dieser Teil der Arbeit soll einerseits eine allgemeine Charakterisierung des Kindes darstellen, andererseits auf die entwicklungsbedingten Möglichkeiten und Grenzen des kindlichen Intellekts hinweisen und bildet eine theoretische Grundlage für die darauf folgenden Inhalte.
Anschließend folgt mit Kapitel 3, „Krank Sein – im Krankenhaus Sein“, eine spezielle Betrachtung der Situation kranker und stationär aufgenommener Kinder. Zunächst wird auf allgemeine krankheitsbedingte Konzepte, Vorstellungen und Bewältigungsstrategien von Kindern eingegangen (Kapitel 3.1). Daraufhin werden die spezifischen Probleme, Ängste und Bedürfnisse eines kindlichen Krankenhausaufenthaltes untersucht und auch erste Strategien vorgestellt, um diesen Phänomenen entgegen zu wirken (Kapitel 3.2). Durch diesen Teil der Arbeit soll ein Einblick in die Komplexität gegeben werden, welche die Erkrankung und der Krankenhausaufenthalt eines Kindes mit sich bringen, sowie in die großen Belastungen, welche auf die betroffenen Kinder wirken.
Kapitel 4, „Kommunikation mit Kindern im Krankenhaus“, stellt den Hauptteil dieser Arbeit dar. Nach einem kurzen Einblick in die grundlegenden Aspekte der kommunikativen Beziehung zwischen Arzt und Patient (Kapitel 4.1) wird der aktuelle Stand der Arzt-Kind-Kommunikation aus empirischer, theoretischer und rechtlicher Perspektive analysiert (Kapitel 4.2). Mit Hilfe aktueller Konzepte werden anschließend Ansätze einer „neuen“ Arzt-Kind-Kommunikation vorgestellt, die sowohl allgemeine Kommunikations- und Informationspraktiken beinhalten, als auch speziell auf die Rolle der Ärzte, des Pflegepersonals und nicht zuletzt der Eltern eingehen. An einem praktischen Beispiel wird schließlich eine Umsetzungsmöglichkeit dieser neuen Ansätze vorgestellt (Kapitel 4.3). Dieser Teil der Arbeit soll zugleich einen Einblick in die gegenwärtige Situation geben, als auch – vor allem mit dem abschließenden Kapitel 4.3 – einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich der Kommunikation mit Kindern im Krankenhaus darstellen.
Mit Kapitel 5 folgt noch ein kurzes Fazit, welches an die im vorhergehenden Kapitel 4 gewonnenen Erkenntnisse anschließt und die eingangs aufgeworfenen Fragen zusammenfassend beantworten soll. Die Arbeit schließt mit dem Versuch einer Charakterisierung der idealen Kommunikation mit Kindern im Krankenhaus.
Vor Beginn des ersten inhaltlichen Kapitels bedarf es noch der Definition bzw. der Erklärung einiger zentraler Begriffe wie „Kommunikation“ oder „Kind“ im Sinne dieser Arbeit.
Kommunikation, genauer: zwischenmenschliche, persönliche Kommunikation, wird – um es mit Burkart treffend auszudrücken – als wechselseitig stattfindender Prozess der Bedeutungsvermittlung begriffen[7], der sowohl bewusst intentionalen Charakter haben kann, nach Watzlawick aber auch in jeglicher Art von Verhalten implizit enthalten ist[8]. Die Burkart’sche Definition wird um die Watzlawick’sche Ansicht vor allem deshalb erweitert, da Interaktion mit und Kommunikation von Kindern nicht auf der rein intentionalen Ebene gesehen werden kann, sondern stark von intuitiven, unabsichtlichen und unbewussten kommunikativen Aktionen geprägt ist.
Das Kind wird im Zusammenhang mit dieser Arbeit nicht nur in bestimmte Altersstufen eingeteilt, sondern es werden vor allem seine kognitiven Fähigkeiten und seine soziale Einbettung, die „Rahmenbedingungen“ seines Daseins, berücksichtigt. Nicht der Körper steht im Vordergrund, sondern der Geist. Da sich diese Arbeit großteils auf den europäischen Raum bezieht, ist außerdem zu beachten, dass es sich hier um Kinder (und auch um Krankenhäuser) der westlichen Gesellschaft handelt. Als letzte Abgrenzung dient die geistige Gesundheit des Kindes, die besonders für den Erwerb und die Beherrschung kognitiver Fähigkeiten sowie für eine dementsprechende kontinuierliche Weiterentwicklung entscheidend ist.
Der Terminus „Arzt-Kind-Kommunikation“ gilt als Überbegriff für die Kommunikation zwischen hospitalisierten Kindern, ihren Bezugspersonen und dem gesamten medizinischen Fachpersonal.
Abschließend sei noch betont, dass diese Arbeit die Arzt-Kind-Kommunikation aus einer kommunikationswissenschaftlichen – und keineswegs aus einer medizinischen – Perspektive betrachtet und auf keinerlei medizinischem Hintergrundwissen basiert.
Anmerkung:
Sämtliche Personen- und Berufsbezeichnungen, die sich auf Männer und Frauen beziehen, werden aus Gründen der Einfachheit stets in ihrer männlichen Form verwendet, bezeichnen aber selbstverständlich beide Geschlechter gleichwertig.
Zitate werden bezüglich alter oder neuer deutscher Rechtschreibung in ihrer jeweiligen originalen Form belassen.
2. Kind Sein
Was bedeutet es, ein Kind zu sein? In physischer Hinsicht bedeutet es, dass der Körper sich ständig im Wachsen befindet, sich also ständig verändert. In psychischer Hinsicht bedeutet es, dass die kognitiven Fähigkeiten (Wahrnehmungsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Erkenntnisfähigkeit, Lernfähigkeit, Vernunft etc.) durch die Interaktion mit der Umgebung ausgebildet und im Laufe dieser Entwicklung immer mehr gesteigert werden: zum Beispiel die Artikulation mit Hilfe der ersten Laute über die Mimik und Gestik bis hin zum Spracherwerb. Und in sozialer Hinsicht bedeutet Kind sein einerseits, dass das eigene Verhalten von den Eltern/Bezugspersonen kontrolliert wird und dass deren Regeln zu befolgen sind, andererseits aber auch, dass das Leben mit einer gewissen Unbeschwertheit und Sorglosigkeit im Schutz der Eltern und der Familie entdeckt und genossen werden kann. Die Eltern und die nähere Umgebung nehmen auch eine Vorbildfunktion ein, Kinder lernen von ihnen und übernehmen ihre Verhaltensweisen. Außerdem findet eine starke Sozialisation[9] durch die Umwelt statt: Kindergarten, Schule, Freizeitaktivitäten.
Das Kind als ein sich permanent in körperlicher und geistiger Weiterentwicklung befindender Mensch, eingebettet in das elterliche und gesellschaftliche Regelsystem wird andauernd mit etwas Neuem konfrontiert, sei es durch das wechselnde Körpergefühl, als auch durch erzieherische Maßnahmen und schulische Weiterbildung. Eine physische Erkrankung, die möglicherweise so schwerwiegend ist, dass ein Krankenhausaufenthalt nötig wird, bringt das körperliche und seelische Gleichgewicht durcheinander. Um nachvollziehen zu können, dass dieses Gleichgewicht bei einem Kind durch eine Krankheit noch viel stärker gestört wird als bei einem „voll entwickelten“ und mündigen Erwachsenen, bedarf es eines Einblickes in die soziale und entwicklungspsychologische Position des Kindes und in den schrittweisen Erwerb seiner geistigen Fähigkeiten.
Kapitel 2.1 dieses Einblickes beschäftigt sich mit der Kindheit und ihren historischen sowie gegenwärtigen Entwicklungen. Den Torturen, denen vor allem Kleinkinder in der Vergangenheit ausgesetzt waren, wurde spätestens im achtzehnten Jahrhundert ein Ende gesetzt. Heutzutage sind es zumindest nach außen hin oberflächlichere Probleme wie Individualisierung und Massenkultur, mit denen Kinder aufwachsen. Der kognitiven Entwicklung im Kindesalter widmet sich Kapitel 2.2: Die viel beachtete Stufentheorie von Jean Piaget und die Theorie des Urvertrauens von Erik H. Erikson werden genauer untersucht. Nach einer kurzen Betrachtung der sprachlichen und kommunikativen Entwicklung des Kindes folgt eine Einbindung der beiden oben erwähnten Entwicklungstheorien in einen therapeutischen Kontext (Kapitel 2.3). So soll eine umfassende, aber doch nicht den Rahmen dieser Arbeit sprengende Beschreibung des kindlichen Wachstumsprozesses gegeben werden, welche auch die Positionierung des Kindes in der heutigen Gesellschaft verdeutlicht.
2.1 Kindheit im Wandel
Die Kindheit als bewusst wahrgenommene Differenzierung zwischen Erwachsenen und Kindern gibt es erst seit dem sechzehnten Jahrhundert nach Christus. Die Entstehung der modernen Familie und die sich dadurch entwickelnde pädagogische Verantwortlichkeit waren die Hauptgründe für diesen Gesinnungswandel, der dazu geführt hat, dass die spezifischen Probleme der Kindheit heutzutage als selbstverständlich angesehen werden.[10]
Besonders hervorzuheben sind zwei Kindheitsforscher des zwanzigsten Jahrhunderts: der französische Historiker Philippe Ariès und der amerikanische Psychohistoriker Lloyd deMause. Beide untersuchen den Wandel der Kindheit im Spannungsfeld von Entfaltung und Reduktion und betrachten „Kinder als gesonderte Gruppe und mit spezifischen Bedürfnissen, [die] in das Blickfeld des pädagogischen Interesses geschichtlich erst dann geraten, wenn sie aus der Welt der Erwachsenen ausgegliedert werden und als Sonderbereich gelten […] und Kinder vor allem als eigenständige Menschen anerkannt werden.“[11] Im Detail unterscheiden sich Ariés und deMause in ihren Ansätzen: Während der Erstere den Beginn der Moderne als Beginn der Leidenszeit für Kinder ansieht, da sie aus ihrer Ungezwungenheit herausgerissen und durch pädagogische Maßnahmen eingeschränkt wurden, versteht der Letztere die Geschichte der Kindheit als Fortschrittsgeschichte, welche die heutige liebende, umsorgende und beschützende Haltung der Eltern gegenüber ihren Kindern erst möglich gemacht hat.
Für Ariés hat das erzieherische Interesse, das sich mit dem Beginn der Moderne entwickelte, wie bereits erwähnt nicht nur positive Aspekte. Die Familie als geistige und moralische Institution, die das Kind auf das Leben vorbereiten soll, reißt es gemeinsam mit der Schule als bildende Institution aus der Welt der Erwachsenen heraus und nimmt ihm dadurch sämtliche Freiheiten, die es bis dahin genossen hat. In dieser neuen Gesellschaft, die „von den physischen, moralischen und sexuellen Problemen der Kindheit geradezu besessen“[12] ist, erhält jede Lebensform ihren bestimmten gesonderten Raum, wodurch es zu einer Intoleranz von Vielfalt und einem Streben nach Uniformität kommt. Ariés lässt bei seiner Darstellung der Entdeckung der Kindheit als Last für das Kind die Grausamkeiten und Qualen außer Acht, denen die Kinder der Vergangenheit ausgesetzt waren und die gerade durch eine „Konventionalisierung“ der Kindheit eingeschränkt und schließlich unterbunden werden konnten. Diesen größtenteils unmenschlichen Verhaltensweisen gegenüber Kindern von der Antike bis nahezu in das neunzehnte Jahrhundert widmet sich Lloyd deMause eingehend[13].
2.1.1 Lloyd deMauses Evolution der Kindheit
DeMause räumt den Erwachsenen drei Arten von Reaktionen auf die Bedürfnisse des Kindes ein: die projektive Reaktion, die das Kind als Vehikel für die Projektion von Inhalten des eigenen Unterbewusstseins benutzt; die Umkehr-Reaktion, die das Kind als Substitut für einen Erwachsenen verwendet; und die empathische Reaktion, bei der auf die Bedürfnisse des Kindes eingegangen und versucht wird, sie zu befriedigen. In der Vergangenheit kam es bei Eltern häufig zu einer Kombination von projektiver und Umkehr-Reaktion, wodurch das Kind sowohl als schlecht, als auch als liebenswert angesehen wurde. Dieses Vorhandensein von widersprüchlichen Einstellungen von Seiten der Eltern bedingte die Position und die Aufgabe des Kindes, als Mittel der Abwehr die bedrückenden Ängste der Erwachsenen zu reduzieren.[14]
Weiters stellt deMause die Kindheitsentwicklung als eine „kontinuierliche Abfolge zunehmend engerer Beziehungen zwischen Eltern und Kindern dar, die dadurch zustande kommt, daß jede neue Elterngeneration ihre Ängste allmählich überwindet und die Fähigkeit entwickelt, die Bedürfnisse ihrer Kinder zu erkennen und zu befriedigen“[15].
Die erste Variante des Verhältnisses zwischen Eltern und Kindern, „Kindsmord“, reicht von der Antike bis in das vierte Jahrhundert nach Christus. Das Töten von illegitimen Kindern wurde sogar bis in das neunzehnte Jahrhundert hinein als normal empfunden. In der Antike wurden Zweitgeborene oder Mädchen regelmäßig getötet, wodurch es zu einem starken Ungleichgewicht der Geschlechter kam. Weitere scheinbar gerechtfertigte Beweggründe für die Tötung von Kindern waren Opfergaben oder Aberglaube, wie zum Beispiel das Einmauern von Kindern in Brücken, um den Bauwerken einen größeren Halt zu geben, oder Rachegelüste, die durch Tötung der Kinder des Feindes befriedigt wurden. Eine andere Möglichkeit, meist unerwünschte Kinder loszuwerden, war die Weitergabe an angebliche Ammen, die dafür sorgten, dass das junge Leben bald beendet war. Wenn ein Kind nicht bewusst getötet wurde, so wurde es häufig vom Bedürfnis der Erwachsenen erfasst, es zu verstümmeln, zu verbrennen, zu schütteln oder herumzuschleudern. Kinder wurden als Wurfbälle benutzt, in kalte Flüsse getaucht oder durch andere „Behandlungen“ gequält, wodurch fast die Hälfte aller Neugeborenen und Kleinkinder um das Leben kamen. Die zweite Variante, „Weggabe“, tritt vor allem zwischen dem vierten und dem dreizehnten Jahrhundert auf. Sogar bis zum achtzehnten Jahrhundert war es vor allem bei wohlhabenden Eltern üblich, die eigenen Kinder in den ersten Jahren in die Obhut einer Amme zu geben. Die extremste Art der Weggabe war der Verkauf von Kindern, gefolgt von der Funktion von Kindern als politische Geiseln oder als Sicherheiten bei Schulden. Die dritte Variante, „Ambivalenz“ (die körperliche Formung des Kindes), war vom vierzehnten bis zum siebzehnten Jahrhundert weit verbreitet. Um Kinder in der Vergangenheit ruhig zu halten, wurden sie mit Opium oder Likör versorgt, mit Bändern vollständig umwickelt und so am Gebrauch der Gliedmaßen gehindert, oder sogar an einem Tragebrett festgebunden. So erforderten sie bloß minimale Aufmerksamkeit seitens der Erwachsenen. Die Tradition des Wickelns und Festbindens bestand bis in das achtzehnte und teilweise neunzehnte Jahrhundert. Um Kinder rein zu halten, wurden sie ebenfalls bis in das achtzehnte Jahrhundert mit Hilfe von Abführmitteln und Klistieren „gesäubert“. Erst im neunzehnten Jahrhundert verbreiteten sich die Verwendung des Töpfchens und die Reinlichkeitserziehung. Um Kinder zu disziplinieren, wurden sie bei jeder Gelegenheit und oft auch ohne Grund geschlagen, und zwar mit Instrumenten verschiedenster Art: Peitschen, Schaufeln, Stöcke, Ruten etc. Erst in der Renaissance wurde eine gewisse Milde beim Züchtigen von Kindern gefordert und im achtzehnten Jahrhundert kam es zu einem Rückgang des Schlagens – es wurde oft durch andere Maßnahmen wie das Einsperren in dunklen, engen Räumen ersetzt.[16]
Hier wird deutlich, dass das Verhältnis zu Kindern in der Vergangenheit durch Projektionen und nicht durch wirkliche Empathie bestimmt war. Im Gegenteil: Nicht die geringste Form der Einfühlung in kindliche Bedürfnisse scheint vorhanden gewesen zu sein. „Was den Eltern in der Vergangenheit fehlte, war nicht Liebe, sondern eher die emotionale Reife, die nötig ist, um das Kind als eine eigenständige Person anzuerkennen.“[17]
Mit der vierten Variante, „Intrusion“, die im achtzehnten Jahrhundert dominierte, wurde langsam echte Empathie möglich. Die Mutter selbst stillte nun das Kind, es wurde nicht mehr regelmäßig geschlagen und nicht mehr als lästig oder bedrohlich empfunden. So kam es auch zu einem Rückgang der Kindersterblichkeit und die Grundlage für einen endgültigen Wandel der Eltern-Kind-Beziehung wurde vorbereitet. Die fünfte Variante, „Sozialisation“, war vom neunzehnten bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts weit verbreitet. Im Mittelpunkt des elterlichen Interesses standen die Ausbildung, Anpassung und Sozialisation des Kindes. Nun begann auch der Vater erstmals, wirkliches Interesse an seinen Kindern zu zeigen und bei deren Erziehung konstruktiv mitzuwirken. Die sechste und letzte Variante, „Unterstützung“, reicht von der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Heutzutage wird verstärkt die Auffassung vertreten, dass das Kind selbst am Besten weiß, was es in jedem Stadium seines Lebens braucht. Eltern versuchen, sich in die kindlichen Bedürfnisse einzufühlen und sie zu erfüllen, Kinder werden im Idealfall weder geschlagen noch gescholten, sondern es wird mit ihnen gesprochen und diskutiert.[18]
Mehr zur Kindheit der Gegenwart und zur sozialen Umgebung, in die das Kind von heute – in der westlichen Welt – eingebettet ist, folgt nun in Kapitel 2.1.2.
2.1.2 Kindheit heute
Heutzutage gilt die Familie auf Grund der eben besprochenen Entwicklungen als einflussreichste Sozialisationsinstanz. Kinder sind häufig Wunschkinder und werden umhegt und gepflegt, Eltern verfolgen die Idee einer perfekten Sozialisation – Ziel ist das „perfekte Kind“. Eine solche elterliche Anspruchshaltung und die Bedürfnisse der Kinder lassen sich oft schwer vereinbaren.[19]
Trotz dieser bis vor kurzem unbekannten Entwicklung der Kinderwelt gibt es bereits Zeichen der kindlichen Verarmung in Form von Interesselosigkeit, Unmotiviertheit, Konsumorientiertheit oder Bewegungsarmut.[20] Die Kinder der Gegenwart bekommen einerseits zwar alles, was sie brauchen und ihnen wird im Vergleich zu früher sehr hohe Aufmerksamkeit von Seiten der Erwachsenen zuteil, durch die sich ständig verändernden Rahmenbedingungen der Sozialisation – vor allem durch die Massenkultur und die Schnelllebigkeit – kann es jedoch zu psychischer Verwahrlosung und Vereinsamung kommen.
Rolff und Zimmermann (1997) zeigen drei Entwicklungslinien dieser gegenwärtigen kindlichen Sozialisationstendenzen auf: Zum Ersten die Reduktion von Eigentätigkeit, zum Zweiten die Medialisierung der Erfahrungen und zum Dritten die Expertisierung der Erziehung. Nachdem in der Nachkriegszeit die Kinderwelt als absatzträchtiger Markt entdeckt wurde, was sich vor allem in der Produktion von Spielzeug und im Angebot von kinderspezifischen Dienstleistungen äußerte, kam es zu einem Verlust der Eigentätigkeit hinsichtlich des kreativen Selbermachens. Das Kind begann, sich durch käufliche Waren zu identifizieren. Durch das Massenmedium Fernsehen wurde und wird die bisher dominierende verbalargumentative Aneignungsweise durch eine neue ikonische ersetzt. Die zunehmende Medialisierung beeinträchtigt die Fähigkeit der Phantasie, eigene Erfahrungen zu organisieren und der schöpferische, kreative Erfahrungserwerb wird durch die einseitige Beziehung zwischen Kind und Medium immer mehr beschränkt. Der Erziehungsstil hat sich seit dem Zweiten Weltkrieg von einem patriarchalischen über einen repressiven in den fünfziger Jahren zu einer Art fürsorgliches Verwaltungshandeln in den sechziger Jahren gewandelt, welchem durch die Einführung vieler professioneller Einrichtungen Rechnung getragen wurde. Durch diese „Spezialisten“ für Kindererziehung entwickelte sich diese zu einem wissenschaftsorientierten und professionellen Arbeitsfeld und führte zu einer Entpersönlichung der zwischenmenschlichen Beziehungen. Eltern werden ihrer Erziehungsfähigkeit sozusagen enteignet und die Verantwortung wird ihnen teilweise entzogen. Auch die zunehmende Durchorganisierung der kindlichen Freizeit in Form von sportlichen Aktivitäten oder anderen Tätigkeiten führt zu Überlagerungen und permanenter Zeitnot.[21]
Einerseits sozialisieren sich die Kinder der Gegenwart wie aufgezeigt über die Massenkultur, andererseits wird von ihnen aber auch eine stärker eigenständige Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt gefordert. Sie planen ihre Freizeit zunehmend selbst und werden wie kleine Erwachsene behandelt. So wird der Kinderalltag immer mehr zur (selbst-)organisierten „Verinselung“ und die Gefahr der Überforderung ist groß.[22]
Aus diesen Tendenzen wird ersichtlich, dass sich das Leben der Kinder auch im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts, vor allem aber seit Ende des Zweiten Weltkrieges, grundlegend gewandelt hat und durch neue Tendenzen wie die zunehmende Individualisierung und die zugleich vorherrschende Massenkultur ein neuer Sozialcharakter entstanden ist.
Nachdem nun die sozialen Aspekte des Kindseins betrachtet wurden, folgt in Kapitel 2.2 eine Darstellung der psychischen Entwicklungsprozesse des Kindes.
2.2 Geistige Entwicklung des Kindes
Die Entwicklungspsychologie des Kindes beschäftigt sich mit der Untersuchung des kindlichen Entwicklungsprozesses. Bis zum Ende der sechziger Jahre konzentrierten sich diese Untersuchungen hauptsächlich auf die psychosexuelle Entwicklung und den Erwerb der Sprache. Während zum Beispiel Sigmund Freud ausschließlich die emotionalen und psychosexuellen Prozesse im Kind erforschte, beschäftigte sich Jean Piaget mit der Denkfähigkeit des Kindes und mit dem Weg hin zum logischen Denken. Beide kamen unabhängig voneinander zu dem Schluss, dass sich die kindliche Entwicklung in Phasen vollzieht. Im Allgemeinen standen die verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen zueinander kaum in Kontakt und erst in den siebziger Jahren wurden die Parallelen zwischen den Theorien der Entwicklung in Stufen von Freud und Piaget offensichtlich. Später wurden diese Phasenmodelle, denen durchaus eher einseitige Theorien zu Grunde liegen, zur Grundlage bzw. Ausgangsposition für eine neue Sichtweise des Kindes als soziales Wesen, dessen Fähigkeiten sich vielfältig, flexibel und vor allem lebenslänglich weiter entwickeln.[23]
Die nun folgenden entwicklungspsychologischen Modelle beschäftigen sich beide mit der psychischen Entwicklung eines Menschen von seiner Geburt an. Während Jean Piaget ein Stufenmodell entworfen hat, das die Kindesentwicklung ungefähr mit dem fünfzehnten Lebensjahr enden lässt (Kapitel 2.2.1), hat Erik H. Erikson ein anderes Stufenmodell – nämlich jenes von Sigmund Freud – als Grundlage für sein eigenes, das gesamte Menschenleben umfassende Modell benutzt (Kapitel 2.2.2). Beide Theorien haben gemeinsame Ansätze, aber auch kontroverse Ansichten und zusammen geben sie einen übersichtlichen Einblick in die kindliche Psyche und deren Fähigkeiten in den jeweiligen Altersabschnitten. Außerdem verdeutlichen diese Ansätze, dass bestimmte Anforderungen, Belastungen und Entscheidungen erst ab einem gewissen Entwicklungsstand erfolgreich bewältigt werden können. Ein kurzer Einblick in die theoretischen und praktischen Faktoren des kindlichen Spracherwerbs (Kapitel 2.2.3) aus den Perspektiven Piagets, Chomskys und des Ehepaares Stern verdeutlicht einerseits die Entwicklung der sprachlichen Kompetenz von Geburt an und andererseits die Grenzen des Sprachgebrauchs und damit der sprachlichen Ausdrucksmittel des Kindes in seinem Entwicklungskontext. Kapitel 2.2.4 schließt mit der Einbindung der kindlichen Entwicklung in einen therapeutischen Kontext nach Henry Maier die Ausführungen zum Thema „Kind Sein“ ab.
2.2.1 Kognitive Entwicklung nach Jean Piaget
Der Schweizer Entwicklungspsychologe und Erkenntnistheoretiker Jean Piaget (1896 – 1980) nimmt im Bereich der Erforschung der kognitiven Entwicklung, vor allem in Bezug auf Denk- und Erkenntnisprozesse bei Kindern, eine entscheidende Rolle ein. Die Frage, wie Erkenntnis im Kindesalter entsteht und sich im Laufe der menschlichen Entwicklung verändert, steht im Mittelpunkt seines über fünfzig Bücher und mehrere hundert Aufsätze umfassenden Werkes. Piaget selbst bezeichnete seine Theorien, die ausgehend von seiner ursprünglichen Disziplin, der Biologie, entstanden sind, als konstruktivistisch und verband ebendiese Ausgangsposition mit seinem erkenntnistheoretischen Grundinteresse und mit psychologischen Forschungsmethoden. Im Zuge dieser Kombination entstand ein Lebenswerk, welches aus dem Gebiet der Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters nicht mehr wegzudenken ist: Piagets Arbeit hat eine neue Sicht des Kindes als aktiver, kompetenter, qualitativ anderer Interaktionspartner begründet und bestimmt bis heute die neuere Kindheitsforschung wesentlich mit.[24]
Jean Piagets tief greifender Einfluss reicht weit über die Grenzen der Psychologie hinaus: Bereiche wie Soziologie, Biologie, Psychiatrie, Kybernetik oder Anthropologie bemühen sich um eine Disziplinen übergreifende Integration seines Werkes. Doch Eigenschaften wie die spezifische Terminologie, das hohe Abstraktionsniveau, die Vagheit und Breite gewisser grundlegender Konzepte sowie Piagets Ausgangsposition, die Erkenntnistheorie, machen die Rezeption und Integration nicht einfach und geben vor allem aus psychologischer Perspektive auch Anlass zu Kritik.[25]
Die geistige und somit auch die sprachlich-kommunikative Entwicklung des Kindes von der Geburt bis ca. zum fünfzehnten Lebensjahr hat Piaget in drei bzw. vier durch das Alter definierte, invariante Stufen (oder auch: Perioden, Phasen) aufgegliedert. Diese Stufen treten in festgelegter Reihenfolge auf und jede einzelne Stufe bedingt jeweils die darauf folgende. Die sensomotorische Periode (Stufe 1) beginnt mit der Geburt und endet bei ca. eineinhalb oder zwei Jahren; die präoperationale Periode (Stufe 2) tritt mit dem zweiten Lebensjahr ein und geht im siebten Lebensjahr über in die konkretoperationale Periode (Stufe 3); und mit ca. elf Jahren setzt schließlich die formaloperationale Periode (Stufe 4) ein, die höchstens bis zum Alter von fünfzehn Jahren andauert.[26]
Die Piaget’schen Entwicklungsstufen sind unter folgenden Gesichtspunkten entstanden bzw. sollen im Hinblick auf folgende Voraussetzungen verstanden werden: Zum Einen ist die Auffassung, dass Wissen das Ergebnis eines interaktiven Lernprozesses ist, grundlegend und zum Anderen werden die Stufen ausgehend von zwei Grundprozessen der Anpassung an neue Situationen gebildet: Assimilation und Akkommodation. Während die Assimilation als Versuch gesehen werden kann, die Umwelt durch bereits bekannte und bewährte Handlungsschemata zu bewältigen, bezeichnet die Akkommodation die Entwicklung neuer, bisher unbekannter Handlungsmöglichkeiten.[27]
In der sensomotorischen Stufe, also im Zeitraum von der Geburt bis zum achtzehnten bzw. vierundzwanzigsten Lebensmonat, sind Wahrnehmungen und Bewegungen vorherrschend, während Sprache und Denken noch weitgehend fehlen. Trotzdem setzt ca. in der Mitte dieses Stadiums bereits intelligentes Verhalten ein. Charakteristisch für diesen Zeitraum sind der aktive und konstruktive Aufbau von Verständnis gegenüber sich selbst und der Umwelt sowie der ansatzweise Aufbau aller wesentlichen Erkenntnis- und Wissensstrukturen. Daher gilt die sensomotorische Stufe als eine Art „Datenbasis“[28] für zukünftige Denkprozesse. Piaget selbst schreibt dazu: „Alles in allem nimmt also das entstehende Denken […] seinen Ursprung in der Differenzierung von Bezeichnungen und bezeichneten Gegenständen und fußt gleichzeitig auf der Bildung der Symbole und der Entdeckung der Zeichen.“[29]
Innerhalb dieses Entwicklungsabschnittes können wiederum sechs Stadien unterschieden werden: die Übung angeborener, unkoordinierter Reflexe im ersten Lebensmonat (Stadium 1); die Herausbildung elementarer Gewohnheiten zwischen dem ersten und dem vierten Lebensmonat (Stadium 2); die Überschreitung der Schwelle zur Intelligenz im Zeitraum vom vierten bis zum achten bzw. zehnten Lebensmonat (Stadium 3); die Anwendung bekannter Gewohnheiten auf neue Situationen zwischen dem achten bzw. zehnten und dem zwölften Lebensmonat (Stadium 4); das Erwachen des Interesses an Neuem und das kreative Experimentieren im Bereich von einem Jahr bis zu eineinhalb Jahren (Stadium 5); und schließlich der Abschluss der sensomotorischen Stufe und gleichzeitig der Beginn des Übergangs auf die zweite Entwicklungsstufe zwischen eineinhalb und zwei Jahren (Stadium 6).[30]
Die präoperationale Stufe wird manchmal auch mit der darauf folgenden konkretoperationalen Stufe zusammengefasst, unter anderem weil sie einen stark vorbereitenden Charakter besitzt. Sie umfasst die Kindheit vom zweiten bis zum siebten Lebensjahr. Das wohl wichtigste Merkmal dieses Entwicklungsabschnittes ist die semiotische Funktion, also die „Fähigkeit, etwas durch ein Symbol oder ein Zeichen zu repräsentieren“[31]. Das Kind bildet Schritt für Schritt seine operationalen Möglichkeiten aus und verbessert sie laufend. Dieser Prozess ist durchgehend von Erfolgen und Misserfolgen geprägt und es fehlt noch weitgehend ein systematisches Vorgehen. Das kindliche Weltbild in dieser zweiten Phase ist durch einen ausgeprägten Egozentrismus und durch die Unfähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, gekennzeichnet. Denkvermögen und Sprachfertigkeit nehmen deutlich und kontinuierlich zu, während die Unterscheidung zwischen Phantasie und Wirklichkeit noch schwer fällt.
Auch die präoperationale Stufe lässt sich in zwei Stadien einteilen: der Zeitraum des symbolischen Denkens zwischen zwei und vier Jahren, in welchem die ersten logischen Fähigkeiten ansatzweise zum Ausdruck kommen (Stadium 1); und der Zeitraum des anschaulichen Denkens zwischen vier und sieben Jahren, in welchem Koordinierungsversuche einsetzen und die erkannten logischen Beziehungen in Worte gefasst werden (Stadium 2).[32]
Die Grenzen der Möglichkeiten, die Kinder in dieser Entwicklungsphase erreichen, liegen im Bereich des Anschaulichen, Dinglichen, welcher noch nicht überschritten werden kann. Es findet zwar eine „allmähliche Koordinierung der vorstellungsmäßigen Beziehungen […] d. h. eine wachsende Verbegrifflichung, die das Kind bis an die Schwelle der Operationen führt“[33] statt, doch lassen sich noch wesentliche Unausgeglichenheiten und Widersprüchlichkeiten im Denken und Handeln feststellen.
Im Alter von ca. sieben bis elf Jahren befindet sich die kognitive Entwicklung des Kindes auf der konkretoperationalen Stufe, in welcher der Übergang vom reinen Handeln zum Denken vollzogen wird. Zu den wichtigsten Errungenschaften dieser Stufe zählen Operationalität, Reversibilität und Dezentrierung der eigenen Vorstellungen. Unter Operationen versteht Piaget verinnerlichte Handlungen, die in Gedanken vollzogen werden können und reversiblen Charakter besitzen. Diese Reversibilität, also die Möglichkeit, Operationen rückgängig zu machen und zum Ausgangspunkt zurück zu kehren, ist gegenüber den vorher gehenden zwei Stufen, deren Handlungen stets irreversibel sind, neu. Immer komplexere Aspekte des eigenen Tuns und der äußeren Wirklichkeit können durchdacht und verstanden werden und die in der präoperationalen Phase erworbenen Fähigkeiten können systematisch angewandt und koordiniert werden.[34]
Wenn dieses neue logische Nachdenken über sich selbst und die Umwelt auch eine gewisse Selbständigkeit und Situationsunabhängigkeit gewinnt, so ist es doch noch stark auf die eigene Erfahrung und die konkrete Wahrnehmung beschränkt und bezieht sich auf die Bewältigung einer bestimmten, gegebenen Situation. „Die Operationen […] sind also noch ‚konkret’ und nicht ‚formal’: immer mit der Handlung verbunden, geben sie dieser eine logische Struktur […].“[35] Es ist dem Kind in dieser Entwicklungsphase noch nicht möglich, sich mit rein hypothetischen Situationen und Gedankengängen zu befassen.[36]
Ab ca. elf Jahren setzt schließlich die letzte Phase der kognitiven Entwicklung ein, die spätestens mit fünfzehn Jahren vollendet wird: die formaloperationale Stufe. Die Fähigkeit, abstrakt zu denken und Erkenntnis bewusst zu vollziehen, wird von zwei wesentlichen Vorgehensweisen ermöglicht: Deduktion, das heißt die logische Ableitung von Aussagen aus anderen Aussagen mit Hilfe von logischen Schlüssen[37], und Wissenschaftlichkeit. „Das formale Denken besteht […] also im Operieren mit Operationen oder ihren Ergebnissen.“[38] Aussagen sind nun von der Wirklichkeit, von konkreten Objekten und Situationen unabhängig, das Wirkliche wird im Denkvorgang dem Möglichen untergeordnet und alle Möglichkeiten einer Situation können vollständig und systematisch ausgeschöpft werden. Somit wird die letzte Dezentrierung der kindlichen Entwicklung vollzogen. Besonders hervorzuheben ist weiters die neu erworbene Fähigkeit der Selbstreflexion und Selbstkontrolle, also die Fähigkeit, eine Art Protokoll des inneren Handelns anzulegen.[39]
Die Stufen der Psychogenese von Jean Piaget sind nicht ohne Kritik geblieben. Zahlreiche Nachfolger haben seinen Ansatz einerseits aufgegriffen und erweitert, andererseits kritisiert und zu widerlegen versucht.
Kurt Fischer zum Beispiel veröffentlichte 1980 seine „skill theory“, eine Theorie, die als „Fähigkeitsansatz“ bezeichnet werden kann. Fischer lockert Piagets Theorie auf, indem er zwar annimmt, dass sich die jeweiligen Fähigkeiten nach dessen Stufentheorie entwickeln, sich aber die diversen Fortschritte nicht unbedingt alle gleichzeitig von einer Stufe zur anderen weiterentwickeln müssen. Auch Robbie Case entwickelte 1985 eine Weiterführung von Piagets Stufentheorie, und zwar das Fähigkeitskonzept der „exekutiven Kontrollstruktur“. Im Zentrum seiner Annahme steht die Struktur der Ausführung von Steuerprozessen während der Lösung eines Problems. Außerdem nimmt Case eine genauere, spiralige Einteilung der Stufen vor. Fischer und Case wollen Piaget nicht widerlegen, sondern sein Konzept erweitern und verbessern.[40]
Piagets Stufentheorie der kognitiven Entwicklung, welche die Grundlage für die darauf folgenden Stufenmodelle bildet, muss sich vor allem vom Standpunkt späterer Forschungen und Erkenntnissen aus mit folgenden Fragen auseinander setzen: Entwickeln sich alle Leistungsbereiche auf den einzelnen Stufen immer gleichzeitig? Kann die Denkfähigkeit bzw. die Entwicklung dieser durch Trainingsmaßnahmen gefördert und beschleunigt werden? Stellt die formaloperationale Stufe wirklich den Abschluss der geistigen Entwicklung dar? Zu den häufig angeführten Kritikpunkten zählen weiters die ungenaue Ausformulierung der einzelnen Stufen sowie die Unterschätzung von Faktoren wie Sozialisation und kulturelles Umfeld.[41]
Die Stadientheorie von Jean Piaget gilt wie bereits erwähnt in wissenschaftlicher Hinsicht als Basis für darauf folgende Stufentheorien der kognitiven Entwicklung des Kindes und schafft es in entwicklungspsychologischer Hinsicht, die stets zunehmenden Fähigkeiten des Kindes im Laufe seines Aufwachsens auf übersichtliche und verständliche Art und Weise darzustellen. Besonders im Sinne dieser Arbeit wird deutlich, ab welchem Alter bzw. ab welcher Stufe Kinder in der Lage sind, Tatsachen zu verstehen, Anweisungen zu befolgen, Gefühle zu äußern und über sich selbst und ihre Umwelt konstruktiv nachzudenken. Während in der sensomotorischen Phase noch so gut wie kein sprachliches Verständnis möglich ist, können in der präoperationalen und konkretoperationalen Phase bereits Wissen und Information vermittelt werden und das Kind stellt einen durchaus ernst zu nehmenden Gesprächspartner dar. Spätestens in der formaloperationalen Phase kann mit dem Kind als eigenständige Persönlichkeit auch über anspruchsvolle Themen und Entscheidungen gesprochen werden. Diese Aufschlüsselung ist einerseits sehr hilfreich für eine wissenschaftlich begründete Abgrenzung im Rahmen dieser Arbeit, andererseits führt sie zu einem besseren Verständnis der Möglichkeiten und Grenzen bezüglich psychischer Anforderungen an Kinder in den jeweiligen Altersstufen.
2.2.2 Persönlichkeitsentwicklung nach Erik H. Erikson
Ohne Erik H. Erikson (1902 – 1994), einen dänischstämmigen, vor dem Zweiten Weltkrieg in die USA emigrierten Psychoanalytiker und Psychotherapeut sowie Schüler und Freund von Sigmund Freud, wäre an eine Modernisierung der psychoanalytischen Entwicklungskonzepte nicht zu denken gewesen. Erikson beschäftigte sich intensiv mit Kinder- und Entwicklungspsychologie, vor allem mit der Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit. Er vertiefte Freuds Psychoanalyse und baute dessen Ansätze eigenständig aus. Eriksons Position unterscheidet sich insofern von jener Freuds (und diesbezüglich auch von jener Piagets), dass er die Persönlichkeitsentwicklung als lebenslangen und in einen vielschichtigen Kontext eingebetteten Prozess sieht. Außerdem schließt er Gesellschaft und Kultur als Sozialisationsfaktoren mit ein und versucht so, Pädagogik, Psychologie und Sozialwissenschaft miteinander zu verknüpfen. Das seinen Theorien und Modellen zu Grunde liegende Einfühlungsvermögen und seine konstruktive Haltung wurden vor allem durch seine langjährigen Erfahrungen als Kindertherapeut geprägt und machen ihn rückblickend zum „Pionier des Urvertrauens“.[42]
Ausgehend von einer psychoanalytischen Grundorientierung hat auch Erikson ein Stufen- oder Phasenmodell zum seelischen Entwicklungsverlauf erstellt. Dieses bezieht sich nicht nur auf Kindheit und Jugend, sondern umfasst mit seinen insgesamt acht Phasen das gesamte Leben eines Menschen von der Geburt bis in das hohe Alter. Erikson geht davon aus, dass der Mensch im Laufe der Zeit verschiedene psychosoziale Krisen durchlaufen muss, deren positive Bewältigung großen Einfluss auf lebensgeschichtlich spätere Konflikte hat. Jeweils eine dieser Krisen steht im Mittelpunkt einer Stufe und äußert sich in Form eines Entscheidungskonfliktes zwischen zwei Möglichkeiten.[43] Dieses Entwicklungsmodell stellt eine Erweiterung und Fortführung des psychoanalytischen Modells von Sigmund Freud[44] dar, der die Entwicklung hauptsächlich unter dem Aspekt des Triebwandels betrachtet.
Im Gegensatz zu Piagets Stufen, die als Strukturen für diverse Funktionen wie moralisches Urteilen oder logisches Begründen gesehen werden können, sind die Phasen von Erikson gleichzusetzen mit Entscheidungen für neue Funktionen bzw. die Verwendung ebendieser Funktionen durch das Ich. Außerdem werden frühere Stufen durch spätere nicht aufgehoben, sondern bleiben als Hintergrund für die jeweils neue Stufe bestehen.[45]
Erikson selbst spricht von seinen Stufen, zusammen gefasst unter dem Titel „Die acht Phasen des Menschen“, als „eine Reihe von Icheigenschaften […], die aus den kritischen Perioden der Entwicklung erwachsen, Kriterien (und die Identität gehört zu ihnen), mit deren Hilfe das Individuum beweist, daß sein Ich auf einer gegebenen Stufe stark genug ist, den zeitlichen Entwicklungsplan des Organismus mit der Struktur der sozialen Institutionen in Einklang zu bringen.“[46]
Die oral-sensorische Phase, das Säuglingsalter, ist geprägt vom Grundkonflikt zwischen Vertrauen und Urmisstrauen. Ein Grundvertrauen in sich selbst und seine Umgebung kann dann entwickelt werden, wenn der Säugling von seiner Umwelt bekommt, was er braucht (Nahrung, Körperkontakt etc.).
Darauf folgt das Kleinkindalter, auch bezeichnet als anal-urethral-muskuläre Phase, in welcher die Muskelkontrolle sowie die Möglichkeiten der Einwirkung auf die Umwelt und auch der Besitzergreifung der Umwelt zunehmen. Das Kleinkind beginnt bereits, eine gewisse Selbständigkeit zu entwickeln und unabhängig zu werden. Der zentrale Konflikt spielt sich zwischen Autonomie und Scham bzw. Zweifel ab.
Im Spielalter oder in der Phase der Motorik und der Genitalien werden die motorischen Fähigkeiten weiter verbessert und das Kind erobert seine Umgebung mit großer Neugierde und Tatkraft. Da es dabei unvermeidlich auch Tabus berührt und erste Erfahrungen mit Überforderung und Ablehnung seitens der Bezugspersonen macht, ist der Konflikt zwischen Initiative und Schuldgefühl die zentrale zu bewältigende Krise dieser Stufe.
Während der Latenzphase oder des Schulalters beschäftigt sich das Kind mit viel Energie mit dem Erwerb der Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen und wendet viel Fleiß für das Verständnis der Funktionsweise dieser Welt auf. Dieses Streben muss auch von außen anerkannt und unterstützt werden und das Gleichgewicht von Anforderungen und kindlichem Leistungsvermögen muss ausgeglichen sein, damit der Konflikt zwischen Leistung und Minderwertigkeitsgefühl erfolgreich gelöst werden kann.
Die Adoleszenz oder auch die pubertäre Phase ist stark von der Frage „Wer bin ich?“ geprägt. Persönlichkeitsbildung und Persönlichkeitsfindung stehen im Vordergrund und die zentrale Krise dieser Entwicklungsstufe besteht aus den Komponenten Identität und Rollenkonfusion. Weiters kommt es zu Verwirrungen und Unsicherheiten in Bereichen wie Sexualität und sexuelle Identität, Moral, Freundschaft oder Beruf bzw. Schule sowie zu einer Abwehrhaltung gegen (elterliche) Abhängigkeit. Jedoch ist es fraglich, ob die Identitätsfindung wirklich mit erfolgreicher Bewältigung dieser letzten kindlichen oder jugendlichen Stufe abgeschlossen wird, wie Erikson annimmt, oder ob Faktoren wie gesellschaftliche Veränderungen und Erfahrungen die eigene Persönlichkeit nicht auch im Laufe der späteren Lebensentwicklung noch beeinflussen können.[47]
Da für diese Arbeit ausschließlich die psychische Entwicklung in der Kindheit relevant ist, wird auf die drei letzten, das Erwachsenenalter betreffenden Stufen (frühes Erwachsenenalter mit der Krise der Intimität versus Isolierung, Erwachsenenalter mit der Krise der zeugenden Fähigkeit versus Stagnation und Alter mit der Krise der Ich-Integrität versus Verzweiflung) nicht näher eingegangen.
Durch die einleuchtenden Überlegungen zu den wesentlichen Grundfragen des menschlichen Lebens, die auch Laien aus eigener Erfahrung und durch eigene Beobachtung nachvollziehen können, erfreut sich Erik H. Eriksons Entwicklungsmodell auch im nicht-wissenschaftlichen Bereich großer Beliebtheit. Im Sinne der Entwicklungspsychologie thematisiert sein Modell die Entwicklung des Menschen folgendermaßen: ein „lebenslanger, aktiver Prozess der Auseinandersetzung […] mit seiner (sozialen) Umwelt, in dem aus der erfolgreichen Bewältigung von Krisen Stärken erwachsen“[48]. Allerdings werden diese Überlegungen sowie die zentralen Aussagen sehr vage gehalten und es ist nicht klar, welche Prozesse die einzelnen Entwicklungsphasen einleiten und beenden.[49] Außerdem beinhaltet Eriksons Modell der Entwicklung als Bewältigung psychosozialer Krisen, anders als das Piaget’sche Pendant, keine konkrete Unterteilung in klar definierte Altersstufen.
Eriksons Ansatz veranschaulicht, welche elementaren Entscheidungen und Krisen Kinder bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Geburt zu treffen und zu bewältigen haben und dass diese Entscheidungen und Krisen sie das ganze Leben lang begleiten werden. Besonders anspruchsvolle Situationen wie Krankheit und Schmerz müssen daher vor allem bei Kindern immer mit diesem Aspekt im Hintergrund betrachtet werden und dementsprechend sollte auch besonders einfühlsam mit den kleinen Patienten umgegangen werden.
Im Kleinkindalter ist es beispielsweise in dieser Hinsicht besonders wichtig, dass das Kind Fürsorge und Liebe erhält und vor allem in bedrohlichen Situationen nicht allein gelassen wird. Oder im Spielalter sollte besonders einem kranken Kind bereits das Gefühl gegeben werden, dass es eine gewisse Kontrolle über die Situation besitzt und sich aktiv in den Behandlungsprozess einbringen kann. Im Schulalter ist es schließlich für die Verminderung von Angst sehr wichtig, dass ein krankes Kind das Gefühl hat, seine Krankheit oder auch nur einen bestimmten Behandlungsvorgang erfolgreich bewältigen zu können.[50]
Bevor die in diesen Kapiteln erläuterten Modelle der psychischen Entwicklung des Kindes von Piaget und Erikson in einen therapeutischen Kontext eingebunden werden, wird kurz auf den Erwerb der Sprache und der kommunikativen Kompetenz im Kindesalter eingegangen.
2.2.3 Sprachliche und kommunikative Entwicklung
Die Sprache als Mittel der Kommunikation wird während der ersten drei bis vier Lebensjahre erlernt. Seine Stimme zu benutzen, um Gefühle oder Bedürfnisse auszudrücken, lernt der Mensch bereits als Baby in Form von Schreien oder mehr oder weniger zufrieden klingenden Lauten. Für das erste Wort bzw. den ersten Satz gibt es keinen allgemein gültigen Maßstab; generell wird das erste Wort im Alter von zehn bis vierzehn Monaten gesprochen und zwischen eineinhalb und zwei Jahren beginnen Kinder, kurze Sätze zu bilden und diese auch richtig zu verwenden. Im Alter von fünf bis sechs Jahren sollte das durchschnittlich entwickelte Kind sich verbal korrekt ausdrücken können.
Über die Motivation, die Sprache oder das Sprechen zu erlernen, gab und gibt es verschiedene kontroverse Ansätze. Spracherwerbstheorien von Psychologen wie Gordon Wells oder Burrhus Frederic Skinner besagen einerseits, dass das Erlernen des Sprechens stark von der lehrenden und verstärkenden Tätigkeit der Eltern abhängt. Diese sprechen dem Kind Wörter vor, wiederholen sie und korrigieren Fehler, außerdem loben und belohnen sie es für Erfolge wie richtiges Nachsprechen oder korrekte Aussprache. Nach Auffassung des amerikanischen Linguisten und Philosophen Noam Chomsky andererseits ist die Sprache ein universales Gut, das unabhängig von Lehre und Verstärkung von Seiten der Eltern erlernt wird. Die Fähigkeit zu Sprechen ist von Natur aus vorhanden, angeboren und fest im menschlichen Gehirn verankert.[51]
Unabhängig von der Motivation und den Voraussetzungen des Spracherwerbs kann die Sprache, die im Rahmen einer Kultur weiter gegeben wird, als stark sozialisierendes Element sowie als Mittel, Ziele zu erreichen angesehen werden. Das Kind lernt seine Muttersprache, um Bedürfnisse und Wünsche zu verwirklichen und nicht der Sprache selbst Willen. Sprechen lernen ist eine Art Beobachtungslernen und findet hauptsächlich im familiären und alltäglichen Bereich statt. Die Bezugspersonen verwenden die Sprache als primäre Interaktionsform und heben sie dadurch als Mittel der Bedürfnisbefriedigung besonders hervor. Sprechen lernen ist aber auch eine Art implizites Lernen, denn das komplexe Wissen über die Sprachstruktur wird automatisch und intuitiv erworben und dieser Vorgang kann objektiv nicht erklärt oder beschrieben werden.[52]
Die Sprache und das sprachliche Kommunizieren sind in der zwischenmenschlichen Interaktion unerlässlich. Erst wenn Kinder ihre Muttersprache und damit ihr verbales Kommunikationssystem erlernt und entwickelt haben, werden konstruktive Gespräche über wichtige Themen, wie auch die Gesundheit und das Wohlbefinden, möglich. Abhängig vom Alter und vor allem vom geistigen Entwicklungsstand sind auch Kinder in der Lage, über Probleme zu sprechen und ihre Sorgen und Ängste verbal zum Ausdruck zu bringen.
Der theoretische Diskurs rund um den Prozess des Spracherwerbs kann in zwei große Theoriefamilien unterteilt werden: „Outside-in“-Theorien und „Inside-out“-Theorien. Die erste Gruppe der „Outside-in“-Theorien geht von der Annahme genereller Lernmechanismen aus und bestreitet angeborene sprachspezifische Voraussetzungen im Menschen. Piagets kognitivistische Auffassung des Sprechen Lernens kann dieser Gruppe zugeordnet werden.[53] Die „Inside-out“-Theorien sind hingegen der Ansicht, dass das Erlernen der Sprache und des Sprechens sich von anderen Lernprozessen unterscheidet. Weiters herrscht die Überzeugung vor, dass sprachspezifische Fähigkeiten dem Menschen angeboren sind. Als Vertreter dieser Auffassung kann der oben erwähnte Noam Chomsky genannt werden[54].
Eine im Hinblick auf diese Theoriedebatte neutrale Position nimmt das Psychologenehepaar Clara und William Stern ein, welches Ende des neunzehnten bzw. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts das Sprachverhalten seiner drei Kinder beobachtete und dokumentierte. Stern und Stern halten das Zustandekommen des kindlichen Spracherwerbs „nur in dem ständigen Zusammenwirken der inneren, zum Sprechen drängenden Anlagen und der äußeren Gegebenheit der Umweltsprache, die jenen Anlagen Angriffspunkt und Material zu ihrer Realisierung bietet“[55], für möglich.[56]
Was den „praktischen“ Erwerb der Sprache betrifft, so kann davon ausgegangen werden, dass auch Sprachentwicklungsmodelle Phasenmodelle sind: Die Entwicklung einer Stufe erklärt sich aus der vorhergehenden und die Erwachsenensprache ist das zu erreichende Ziel.[57] Als besonders entscheidend gilt die vorschulische Phase, die Phase des natürlichen Spracherwerbs. Diese Sprech-Sprache bildet die Grundlage für das Erlernen weiterer sprachlicher Fertigkeiten wie die Schriftsprache oder eine Zweitsprache. Der Sprachbeginn ist nicht ein voraussetzungsloses, plötzlich eintretendes Ereignis, sondern das Kleinkind lernt bereits im vorsprachlichen Alter nonverbale Kommunikationsformen, die auf das spätere sprachliche Handeln vorbereiten. Der Erwerb und der Gebrauch von Sprache erfolgt hauptsächlich durch den Aufbau und die Anwendung eines Regelsystems. Doch die Kenntnis dieses Regelwissens erfolgt später als das unbewusst von diesen Regeln geleitete Sprechen.[58] Denn durch die kommunikative Verwendung von Sprache wird die ihr zugrunde liegende Struktur schrittweise erworben und ermöglicht wiederum neue und fortgeschrittene Gebrauchsformen.
Mit der ersten stimmlichen Äußerung, nämlich mit dem ersten Schrei des Neugeborenen kurz nach seiner Geburt, beginnt im weitesten Sinne die phonologische Entwicklung des Sprechens. Die eigentliche phonologische Entwicklung nimmt mit ersten sprachlichen Äußerungen und der Erkenntnis, dass Dinge einen Namen haben, ihren Anfang.[59] Zur Produktion der ersten Wörter kommt es in der Regel zwischen dem zehnten und dem vierzehnten Monat; im darauf folgenden Zwei-Wort-Stadium werden Wortkombinationen entwickelt und die produktive Grammatik beginnt; die Fünfzig-Wörter-Marke wird mit ca. eineinhalb Jahren erreicht. Doch Kinder sind in der Lage, mehr zu verstehen, als sie ausdrücken können, weshalb der an das Kind gerichteten Sprache ein besonderer Stellenwert zukommt.[60] Bevor Kinder Sprache aktiv gebrauchen, verstehen sie also bereits sprachlichen Input. Der Aufbau eines Wortschatzes, der mit zunehmendem Alter immer schneller wächst, ist von zwei wesentlichen Eigenschaften geprägt: Während die ersten dreißig Wörter soziale oder stark kontextgebundene Ausdrücke sind, setzt ab der Fünfzig-Wort-Grenze das Bewusstsein ein, dass alle benannt werden können. Dadurch wächst der Wunsch, alle gesehenen Objekte zu kategorisieren und zu bezeichnen. Im Alter von vier oder fünf Jahren sind Kinder bereits in der Lage, „ohne Punkt und Komma“ zu sprechen und beherrschen prinzipiell ihre Muttersprache, auch wenn ihre grammatikalische Kompetenz noch nicht abgeschlossen ist. Fünfjährige Kinder nehmen sprachliche Informationen zwar auf, verarbeiten sie aber noch nicht konstruktiv. Mit sechs Jahren werden Sprachinformationen bereits unbewusst reorganisiert und ab acht Jahren ist das Kind schließlich in der Lage, selbst Theorien über das Funktionieren der Sprache zu bilden.[61]
Die kindliche Sprache und die kindliche Kommunikation finden nicht nach denselben Regeln und Bedürfnissen statt wie Kommunikation und Interaktion unter Erwachsenen. „Die Sprache des Kindes enthält ihren vollständigen Sinn; lediglich aus Sicht der erwachsenen Normsprache bedarf es einer weitergehenden Verbalisierung der bestehenden Sinnzusammenhänge.“[62] Beim Spracherwerb geht es sozusagen um das Erlernen einer sozialen Praxis, die in der kindlichen Umwelt üblich ist. Kinder eignen sich den Sprachgebrauch im Rahmen bestimmter Konventionen und in ständiger geförderter Interaktion mit Erwachsenen an.
Diese Interaktion mit Erwachsenen ist auch im Falle einer Erkrankung von großer Bedeutung. Den Eltern oder dem Arzt mitzuteilen, wie man sich fühlt und die Fragen und Reaktionen zu verstehen, erfordert eine kommunikative Auseinandersetzung mit den Gesprächspartnern. Mit Hilfe entwicklungspsychologischer Konzepte, wie sie in den Kapiteln 2.2.1 und 2.2.2 vorgestellt wurden, kann das Verhältnis zwischen einem erkrankten Kind und dem erforderlichen Fachpersonal im therapeutischen Kontext betrachtet werden.
2.2.4 Kindliche Entwicklung im therapeutischen Kontext
Allgemeine Stufen oder Stadien der kindlichen Entwicklung, wie sie Jean Piaget oder Erik H. Erikson erstellt haben, helfen dabei, vergangene Entwicklungsstrukturen, gegenwärtige Zustände sowie zukünftige Verhaltensweisen des Kindes in einem objektiven wissenschaftlichen Kontext zu betrachten. Dies ist im medizinischen und therapeutischen Zusammenhang als Ergänzung der subjektiven persönlichen Erfahrungen eines jeden Einzelnen besonders wertvoll.
Henry Maier, der sowohl Piagets als auch Eriksons Theorie der Kindesentwicklung analysiert hat, kommt zu dem Schluss, dass diese Entwicklung drei Dimensionen aufweist, die nacheinander durchlaufen werden: Affektivität, Verhalten und Kognition. Das Kind erlebt eine neue Situation zuerst affektiv, bevor es dann in der Lage ist, sie zu begreifen, zu erklären und nutzbar zu machen. Im Rahmen dieser Dimensionen kommt es zu unterschiedlichen Formen von Abhängigkeit, die zugleich auch eine Handlungsfreiheit und eine gewisse Unabhängigkeit bedingen. Diese Abhängigkeitsphasen müssen auch im Rahmen eines ärztlichen Gesprächs berücksichtigt werden und geben dem erwachsenen Gesprächspartner des Kindes die Möglichkeit, sich in Hinblick auf dessen Entwicklungsstand angemessen zu verhalten und so das Gespräch in seinem Sinne möglichst erfolgreich zu gestalten.[63]
Die erste Phase, die Maier als „Aufbau der Abhängigkeit von der Abhängigkeit“ bezeichnet, prägt die ersten Lebensjahre des Kindes. Hier muss besonders die hohe Verletzlichkeit und die empfindliche Reaktion auf Veränderungen berücksichtigt werden. In Phase zwei, im „Aufbau der Abhängigkeit von Selbstversorgung“, welche das nun sprechende Kleinkind betrifft, dient in erster Linie das Spiel als Informationsquelle verbaler und nonverbaler Art und drückt meist mehr aus, als durch ein Gespräch in Erfahrung gebracht bzw. verständlich gemacht werden kann. Sobald sich das Kind auch außerhalb seiner familiären Umwelt zu bewegen beginnt, tritt Phase drei ein, der „Aufbau bedeutungsvoller sekundärer Abhängigkeit von primären Beziehungen“. Das Kind als bereits selbständige Persönlichkeit versucht, Probleme eigenständig zu lösen, immer in Hinblick auf die Absicht, voran zu kommen. Es beschäftigt sich aber immer nur mit einem Problem und unterscheidet nur zwischen gut und schlecht. Erst in der vierten Phase, dem „Aufbau der Abhängigkeit von persönlicher Kompetenz und sekundären Beziehungen“ wird das Autonomiestreben stärker und Begriffe wie Regeln und Rollen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Das Kind verhält sich weitgehend kooperativ, ergreift schnell Eigeninitiative und übernimmt Verantwortung.[64]
Der kindliche Entwicklungsstand wird also zusammenfassend fest gestellt durch die bestehende Form der Abhängigkeit, die Wahrnehmungsfähigkeit der fünf Sinne, den Bewusstseinsstand dieser Wahrnehmungen und den Grad des Verständnisses der durchlebten Erfahrungen. Für die Seite der „Helfer“, also im Fall dieser Arbeit für die Ärzte und das Pflegepersonal, aber auch für die Eltern und Bezugspersonen, ist es in jeder Hinsicht wichtig, das Bewusstsein zu bewahren, dass die individuelle Entwicklung eines jeden Menschen niemals endgültig abgeschlossen ist und nie vollkommen gleichmäßig in allen Bereichen verläuft. Es dominieren immer bestimmte emotionale, kognitive oder behaviorale Entwicklungsmuster im Vergleich zu den durchschnittlichen objektiven Mustern der einzelnen Entwicklungsstufen. Eine therapeutische Intervention wie zum Beispiel ein ärztliches Gespräch muss sowohl auf die objektive alterstypische Entwicklungsstufe des jungen Patienten abgestimmt sein, als auch auf jene bestimmten Elemente anderer Entwicklungsstufen, die subjektiv auf das einzelne Kind zutreffen.[65]
Die in diesem Kapitel 2 beschriebenen Entwicklungsstränge, die jedes Kind individuell durchlebt, geben auch Aufschluss darüber, wie es sich in belastenden Situationen jeweils verhält und welche speziellen Bedürfnisse es zum Beispiel im Falle einer Erkrankung hat. Mit der kognitiven Entwicklung und der sozialen Einbettung verbunden sind vor allem auch die persönlichen Vorstellungen von Krankheiten, Krankenhäusern oder auch vom Tod sowie gewisse Formen der Bewältigung schwieriger Erlebnisse wie zum Beispiel eine Erkrankung oder ein Klinikaufenthalt. Diese „Einführung“ in die psychische Entwicklung dient als Grundlage für Kapitel 3, welches sich mit kranken Kindern und Kindern im Krankenhaus beschäftigt.
[...]
[1] Topf. In: Kinderanalyse, 3/1997. S. 292.
[2] Gottschlich, 1998. S. 6.
[3] Ebd. S. 7.
[4] Hommel. In: Ärzte Zeitung, 18.09.06. Auf: http://www.aerztezeitung.de/docs/2006/09/18/165a1601.asp?cat=/magazin/humor. Zugriff: 04.10.06.
[5] Diese Beobachtung wurde u. a. im Rahmen einer täglichen Medienanalyse zu den Themen „Kind im Krankenhaus“ und „Kommunikation mit Kindern im Krankenhaus“ gemacht, die von der Verfasserin dieser Arbeit im Zeitraum Mai bis Oktober 2006 im deutschsprachigen Raum durchgeführt wurde. (Anm. d. Verf.)
[6] Vgl. Kranke Kinder als Menschen sehen. In: Dolomiten Nr. 194, 25.08.06. S. 28.
[7] Vgl. Burkart, 1998. S. 33.
[8] Vgl. Watzlawick/Beavin/Jackson, (1990) 1993. S. 51. Burkart vertritt diese Ansicht nicht, sondern betont den bewusst intentionalen Charakter von Kommunikation. Vgl. Burkart, 1998. S. 22f.
[9] Sozialisation: individuelle Aneignung von Kultur, von gesellschaftlichen Erfahrungen mit Hilfe der Sprache als Bedeutungssystem, das die gegenständliche Welt und alle sozialen Beziehungen symbolisiert. Vgl. Rolff/Zimmermann, 1997. S. 69 – 74.
[10] Vgl. Rolff/Zimmermann, 1997. S. 10.
[11] Ebd. S. 12.
[12] Ariés, 1975. S. 560.
[13] DeMause, Lloyd (Hg.). Hört ihr die Kinder weinen. Eine psychogenetische Geschichte der Kindheit. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1980.
[14] Vgl. deMause. In: deMause (Hg.), 1980. S. 20ff.
[15] Ebd. S. 82.
[16] Vgl. ebd. S. 46 – 70.
[17] Ebd. S. 35.
[18] Vgl. ebd. S. 83ff.
[19] Vgl. Rolff/Zimmermann, 1997. S. 39f.
[20] Vgl. ebd. S. 148.
[21] Vgl. ebd. S. 150 – 161 u. 188.
[22] Vgl. ebd. S. 195.
[23] Vgl. Cohen, 1997. S. 78 – 81.
[24] Vgl. Fatke. In: Piaget, 2003. S. 7.
[25] Vgl. Décarie/Solomon. In: Steiner (Hg.), 1978. S. 401 u. 419.
[26] Vgl. Piaget, 2003. S. 65f. und vgl. Scharlau, 1996. S. 31.
[27] Vgl. Dörner. In: Hetzer/Todt/Seiffge-Krenke/Arbinger (Hg.), 1990. S. 107.
[28] Ebd. S. 108.
[29] Piaget, 1972. S. 143.
[30] Vgl. Scharlau, 1996. S. 32 – 36 und vgl. de Kuiper, 1999. S. 20f.
[31] Scharlau, 1996. S. 40.
[32] Vgl. ebd. S. 39 – 47.
[33] Piaget, 1972. S. 146.
[34] Vgl. Scharlau, 1996. S. 47 – 55 und vgl. de Kuiper, 1999. S. 22f.
[35] Piaget, 1972. S. 165.
[36] Vgl. Dörner. In: Hetzer/Todt/Seiffge-Krenke/Arbinger (Hg.), 1990. S. 117.
[37] Vgl. Duden. Fremdwörterbuch, 2001. S. 198f.
[38] Piaget, 1972. S. 168.
[39] Vgl. Scharlau, 1996. S. 55 – 57 und vgl. Dörner. In: Hetzer/Todt/Seiffge-Krenke/Arbinger (Hg.), 1990. S. 119.
[40] Vgl. Schott. In: Hetzer/Todt/Seiffge-Krenke/Arbinger (Hg.), 1990. S. 124 – 134.
[41] Vgl. ebd. S. 122ff. und vgl. Scharlau, 1996. S. 70f.
[42] Rutschky. In: FAZ Nr. 111, 14.05.94. S. 27.
[43] Vgl. Rothgang, 2003. S. 83f.
[44] Die Triebtheorie der Psychoanalyse teilt die Entwicklung des Menschen von der Geburt bis zum zwanzigsten Lebensjahr in fünf Phasen ein: die orale Phase, die anale Phase, die phallische Phase, die Latenzperiode und die genitale Phase. Die unterschiedlichen Formen der Triebbefriedigung stehen hier im Mittelpunkt. Vgl. Ebd. S. 75ff.
[45] Vgl. Kohlberg, 1996. Tabelle 2, S. 114.
[46] Erikson, 1991. S. 240.
[47] Alle in diesem Absatz beschriebenen Stufen: Vgl. Rothgang, 2003. S. 83 – 87 und vgl. de Kuiper, 1999. S. 24 – 27 und vgl. Erikson, 1991. S. 241 - 258.
[48] Rothgang, 2003. S. 91.
[49] Vgl. ebd.
[50] Vgl. de Kuiper, 1999. S. 25f.
[51] Vgl. Cohen, 1997. S. 288 – 291.
[52] Vgl. Reimann, 2004. Auf: http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Erziehungsbereiche/s_613.html. Zugriff: 11.05.06.
[53] Piaget geht davon aus, dass die kognitive Entwicklung (siehe Kap. 2.2.1) die sprachliche Entwicklung determiniert. Sprache wird demnach durch die Entwicklung der sensomotorischen Schemata vorbereitet. Die wichtigste Form des kindlichen Sprachgebrauchs ist die egozentrische Sprache, die eine begleitende Dokumentation des eigenen Tuns darstellt. Diese egozentrische Sprache wandelt sich im Alter von ca. sieben Jahren in eine sozialisierte Sprache. Dem Einfluss der Umweltbedingungen auf diese Entwicklung misst Piaget nur einen geringen Stellenwert zu. Vgl. Bruner. In: Martens (Hg.), 1979. S. 13 und vgl. Kegel, 1987. S. 98f. und vgl. Stern/Stern, (1928) 1987. S. 146f.
[54] Der amerikanische Linguist Noam Chomsky verfolgt mit seiner „generativen (Transformations-) Grammatik“ einen nativistischen Ansatz. Demnach wird dem Kind bereits bei seiner Zeugung die Natur der Sprache mitgegeben und die Anlage zum Spracherwerb ist jedem Menschen angeboren. Vgl. Kegel, 1987. S. 102 u. die von Piaget erstmals 1927 veröffentlichte Tabelle S. 103.
[55] Stern/Stern, (1928) 1987. S. 129.
[56] Nach Clara und William Stern existieren drei Grundtendenzen des Sprachgebrauchs: die expressive, die soziale und die intentionale. Zu diesen „inneren“ Bedingungen hinzu kommt die Sprache der Umwelt und das Zusammenwirken dieser beiden Faktoren bildet die Voraussetzung für den kindlichen Spracherwerb. Vgl. Stern/Stern, (1928) 1987. S. 125 – 129.
[57] Vgl. Kannengieser, 2003. S. 37.
[58] Vgl. Spitznagel. In: Hetzer/Todt/Seiffge-Krenke/Arbinger (Hg.), 1990. S. 167f, 170 u. 177.
[59] Vgl. ebd. S. 182 – 186.
[60] Vgl. Grimm. In: Oerter/Montada (Hg.), 1995. S. 714ff.
[61] Vgl. Grimm. In Oerter/Montada (Hg.), 1995. S. 719f., 725. u. 729f.
[62] Vgl. Kannengieser, 2003. S. 27.
[63] Vgl. Maier, 1983. S. 298 – 300.
[64] Vgl. ebd. S. 307 – 312.
[65] Vgl. ebd. S. 300 u. S. 336f.
- Arbeit zitieren
- Katrin Parigger (Autor:in), 2006, Arzt-Kind-Kommunikation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78623
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