Giorgio Agamben führt in seinem Buch ‚Homo sacer‘ eine neue politische Kategorie ein, die er als die originäre Produktionsleistung der Souveränität bezeichnet: das ‚nackte Leben‘. Das ‚nackte Leben‘, das eine Mischung aus den antiken Begriffen zoé (die einfache Tatsache des Lebens an sich) und bíos (die politische Existenz des Lebenden, die speziell menschliche Lebensform), ist bei Agamben nicht nur der Ort des unmittelbaren Zugriffs der souveränen Macht auf den Einzelnen und das geheime Fundament der souveränen Macht in der Moderne, sondern es ist vor allem ein Leben, das nicht in der inneren Gemeinschaft, im Normalzustand leben kann. Das ‚nackte Leben‘ ist durch eine besondere Bewegung, die Agamben den Bann nennt, sowohl mit dem Ausnahme- wie mit dem Normalzustand verbunden. Der Bann wirkt zugleich einschließend wie ausschließend, d.h. er schließt durch seinen Ausschluß ein und organisiert durch die Entscheidung über die Ausnahme die Grenzen von Außen und Innen immer aufs neue.
Wir wollen die Theorie Agambens von mehreren Seiten aus betrachten. Wir beginnen mit der Klärung der wichtigsten Begriffe, wollen dann das Konzept von Macht und Souveränität kritisch beleuchten. Wir werden hierbei besonders auf den Vergleich mit Foucault eingehen, von dessen Theorie ausgehend Agamben den Begriff der Biomacht entwickelt. Im Hinblick auf die moderne neoliberale Gouvernementalität wollen wir dann versuchen die jeweiligen Stärken der beiden Theorien herauszuarbeiten.
Abschließend werden wir uns der, von Agamben als Charakteristikum der Moderne bezeichneten Bewegung des Grenzen-/Schwellenziehens, also des Differenzierens zwischen Innen und Außen, eingehend widmen. Im Vergleich mit Slavoj Zizeks These von der Angst vor dem Diebstahl des Genießens und Ernesto Laclaus Analyse vom Funktionieren ideologischer Schließungen wollen wir die Schwächen des monokausalen Ansatzes Agambens anhand von möglichen Anknüpfungspunkten diskutieren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Eine Kritik vorweg...
- Der permanente Ausnahmezustand...
- I. Teil - Naturzustand und Rechtszustand
- Die Zone der Ununterschiedenheit
- Der Bann...
- Das nackte Leben.....
- II. Teil - Agamben und Foucault
- Die Macht zum Leben.......
- Bio-Macht und Gouvernementalität.
- Der Rassismus bei Foucault.......
- Agamben - die Bio-Macht jenseits von Gut und Böse......
- Die Politisierung des , nackten Lebens.
- Souveränität und Demokratie
- Moderne Bio-Politik
- Schwelle...........
- Individualismus und neoliberales Selbstmanagement
- III. Teil - Inclusion/Exclusion
- Die ideologische Codierung der Bann-Bewegung......
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit Giorgio Agambens Theorie des, nackten Lebens' und seiner Kritik an Michel Foucaults Konzept der Gouvernementalität. Sie analysiert, wie Agamben den Begriff des Konzentrationslagers verwendet, um die Funktionsweise der souveränen Macht in der Moderne zu erklären und wie er die Rolle der Biomacht im Kontext des Neoliberalismus untersucht.
- Das Konzept des, nackten Lebens' als zentrale Kategorie der souveränen Macht
- Die Analyse des Ausnahmezustands und seiner Verbindung zum Normalzustand
- Der Vergleich von Agambens Theorie mit Foucaults Konzept der Biomacht
- Die Bedeutung des Bannens als Mechanismus der Ein- und Ausschließung
- Die Kritik an Agambens Theorie und die Diskussion alternativer Perspektiven
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt Giorgio Agambens Theorie des, nackten Lebens' vor und erläutert die Kritik an seinem Konzept des Konzentrationslagers. Sie skizziert die wichtigsten Themen der Arbeit, wie die Analyse der souveränen Macht und die Verbindung zu Foucaults Gouvernementalität.
- I. Teil - Naturzustand und Rechtszustand: Dieser Teil befasst sich mit Agambens zentralen Begriffen, wie der Zone der Ununterschiedenheit, dem Bann und dem, nackten Leben'. Er analysiert die Beziehung zwischen dem Naturzustand und dem Rechtszustand und die Rolle des souveränen Ausnahmezustands.
- II. Teil - Agamben und Foucault: Dieser Teil vergleicht Agambens Theorie mit Foucaults Konzept der Biomacht. Er analysiert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen beiden Ansätzen und untersucht die Rolle der Biomacht in der modernen Gesellschaft.
- III. Teil - Inclusion/Exclusion: Dieser Teil beleuchtet die ideologische Codierung der Bann-Bewegung und analysiert, wie Agamben die Prozesse der Ein- und Ausschließung in der modernen Gesellschaft begreift.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Begriffen der politischen Philosophie, wie Biomacht, Gouvernementalität, Ausnahmezustand, Bann, nacktes Leben, Souveränität und Demokratie. Sie analysiert die Bedeutung dieser Konzepte für die Funktionsweise der modernen Gesellschaft und die Herausforderungen, die sich aus der zunehmenden Kontrolle und Steuerung des Lebens ergeben.
- Quote paper
- Kerstin Weich (Author), 2002, Giorgio Agambens "Homo sacer" und Michel Foucaults "Gouvernementalität": Verbannung, Ausnahmezustand und Neoliberalismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78686