Teil I. Literatur und Kriminalität - Allgemeine Betrachtungen
Die Kriminalgeschichte- zwischen den Diskursen
Der Verbrecher aus verlorener Ehre von Friedrich Schiller kann in das Genre der Kriminalgeschichten eingeordnet werden.
Der Gegenstand dieser Erzählungen, bzw. handlungsleitendes Motiv ist Kriminalität. Dieses Phänomen ist Bestandteil und Resultat der gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit. Dem Rechtsdiskurs kommt, als Fachdisziplin, die viel und detailliertes Wissen über das Phänomen der Kriminalität produziert, verwaltet und institutionalisiert, ein hegemonialer Status in der Konstruktion von Kriminalität gegenüber anderen Diskursen zu, die ebenso ihren Anteil daran haben. Eine Schnittstelle zu dem literarischen, paraliterarischen und publizistischen Diskurs stellt der simple Befund, dass in der Strafrechtspflege, Rechtstheorie und Rechtsgeschichte das „Erzählen“ eine Rolle spielt. Es finden sich zahlreiche Typen von „Erzählungen“, Schilderungen der Zeugen, der Delinquenten, die Erzählung der Biographie des Inkriminierten oder des Tathergangs, die funktionalisiert, tradiert und institutionalisiert werden. Sowohl der Form als auch der Inhalt dieser Erzählungen ist durchzogen von Mustern und Darstellungsweisen, die dem öffentlichen Diskurs, darunter auch dem literarischem, entstammen. Der juristische Diskurs orientiert sich ständig an dem, worauf er sich richtet. So ist die Bedeutung von einem Begriff wie "Gerechtigkeit" kulturellem, soziologischen und historischen Veränderungen unterzogen, zudem nimmt hat er, je nachdem in welchem Kontext und in welcher Funktion er Anwendung findet, andere Bedeutung. Wolfgang Naucke weist auf die Differenzen zwischen einer poetischen Gerechtigkeit und dem Fach-Strafrecht hin.
Inhaltsverzeichnis
- Teil I. Literatur und Kriminalität - Allgemeine Betrachtungen
- Die Kriminalgeschichte- zwischen den Diskursen
- Öffentlichkeit
- Leserbildung
- Von der Tat zum Täter
- Der Täter- das Ausnahmeexemplar seiner Gattung
- Schwelle I
- Schwelle II
- Agamben und die Ausnahme
- Teil II: Subjekt und Souveränität- zwischen den Ordnungen...
- Topographie
- Hin und Her
- Bergab
- Ins Außen
- Paradox der Souveränität
- Der Bann
- Der Ort der Souveränität
- Nach hinten
- Nach vorn
- Back to reality
- Aussichten
- Kreuzung
- Ganz modern
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit Schillers Erzählung „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“ im Kontext von Literatur und Kriminalität um 1800. Sie untersucht die Rolle der Kriminalgeschichte in der Spätaufklärung und analysiert, wie die literarische Darstellung von Kriminalität den juristischen Diskurs ergänzt, kompensiert oder kritisch überschreitet. Zudem beleuchtet die Arbeit die Rolle von Öffentlichkeit und Leserbildung im Kontext von Schillers Werk.
- Die Verflechtung von literarischem und juristischem Diskurs im Bereich der Kriminalität
- Die Bedeutung von Authentizität und Sensationalität in der Kriminalgeschichte
- Die Rolle der Öffentlichkeit und der Massenmedien in der Spätaufklärung
- Schillers Konzept von Leserbildung und die didaktische Intention seiner Erzählung
- Das Verhältnis von Individualität, Freiheit und Vernunft im Kontext von Kriminalität und Schuld
Zusammenfassung der Kapitel
Teil I. Literatur und Kriminalität - Allgemeine Betrachtungen
Die Kriminalgeschichte- zwischen den Diskursen
Schillers „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“ wird als Kriminalgeschichte betrachtet, die im Spannungsfeld zwischen juristischem und literarischem Diskurs steht. Die Arbeit beleuchtet die Entstehung von Kriminalität als gesellschaftliches Phänomen und die Rolle des Rechtsdiskurses in der Konstruktion von Kriminalität. Die Bedeutung des „Erzählens“ in der Strafrechtspflege und die Verbindung zu literarischen Darstellungsformen werden hervorgehoben.
Öffentlichkeit
Die Entstehung der Massenmedien in der Spätaufklärung und die Rolle der öffentlichen Meinung werden im Kontext von Schillers Werk betrachtet. Schillers Position als Volksdichter und seine Idee von Leserbildung werden im Zusammenhang mit der republikanischen Idee von prinzipieller Gleichheit und der Vorstellung der Gesellschaft als einem Körper aus Bürgern betrachtet.
Leserbildung
Die didaktische Intention des Textes und die Bedeutung der Identifikation des Lesers mit dem Geschehen werden untersucht. Die Nähe des Genres der Kriminalgeschichten zum Alltag des Lesers und das Identifikationspotenzial werden als wichtige Aspekte hervorgehoben.
Teil II: Subjekt und Souveränität- zwischen den Ordnungen...
Topographie
Dieser Abschnitt untersucht die räumliche und zeitliche Dimension des Verbrechens und die Rolle der Topographie in der Gestaltung der Geschichte. Die Arbeit beleuchtet die Paradoxien der Souveränität und die Grenzen zwischen Ordnung und Ausnahmezustand.
Schlüsselwörter
Kriminalgeschichte, Literatur und Kriminalität, Spätaufklärung, Juristischer Diskurs, Literarischer Diskurs, Öffentlichkeit, Leserbildung, Authentizität, Sensationalität, Volkstheater, Republik, Bürger, Freiheit, Vernunft, Moral, Schuld, Individualität, Souveränität, Topographie.
- Quote paper
- Kerstin Weich (Author), 2003, Schillers "Verbrecher aus verlorener Ehre" – an der Schwelle zum modernen Subjekt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78689