Frankreich ist als der Nationalstaat „par excellence“ in die Literatur eingegangen. Dabei stellt sich die Frage, wie so viele verschiedenen Gruppen - die ethnische Landkarte war „hier noch sehr lange nach der Teilung des Frankenreichs mindestens so bunt […] wie im Osten“-harmonisch unter der einen französischen Flagge vereint werden konnten.
Natürlich wird diese Harmonie noch heute durch einen andauernden, wenn auch nicht
ernsthaft bedrohlichen, Korsika-Konflikt gestört. Auch ist die in Frankreich spätestens Mitte der 1980er Jahre ausgebrochene Debatte über die eigene Identität3 ein Zeichen dafür, dass das französische Nationalbewusstsein Grenzen und Probleme kennt. Dennoch sorgt beispielsweise der jährliche Nationalfeiertag, wenn die Französinnen und Franzosen wie vor 200 Jahren in der Straßen tanzend und die Tricolore aus dem Fenster schwingend ihre Nation feiern, gerade in Deutschland immer wieder für Erstaunen. Ich möchte versuchen, die Frage zu beantworten, warum und wie es damals möglich war, so viele verschiedene Menschen glaubend zu machen, sie würden zu der einen französischen Nation gehören. Natürlich stellt sich damit auch die Frage, wer überhaupt zur "grande nation" gehörte und wer nicht. Es existieren viele allgemeine Theorien zur Nation, der Entstehung, ihrem Funktionieren und
ebenso viele Definitionen.4 Mit diesem speziellen Beispiel möchte ich versuchen, den Prozess des "nation-building" näher zu beleuchten und verständlich zu machen. Das erlaubt einen tieferen Einblick in das französische Selbstverständnis, bleibt aber die Untersuchung eines Einzelfalls. Denn jede Nation hat bekanntlich ihre eigene Geschichte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur vormodernen Nation
- Die vormoderne Nation aus dem Blickwinkel der Literaturgeschichte
- Die Rolle der Monarchie
- Die Rolle der Kirche
- Die Bedeutung des Staatsapparates
- Fazit: Zum nationalen Bewusstsein vor 1789
- «Vive la Nation! » Zur (nationalen) Bewegung 1789 und ihrer Bedeutung
- Schlussbemerkungen zur europäischen Frage
- Fazit: viele offene Fragen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Konstruktion der französischen Nation von ihren Anfängen bis zur Revolution und beleuchtet dabei die Frage, wie verschiedene Gruppen zu einer harmonischen Einheit unter der französischen Flagge vereint werden konnten. Dabei werden unterschiedliche historische Akteure und deren Einfluss auf das nation-building betrachtet.
- Die Rolle der Monarchie und des Staatsapparates
- Die Bedeutung der Kirche und des Christentums
- Die Entwicklung des nationalen Bewusstseins
- Der Einfluss der Literaturgeschichte und der höfischen Kultur
- Die Rolle der Revolution von 1789
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Entstehung der französischen Nation aus verschiedenen Perspektiven und stellt fest, dass die wissenschaftlichen Ansichten über den Beginn der Nation divergieren. Es wird die Bedeutung der französischen Monarchie und die Rolle der Kirche sowie des Staatsapparates im Prozess des nation-building hervorgehoben. Das zweite Kapitel analysiert die vormoderne Nation aus dem Blickwinkel der Literaturgeschichte und untersucht dabei insbesondere das Rolandslied und die Chansons de Geste, welche wichtige Rollen bei der Entwicklung des nationalen Bewusstseins und der Konstruktion einer gemeinsamen Geschichte spielten. Das dritte Kapitel widmet sich der Bedeutung der französischen Revolution von 1789 für die Entwicklung der französischen Nation und analysiert die nationale Bewegung, die aus ihr hervorging.
Schlüsselwörter
Nation, Nationalstaat, Frankreich, nation-building, Monarchie, Kirche, Staatsapparat, Literaturgeschichte, Rolandslied, Chansons de Geste, Revolution von 1789, nationales Bewusstsein, gemeinsame Geschichte, Wertegemeinschaft.
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- M.A. Mareike Bibow (Author), 2004, Die Konstruktion der französischen Nation von den Anfängen bis zur Revolution, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78825