Dieses Zitat zeigt, dass Sprachpolitik nicht gleich Sprachpolitik ist, und dass selbst ein und dieselbe Sprache in verschiedenen Regierungen auf unterschiedliche Art und Weise behandelt wird. Am Beispiel des Baskischen, einer der ältesten Sprachen Europas, um deren Ursprung noch immer gerätselt wird, lässt sich dies besonders gut veranschaulichen. Würde man eine Umfrage unter Nicht-Romanisten starten, wo Baskisch gesprochen wird, würde der Großteil wahrscheinlich antworten - wenn er überhaupt schon einmal etwas davon gehört hat – in Spanien. Dass es auch in Frankreich Minderheitensprachen gibt, die es zu schützen gilt, ist nur wenigen bekannt, und das ist kein Zufall. Lange Zeit und immer wieder wurden Sprachen wie Baskisch, Okzitanisch oder Bretonisch negiert und unterdrückt, abwertend als „patois“ bezeichnet und seine Sprecher bestraft. Im Gegensatz zu diesem stiefmütterlichen Umgang mit solch einem Kulturgut steht Spanien, dass zwar auch Phasen durchlebte, in denen Minderheiten- und Regionalsprache unterdrückt wurden, das sich aber schnell wieder erholte und mittlerweile geradezu als Vorzeigemodell für eine vielsprachige Nation gilt. Die vorliegende Arbeit versucht nun näher auf diese sprachpolitischen Unterschiede einzugehen, indem zunächst ein Überblick über die Sprache im Allgemeinen, über sprachpolitische Maßnahmen der letzten Jahrhunderte sowie neuere Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die aktuelle Situation gegeben wird.
Inhalt
1. Einleitung
2. Minderheitensprachen und Sprachpolitik
3. Zur Sprache
4. Sprachpolitik im Baskenland
4.1 Geschichtliche Entwicklung
4.2 Aktuelle Sprachpolitik und ihre Auswirkungen
5. Abschließende Gedanken und Ausblick
Literaturverzeichnis:
1. Einleitung
« La différence de traitement accordé à la langue basque par le gouvernement de la CAB (Communauté Autonome Basque) et les gouvernements navarrais et français, est une occassion exceptionnelle pour évaluer l’impact que des politiques linguistiques si dissemblables peuvent avoir sur la vitalité de la langue basque » (Richard Y. Bourhis, kanad. Soziolinguist)[1]
Dieses Zitat zeigt, dass Sprachpolitik nicht gleich Sprachpolitik ist, und dass selbst ein und dieselbe Sprache in verschiedenen Regierungen auf unterschiedliche Art und Weise behandelt wird. Am Beispiel des Baskischen, einer der ältesten Sprachen Europas, um deren Ursprung noch immer gerätselt wird, lässt sich dies besonders gut veranschaulichen. Würde man eine Umfrage unter Nicht-Romanisten starten, wo Baskisch gesprochen wird, würde der Großteil wahrscheinlich antworten - wenn er überhaupt schon einmal etwas davon gehört hat – in Spanien. Dass es auch in Frankreich Minderheitensprachen gibt, die es zu schützen gilt, ist nur wenigen bekannt, und das ist kein Zufall. Lange Zeit und immer wieder wurden Sprachen wie Baskisch, Okzitanisch oder Bretonisch negiert und unterdrückt, abwertend als „patois“ bezeichnet und seine Sprecher bestraft. Im Gegensatz zu diesem stiefmütterlichen Umgang mit solch einem Kulturgut steht Spanien, dass zwar auch Phasen durchlebte, in denen Minderheiten- und Regionalsprache unterdrückt wurden, das sich aber schnell wieder erholte und mittlerweile geradezu als Vorzeigemodell für eine vielsprachige Nation gilt. Die vorliegende Arbeit versucht nun näher auf diese sprachpolitischen Unterschiede einzugehen, indem zunächst ein Überblick über die Sprache im Allgemeinen, über sprachpolitische Maßnahmen der letzten Jahrhunderte sowie neuere Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die aktuelle Situation gegeben wird.
2. Minderheitensprachen und Sprachpolitik
Bevor es im nächsten Kapitel um sprachpolitische Maßnahmen und deren Auswirkungen auf das Baskische geht, sollen zunächst einige theoretische Überlegungen zu Grundbegriffen wie Minderheitensprache und Sprachpolitik angestellt werden.
Nach einer Definition der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen handelt es sich bei diesen auch „lesser used“ genannten Sprachen um solche, die „herkömmlicherweise in einem bestimmten Gebiet eines Staates von Angehörigen dieses Staates gebraucht werden, die eine Gruppe bilden, deren Zahl kleiner ist als die der übrigen Bevölkerung des Staates“, ohne dabei Amtssprache bzw. Dialekt einer solchen oder Zuwanderersprache zu sein.[2] Diese autochthonen Minderheiten, die aufgrund politisch-historischer Prozesse entstanden sind, lassen sich nach HELFRICH et al. unterteilen in sog. Restminderheiten, die als Reste der Nationenbildung in Europa übrig geblieben oder ausgegrenzt worden sind (wie z.B. Ladiner oder Sarden), in eine Gruppe von eigentlich selbständigen Nationen ohne eigene staatliche Organisation (zu denen u.a. die Basken zu zählen sind), eine dritte Gruppe von Minderheiten, die aufgrund neuer Grenzziehungen entstanden sind (wie die Deutschen in Südtirol) und letztlich auch Minderheiten, die auf teilweise jahrhundertealte Siedlungsbewegungen zurückzuführen sind und nun von einer anderssprachigen Mehrheit umschlossen sind, jedoch immer noch eine Verbindung zu ihrer eigentlichen Mutternation haben.
Der Begriff Minderheit ist in sofern problematisch, dass man ihn zahlenmäßig nicht klar definieren kann. Darüber hinaus kann eine Sprachgruppe in ihrem eigentlichen Siedlungsgebiet auch eine Mehrheit bilden und dennoch Minderheit im gesamtstaatlichen Raum bleiben. Aus diesem Grunde wird auch der Begriff „Minderheit“ von bestimmten sprachlichen Gruppen, die sich darüber hinaus auch als Nation sehen, generell abgelehnt.
Auch auf linguistischer Ebene lassen sich mehrere Typen von Minderheitensprachen unterscheiden: 1.) dachlose Dialekte, also Varianten einer Sprache, die einer davon
politisch oder geographisch getrennten Nationalsprache zugeordnet
werden kann,
2.) dachlose „Kleinsprachen“ mit[3] oder ohne überdachende Schriftsprache,
wobei letztere besonders gefährdet sind, da ihnen die Möglichkeit fehlt,
alle modernen Kommunikationsmedien in ihrer Sprache zu nutzen und
3.) regionale Varianten von „Weltsprachen“ .[4]
Neben Größe bzw. Sprecherzahl ist es für den Fortbestand einer Minderheitensprache von besonderer Wichtigkeit, wie hoch der Grad der Identifikation mit dieser Sprache bei den Sprechern ist und über welches Prestige sie verfügt. Letzteres hängt oft von einer einfachen Kosten-Nutzen-Rechnung ab, die die eventuellen Sprecher durchführen bevor sie die Sprache zum Beispiel ihren Kindern weitergeben oder sie selbst an einer Abendschule lernen. So wird es einer Mutter in Nordspanien leichter fallen, ihr Kind in eine Katalanischklasse zu stecken, als einer Mutter aus Südfrankreich, deren Kind Okzitanisch lernen soll. Katalonien und seine Hauptstadt Barcelona sind wirtschaftliche Schwergewichte und das Beherrschen von Katalonisch kann einer Integration im dortigen Arbeitsmarkt zuträglich sein, während Okzitanisch sich dem Ruf erwehren muss, „lediglich“ Literatursprache aus dem Mittelalter zu sein, die heute keiner mehr braucht.
Auch das Vorhandensein einer im besten Fall nicht künstlich geschaffenen Schriftvarietät und daraus folgend Publikationen jedweder Art von Literatur wirken sich positiv auf die Überlebenschancen einer Minderheitensprache aus. Präsenz in den Massenmedien, den Bildungseinrichtungen oder der Arbeitswelt sind weitere wichtige Faktoren. Gerade in diesen letzten Bereichen spielen sprachpolitische Maßnahmen eine große Rolle.
Solche Eingriffe, die z.B. in Form von Normalisierungsgesetzen, finanzieller Unterstützung oder im gegenteiligen Sinne durch Verbote realisiert werden können, basieren auf der Überzeugung, dass es möglich ist, sprachliche Entwicklungen zu beeinflussen. Sprache ist planbar, und Aufgabe der Sprachpolitik ist es, die passenden Voraussetzungen für eine solche Planung zu schaffen und entsprechende Richtlinien vorzugeben. Hauptpunkte sind hierbei die Kodifizierung der Sprache und die Förderung ihrer Verbreitung in der Gesellschaft.[5]
3. Zur Sprache
Das Baskische kann mit Recht als Exot unter den europäischen Sprachen bezeichnet werden, da sein Ursprung so weit zurück liegt und es typologisch so schwer einzuordnen ist, dass es Sprachwissenschaftlern bis heute nicht gelungen ist, eindeutige Verwandtschaftsbeziehungen nachzuweisen. Fest steht, dass es eine vorindogermanische Sprache ist – Baskisch ist uns somit fremder als beispielsweise iranisch oder griechisch. Es gibt Theorien, die aufgrund des baskischen Kasussystems und der Komplexität seiner Verbalformen eine Verbindung zu kaukasischen Sprachen wie dem Georgisch herzustellen versuchen, andere gehen von einer Verwandtschaft mit dem Iberischen, dem Berber, aus. Beide Ansatzpunkte bleiben aber zweifelhafte Hypothesen, da die systematischen Übereinstimmungen, die für eine eindeutige Zuordnung nötig wären, nicht ausreichen bzw. ähnliche Merkmale auch bei Sprachgemeinschaften festgestellt wurden, die überhaupt keine verwandtschaftlichen Beziehungen zueinander haben. Das Baskische bleibt also eine isolierte Sprache, von der man nicht mehr sagen kann, als dass ihre Wurzeln im Alt-Aquitanischen liegen.[6] [7]
Die linguistischen Besonderheiten sollen im Folgenden nur kurz umrissen werden.
Zum einen zeichnet sich das Baskische durch eine grammatikalisierte Fokusposition aus, nach der im Satz die Wortgruppe, die betont werden soll bzw. die die neue, rhematische Information enthält, vor dem Verbalkomplex steht. Im Gegensatz dazu fokusieren subjektprominente Sprachen wie z.B. das Französische gewöhnlich durch Ausgliederung aus dem Kernsatz.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine weitere Besonderheit liegt darin, dass das Baskische nicht Wörter oder Wortstämme flektiert, sondern Syntagmen. Dies gilt sowohl für Verben als auch für Nomen. Endungen treten also nicht an das Ende von Wörtern, sondern an das Ende von Wortgruppen.
[...]
[1] Coyos (2005:211)
[2] Dt. Übersetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen:
http://www.coe.int/t/e/legal_affairs/local_and_regional_democracy/regional_or_minority_languages/1_the_charter/German.pdf (2.04.07)
[3] Dieser Gruppe wäre auch das Baskisch zuzuordnen.
[4] Helfrich (1994:2-5)
[5] Vgl. Arntz (1998:17)
[6] Auch wenn das Thema dieser Arbeit Sprachpolitik und nicht Herkunft und sprachliche Charakteristika
des Baskischen sein soll, schien mir ein kurzes Kapitel darüber angebracht, um dem Leser die
Besonderheiten und die Einzigartigkeit dieser Sprache vor Augen zu führen.
[7] Haase in Gugenberger (2003:73f) und Haase in Wirrer (2000:296ff)
[8] Beispiel aus Haase in Wirrer (2000:298)
- Arbeit zitieren
- Nadine Seidel (Autor:in), 2007, Sprachpolitik am Beispiel des Baskischen - Ein französisch-spanischer Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78854
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