Scheidung und sexuelle Gewalt


Seminararbeit, 2001

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Teil 1: Scheidung
1. Einleitung
2. Scheidung auf vielen Ebenen
3. Forschungsstrategien
3.1 Querschnittsuntersuchungen
3.2 Längsschnittuntersuchungen
4. Scheidung - normal?
5. Mediation
6. Schlussfolgerung
Literatur

Teil 2 - Sexuelle Gewalt
1. Einleitung
2. Definition und Häufigkeit sexueller Gewalt
3. Folgen sexueller Gewalterfahrung für das Opfer
Die akute Phase:
Die Phase der äußerlichen Wiederanpassung:
Die Phase der langfristigen Reorganisation:
4. Determinanten sexueller Gewaltbereitschaft
5. Eigene Meinung/ Vorschläge für die Verhinderung und Kontrolle der Gewalt gegen Frauen
Literatur

Scheidung

1. Einleitung

Seit Mitte der siebziger Jahre ist in der BRD ein stetiges Ansteigen (abgesehen von kurzfristigen Schwankungen, bedingt z.B. durch die Änderung des Ehescheidungsrechts 1977/ 78) der Scheidungen zu beobachten, von denen auch eine zunehmende Zahl von minderjährigen Kindern betroffen ist. In Deutschland wird mehr als jede dritte Ehe geschieden, in Ballungsgebieten ist es bereits jede zweite. Aus mehr als der Hälfte dieser Ehen sind Kinder hervorgegangen. Insgesamt sind von ehelichen Trennungen 1995 über 150.000 Kinder betroffen gewesen, rechnet man die nichtehelichen dazu, kommt man auf eine jährliche Zahl von 200.000.

2. Scheidung auf vielen Ebenen

Infolge einer Scheidung treten kontextuelle Veränderungen in vielen Lebensbereichen auf, die jeweils unterschiedliche Bewältigungsaufgaben und Anpassungsleistungen erfordern. (Oerter und Montada, 1998)

- Juristische Ebene: Hier müssen z.B. Lösungen für wirtschaftliche, versorgungsrechtliche und sorgerechtliche Fragen gefunden werden.
- Individuelle Ebene: Auf dieser Ebene muss der emotionale Verlust mit Gefühlen von Schuld, Versagen und Trauer verarbeitet werden.
- Ebene der Partnerbeziehung: Damit ist die gefühlsmäßige, soziale und finanzielle Ablösung vom Partner gemeint.
- Ebene der Elternbeziehung: Während die Eltern ihre Ehebeziehung beenden, müssen sie das Weiterbestehen der Elternbeziehung gewährleisten, wenn auch unter anderen Bedingungen.

3. Forschungsstrategien

Die Folgen elterlicher Trennung und Scheidung für Wohlbefinden und psychische Probleme der Kinder wurden bisher vor allem durch zwei Forschungsansätze untersucht: In Querschnittsuntersuchungen und in Längsschnittuntersuchungen.

3.1 Querschnittsuntersuchungen

Hier wurden Kinder aus Scheidungsfamilien mit Kindern verglichen, die in vollständigen oder intakten Familien aufwachsen. Die Folgen elterlicher Scheidung für Kinder und Jugendliche können in 6 Bereiche eingeteilt werden. (nach Emery, 1988, in der Zeitschrift für klinische Psychologie, 24 (4), 287-288, 1995)

1. Probleme mangelnder Kontrolle („Externalisierungsprobleme“).

Die betroffenen Kinder - vor allem die Jungen - zeigen durchschnittlich mehr aggressives und antisoziales Verhalten. Mädchen scheinen weniger häufig mit diesen Verhaltensauffälligkeiten auf die Scheidung der Eltern zu reagieren. Nach Längsschnittuntersuchungen scheinen diese Unterschiede später wieder zu verschwinden, weil Mädchen aus Scheidungsfamilien in der Adoleszenz wieder stärkere psychische Probleme entwickeln.

2. Internalisierungsprobleme.

Als ummittelbare Reaktion auf eine Scheidung werden bei 37% der Kinder von Trennungsängsten, Depressionen und Schuldgefühlen (die sich auch in Wutanfällen oder Lügen zeigen können) und bei 20% der Kinder von Sprachstörungen oder psychosomatischen Reaktionen berichtet. Diese Symptome klingen in der Regel ab, wenn sich die neue Lebenssituation stabilisiert hat. Die emotionale Stabilität hängt jedoch entschieden vom ständigen Kontakt zu beiden Eltern ab. (Napp-Peters, 1992)

3. Schulische Leistung.

Kinder aus Scheidungsfamilien erbringen schlechtere Schulleistungen. Nichtversetzen, Schulausschluss und Einbestellung der Eltern zu einem Gespräch kommen bei ihnen häufiger vor.

4. Soziale Entwicklung.

„Scheidungskinder“ weisen ein größeres Ausmaß sozialen Rückzugs, weniger prosoziales Verhalten und mehr Konflikte mit Gleichaltrigen auf als Kinder, die bei beiden Eltern aufwachsen

5. Psychologische Beratung.

Für Kinder aus Scheidungsfamilien wird zwei- bis dreimal häufiger psychologische Hilfe in Anspruch genommen als bei Kindern aus intakten Familien.

6. Spätfolgen („sleeper“-Effekte)

In einer Meta-Analyse wurden Erwachsene aus geschiedenen und intakten Familien verglichen und es konnten für erstgenannte eine generelle, wenn auch eher gering ausgeprägte Einbuße an Lebensqualität im Erwachsenenalter festgestellt werden. Diese zeigte sich insbesondere im Verhalten (z.B. Drogenmissbrauch), in der psychischen Befindlichkeit (z.B. geringere Lebenszufriedenheit) sowie in einer höheren Beeinträchtigung der körperlichen Gesundheit, aber auch in der familiären (z.B. höhere Scheidungsrate) und sozioökonomischen Situation (z.B. geringeres Ausbildungsniveau).

Angesichts der Vielzahl der aufgeführten Defizite und Probleme kann man verständlicherweise den Eindruck bekommen, dass sich die elterliche Scheidung katastrophal auf das Wohlbefinden der betroffenen Kinder auswirkt. Diese Aussage ist allerdings korrekturbedürftig, was im folgenden Abschnitt näher erläutert wird.

3.2 Längsschnittuntersuchungen

Diese Untersuchungen gehen davon aus, dass die Scheidung kein singuläres Ereignis ist, sonder ein komplexer, ganzheitlicher Prozess des familiären Übergangs. Alle Mitglieder der Familie sind verschiedenen Veränderungsprozessen ausgesetzt und vollziehen diese aktiv. („Kontextuelles Entwicklungsmodell“ nach Hetherington, 1993) Vier Punkte sind für diesen Ansatz charakteristisch:

1. Die Scheidung ist nicht als ein singuläres Ereignis zu verstehen, sondern als ein Element oder Glied in einer längeren Kette multipler persönlicher Übergänge. Eine Reaktion auf ein solches Ereignis wird nicht nur durch die gegenwärtigen Umstände, sondern auch durch die vorrausgegangenen Erfahrungen sowie die vielen weiteren Veränderungen bestimmt.
2. Die Perspektiven, die die verschiedenen Mitglieder gegenüber diesen Übergängen haben sind unterschiedlich. Das bedeutet, dass ein Familienmitglied positive Veränderungen erleben kann, während andere ganz andere Erfahrungen machen. Selbst Geschwister können die familiären Veränderungen ganz unterschiedlich erleben und verarbeiten. Daher müssen die Veränderungsprozesse differenziert aus der Perspektive des ganzen Familiensystems und seiner Teile betrachtet werden.
3. Die persönlichen und familiären Veränderungen werden durch das soziale Umfeld (Verwandte, Freundeskreis, Peer-Group etc.) und die sozialen Erwartungen und Normen beeinflusst.
4. Unterschiedlichkeit der Reaktionen über die Zeit: Bei manchen Familienmitgliedern können sich Verstörungen nach zwei bis drei Jahren wieder ausgleichen, bei manchen treten sie erst in späteren Entwicklungsphasen ein. Bei einzelnen Personen sind intensive und langanhaltende psychische Störungen zu beobachten, und schließlich gibt es auch eine „substantielle Minderheit“ von Menschen, die psychisch gereift und außerordentlich kompetent aus dieser Lebenssituation hervorgehen.

Diese Untersuchungen befassen sich sowohl mit der Entwicklung der psychischen Befindlichkeit vor einer Scheidung („Vor-Scheidungsverläufe“), während der Scheidung als auch ab dem Zeitpunkt der Scheidung („Nach-Scheidungsverläufe“). Wichtig ist für diese Untersuchungen, dass die prospektiv durchgeführt werden.

Die Ergebnisse solcher (aufwendigen) Studien zeigen, dass das psychische Wohlbefinden der Kinder aus Scheidungsfamilien im Durchschnitt zwar geringer ist als das von Kindern aus vollständigen Familien, die Unterschiede zwischen den Gruppen aber klein sind. Das Ausmaß dieser Beeinträchtigung rechtfertigt daher keineswegs, von einer „Desasterperspektive“ der Scheidungsfolgen zu sprechen.

4. Scheidung - normal?

Barber und Eccles (1992) verweisen mit Recht darauf, dass sich die Forschung bisher weitgehend auf die möglichen negativen Folgen der elterlichen Trennung konzentriert hat. Sie fordern die Anwendung eines „objektiveren“ Modells, in dem nicht von einseitigen Vorahnungen ausgegangen wird.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Scheidung und sexuelle Gewalt
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg  (Psychologie)
Veranstaltung
Seminar Entwicklungspsychologie
Note
1,0
Autoren
Jahr
2001
Seiten
18
Katalognummer
V7956
ISBN (eBook)
9783638150484
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Scheidung, Gewalt, sexuelle Gewalt, Entwicklungspsychologie
Arbeit zitieren
Heiko Sieben (Autor:in)Marius Werth (Autor:in), 2001, Scheidung und sexuelle Gewalt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7956

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