Die Besonderheit der letzten Jahre war die Globalisierung der Weltwirtschaft. Diese Entwicklung hat auch die Versicherungswirtschaft berührt. Um die Versicherungswirtschaft zu finanzieren, greifen die `Global Players` auf Kapitalmärkte zurück. Aus diesem Grund verschärft sich die Konkurrenz um Eigenkapital auf den internationalen Märkten. Das Management orientiert sich dadurch mehr an Investoren. Die Vorstandsentscheidungen sind immer mehr von Shareholder Value-Gedanken beeinflusst. In diesem Wettbewerb kommt es auf die Informationsbedürfnisse der internationalen, vorwiegend institutionellen Investoren an. Bis jetzt wurden diese Erfordernisse durch die Rechnungslegungsvorschriften in Deutschland wenig berücksichtigt. Auch mehrere Unternehmenszusammenbrüche der Vergangenheit, wie z.B. der Balsam AG und der COOP AG, lösten die Debatte über die Notwendigkeit der Verbesserung der Kontrollmechanismen zur Überwachung von Aktiengesellschaften aus. Der Gesetzgeber hat auf diese Situation mit dem `Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich` reagiert, das am 01.05.1998 in Kraft getreten ist. Bei der Einführung des KonTraG verfolgte der Gesetzgeber eine Reihe von Zielen. Dazu gehören u.a. die Transparenzerhöhung, die Steigerung der Qualität der Abschlussprüfung und der Kooperation zwischen den Abschlussprüfern und dem Aufsichtsrat, die Besserung der Aufsichtsratsarbeit, die Reduzierung von Stimmrechtsdifferenzierungen, die verstärkte Überwachung durch die Hauptversammlung und die Gestattung moderner Vergütungs- und Finanzierungsinstrumente. Der Gesetzgeber wollte das Risikomanagement von Aktiengesellschaften dadurch verbessern. Für das Verständnis des Begriffs `Risikomanagement` sowie des in § 91 II AktG vorgeschriebenen Überwachungssystems wird zunächst der Begriff des Risikos definiert. Dann werden das Risikomanagement und das Überwachungssystem i.S.d. § 91 II AktG miteinander verglichen, um feststellen zu können, ob bzw. inwieweit es sich hierbei um identische Systeme handelt. Den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bildet die Beschreibung der theoretischen Umsetzung des Risikomanagements bei Versicherungsgesellschaften i.S.d. KonTraG. Anschließend wird am Beispiel der Münchener-Rück-Gruppe die praktische Umsetzung dargestellt. Den Abschluss dieser Arbeit bilden die Darstellung und die Diskussion der Probleme der praktischen Umsetzung.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Begriff des Risikos im Sinne des KonTraG
3 Die Abgrenzung der Maßnahmen nach § 91 II AktG vom allgemeinen Risikomanagement
4 Die theoretische Umsetzung des Risikomanagements nach KonTraG
4.1 Rechtliche Auswirkungen für Vorstand, Aufsichtsrat und Abschlussprüfer einer Aktiengesellschaft
4.1.1 Pflichten und Haftung des Vorstands
4.1.2 Die Auswirkungen für den Aufsichtsrat
4.1.3 Konsequenzen für die Abschlussprüfung einer Aktiengesellschaft
4.2 Die Maßnahmen zur Früherkennung bestandsgefährdender Entwicklung
4.3 Die Einrichtung eines Überwachungssystems
5 Die praktische Umsetzung des Risikomanagements am Beispiel der Münchener Rück
5.1 Kurze Beschreibung der Münchener Rück
5.2 Die Risikoarten bei der Münchener Rück
5.3 Aufgaben und Organisation der Risikoüberwachung und -steuerung
6 Die Probleme der praktischen Umsetzung
7 Fazit
Anhangsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die Besonderheit der letzten Jahre war die Globalisierung der Weltwirtschaft. Diese Entwicklung hat auch die Versicherungswirtschaft berührt. Um die Versicherungswirtschaft zu finanzieren, greifen die `Global Players` auf Kapitalmärkte zurück. Aus diesem Grund verschärft sich die Konkurrenz um Eigenkapital auf den internationalen Märkten. Das Management orientiert sich dadurch mehr an Investoren. Die Vorstandsentscheidungen sind immer mehr von Shareholder Value-Gedanken beeinflusst. In diesem Wettbewerb kommt es auf die Informationsbedürfnisse der internationalen, vorwiegend institutionellen Investoren an. Bis jetzt wurden diese Erfordernisse durch die Rechnungslegungsvorschriften in Deutschland wenig berücksichtigt.[1]
Auch mehrere Unternehmenszusammenbrüche der Vergangenheit,[2],[3] wie z.B. der Balsam AG, der COOP AG, der Südmilch AG, der Metall Gesellschaft und der Schneider Gruppe, lösten die Debatte über die Notwendigkeit der Verbesserung der Kontrollmechanismen zur Überwachung von Aktiengesellschaften aus.[4]
Der Gesetzgeber hat auf diese Situation mit dem `Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich` (KonTraG) reagiert, das am 01.05.1998 in Kraft getreten ist.[5]
Das KonTraG ist ein Rahmengesetz, welches verschiedene Gesetze abändert. Primär betreffen die Änderungen durch KonTraG[6] das Aktiengesetz (AktG)[7] und das Handelsgesetzbuch (HGB).[8]
Bei der Einführung des KonTraG verfolgte der Gesetzgeber eine Reihe von Zielen. Dazu gehören u.a. die Transparenzerhöhung, die Steigerung der Qualität der Abschlussprüfung und der Kooperation zwischen den Abschlussprüfern und dem Aufsichtsrat, die Besserung der Aufsichtsratsarbeit, die Reduzierung von Stimmrechtsdifferenzierungen , die verstärkte Überwachung durch die Hauptversammlung und die Gestattung moderner Vergütungs- und Finanzierungsinstrumente.[9]
Der Gesetzgeber wollte das Risikomanagement von Aktiengesellschaften dadurch verbessern. Dennoch ist zu beachten, dass das KonTraG auch Ausstrahlungswirkung auf alle anderen Kapitalgesellschaften hat, wie z.B. auf Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit oder auf öffentlich-rechtliche Versicherer.[10]
Für das Verständnis des Begriffs `Risikomanagement` sowie des in § 91 II AktG vorgeschriebenen Überwachungssystems wird zunächst der Begriff des Risikos definiert. Dann werden das Risikomanagement und das Überwachungssystem i.S.d. § 91 II AktG miteinander verglichen, um feststellen zu können, ob bzw. inwieweit es sich hierbei um identische Systeme handelt. Den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bildet die Beschreibung der theoretischen Umsetzung des Risikomanagements bei Versicherungsgesellschaften i.S.d. KonTraG. Anschließend wird am Beispiel der Münchener-Rück-Gruppe die praktische Umsetzung dargestellt. Den Abschluss dieser Arbeit bilden die Darstellung und die Diskussion der Probleme der praktischen Umsetzung.
2 Der Begriff des Risikos im Sinne des KonTraG
In der ökonomischen Theorie wird das Risiko als die Abweichung des faktischen vom prognostizierten Ergebnis eines wirtschaftlichen Einsatzes verstanden.[11] Das Risiko bedeutet dabei die Möglichkeit des Eintretens eines Umstandes, der sowohl schlechter als auch besser sein kann, als die erwartete Entwicklung. Bei positiver Entwicklung wird das Risiko als „Chance“ benannt. Diese Risikodefinition wird als „Risiko im weiteren Sinne“ oder „Risiko als Variabilität/Streuung“ bezeichnet.[12]
Der Risikobergriff im engeren Sinne charakterisiert eine Verlust- oder eine Schadengefahr, also mögliche unvorteilhafte, gefährliche oder existenzbedrohende Entwicklungen,[13] und zwar im Vergleich zu den geplanten oder erwarteten Entwicklungen.
Das Risikoverständnis des KonTraG zielt auf Risiken im engeren Sinne ab. Für das KonTraG sind lediglich solche Verlustpotentiale wichtig, die ein kritisches Limit übersteigen können. Jedoch sind die Begriffe Verlust und kritisches Limit vom KonTraG nicht definiert. Aus diesem Gründ muss die Geschäftsführung und das von ihr konstruierte Risikomanagement diese Begriffe konkretisieren und kontrollieren.[14]
3 Die Abgrenzung der Maßnahmen nach § 91 II AktG vom allgemeinen Risikomanagement
Die Aufgabe des Risikomanagements i.w.S. ist die vorzeitige Erkennung von allen versteckten und potentiellen Unternehmensrisiken.[15] Dadurch können Schlüsselrisiken eines Unternehmens systematisch und durchlaufend analysiert und bewertet werden.[16] Darüber hinaus ist dessen Aufgabe die Planung, Regulierung und Überwachung der Strategien und Maßnahmen zur Behandlung dieser Risiken.[17]
Das Risikoverständnis des Risikomanagements ist Risiko im engeren Sinne.[18] Dabei betrifft das Risikomanagement einzelne oder kumulierte Risiken einschließlich der Korrelationen zwischen diesen Risiken, also alle Bestandteile oder Teilbereiche des Gesamtunternehmensrisikos.[19]
Unter Zugrundelegung der Unternehmensleitungsrisikostrategie müssen Risikoidentifikations-, Risikomessungs-, Risikoanalyse-, Risikobewertungs- und Risikosteuerungsmaßnahmen getroffen werden. Die Unternehmensleitung trifft dabei für alle Risikosphären strategische Direktiven für die Handhabung der Risiken.[20]
Im Stadium der Risikoidentifikation findet zuerst die Abgrenzung von den risikorelevanten Beobachtungsbereichen statt. Anschließend erfolgt kontinuierliche und systematische Erfassung aller wesentlichen Risiken und Risikobereiche des Unternehmens, sog. Risikoinventur. Zu den Risikoidentifikationsmethoden gehören z.B. Checklists, Risikomanagement-Fragebögen, Risiko-Workshops, Dokumenten- und Organisationsanalysen, Schadenstatistiken etc.[21]
Keine von den Methoden der Risikoidentifikation kann alle Risiken komplett erfassen. Darüber hinaus ist die komplette Risikoerfassung aus dem Wirtschaftlichkeitsprinzip beschränkt. Unbemerkte Risiken können dabei nicht bekämpft oder bewusst berücksichtigt werden. Daher muss die Risikoidentifikation dem Erfordernis einer permanenten und kompletten Erfassung von Risiken, der schnellen Erfassung neu auftretender Risiken gerecht werden sowie Distanzüberwindung zu den Informationspotentialen gewährleisten.[22]
Die Risikomessung wird mithilfe quantitativer Maßzahlen bzw. mittels qualitativer Klassifikation gemacht. Eine quantitative Risikomessung wird immer bevorzugt, wenn Eintrittswahrscheinlichkeiten der verschiedenen Verlust- oder Gewinnsituationen über die Zukunftsentwicklung existieren. Die zentrale quantitative Maße zur Risikoerfassung i.e.S. bei der Verlustgefahr sind die Ruinwahrscheinlichkeit, die Verlusterwartung und die Verluststreuung. Die qualitative Risikomessung wird anhand einer Bildung von Risikoklassen gemacht.[23]
Die zentrale Aufgabe der Risikoanalyse ist die permanente Untersuchung der Ursachen von Risiken. Außerdem legt sie die Risikoklassifikations- sowie Risikobeurteilungsmethodik bzw. Kriterien für deren Abgrenzung fest. Durch die Risikoanalyse können die Maßnahmen zur Manipulierung von Risiken und die Konsequenzen für die zukünftige Risikosituation bewertet werden.[24]
Die Bestimmung der Risikobewertung ist die Differenzierung zwischen existenzbedrohenden, bedeutenden und unbedeutenden Risiken. Die Risikobewertung erfolgt zumeist mithilfe des Satisfizierungsprinzips. Nach diesem Prinzip werden die Verlustobergrenze bzw. andere einzuhaltende Grenzwerte unternehmenspolitisch fixiert. Bei einer anderen anwendungsbezogenen Risikobewertung werden relative Kennziffern, die als Quotient aus einem geeigneten Erfolgs- und Risikomaß gebildet werden, zur Risikobewertung angewandt.[25]
Bei der Risikoüberwachung bzw. dem Risikocontrolling werden diagnostizierte Risikoelemente, wie Risikoerkennung, -messung, -analyse, -bewertung, zeitlich und sachlich aufeinander abgestimmt. Dadurch wird eine ausführliche, permanente und integrierte Überwachung des Unternehmens gewährleistet. Die Aufgabe des Risikocontrollings ist u.a. die Bestimmung und Fixierung der Methodik, die unentbehrlich für das Begreifen des Risikomanagementprozesses ist.[26]
Die Aufgabe der Risikosteuerung ist, das Gesamtunternehmensrisiko in tolerierbaren Grenzen zu halten. Darüber hinaus ist deren Aufgabe, das richtige Verhältnis zwischen Chance und Risiko zu finden. Das bedeutet, dass die verfolgten unternehmenspolitischen Ziele und die daraus resultierenden Risiken unter Beachtung der Ergebnisse der Risikodiagnose abgewogen werden müssen. Das Ziel der Risikosteuerungsmaßnahmen ist die Senkung des eventuellen Verlustausmaßes, der Wahrscheinlichkeit von Einzel- bzw. Branchenrisiken durch Vermeidung bzw. Reduzierung der Risiken. Außerdem ist deren Aufgabe der Ausgleich der Risiken durch Kombination mehrerer, nicht vollständig korrelierbarer Risiken. Darüber hinaus müssen strategische Reserven bzw. Rücklagen zur Verlustfinanzierung gebildet werden. Die Risikosteuerungsaufgabe ist u.a., die Schadensrisiken bzw. Verlustpotentiale auf Dritte zu übertragen. Die Geschäftspolitik und die Unternehmensstrategie haben einen enormen Einfluss auf das Gesamtunternehmensrisiko. Falls das Risikomanagement eine unternehmensindividuelle Verlustgrenze mit den vorhandenen Instrumenten nicht einhalten bzw. eine ausgeglichene Chance-Risiko-Situation nicht erreichen kann, dann können sich Rückwirkungen auf die Geschäftsstruktur und -politik ergeben. In diesem Fall soll von sehr risikoreichen Geschäftsbereichen, wie in Ländern mit erheblichem politischem Risiko, abgesehen werden.[27] Zu diesen Ländern gehören beispielsweise Iran, Irak und Kuba.
Das Frühwarnsystem ist das wichtigste Element des Risikomanagements. Dieses System soll auf der Grundlage von Signalen mögliche Unternehmenskrisen melden. Zu den Bereichen, die überwacht werden, gehören die unternehmensinternen bedrohlichen Bereiche, vor allem Beschaffung, Herstellung und Absatz, sowie die gesamtwirtschaftliche, politische, soziale und ökologische Umwelt und die Beschaffungs- und Absatzmärkte.[28]
Der Risikoidentifizierung folgen die Analyse von Ursachen, die Beurteilung und die Lenkung der Risiken, die Darlegung der kompletten Risikosituation in Form einer detaillierten Dokumentation und die Erfassung der Risiken in Tabellenform. Danach wird die am Anfang fixierte Risikostrategie mit der ermittelten Ist-Situation verglichen.[29]
Der Begriff des Risikos in der Fachliteratur ist hauptsächlich dadurch charakterisiert, dass dieser von einer Risikoidentifikation über eine Risikoinventur zu einer Risikokontrolle führt. Diese Risikokontrolle umfasst die interne Unternehmenstätigkeit und das externe Unternehmensumfeld. Die oben dargestellte Definition des allgemeinen Risikomanagementsystems übersteigt bei weitem die in § 91 II AktG vorgeschriebenen Verpflichtungen des Vorstandes. Dieses System hat vor allem einen undifferenzierten Ausgangspunkt. Bei diesem Risikomanagementsystem werden alle Risiken aus den verschiedenen Bereichen ungeachtet ihrer Tragweite berücksichtigt.[30]
§ 91 II AktG schreibt aber lediglich ein System zur Früherkennung bestandsgefährdender Risiken und Entwicklungen vor. Dieses sog. Früherkennungssystem ist aber nur ein Teilaspekt des Risikomanagements. Andere nicht unternehmensbedrohende Risiken bzw. Entwicklungen unterliegen dem Regelungsbereich des § 91 II AktG nicht.[31] § 91 II AktG fordert ausdrücklich nur die Einrichtung eines Überwachungssystems, das die Einhaltung der eingeleiteten Maßnahmen überwachen soll. Aus diesem Grund wird dieses Überwachungssystem zu einem integralen Teil des Früherkennungssystems.[32]
Das vom Gesetzgeber verlangte Früherkennungssystem entsteht somit durch das Ergreifen geeigneter Maßnahmen zur Früherkennung bestandsgefährdender Entwicklungen und durch das Einrichten eines Überwachungssystems.[33]
4 Die theoretische Umsetzung des Risikomanagements nach KonTraG
4.1 Rechtliche Auswirkungen für Vorstand, Aufsichtsrat und Abschlussprüfer einer Aktiengesellschaft
4.1.1 Pflichten und Haftung des Vorstands
Das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der AG ist der Vorstand.[34] Gem. § 91 II AktG muss der Vorstand geeignete Maßnahmen treffen, vor allem ein System der Überwachung aufbauen, welches die den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen frühzeitig erkennen wird.
Durch diese Modifikation des Gesetzes wird die Leitung des Vorstandes in eigener Verantwortung, § 76 I AktG, unterstrichen sowie die Sorgfaltspflicht und die Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder (§ 93 I, II AktG) werden konkretisiert.[35]
Die Mitglieder des Vorstands müssen gem. § 93 I AktG beim Vollzug ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einhalten. Wenn sie ihre Pflichten verletzen, haften sie für den entstandenen Schaden als Gesamtschuldner, §§ 93 II 1 AktG, 426 BGB. Im Falle eines Streites müssen die Vorstandsmitglieder gem. § 93 II 2 AktG ihr Nichtverschulden beweisen, sog. Beweislastumkehr.
Zu der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Vorstands zählt u.a. die Bestimmung der Unternehmenspolitik. Zu dieser Unternehmenspolitik gehören die funktionsfähige Kontrolle und die Koordination der mehreren Führungsebenen.[36]
Da die unternehmerischen Risiken nicht vermeidbar sind, sollen sie sowie die Fehlentwicklungen mit Hilfe des Überwachungssystems identifiziert und permanent überwacht werden.[37] Ein solches Überwachungssystem soll bestandsgefährdende Entwicklungen möglichst früh genug erkennen, damit geeignete Maßnahmen zur Sicherung des Fortbestands der Gesellschaft getroffen werden können.[38]
Wie das Risikomanagement ausgestaltet werden muss, wurde gesetzlich nicht geregelt. Aus diesem Grund kann jedes Unternehmen individuell für sich die Instrumentarien und Prozesse der Überwachung von existenzgefährdenden Entwicklungen kreieren.[39]
Der Vorstand soll bei dem Risikomanagementsystem nicht alle Risiken selbst steuern, sondern er überträgt die Risikosteuerung auf die dafür zuständige Mitarbeiter des Unternehmens. Die Aufgabe des Vorstandes besteht darin, dass er die entsprechenden bestandsgefährdenden oder für die Vermögens-, Ertrags- und Finanzsituation bedeutsamen Risiken überwacht, wozu er in bestimmten Zeitabschnitten rechtzeitig Kenntnis von Berichten über die Risikolage nimmt.[40] Die Durchführung einer Risikoinventur durch Abfrage lediglich zum Bilanzstichtag und die Veranlassung derer Dokumentation im Lagebericht nach § 289 HGB, genügen deswegen nicht.[41]
Das Risikomanagementsystem hat die selbstständige kontinuierliche Prüfung und Regulierung durch die entsprechende Abteilung zum Gegenstand. Es wird davon ausgegangen, dass die grundlegenden bestandsbedrohenden Risiken unverzüglich gemeldet werden müssen. Die internen Überwachungsmaßnahmen sollen deswegen derart aufgebaut werden, dass sie frühzeitig unerwünschte Entwicklungen durch geeignete Vorkehrungen zur Fortbestandssicherung der Gesellschaft verhindern.[42]
Es gibt wenige Einzelrisiken, die die Unternehmensexistenz ernsthaft gefährden können. Nur die Kumulation von gering einzuschätzenden Risiken kann zu einer Existenzgefährdung eines Unternehmens führen.[43]
Der Vorstand hat gegenüber dem Aufsichtsrat eine Informationspflicht. Gem. § 90 I Nr. 1 AktG ist der Vorstand verpflichtet, dem Aufsichtsrat über die intendierte Geschäftspolitik und über andere essentielle Fragen der Planung des Unternehmens, im Besonderen über die Finanz-, Investitions- und Personalplanung, zu berichten. Der Gesetzgeber wollte dadurch die Bedeutung der Tätigkeit des Aufsichtsrates in puncto Unternehmensplanung unterstreichen, weil mittels Unternehmensplanung meistens Weichen gestellt und kostenwirksame Beschlüsse getroffen werden, welche das Unternehmen dauerhaft binden.[44]
[...]
[1] Vgl. Geib, G. (1999), S. 20.
[2] Von 1994 bis 1998 nahm die Anzahl der Insolvenzen kontinuierlich zu. Im Jahre 1998 erreichte die Insolvenzanzahl in Deutschland das Rekordniveau von 33.947 Insolvenzfällen (davon 24.402 in den alten Bundesländern und 9.545 in den neuen Bundesländern), vgl. o.V. (1999), S. 2183; Vgl. dazu noch Anhang 1, S. 23.
[3] Vgl. Anhang 2, S. 24.
[4] Vgl. Baars, H.-H. (2006), S. 40.
[5] Vgl. Picot, G. (2001), S. 5; BGBl. I (1998), S. 786-794.
[6] Vgl. Böcking, H.-J. / Orth, C. (1998), S. 1241.
[7] BGBl. I (1998), S. 786-789, Artikel 1.
[8] BGBl. I (1998), S. 789-792, Artikel 2.
[9] Vgl. BT-Drucksache 13/9712, S. 1; Vgl. Ernst, C. / Seibert, U. / Stuckert, F. (1998), S. 2.
[10] Vgl. Krystek, U. / Müller, M. (1999), S. 177; Vgl. Romeike, F. / Müller-Reichart, M. (2005), S. 137.
[11] Vgl. Hahn, K. / Weber, S. C. / Friedrich, J. (2000), S. 2621.
[12] Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1573; Vgl. Hahn, K. / Weber, S. C. / Friedrich, J. (2000), S. 2621.
[13] Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1573.
[14] Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1573.
[15] Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1573.
[16] Vgl. Bögle, M. / Garlik, D. (1998), S. 1341.
[17] Vgl. Baars, H.-H. (2006), S. 48; Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1573.
[18] Siehe dazu oben Abschnitt 2.
[19] Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1573 f.
[20] Vgl. Baars, H.-H. (2006), S. 49.
[21] Vgl. Hahn, K. / Weber, S. C. / Friedrich, J. (2000), S. 2624; Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1574; Vgl. Vogler, M. / Gundert, M. (1998), S. 2380.
[22] Vgl. Emmerich, G. (1999), S. 1080; Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1574.
[23] Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1574.
[24] Vgl. Emmerich, G. (1999), S. 1082; Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1574.
[25] Vgl. Hahn, K. / Weber, S. C. / Friedrich, J. (2000), S. 2620; Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1574 f.
[26] Vgl. Bögle, M. / Garlik, D. (1998), S. 1341; Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1575.
[27] Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1575.
[28] Vgl. Baars, H.-H. (2006), S. 49.
[29] Vgl. Brebeck, F. (2000), S. 194 f.; Vgl. Kromschröder, B. / Lück, W. (1998), S. 1574 f.
[30] Vgl. Baars, H.-H. (2006), S. 49.
[31] Vgl. Baars, H.-H. (2006), S. 50.
[32] Vgl. Hüfter, U. J. (1998), S. 95.
[33] Vgl. Baars, H.-H. (2006), S. 50.
[34] Vgl. Schmidt, K. (2002), S. 804.
[35] Vgl. Baars, H.-H. (2006), S. 42.
[36] Vgl. Baars, H.-H. (2006), S. 42.
[37] Vgl. Bitz, H. (2000), S. 1.
[38] Vgl. BT-Drucksache 13/9712, S. 27.
[39] Vgl. Kuhl, K. / Nickel, J.-P. (1999), S. 133.
[40] Vgl. Bitz, H. (2000), S. 3 f.
[41] Vgl. Baars, H.-H. (2006), S. 43.
[42] Vgl. Baars, H.-H. (2006), S. 43.
[43] Vgl. Kuhl, K. / Nickel, J.-P. (1999), S. 133; Vgl. Vogler, M. / Gundert, M. (1998), S. 2381.
[44] Vgl. BT-Drucksache 13/9712, S. 15.
- Arbeit zitieren
- Dennis Tomurko (Autor:in), 2007, Umsetzung des Risikomanagement in Versicherungsunternehmen nach KonTraG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79685
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