Essen und Trinken in der Nayi Kahani

Eine Rezension zu Nilanjana S. Roy's "A Matter of Taste" und Interpretation der Geschichte "French Leave" von Purabi Basu


Seminararbeit, 2006

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. A Matter of Taste – Eine Frage des Geschmacks
2.1 Zum Aufbau des Buches
2.2 Interpretation der Geschichte “French Leave” von Purabi Basu
2.2.1 Inhaltsangabe und Gliederung
2.2.2 Handlungsort, Zeit, Figuren, Konstellation, Motive
2.2.3 Sprachliche Mittel
2.2.4 Handlungsrahmen und Erzählabsicht

3. Schlussbemerkungen

Quellenangabe

1. Einführung

Denkt man an andere Länder, denkt man häufig gleichzeitig an deren Sitten und kulturelle Eigenheiten, aber man denkt dabei auch – und das nicht weniger häufig – ans Essen. Dann steigt einem der Duft exotischer Gewürze fast schon von ganz allein in die Nase und man ist erfüllt von dem Wunsch, einmal einen näheren Blick in ‚fremde’ Küchen werfen zu können. Will man speziell einen Einblick in die Welt der indischen Küche erlangen, stellt das weniger ein Problem dar, angesichts der gegenwärtigen Hochkonjunktur von Büchern über Essen in Indien. So erschien beispielsweise bereits 2004 im Verlag Penguin India das Buch “Rude Food”, herausgegeben von Restaurantkritiker Vir Sanghvi, und im März diesen Jahres wurde “Life and Food in Bengal” von Chitrita Banerji – fünfzehn Jahre nach seiner Ersterscheinung – neu aufgelegt.

“People like reading about food”[1], titelt V.K. Karthika von Penguin India und meint dabei nicht Kochbücher in ihrer eigentlichen Bedeutung. Kapish G. Mehra vom Rupa-Verlag fügt hinzu: “Food is not just something for filling a stomach; people want to read more about it.”[2] Ganz in diesem Sinne ist das Buch “A Matter of Taste” zu verstehen, welches ebenfalls im vorigen Jahr im Verlag Penguin India erschien. Herausgegeben wurde es von Nilanjana S. Roy, einer auf Delhi und Umgebung fokussierten Kolumnistin für den Business Standard und den Telegraph. Aber auch “A Matter of Taste” ist nicht einfach nur ein Kochbuch, sondern eine Sammlung von insgesamt 41 Kurzgeschichten meist indischer Autorinnen und Autoren, die sich dem Motiv des Essens in unterschiedlicher Weise nähern. Der Fokus liegt dabei hauptsächlich auf dem Erzählen der Geschichten: “Those who have something to say about food do so with an anecdote, in a travelogue, a historical reference, a literary allusion or a regional context.”[3] Jedoch werden dabei nicht ausschließlich nur kulinarische Genüsse untersucht; vielmehr transportieren die Autoren im Subtext der Geschichten vor allem zeitgenössische sozialkritische Probleme und setzen sich mit kulturellen Besonderheiten des eigenen Landes auseinander. In meiner folgenden Arbeit möchte ich dies am Beispiel der Geschichte “French Leave” von Purabi Basu verdeutlichen. Dazu werde ich diese analysieren und interpretieren, wobei das Hauptaugenmerk auf den Figuren der Geschichte und der Erzählabsicht der Autorin mit Bezug zur angesprochenen Problematik liegen soll. Doch bevor ich dazu komme, möchte ich mich zunächst dem Aufbau von “A Matter of Taste” widmen.

2. A Matter of Taste – Eine Frage des Geschmacks

2.1 Zum Aufbau des Buches

Das Buch “A Matter of Taste” ist von seiner Herausgeberin Nilanjana S. Roy als Anthologie angelegt und in sieben einzelne Abschnitte gegliedert, welche das Essen verschiedenartig thematisieren. Der erste Abschnitt “Individual Portions” enthält acht ausschließlich autobiografische Geschichten, die Einblicke in ganz persönliche Erfahrungen der Autoren rund um das Thema Essen gestatten. Zum Beispiel erfährt der Leser in “Eating Meat”, wie es geschah, dass sich Mahatma Gandhi aus einer ideologischen Überzeugung heraus zum – heimlichen – Verzehr von Fleisch überreden ließ und welche Folgen dies für ihn hatte.[4] Von seinen Erfahrungen mit den unterschiedlichsten Brotsorten in Indien, Pakistan und England (“On Leavened Bread”) berichtet Salman Rushdie und kommt auf die einfache Formel: “East was East, but yeast was West.”[5] In einer anderen Geschichte mit dem Titel “My First Buffet Lunch” schildert der Kolumnist Behram Contractor (1930-2001), der auch unter dem Namen Busybee bekannt war, das Erlebnis seines ersten Dinner-Buffets. Er berichtet, ein solches Buffet zunächst als teuer und verschwenderisch angesehen zu haben. Jedoch änderte er seine Meinung schnell, als er erfuhr, dass dort die übrig gebliebenen Speisen der letzten Tage, wie der Salat von letzter Woche und die Muscheln vom Vortag, kredenzt wurden.[6]

Im zweiten Abschnitt “History on a Platter” geben sieben Geschichten einen eher grob angelegten als umfassenden Überblick über indisches Essen bzw. Essen in Indien unter dem Gesichtspunkt der jüngeren Landesgeschichte. In diesem Sinne klärt der englische Autor und Kritiker E.M. Forster, der von 1871 bis 1970 lebte und zahlreiche Reisen nach Indien unternahm, den Leser in “The Outsider’s Thali” über indische Tischregeln auf. Beispielsweise schildert er die – für Außenseiter durchaus ungewöhnliche – Anordnung des Essens auf dem Teller, sowie die aus Hygienegründen angewandte ausschließliche Benutzung der rechten Hand.[7] Dagegen kommt ungeachtet der Traditionen bei Mukul Kesavans “Banquet Nationalism” einfach alles auf den Tisch, was die ‚anglo-indische’ Küche zu bieten hat, während das Ehepaar Geoffrey C. und Diane R. Ward Vermutungen anstellt, wie es dazu kommen konnte, dass die gleiche dünne “English Soup” überall in Indien zu bekommen ist.[8]

Die fünf Geschichten des dritten Buchabschnitts “Food and the Senses” stammen aus dem Bereich der Gefühle und sinnlichen Erfahrungen, welche die Autoren mit bestimmten Speisen assoziieren oder erlebt haben. So berichtet Raj Kamal Jha, Herausgeber der nationalen Tageszeitung Indian Express, in “Baby Food” von einem wohligen, körperhaften Erlebnis des Milchtrinkens, welches ihn natürlich an seine Mutter denken lässt.[9] Passend dazu wird der Blick des Lesers in diesem Kapitel auf die eher traditionelle Rolle der Frau in der Küche gelenkt, zum Beispiel in Radhika Jhas Geschichte einer “Initiation” und Anuradha Roys “Cooking Women”.[10] Hingegen bemüht sich Rucchir Joshi, der eigentlich als Filmemacher und Fotograf tätig ist, in seiner amüsanten Anekdote über “Shrikandh” sämtliche Tabus zu brechen und serviert dazu eine alternative – und nicht gerade appetitanregende – Variation dieser aus Joghurt gefertigten Süßspeise.[11]

Im vierten Abschnitt “Line of Control” behandeln sechs Geschichten den Grundgedanken des Buches in Verbindung mit Prinzipien, Kontrolle und Vorurteilen. Sie richten ihren Blick beispielsweise darauf, auf welche Weise Menschen in berührbar und unberührbar eingestuft werden und warum Gastfreundschaftlichkeit eine Frage der religiösen Einstellung sein kann – nachzulesen in der Kurzgeschichte “Guest is God” von Abdul Bismillah, einem der führenden Hindi-Autoren.[12] Im Gegensatz dazu befreit sich Radha, die Hauptfigur aus Purabi Basus “French Leave”, von den Pflichten ihrer traditionellen Frauenrolle, die sie als Gefangenschaft ansieht.[13] Im nächsten Teil meiner Arbeit werde ich mich dieser Geschichte ausführlich widmen.

Im fünften Abschnitt “Masala Mix” findet der Leser fünf Geschichten über bestimmte Nahrungsmittel oder Gerichte, welche typisch für Indien sind. Dabei geht es in “The Great Mango Yatra” von David Davidar um die Reise zweier Jungen auf der Suche nach der besten Mangosorte Indiens.[14] Außerdem wird berichtet, wie der Zorn der Auberginen Magenschmerzen verursachen kann; mit passendem Rezept nachzulesen in “The Anger of Aubergines”, einer Geschichte der Delhi-Autorin Bulbul Sharma.[15] Weiterhin gibt der Journalist und Restaurantkritiker Vir Sanghvi dem Leser einige Tipps, wie man das nordindische cÁÔ, ein scharf gewürztes Gericht aus Obst und Gemüse und die Bombay-Spezialität bhelpÚªÍ am besten voneinander unterscheiden und außerdem Gutes von Schlechtem trennen kann und wo man in Bombay das Beste seiner Sorte erhält.[16]

In “Deprivation”, dem sechsten Abschnitt thematisieren fünf Geschichten den Entzug des Essens in seinen verschiedenen Ausprägungen. Sie erforschen, was mit denen passiert, die das Essen verweigern oder genötigt werden, ohne Essen auszukommen. Beispielsweise leidet die Hauptfigur Apu in der Geschichte “Apu’s Trials” von Bibhutibhushan Bandopadhyanya, der von 1894 bis 1950 lebte, an einem unerträglichen Nahrungsmangel und wird durch sein quälendes Hungergefühl in den inneren Konflikt gebracht, reiche Ortsbewohner zu bestehlen.[17] Einen tragischeren Ausgang des bewussten Verzichts auf Nahrung schildert hingegen die Geschichte “Fasting” des 2001 verstorbenen Autors R.K. Narayan, in der sich der Protagonist schließlich zu Tode hungert.[18]

Schließlich beschäftigen sich fünf Geschichten im siebten Abschnitt “Across the Seven Seas” mit dem Essen außerhalb Indiens. Der Leser erfährt einen Blick über die Landesgrenzen Indiens hinaus, um zu sehen wie und was dort gekocht wird und welche Rolle das Essen für Inder im Ausland hat. Ein aufschlussreiches, wenn auch erschreckendes Beispiel dafür ist Anita Desais Geschichte “Shopping for More”, in welcher die modernen Familien- und Lebensmodelle Platz für ungeahnte Freiheiten bieten.[19]

2.2 Interpretation der Geschichte “French Leave” von Purabi Basu

Wie bereits deutlich wird, handeln die Kurzgeschichten in “A Matter of Taste” nicht ausschließlich vom Essen, dessen Zubereitung und bestimmten Essensgewohnheiten. Die Herausgeberin Nilanjana S. Roy sagt im Vorwort des Buches selbst, ihr wäre es ein ferner Gedanke zu erforschen, wann genau die Kartoffel nach Indien gekommen sei und wie sich Mogul-Köche beim Einkaufen verhalten würden.[20] Trotzdem gibt es in den zahlreichen Geschichten für den Leser natürlich viele interessante und wissenswerte Dinge über bestimmte Lebensmittel zu erfahren. Wie z.B. alles, was er schon immer über Feni, einen Likör aus Goa, wissen wollte – zu finden in Frank Simoes “Everything You Ever Wanted To Know About Feni, But Were Too Drunk To Ask”.[21]

[...]


[1] De Sarkar, Bishakha: Eating Between the LINES. In: The Telegraph Calcutta/India, 26.12.2004 >http://www.telegraphindia.com/1041226/asp/look/story_4161269.asp<

[2] De Sarkar, 2004, >http://www.telegraphindia.com/1041226/asp/look/story_4161269.asp<

[3] De Sarkar, 2004, >http://www.telegraphindia.com/1041226/asp/look/story_4161269.asp<

[4] Roy, Nilanjana S. (Hrsg.): A Matter of Taste. The Penguin Book of Indian Writing on Food. New Delhi: Penguin Books India, 2004. S. 28ff.

[5] Roy, 2004, S. 4.

[6] Roy, 2004, S. 6ff.

[7] Roy, 2004, S. 67ff.

[8] Roy, 2004, S. 65ff.

[9] Roy, 2004, S. 87ff.

[10] Roy, 2004, S. 89ff.

[11] Roy, 2004, S. 107ff.

[12] Roy, 2004, S. 160ff.

[13] Roy, 2004, S. 154ff.

[14] Roy, 2004, S. 193ff.

[15] Roy, 2004, S. 187ff.

[16] Roy, 2004, S. 183ff.

[17] Roy, 2004, S. 219ff.

[18] Roy, 2004, S. 227ff.

[19] Roy, 2004, S. 313ff.

[20] Roy, 2004, S. XIII.

[21] Roy, 2004, S. 34ff.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Essen und Trinken in der Nayi Kahani
Untertitel
Eine Rezension zu Nilanjana S. Roy's "A Matter of Taste" und Interpretation der Geschichte "French Leave" von Purabi Basu
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Indologie und Zentralasienwissenschaften)
Veranstaltung
Seminar Essen und Trinken in indischen Kurzgeschichten
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
19
Katalognummer
V79947
ISBN (eBook)
9783638857482
ISBN (Buch)
9783638854191
Dateigröße
673 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Essen, Trinken, Nayi, Kahani, Seminar, Essen, Trinken, Kurzgeschichten
Arbeit zitieren
Diana Bryg (Autor:in), 2006, Essen und Trinken in der Nayi Kahani, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79947

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