Im Fokus dieser Hauptseminararbeit steht – mit Birgit Hausperger gesprochen - das "Nichts" . Interessanterweise möchte ich in dieser linguistischen Untersuchung einmal etwas behandeln, das durch bloße Abwesenheit glänzt.
Mit diesem ganz eigenen Untersuchungsgegenstand rekurriere ich auf nichts Geringeres als auf das facettenreiche linguistische Phänomen, das der deutsche Sprachpsychologe und – theoretiker Karl Bühler symptomatisch als die "zweimal tausendjährige Ellipsenplage" charakterisiert hat.
Mit dieser viel zitierten Sentenz verweist Bühler darauf, dass das sprachliche Phänomen der 'Ellipse' und die aus ihr resultierenden 'fragmentarischen Äußerungen' eine lange Forschungstradition aufweisen und in der aktuellen linguistischen Grundlagendiskussion eine exponierte Stellung einnehmen. In seinen sprachtheoretischen Überlegungen kritisiert Bühler die ursprüngliche Geringschätzung knapper Ausdrucksformate und befürwortet die "Hochkultur des Elliptischen", die in der gesprochenen und sekundär auch in der geschriebenen Sprache vorherrscht:
"Solch lautarmer Verkehr darf nicht summarisch und für alle Umstände als armseliges, primitives, unvollendetes Sprechen gekennzeichnet werden. Denn das wäre genau so falsch, wie wenn man z.B. den bargeldlosen und bargeldarmen Güterverkehr summarisch als den Ausdruck einer primitiven und unvollkommenen Wirtschaftsordnung betrachten wollte. […] [Ellipsen, Anakoluthe usw. ] erfüllen ihren Zweck vorzüglich; ein Dummkopf der sie ausrotten wollte."
Mit diesen pathetisch anklingenden Phrasen verweist Bühler implizit auf die sprachökonomischen Tendenzen, die das elliptische Sprechen als funktionales Stilmittel kausal bedingt und etabliert haben.
Die elliptische Sprache lässt sich in unserer alltäglichen Schreib- und Redepraxis als ein essentielles und allgegenwärtiges Phänomen entlarven, das in schriftlich fixierten Texten und im Verlauf von spontanen mündlichen Diskursen seine soziale Dimension entfaltet. Sowohl öffentliche als auch private Schrift- und Redepraktiken sind von einer Fülle von Ellipsen durchdrungen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitende Gedanken
- Forschungsstand: Das sprachwissenschaftliche Phänomen der Ellipse in der zeitgenössischen Rezeption
- Ziel und Zweck der Arbeit
- Sprachökonomische Tendenzen in Grammatik und Pragmatik
- Die Handlungstheoretische Semantik von H. Paul Grice
- Elliptizität in der Oralität und in der Literalität
- Satz und Ellipse – Der Versuch einer definitorischen Begriffsbestimmung
- Konkretisierung des Satzbegriffs
- Eine definitorische Annäherung an den Satzbegriff im Spiegel der linguistischen Diskussion
- Der Satzbegriff aus grammatisch-syntaktischer Perspektive
- Der Satzbegriff aus pragmatisch-kommunikativer Perspektive
- Das Interdependenzgefüge zwischen Satz und Ellipse
- Problematisierung des Ellipsenbegriffs
- Etymologische Rechtfertigung des Begriffs Ellipse
- Der Ellipsenbegriff in der vorliegenden Arbeit
- Ein exemplarischer Blick auf die Ellipse in der alltäglichen Kommunikationspraxis
- Die sprachökonomische Dimension der Ellipse in Grammatik und Pragmatik
- Der grammatisch-syntaktische Aspekt der Ellipse
- Koordinationsellipsen
- Komparationsellipsen
- Adjazenzellipsen
- Der pragmatisch-kommunikative Aspekt der Ellipse
- Empraktische Ellipsen
- Situative Ellipsen
- Abschließende Gedanken
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das sprachökonomische Phänomen der Ellipse aus grammatisch-syntaktischer und pragmatisch-kommunikativer Perspektive. Sie beleuchtet den Forschungsstand, definiert den Ellipsenbegriff und analysiert dessen Relevanz in der alltäglichen Kommunikation.
- Sprachökonomie als Motivation für Ellipsen
- Grammatisch-syntaktische Strukturen von Ellipsen
- Pragmatisch-kommunikative Funktionen von Ellipsen
- Der Ellipsenbegriff in der linguistischen Diskussion
- Ellipse in der gesprochenen und schriftlichen Kommunikation
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitende Gedanken: Die Arbeit beginnt mit einem Zitat von Gustav Krüger, das die Bedeutung der Ellipse in der Sprachwissenschaft betont. Sie führt in die Thematik ein und stellt die Relevanz der Ellipse in der alltäglichen Kommunikation heraus, wobei die sprachökonomischen Aspekte hervorgehoben werden. Die Arbeit kündigt eine Untersuchung des "Nichts" als Untersuchungsgegenstand an, verweist auf Bühlers "zweitausendjährige Ellipsenplage" und betont die Bedeutung elliptischer Ausdrucksformen in der gesprochenen und geschriebenen Sprache.
Forschungsstand: Das sprachwissenschaftliche Phänomen der Ellipse in der zeitgenössischen Rezeption: Dieses Kapitel beleuchtet den bisherigen Forschungsstand zur Ellipse. Es wird die lange Geschichte der Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Ellipse hervorgehoben und die verschiedenen Ansätze der sprachwissenschaftlichen Forschung, die sich mit grammatischen und pragmatischen Aspekten der Ellipsen auseinandersetzen, dargestellt. Die Arbeit betont den "Markiertheitsstatus" elliptischer Sequenzen und deren Bedeutung für das Verständnis alltagssprachlicher Kommunikation.
Sprachökonomische Tendenzen in Grammatik und Pragmatik: Dieses Kapitel erörtert die sprachökonomischen Tendenzen, die das elliptische Sprechen bedingen. Es wird auf die Handlungstheoretische Semantik von Paul Grice eingegangen und die Unterschiede der Elliptizität in der Oralität und Literalität analysiert. Der Fokus liegt auf der Effizienz und Funktionalität elliptischer Äußerungen im Kontext von Kommunikation.
Satz und Ellipse – Der Versuch einer definitorischen Begriffsbestimmung: Dieses Kapitel befasst sich mit der Definition des Satzbegriffs und dessen Beziehung zur Ellipse. Es werden verschiedene linguistische Perspektiven diskutiert, um den Satzbegriff zu konkretisieren (grammatisch-syntaktisch und pragmatisch-kommunikativ). Die Interdependenz zwischen Satz und Ellipse wird analysiert, wobei die Problematik der Ellipsendefinition im Detail behandelt wird. Eine etymologische Betrachtung des Begriffs "Ellipse" findet ebenfalls statt.
Die sprachökonomische Dimension der Ellipse in Grammatik und Pragmatik: Dieses Kapitel untersucht die sprachökonomische Dimension der Ellipse aus grammatisch-syntaktischer und pragmatisch-kommunikativer Perspektive. Es werden verschiedene Arten von Ellipsen (Koordinationsellipsen, Komparationsellipsen, Adjazenzellipsen) analysiert und ihre Funktionen im Kontext der Kommunikation erläutert. Dabei wird der Fokus auf empraktische und situative Ellipsen gelegt.
Schlüsselwörter
Ellipse, Sprachökonomie, Grammatik, Pragmatik, Kommunikation, Satzstruktur, Oralität, Literalität, Sprachwissenschaft, Alltagssprache.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Ellipse und Sprachökonomie
Was ist der Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit?
Die Arbeit untersucht das sprachwissenschaftliche Phänomen der Ellipse, insbesondere deren sprachökonomische Aspekte. Sie beleuchtet die Ellipse aus grammatisch-syntaktischer und pragmatisch-kommunikativer Perspektive, analysiert verschiedene Ellipsentypen und deren Funktion in der alltäglichen Kommunikation.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel, beginnend mit einleitenden Gedanken und einem Überblick über den Forschungsstand. Es folgen Kapitel zur Zielsetzung, zur sprachökonomischen Dimension von Ellipsen (unter Einbezug der Handlungstheoretischen Semantik von Grice), zur Definition von Satz und Ellipse, zur Unterscheidung von Ellipsen in der gesprochenen und schriftlichen Sprache, sowie abschließende Gedanken. Im Detail werden verschiedene Ellipsentypen wie Koordinationsellipsen, Komparationsellipsen und Adjazenzellipsen betrachtet.
Wie wird der Begriff „Ellipse“ definiert?
Die Arbeit widmet sich einer detaillierten Auseinandersetzung mit der Definition des Ellipsenbegriffs. Sie betrachtet den Begriff etymologisch und analysiert die Problematik seiner Definition im Spiegel der linguistischen Diskussion. Die Arbeit entwickelt schließlich eine eigene, für die Arbeit spezifische Definition der Ellipse.
Welche Arten von Ellipsen werden untersucht?
Die Arbeit analysiert verschiedene Arten von Ellipsen, darunter Koordinationsellipsen, Komparationsellipsen und Adjazenzellipsen. Sie unterscheidet außerdem zwischen empraktischen und situativen Ellipsen, wobei der Fokus auf deren pragmatisch-kommunikativen Funktionen liegt.
Welche Rolle spielt die Sprachökonomie in der Arbeit?
Sprachökonomie bildet einen zentralen Aspekt der Arbeit. Es wird untersucht, wie Ellipsen als sprachökonomische Strategie die Effizienz und Funktionalität der Kommunikation beeinflussen. Die Arbeit beleuchtet den Zusammenhang zwischen sprachökonomischen Tendenzen und der Verwendung von Ellipsen in Grammatik und Pragmatik.
Wie wird der Forschungsstand zur Ellipse dargestellt?
Die Arbeit gibt einen Überblick über den bisherigen Forschungsstand zur Ellipse in der Sprachwissenschaft. Sie zeigt die lange Geschichte der Auseinandersetzung mit diesem Phänomen und präsentiert verschiedene Forschungsansätze, die sich mit grammatischen und pragmatischen Aspekten der Ellipse beschäftigen.
Welche Bedeutung hat die Unterscheidung zwischen Oralität und Literalität?
Die Arbeit untersucht die Unterschiede der Elliptizität in der gesprochenen (Oralität) und schriftlichen (Literalität) Kommunikation. Es wird analysiert, wie sich der Kontext und die jeweilige Kommunikationsform auf die Verwendung und Interpretation von Ellipsen auswirken.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter der Arbeit sind: Ellipse, Sprachökonomie, Grammatik, Pragmatik, Kommunikation, Satzstruktur, Oralität, Literalität, Sprachwissenschaft, Alltagssprache.
- Arbeit zitieren
- Andrea Elisabeth Schildgen (Autor:in), 2007, Die Relevanz der Ellipse in der alltäglichen Kommunikationspraxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79978