Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels sowie im Zuge der Individualisierungs- und Pluralisierungsprozesse familialer Lebensformen in Deutschland erfuhren die deutsche Familien- und Bevölkerungspolitik mit Beginn der 1970er Jahre einen Bedeutungszuwachs. Beide Politikfelder sehen sich gegenwärtig mehr denn je in der Verantwortung bevölkerungspolitisch und sozialpolitisch motiviert zu handeln, um insbesondere auf den Geburtenrückgang, den Prozess der De-Familialisierung, die wachsende Erwerbstätigkeit von Frauen bei geringer Erwerbsbeteiligung von Müttern sowie auf die steigende Lebenserwartung sinnvoll und nützlich Einfluss zu nehmen.
Hierbei ist die Familienpolitik bestrebt, Maßnahmen zu ergreifen, die Einfluss auf den Lebenszusammenhang und die Lebensführung von Familien nehmen oder auf die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Familien. Die deutsche familienpolitische Intervention ist dabei ökonomisch geprägt und zielt darauf ab, die wirtschaftliche Lage von Familien mittels monetärer Transfers positiv zu beeinflussen und Anreize zu schaffen, die die Reproduktion der Gesellschaft bzw. die Bildung von Humanvermögen steigern.
Zahlreiche Studien zum generativen Verhalten der deutschen Bevölkerung und zu den Veränderungsdynamiken familialer Lebensformen zeigten bereits, dass die sinkende Geburtenrate und der Trend zur De-Familialisierung auf soziokulturelle und ökonomische Wandlungsprozesse zurückzuführen sind. Gemeint sind beispielsweise der steigende Wunsch von Frauen nach Erwerbstätigkeit und die damit einhergehenden egozentristischen Lebensplanungen hinsichtlich einer beruflichen Flexibilität und Mobilität. Hinzu tritt die finanzielle (Un-) Sicherheit der Gesellschaft angesichts der steigenden Arbeitslosenquote und mangelnder Arbeitsplätze insbesondere bei der Entscheidung für ein Kind bei beiden Geschlechtern.
Vor diesem Hintergrund hat die deutsche Familienpolitik bereits Maßnahmen ergriffen, die das generative Verhalten der Gesellschaft und das familiale Zusammenleben, beeinflussen könnten. Unklar ist bislang jedoch, diese einen positiven Einfluss auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bzw. auf die Geschlechtergleichstellung haben.
Aufgrund dessen soll es Ziel der vorliegenden Arbeit sein, die Frage zu beantworten, ob die deutsche Familienpolitik die Reproduktion der traditionellen Geschlechterrollen reproduziert oder ob sie eine realisierte Geschlechtergleichstellung in Familie und Beruf initiiert?
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Veränderungsdynamiken des generativen Verhaltens und der familialen Lebensformen als Basis familienpolitischer Handlungsressourcen
- 2.1 Veränderungen familialer Lebensformen ab den 1960er Jahren in Ost- und West-Deutschland
- 2.2 Familienpolitik im Kontext veränderter familialer Lebensformen und Geschlechterrollen
- 3. Familienpolitische Maßnahmen - Eine Initiative für die realisierte Geschlechtergleichstellung oder eine Reproduktion traditioneller Geschlechterrollen
- 3.1 Tabellarische Übersicht der familienpolitischen Maßnahmen
- 3.2 Auswirkungen der familienpolitischen Maßnahmen auf die familialen und geschlechtsspezifischen Veränderungen in der deutschen Gesellschaft
- 3.2.1 Das Kindergeld
- 3.2.2 Das Mutterschutzgeld
- 3.2.3 Das Elterngeld
- 3.2.4 Die Elternzeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmer
- 3.2.5 Die Anrechnung der Elternzeit auf die Rentenversicherung
- 3.2.6 Das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG)
- 3.2.7 Der Kinderfreibetrag
- 3.2.8 Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
- 3.2.9 Die Absetzung beruflich bedingter Kosten für die Kinderbetreuung
- 3.2.10 Steuerermäßigungen bei Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen
- 3.2.11 Das Ehegattensplitting
- 3.2.12 Das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG)
- 3.2.13 Beantwortung der Fragestellung und Schlussbetrachtung
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht, ob die deutsche Familienpolitik die Reproduktion traditioneller Geschlechterrollen forciert oder eine realisierte Geschlechtergleichstellung in Familie und Beruf initiiert. Die Analyse konzentriert sich auf die Auswirkungen der familienpolitischen Maßnahmen auf die familialen Lebensformen und die Gleichstellung der Geschlechter.
- Veränderungsdynamiken des generativen Verhaltens und der familialen Lebensformen
- Einfluss der Familienpolitik auf die Geschlechterrollen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- Analyse der wichtigsten familienpolitischen Maßnahmen in Deutschland
- Bewertung der Auswirkungen der Maßnahmen auf die Gleichstellung der Geschlechter und die familialen Lebensformen
- Diskussion der politischen Handlungsmöglichkeiten zur Förderung einer realistischen Geschlechtergleichstellung
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in die Thematik ein und stellt den Forschungsgegenstand vor. Kapitel 2 befasst sich mit den Veränderungsdynamiken des generativen Verhaltens und der familialen Lebensformen in Deutschland. Es beleuchtet die Veränderungen familialer Lebensformen ab den 1960er Jahren in Ost- und West-Deutschland und analysiert die Rolle der Familienpolitik im Kontext dieser Entwicklungen. Kapitel 3 untersucht die Auswirkungen familienpolitischer Maßnahmen auf die familialen und geschlechtsspezifischen Veränderungen in der deutschen Gesellschaft. Es betrachtet dabei verschiedene Maßnahmen wie das Kindergeld, das Mutterschutzgeld, das Elterngeld, die Elternzeit und die Anrechnung der Elternzeit auf die Rentenversicherung.
Schlüsselwörter
Familienpolitik, Geschlechterrollen, Familienleben, generative Verhalten, Kindergeld, Mutterschutzgeld, Elterngeld, Elternzeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Geschlechtergleichstellung, Deutschland
- Arbeit zitieren
- Josepha Helmecke (Autor:in), 2007, Forciert die deutsche Familienpolitik die Reproduktion der traditionellen Geschlechterrollen oder initiiert sie eine realisierte Geschlechtergleichstellung in Familie und Beruf?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80188