Nach jahrzehntelangem Kräftemessen im herrschaftsideologischen Konflikt zwischen den demokratischen USA und der kommunistischen Sowjetunion,1 bewirkte die seit 1985 beschleunigte wirtschaftliche, ideologische und politische Implosion der UdSSR eine dramatische Machtverlagerung zugunsten der USA. Als Präsident Bush während der Gipfelgespräche mit Gorbatschow auf Malta Ende 1989 erstmals von der vielzitierten „neuen Weltordnung“ sprach, „war bereits eine gigantische Machtverschiebung zwischen Ost und West eingetreten“.2 Schrittweise waren die sowjetischen Machtpositionen in den afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Satellitenstaaten aufgegeben worden. Gorbatschow hatte die Breschnew-Doktrin3 für beendet erklärt und die osteuropäischen Staaten zur Selbstbestimmung freigegeben. Die Berliner Mauer, das Symbol für die Ost-West Teilung, war im November 1989 gefallen und der Warschauer Pakt im Zusammenbruch begriffen.4 Die nationale Abspaltung der einverleibten Subjekte der Sozialistischen Staatengemeinschaft zeichnete sich ab und war nur noch ein Frage der Zeit. Kurzum - die SU hatte die Kontrolle über ihr fast 50 Jahre durch Ideologie, Militär und Repression zusammengehaltenes Imperium, bestehend aus den drei Kernstaaten Russland, Ukraine und Weißrussland, sowie 12 weiteren Unionsrepubliken, vollständig verloren. Zwischen 1988 und 1991 lief der Prozess der Systemtransformation, der sich jeweils zunächst in Souveränitätserklärungen, dann in freien Republikwahlen und letztlich in offiziellen Unabhängigkeitserklärungen nach den Wahlen ausdrückte, in rasend schnellem Tempo ab.
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1 „Sowjetunion“ wird im Folgenden mit SU abgekürzt oder synonym mit UdSSR verwendet.
2 Hacke, Christian, Zur Weltmacht verdammt: Die amerikanische Außenpolitik von Kennedy bis Clinton, Berlin 1997, S. 417.
3 Die Breschnew-Doktrin der „beschränkten Souveränität“, u.a. Folge des „Prager Frühlings“ 1968, beinhaltete die absolute Herrschaft der kommunistischen Partei, die Prinzipien einer kommunistischen Wirtschaftsordnung , die grundsätzliche Ausrichtung der Sicherheits- und Außenpolitik der einzelnen Staaten an der SU, sowie das Recht der Intervention bei „Gefahr“.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- 1. Einführung in das Thema
- 2. Vorgehensweise und Methodik
- II. Wandel der internationalen Strukturbedingungen und dessen Implikationen für das Außenverhalten der USA nach Ende des Ost-West-Konflikts
- 1. Theoretische Grundlage: Der Neo-Realismus
- 2. Staatliche Handlungsdispositionen unter den Bedingungen struktureller Anarchie
- 3. Position und Handlungsdisposition der USA im internationalen System nach 1990
- 4. Implikationen der systemischen Perspektive für die amerikanische Russlandpolitik
- III. Die innerstaatlichen Bedingungen der amerikanischen Russlandpolitik
- 1. Staatsräson: Staatliche Handlungsmaximen in der internationalen Umwelt
- 2. Der Neo-Institutionalismus
- 2.1 Bezug zur Arbeit und Forschungsperspektive
- 2.2 Die drei Varianten des Neo-Institutionalismus
- 2.2.1 Der Rational-Choice Institutionalismus
- 2.2.1.1 Agenturtheorie / Principal-Agent-Problem
- 2.2.1.2 Die Transaktionskostentheorie
- 2.2.2 Der historische Institutionalismus
- 2.2.2.1 Der historisch-ökonomische Ansatz
- 2.2.2.2 Der historisch-soziologische Ansatz
- 2.2.3 Der soziologische Institutionalismus
- 3. Implikationen und Relevanz der subsystemischen Perspektive für die Russlandpolitik der USA
- 3.1 Der Rational-Choice Ansatz
- 3.2 Der historische Ansatz
- 3.3 Der soziologische Ansatz
- 4. Hypothesenbildung
- IV. Die Russlandpolitik der USA seit 1990
- 1. Die Demokratisierung Russlands – ein nationales Sicherheitsinteresse für die USA
- 1.1 Das politische System Russlands seit 1990 – zwischen Demokratie und Autoritarismus
- 1.2 Russlands wirtschaftliche Entwicklung seit 1990
- 1.3 Ausblick und außenpolitische Perspektive
- 2. Primat der Sicherheitspolitik
- 2.1 Militärische Sicherheit
- 2.1.1 Rüstungskontroll- und Nonproliferationspolitik
- 2.1.2 Die amerikanische National Missile Defense (NMD)
- 2.1.3 Implikationen von NMD für das amerikanisch-russische Verhältnis
- 2.1.4 „Stuck in the Cold War?"
- 2.2 Politische/regionale Sicherheit
- 2.2.1 Regionale Krisen seit 1990
- 2.2.1.1 Der Zweite Golfkrieg (1990-91)
- 2.2.1.2 Die Krisen auf dem Balkan (1992-99)
- 2.2.2 Die NATO-Osterweiterung
- 2.3 Ökonomische Sicherheit: U.S. Caspian Policy
- 3 Die wirtschaftspolitische Agenda
- 3.1 Die bilateralen Handelsbeziehungen
- 3.2 Demokratisierung durch Auslandshilfe?
- Wandel der internationalen Strukturbedingungen nach dem Kalten Krieg
- Der Neo-Realismus als theoretische Grundlage
- Die Rolle der USA im internationalen System
- Die innerstaatlichen Bedingungen der amerikanischen Russlandpolitik
- Die Russlandpolitik der USA seit 1990
- Kapitel I: Einleitung
Dieses Kapitel führt in das Thema der Arbeit ein und erläutert die Vorgehensweise und Methodik. Es beschreibt den Forschungsstand und die Relevanz des Themas.
- Kapitel II: Wandel der internationalen Strukturbedingungen und dessen Implikationen für das Außenverhalten der USA nach Ende des Ost-West-Konflikts
In diesem Kapitel wird die Bedeutung der internationalen Strukturbedingungen für die amerikanische Russlandpolitik beleuchtet. Der Neo-Realismus wird als theoretische Grundlage herangezogen, um die Position und Handlungsdisposition der USA im internationalen System zu analysieren. Es werden die Implikationen der systemischen Perspektive für die amerikanische Russlandpolitik erörtert.
- Kapitel III: Die innerstaatlichen Bedingungen der amerikanischen Russlandpolitik
Dieses Kapitel befasst sich mit den innerstaatlichen Bedingungen, die die amerikanische Russlandpolitik beeinflussen. Der Neo-Institutionalismus wird als theoretisches Modell vorgestellt und seine drei Varianten (Rational-Choice Institutionalismus, historischer Institutionalismus und soziologischer Institutionalismus) werden erläutert. Die Relevanz der subsystemischen Perspektive für die amerikanische Russlandpolitik wird diskutiert.
- Kapitel IV: Die Russlandpolitik der USA seit 1990
In diesem Kapitel wird die amerikanische Russlandpolitik seit 1990 untersucht. Die Demokratisierung Russlands, die Sicherheitspolitik und die wirtschaftspolitische Agenda werden analysiert. Es werden die wichtigsten Herausforderungen und Konfliktpunkte im amerikanisch-russischen Verhältnis betrachtet.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Magisterarbeit befasst sich mit der Außenpolitik der USA gegenüber Russland nach dem Ende des Kalten Krieges. Sie analysiert die amerikanische Russlandpolitik unter Berücksichtigung der Veränderungen der internationalen Strukturbedingungen und der innerstaatlichen Faktoren.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: amerikanische Außenpolitik, Russland, Kalter Krieg, Neo-Realismus, Neo-Institutionalismus, Sicherheitspolitik, Demokratisierung, Wirtschaft, Handelsbeziehungen, Auslandshilfe.
- Arbeit zitieren
- Yvonne Hoberg (Autor:in), 2002, Die Außenpolitik der USA gegenüber Russland seit 1990, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8019