Kindheit im sunnitischen Islam


Seminararbeit, 2001

16 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Gliederung:

1 Einleitung

2 Geburt und spezielle Riten
2.1 Niederkunft
2.2 Tieropfer
2.3 Beschneidung

3 Namensgebung

4 Aufwachsen
4.1 Bedeutung von Kindern
4.2 Im Islam
4.3 Spiele und Lieder
4.4 Erziehung und Bildung
4.5 Religion
4.6 Kinder im Krieg

5 Jugend

6 Fazit

7 Literatur

1 Einleitung

Wie wachsen Kinder im sunnitischen Islam auf und inwiefern unterscheidet sich diese Kindheit von unserer Europäischen? Diese Frage stellte ich mir zu Beginn dieser Arbeit. Jedoch musste ich schnell feststellen, dass man nicht von einer allgemein gültigen Kindererziehung sprechen kann - das Gebiet in dem der Islam verbreitet ist, erstreckt sich sehr weit und vereint außerdem verschiedene Kulturen in vielen unterschiedlichen Lebensräumen. Deshalb gehe ich in dieser Arbeit von Beispielen aus verschiedenen Gebieten aus, die ich in der Literatur gefunden habe. Ich werde die verschiedenen Phasen der Kindheit von der Geburt über die Namensgebung, das Aufwachsen und die Jugend in ihren verschiedenen Prägungen darlegen.

2 Geburt und spezielle Riten

2.1 Niederkunft

In den unterschiedlichen Provinzen des islamischen Gebietes existieren verschiedene Riten, die als fester Bestandteil zur Geburt gehören. In Ägypten z.B. wird die schwangere Frau bei der Niederkunft, die meist zu Hause abläuft, von ihrer Mutter am Rücken und zwei weiteren Frauen an Armen und Beinen gestützt (Ammar, 1961, S. 90). Währenddessen werden bestimmte Heilige um Hilfe angefleht, in Ägypten besonders Assayid al Badawi. Ist das Kind ein Junge, so spricht der Vater sofort nach der Geburt den adhaan („“announcement“, a technical term for the call of the divine service of Friday and the five daily salats“ (Encyclopaedia of Islam (EoI), Vol.I, 1960, S. 187f.)) in das rechte Ohr des Säuglings (Smith, 1985, S. 1 ).

Um den Vater zu beglückwünschen, gibt es auch verschiedene Bräuche, meist von Verwandten vorgetragene Sprüche (Ammar, 1961, S. 91).

Eine im ganzen sunnitischen Islam übliche Tradition ist talkeen (kein Eintrag gefunden), wobei eine gekaute Dattel in den Mund des Neugeborenen gelegt wird. Dabei wird der Speichel eines weisen Menschen, der die Dattel vorgekaut hat, dem Kind übergeben. Man glaubt, der Charakter des Weisen, wird auf den Säugling übertragen und soll die Zukunft des Kindes positiv beeinflussen. (Ammar, 1961, S. 98 und Smith, 1985, S. 7).

2.2 Tieropfer

Ein typisches religiöses Ritual im gesamten Islam ist die Erbringung des Tieropfers, der aqeeqah („A custom observed by the Arabs on the birth of a child“ (Dictionary of Islam (DoI), 1982, S. 17)), bei der am siebten Tag nach der Geburt zwei Schafe für einen Jungen und ein Schaf für ein Mädchen geopfert werden (Smith, 1985, S. 9). Bereits hier erkennt man, dass die Geburt eines Mädchens für die Eltern nicht die gleiche Bedeutung hat, wie die eines Jungen, worauf ich aber in Punkt 4.1 genauer zu sprechen komme. Im Anschluss an das Tieropfer wird der Kopf des Neugeborenen kahl geschoren, das Haar mit Silber aufgewogen und für einen wohltätigen Zweck gespendet (Smith, 1985, S. 11). Zuletzt findet dann die Namensgebung statt, auf die ich aber im Punkt 3 genauer eingehe.

2.3 Beschneidunq

Ein wichtiges Ereignis im Leben eines muslimische Jungen ist die Beschneidung, khatan („khitan, circumcision“ (EoI, Vol.V, 1960-, S. 20)) genannt, die meist im Alter von drei bis sechs Jahren vollzogen wird (Ammar, 1961, S. 116). Auch Mädchen werden in einigen Teilen der muslimischen Welt beschnitten, so zum Beispiel in Ägypten, Somalia und Kenia, (Fernea, 1995, S. 9) obwohl es eigentlich dafür keine religiöse Grundlage gibt, denn „the religious authority behind it is very weak and could be rejected, and even its practice is not universal throughout the Moslem world at present.” (Ammar, 1961, S. 121 ).

Allerdings wird diese schmerzvolle Prozedur heute nur noch selten vollzogen. Auch bei Jungen stellt die Beschneidung keine religiöse Grundpflicht dar, es gibt also keine Sure im Koran. Nur in der Tradition des Propheten ist sie festgehalten. Für die Moslems hat sie aber dennoch eine tiefe Bedeutung: Sie unterscheidet islamische Glaubensanhänger von den Nichtmoslems, reinigt den Körper und macht ihn besser fürs Gebet geeignet (Ammar, 1961, S. 120f.).

3 Namensgebung

Besonders interessant ist die muslimische Namensgebung, die gerade für Christen sehr ungewöhnlich erscheint. Für dieses Kapitel habe ich die Information allein von Smith (1985, S.21- 88), da er dieses spezielle und in der ganzen islamischen Welt gültige System sehr gut darstellt.

Der vollständige Name besteht aus kunyah („patronymic“ (EoI, Vol. V, 1960-, S. 395)), ism („name [...]. The ism [...] is the name properly speaking“ (EoI, Vol. IV, 1960-, S. 179)), laqab („a list of ancestors“ (EoI, Vol. V, 1960-, S. 618)) und dem Familiennamen.

Kunyah ist der Name des ältesten Sohnes bzw. der ältesten Tochter. Der Name eines Vaters beginnt also mit dem Titel ,Abuu ...’ (auf deutsch ,Vater von ...’), der einer Mutter mit ,Umm ...’ (auf deutsch ,Mutter von ...’).

Darauf folgt der eigentliche Vorname des Kindes, der sogenannte ism. Im Islam gibt es bestimmte Vornamen, die lobenswert sind, so zum Beispiel Namen Allahs. Vor die Namen Allahs wird bei Männern ,abd’ und bei Frauen ,amat’ gesetzt, was Glaubender bedeutet. So entstehen Namen wie Abdullaah, Abdurraheem oder Amaturrahmaan. Außerdem werden Kinder nach dem Namen von Propheten und alten Propheten benannt, zum Beispiel Muhammad, Mustafaa bzw. Ishaaq (Isaak) oder Yuusuf (Joseph). Weiter gibt es noch die Namen der männlichen oder weiblichen Begleiter des Propheten, die ebenfalls lobenswert sind. Einige Beispiele für Jungen wären Aamir oder Salmaan für Mädchen Faatemah oder Rabee.

Im Anschluss an den Vornamen folgt der laqab, der Name des Vaters und des Vaters des Vaters. Diese Reihe kann beliebig lange fortgesetzt werden. Man hängt den Namen des Vaters mit ,ibn ...’ (deutsch: ,Sohn von ...’) bzw. ,bint ...’ (deutsch: ,Tochter von ...’) hinten an.

Der Nachname der Familie, meist der Name eines Vorfahrs der Familie schließt den muslimischen Namen ab.

Zum Abschluss an dieses Kapitel möchte ich noch zwei Beispiele eines vollständigen muslimischen Namens geben:

„A woman’s name could be, for example, Umm al-Hasan (her kunyah) Faatemah (her given name) bint (daughter of) Muhammad (her father’s name) Abdulmuttalib (her grandfather’s name). Abu (father of) Mahmuud (the name of his eldest son) Aleyy (his given name) Ibn-James (son of-his father’s given name) Johnson (his family name, which is the name of an ancient paternal ancestor) is an example of an English-Arabic language male name.” (Smith, 1985, S. 37).

4 Aufwachsen

4.1 Bedeutung von Kindern

In den unterschiedlichen Regionen der islamischen Religion haben Kinder für die Eltern und die Gesellschaft verschiedene Bedeutungen. Besonders in den ländlichen Gebieten, sind Kinder die Nachfolger, die nach dem Tod der Eltern die Fatiha („the opening (Sura)“ (Eoi, Vol. II, 1960-, S. 841)) lesen. Außerdem wird der Name der Familie weitererhalten (Ammar, 1961, S. 93).

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Kindheit im sunnitischen Islam
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Evangelische Theologie)
Veranstaltung
Sunnitisch-Islamische Alltagsreligiosität im Nahen Osten und den Nachbarregionen
Note
gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
16
Katalognummer
V8023
ISBN (eBook)
9783638151108
Dateigröße
492 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kindheit, Islam, Sunnitisch-Islamische, Alltagsreligiosität, Nahen, Osten, Nachbarregionen
Arbeit zitieren
Susanne Schmid (Autor:in), 2001, Kindheit im sunnitischen Islam, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8023

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