Die Diskussion um die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen ist auch nach der Ablehnung des Richtlinienentwurfes durch das Europäische Parlament am 06. Juli 2005 nicht beendet, sondern nach wie vor aktuell, da sich an der Rechtsprechungs- und Patentierungsspraxis in Europa nichts geändert hat. Im Laufe der Kontroverse um die Richtlinie hat sich gezeigt, dass es zwischen Patentierungsbefürwortern und Gegnern eine klare Front gibt.
Beide Seiten versuchten mit Lobbyarbeit und Aktionen das Europäische Parlament und die Öffentlichkeit von ihrer Meinung zu überzeugen. Patentierungsgegner schickten zahlreiche Briefe an Politiker, unterzeichneten Online-Petitionen und schickten sogar aus Protest Bananen an das Bundesjustizministerium. Letztlich erreichten die Richtliniengegner damit ihr Ziel und die Richtlinie wurde nicht verabschiedet.
Im Rahmen dieser Arbeit soll erörtert werden, ob und in welcher Form die Softwareindustrie auf diese Ablehnung reagiert hat. Nachdem die einzelnen Entwürfe der Richtlinie erörtert worden sind, wird dazu die Anzahl von Patentanmeldungen ausgesuchter Softwarefirmen vor und nach dem Scheitern der Richtlinie kritisch beleuchtet werden.
Weiterhin wird auf Alternativen zum bestehenden Patentsystem eingegangen, um anschließend sinnvolle Regelungen im Hinblick auf einen Interessenausgleich zwischen den widerstreitenden Gruppen zu präsentieren.
1.2. Gang der Untersuchung
Nach allgemeinen Überlegungen zum Patentschutz in Kapitel zwei, werden im dritten Kapitel die patentrechtlichen Schutzmöglichkeiten für computerimplementierte Erfindungen dargestellt. Dazu wird auf die einzelnen Patentierungsvoraussetzungen nach deutschem Recht eingegangen, gefolgt von der Darstellung der einschlägigen Rechtsprechung von BGH und BPatG. Dem schließt sich ein Blick auf den Patentschutz nach internationalen Abkommen an. Dabei wird das TRIPS-Abkommen vorgestellt sowie sich mit den Patentierungsvoraussetzungen nach dem Europäischen Patentübereinkommen und der dazugehörigen Rechtsprechung der Technischen Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts auseinandergesetzt.
Kapitel vier befasst sich zunächst mit der Geschichte des Richtlinienentwurfs, begonnen mit ersten Sondierungen anhand des Grünbuchs bis hin zur abschließenden Ablehnung des Gemeinsamen Standpunkts durch das Europäische Parlament. Anschließend werden die unterschiedlichen Richtlinienentwürfe von Kommission, Parlament und der Gemeinsame Standpunkt mitsamt den jeweiligen Regelungen gegenübergestellt und bewertet.
In Kapitel fünf werden die wichtigsten Einwände gegen die Richtlinie kritisch hinterfragt. Das darauffolgende Kapitel sechs wird der besonderen Problematik der Patentierung von Geschäftsmethoden und den Trivialpatenten gewidmet.
Im siebten Kapitel werden verschiedene Ansätze für eine Verbesserung des aktuellen Patentsystems vorgestellt und beurteilt. Zum Ende des Kapitels erfolgt ein eigener Vorschlag.
Kapitel acht beschäftigt sich mit den Anmeldezahlen ausgewählter Softwareunternehmen. Es werden die Anmeldzahlen vor dem Europäischen Patentamt in den Jahren 2000 bis 2006 dargestellt. Anschließend werden die Anmeldungen der einzelnen Firmen einer genaueren Analyse unterzogen. Das Kapitel schließt mit einer Stellungnahme und Bewertung der Anmeldzahlen.
In Kapitel neun folgt die Abbildung eines Interviews mit Dr. Bernhard Fischer der SAP Global IP Group zum Thema computerimplementierte Erfindungen.
Das Fazit mitsamt einer kurzen Zusammenfassung beschließt schließlich in Kapitel 10 diese Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1. Thematik und Problemstellung
- 1.2. Gang der Untersuchung
- 2. Allgemeine Überlegungen zum Patentschutz
- 3. Patentschutz für computerimplementierte Erfindungen
- 3.1. Patentschutz für computerimplementierte Erfindungen nach deutschem Recht
- 3.1.1. Patentierungsvoraussetzungen
- 3.1.1.1. Erfindung
- 3.1.1.2. Neuheit der Erfindung
- 3.1.1.3. Erfinderische Tätigkeit
- 3.1.1.4. Gewerbliche Anwendbarkeit
- 3.1.2. Ausschluss von der Patentierbarkeit nach § 1 Abs. 3 PatG
- 3.1.3. Erfordernis der Technizität
- 3.1.4. Entscheidungspraxis des BGH und des BPatG
- 3.2. Patentschutz nach Internationalen Abkommen
- 3.2.1. TRIPS
- 3.2.2. Das Europäische Patentübereinkommen
- 3.2.2.1. Patentierungsvoraussetzungen
- 3.2.2.1.1. Erfindung
- 3.2.2.1.2. Erfordernis der Neuheit
- 3.2.2.1.3. Erfinderische Tätigkeit
- 3.2.2.1.4. Gewerbliche Anwendbarkeit
- 3.2.2.1.5. Ausschlussregelung des Art. 52 Abs. 2 EPÜ/Technizität
- 3.2.3. Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern des EPA
- 4. Richtlinienentwurf über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen
- 4.1. Geschichte des Richtlinienentwurfes
- 4.2. Richtlinienentwurf der EU-Kommission vom 20.02.2002
- 4.2.1. Regelungen des Kommissionsentwurfes
- 4.2.2. Persönliche Stellungnahme
- 4.3. Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 24.09.2003
- 4.3.1. Regelungen des RL-EP
- 4.3.2. Persönliche Stellungnahme
- 4.4. Gemeinsamer Standpunkt des EU-Rats vom 07.03.2005
- 4.4.1. Regelungen des Gemeinsamen Standpunkts
- 4.4.2. Persönliche Stellungnahme
- 5. Einwände gegen die Richtlinie
- 5.1. Das Verhältnis von Urheberrecht und Patentrecht
- 5.2. Behinderung für kleine und mittlere Softwareunternehmen
- 5.3. Negative Auswirkungen auf Open-Source
- 5.3.1. Verletzung bestehender Patente durch Open-Source-Entwickler
- 5.3.2. Probleme unternehmerischer Patentrechtspolitik
- 5.3.3. Persönliche Stellungnahme
- 6. Problematik der Geschäftsmethoden und der Trivialpatente
- 6.1. Geschäftsmethoden
- 6.1.1. ,,State Street-Entscheidung“
- 6.1.2. Patentfähigkeit von Geschäftsmethoden nach EPÜ
- 6.2. Trivialpatente
- 7. Alternativen und Verbesserungsvorschläge
- 7.1. Alternativen zum bisherigen Patentsystem
- 7.1.1. Das Gemeinschaftspatent
- 7.1.2. London Protokoll und EPLA
- 7.1.2.1. London Protokoll
- 7.1.2.2. EPLA
- 7.1.2.3. Mitteilung der EU-Kommission vom 03.04.2007
- 7.1.2.4. Persönliche Stellungnahme
- 7.2. Besondere Regelungen für Software
- 7.2.1. Obligatorische Offenlegung des Quellcodes
- 7.2.2. Verkürzung der Patentlaufzeit
- 7.3. Persönliche Verbesserungsvorschläge
- 8. Anmeldezahlen vor und nach Ablehnung der Richtlinie
- 8.1. Anmeldezahlen in der Internationalen Patentklassifikation G06F
- 8.1.1. Darstellung der Anmeldezahlen von Adobe Incorporated
- 8.1.2. Darstellung der Anmeldezahlen von IBM
- 8.1.3. Darstellung der Anmeldezahlen von Microsoft
- 8.1.4. Darstellung der Anmeldezahlen von Oracle
- 8.1.5. Darstellung der Anmeldezahlen von SAP
- 8.1.6. Darstellung der Anmeldezahlen von Siebel Systems
- 8.2. Anmeldezahlen in der Internationalen Patentklassifikation G06Q
- 8.2.1. Anmeldungen von Microsoft
- 8.2.2. Anmeldungen von SAP
- 8.3. Persönliche Stellungnahme
- 9. Interview mit Dr. Bernhard Fischer von SAP Global IP
- 10. Fazit und Ausblick
- Patentschutz für Software und die Problematik der Technizität
- Rechtliche Rahmenbedingungen im nationalen und internationalen Kontext
- Kritik an der Patentierbarkeit von Software und deren Auswirkungen auf die Innovation
- Entwicklungen und Trends in der Patentpolitik
- Positionen und Strategien der Softwareindustrie
- Kapitel 1 stellt die Thematik und Problemstellung der Diplomarbeit vor.
- Kapitel 2 bietet einen Überblick über die allgemeinen Überlegungen zum Patentschutz.
- Kapitel 3 beleuchtet den Patentschutz für computerimplementierte Erfindungen im deutschen und internationalen Recht.
- Kapitel 4 befasst sich mit dem Richtlinienentwurf der EU-Kommission sowie den Stellungnahmen des Europäischen Parlaments und des Rates.
- Kapitel 5 analysiert die Einwände gegen die Richtlinie, insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis von Urheberrecht und Patentrecht, die Auswirkungen auf kleine und mittlere Softwareunternehmen sowie die Probleme für Open-Source-Projekte.
- Kapitel 6 untersucht die Problematik der Geschäftsmethoden und der Trivialpatente.
- Kapitel 7 stellt Alternativen und Verbesserungsvorschläge zum bestehenden Patentsystem vor.
- Kapitel 8 analysiert die Anmeldezahlen vor und nach der Ablehnung der Richtlinie, um den Einfluss der Debatte auf die Patentpraxis zu beleuchten.
- Kapitel 9 enthält ein Interview mit Dr. Bernhard Fischer von SAP Global IP, einem wichtigen Vertreter der Softwareindustrie.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Reaktion der Softwareindustrie auf die Ablehnung des Richtlinienentwurfes des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen im Juli 2005. Die Arbeit analysiert die Hintergründe der Ablehnung, die Argumente der verschiedenen Akteure sowie die möglichen Folgen für die Softwareindustrie.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Computerimplementierte Erfindungen, Patentschutz, Softwareindustrie, Richtlinie, Europäische Union, Technizität, Open-Source, Geschäftsmethoden, Trivialpatente, Innovation, Anmeldezahlen, Interview.
- Arbeit zitieren
- Diplom-Informationsjurist (FH) Jens Englert (Autor:in), 2007, Die Reaktion der Softwareindustrie auf das Scheitern des Richtlinienentwurfs zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80460