Selbstbestimmung bei Johann Joachim Spalding - Analyse eines Textes


Magisterarbeit, 2003

77 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Vorwort

1. Zur Zitierweise

2. Zeitgeschichtliche und philosophiegeschichtliche Hintergründe

3. Shaftesburys Einfluß auf den Neologen Spalding
3.1. Grundgedanken der Shaftesburyschen Philosophie
3.2. Selbsterkenntnis und Selbstreflexion
3.3. Ästhetische Erfahrung und moralisches Gefühl
3.4. Glückseligkeit durch Tugend
3.5. Die tugendunterstützende Funktion der Religion

4. Die Bestimmung des Menschen nach Spalding
4.1. Ethische Reflexion und Selbstreflexion
4.2. Ethische Reflexion und die Frage nach dem Sinn des Lebens
4.3. Sinnlichkeit – die niedrigste Stufe der Selbstbestimmung
4.4. Vergnügungen des Geistes – ein Weg zur vernünftigen Selbstbestimmung
4.5. Tugend als Ausdruck vernünftiger Selbstbestimmung
4.6. Religion als Stütze der Tugend
4.7. Unsterblichkeit als Lohn

Resümee

5. Spalding und Shaftesbury – ein Vergleich
5.1. Selbstbestimmung und kulturelle Verantwortung
5.2. Die Rolle der Gewissens im Akt der Selbstbestimmung
5.3. Spaldings Stufenmodell

Anhang

6. Spalding – eine biographische Skizze

Literaturverzeichnis

7. Schriften von Spalding
7.1. Sekundärliteratur zu Spalding
7.2. Schriften zu Shaftesbury
7.3. Sekundärliteratur zu Shaftesbury
7.4. Literatur zum Begriff ‚Selbstbestimmung’

0. Vorwort

Was Johann Joachim Spalding (1714-1804) unter ,Selbstbestimmung’ verstand, soll im Rahmen eines Vergleichs der ersten und letzten, d.i. die dreizehnte, Auflage seines 1748 entstandenen Werkes Die Bestimmung des Menschen[1] aufgezeigt werden. Zur Einführung gilt es deshalb einige Erläuterungen zu diesem Terminus anzuführen:

Der Begriff Selbstbestimmung (engl. self-determination; frz. libre détermination de soi-même, auto-détermination)[2] setzt sich aus dem Substantiv «Bestimmung» und dem Pronomen «selbst» zusammen. Derartige Verknüpfungen zwischen Substantiven und dem eben angeführten Pronomen sind erstmals im 16. Jahrhundert zu finden:

„So enstehen z.B. «Selbstand», «Selbständigkeit», «Selbstbetrug» oder «Selbstbildnis». Im
18. Jh. kommen «Selbsterkenntnis», «Selbstbeherrschung», «Selbstbesitz», «Selbstdenken», und viele andere Wortbildungen dieser Art hinzu.“[3]

Nachweislich taucht der Begriff Selbstbestimmung erstmals in Immanuel Kants Schriften auf, nämlich in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785) und in der Vorlesungsschrift Anthropologie in Pragmatischer Hinsicht (1798).[4] Doch 35 Jahre vorher, in der Bestimmung des Menschen von Johann Joachim Spalding, liegt „der Ausdruck allerdings schon in der Luft.“[5] Dies gibt den Anlass seine Schrift zu diesem Sachverhalt eindringlicher zu untersuchen.

Zuvor soll jedoch der Terminus in seiner allgemeinen Bedeutung definiert werden:

«Selbstbestimmung» bezeichnet die Fähigkeit des Menschen, nach eigener Einsicht zu handeln. [...] so «bestimmt» der Mensch sich selbst, indem er sich bewußt von seinesgleichen abgrenzt oder sich mit ihnen einig erklärt. Dabei operiert er nicht nur rein theoretisch für «Ziele» oder «Zwecke»; er wendet sie vielmehr auf sich selber an, indem er nach ihnen handelt. Auf diese Weise «definiert» er sich selbst und zwar in praktischer Hinsicht; er «bestimmt sich selbst», indem er sich durch seine eigene Entscheidung auf eine Zielsetzung festlegt. In diesem Sinn ist S. identisch mit dem ausdrücklichen Handeln einer ihrer selbst bewußten Person.“[6]

Wenn in der Spaldingschen Schrift der Begriff ,Selbstbestimmung’ schon in der Luft liegt, dann muß das, in der eben angeführten Definition Gesagte, sich aus seinem ,System des Lebens’ durch eine genaue Analyse herauskristallisieren lassen. Daß dies der Fall sein wird, sollen folgende Angaben zur Intention des Spaldingschen Werkes andeuten:

Ausgehend von der Fragestellung nach dem Sinn des Lebens, die darauf abzielt, sich selbst eine Antwort darauf zu geben, warum und mit welchen Zielen man lebt, versucht Spalding, dem nach Aufklärung und eigener Einsicht strebenden Individuum, eine Richtschnur für die vernünftige Beurteilung und Handhabung seines Daseins aufzuzeigen. Die Frage also, wie sich das Leben des Individuums durch es selbst, unter Annahme einer von innen kommenden Aktivität, zu einer erfüllten und glücklichen Zeit gestalten läßt, stellt sich für Spalding daher in praktischer Absicht. Dabei geht es dem Autor um die Möglichkeit vernunftgeleiteten Handelns nach eigenen Vorstellungen, sowie um die vernünftige Beurteilung von Handlungen. Der Einzelne ist deshalb aufgefordert, sich mit sich selbst zu beschäftigen, um Einsicht in seine Natur zu erhalten und aus seinen Erkenntnissen heraus selbst tätig zu werden. – Er ist angehalten sein Leben, aus eigener Einsicht, unabhängig von Autoritäten bzw. der Meinung anderer, selbst zu bestimmen. Vorweg kann deshalb festgehalten werden, daß Spaldings philosophisch-theologische Bemühungen allgemein dem Thema ,Selbstbestimmung’ zugehören. Das Interesse dieser Arbeit gilt deshalb der Grundlegung des Spaldingschen Systems, welches dem Leser einen Leitfaden zur Selbstbestimmung an die Hand geben soll.

Da Spaldings Bemühungen durch zeitgeschichtliche und philosophiegeschichtliche Hintergründe stark motiviert sind, wird sich das erste Kapitel zum besseren Verständnis der Spaldingschen Schrift, jenen widmen.

Besondere Aufmerksamkeit gilt anschließend dem philosophischen Einfluß auf Spalding durch den Engländer Anthony Ashley Cooper, Earl of Shaftesbury (1671-1713). Da eine grundsätzliche Übereinstimmung der Kerngedanken Spaldings mit denen des englischen Philosophen zu beobachten ist, wird zum Zwecke der genaueren Untersuchung dieses Sachverhalts eine Rekonstruktion Shaftesburyscher Grundgedanken als notwendig erachtet. Diese Arbeit übernimmt das zweite Kapitel.

Nachdem der Boden zum Verständnis der Spaldingschen Schrift bereitet wurde, folgt nun, im dritten Kapitel, die Analyse und systematische Rekonstruktion des Spaldingschen Systems zur Bestimmung des Menschen. Zugleich erfolgt an gegebenen Stellen der Vergleich zur Philosophie Shaftesburys. Denn die metaphysische Frage nach dem Sinn und der Bedeutung des individuellen Lebens übersetzt Spalding, in Anlehnung an Shaftesbury, in eine ästhetische und ethische, insofern bei ihm das Gefühl die Grundlage für die Annahme bildet, daß der Mensch als moralisches Wesen in diese Welt ,paßt’. Somit geht es Spalding in seinem Werk um die Aufdeckung der Beziehung zwischen dem Gefühl des Schönen und Erhabenen, und dem was tugendhaft und gut ist – also um eine Beziehung von Ästhetik und Ethik. Inwiefern das Naturgefühl des Schönen und Guten daher die Grundlage für die Konstituierung der Einheit des Selbst bzw. des moralischen Subjekts bildet, wird in diesem Zusammenhang herausgearbeitet. Auch kommt dabei die Rolle des Menschen als Kulturwesen zum Ausdruck und die damit einhergehende moralisch-kulturelle Verantwortung, die nicht vom Akt der Selbstbestimmung zu lösen ist. Das anschließende Resümee rundet die Untersuchung des Spaldingschen Systems ab.

1. Zur Zitierweise

Um die Positionen Spaldings unter dem Gesichtspunkt der Selbstbestimmung herausgearbeiten, wird die erste Auflage von 1748 herangezogen, aber auch die fünfzig Jahre später erschienene letzte und dreizehnte Auflage von 1794 wird vergleichsweise angeführt. Bei der Analyse des Textes beider Ausgaben wird kapitelweise vorgegangen: 1. Einleitung, 2. Sinnlichkeit, 3. Vergnügungen des Geistes, 4. Tugend, 5. Religion, 6. Unsterblichkeit.

Das Betrachten beider Ausgaben hat 1.) den Zweck, die Kontinuität in den Grundlinien von Spaldings Position erkennbar zu machen, und 2.) trägt es zur Erläuterung einzelner, inhaltlicher Gesichtspunkte der 1. Auflage bei, denn der Autor hat in der Überarbeitung seines Textes kleine „Zusätze und Veränderungen“ vorgenommen, die sich aber darauf belaufen, „hier eine Lücke auszufüllen [und] dort in der Folge und Ordnung der Vorstellung etwas umzusetzen.“[7] Gekennzeichnet wird dies durch die Zitierweise:

- Zitate nur mit Seitenangabe, wie z.B. (4), beziehen sich auf die 1. Auflage der hier neu publizierten Ausgabe der Bestimmung des Menschen, wenn auch inhaltlich ein Bezug zur letzten Ausgabe vorhanden ist.
- Die Zitate aus der letzten Auflage sind durch die Jahreszahl „1794“ und einer Seitenzahl gekennzeichnet, wie z.B. (1794; 13) oder, wenn Bezug auf die Vorrede genommen wird, z.B. (1794; XV). Das Anführen dieser Zitate Spaldings dient darüber hinaus der Erläuterung der 1. Auflage und verweist auf den Entwicklungsgang Spaldings.
- Steht hinter einem Zitat eine Angabe in dieser Form: (4 und 1794; 13), ist hier der Bezug zu beiden Ausgaben gemeint. Damit soll darauf verwiesen werden, daß inhaltlich und sprachlich von Spalding keine Veränderungen vorgenommen wurden.
- An einigen Stellen weicht der Wortlaut beider Ausgaben nur leicht voneinander ab, unterscheidet sich inhaltlich jedoch nicht. In diesen Fällen wird wie folgt zitiert: (4 u.ä. 1794; 13)

2. Zeitgeschichtliche und philosophiegeschichtliche Hintergründe

Spaldings[8] Bestimmung des Menschen ist eine Schrift, die dem neologischen Zeitalter entsprungen ist, jener Phase der deutschen Aufklärung zwischen dem Wolffianismus und dem Rationalismus. Neologie[9] ist die Bezeichnung für ein Befreiungsstadium, das seine entscheidende Wirkungsphase, unter dem Einfluss englischer Aufklärungsphilosophen, etwa zwischen 1740 und 1790 hatte. Es war das zweite Stadium der Aufklärung, das unter dem Kantischen Wahlspruch stand: ‚Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!’ Denn Ziel war es, die natürliche menschliche Fähigkeit, selber zu denken, zu stärken, denn die Epoche der Aufklärung galt als ein Prozess, sich „auf protestantisch-religiösem Gebiet“[10] aus dem Joch des als Offenbarung überlieferten, kirchlichen Dogmas,[11] und damit von dessen Vorurteilen zu befreien – mit dem selbstbewußten Anspruch, daß sich das Dogma vor der Vernunft rechtfertigen müsse.

Setzte der Wolffianismus Vernunft und Offenbarung noch als dualistische Systeme nebeneinander, so wurden im Zeitalter der Neologie markante kirchliche Lehren, die der Vernunft anstößig erschienen, verworfen und die Vernunft wurde allmählich zum Richter über Offenbarungsinhalte erhoben. Religiöse Erkenntnis, so die radikale Forderung, muß in sich selbst vernünftig, d.h. zureichend begründet sein. Damit näherte sich die Periode der Neologie dem radikalen Rationalismus, welcher dann die Offenbarungsinhalte in Vernunftwahrheiten umdeutete. Grundsätzlich kann daher gesagt werden, daß sich in der Epoche der Aufklärung ein Wandel von der Heteronomie durch kirchliche Dogmen zur Autonomie des Menschen vollzog. Spaldings aufklärerische Haltung als Neologe nahm also in der Abwendung von kirchlichen Alleinwahrheiten und Dogmen und damit auch von kirchlicher Moral und Weltbeurteilung ihren Ausgangspunkt.

Will man das Zeitalter der Neologie richtig verstehen, so darf man es jedoch nicht als vorwiegend intellektualistisch begreifen, denn seine Dogmenkritik „ist nicht aus der ratio geboren, sondern aus dem ethischen und dem Gemütsbegriff." So war es nicht „der Erkenntnisdrang eines Wahrheitssuchers“, der die Zweifel an der kirchlichen Dogmatik dieser Zeit auslöste, sondern vor allem „die Frage nach dem Wert der überlieferten Lehren“ für die Sittlichkeit, ihre Brauchbarkeit zur Erziehung und moralischer Lebensführung.[12] Damit füllte nicht mehr der Verstand allein den Begriff der Vernunft, sondern es waren das Gemüt und das moralische Bewußtsein dazugekommen – der rationale Vernunftbegriff erfuhr eine Erweiterung. Das heißt, zur Vernunft zählten die Neologen „nicht nur den logischen Verstand, sondern auch Willen und Gefühl.“[13] Denn mit dem Gefühl verbanden sie einen Bewußtseinszustand, in dem ursprüngliche, ästhetische und moralische Gehalte zum Ausdruck kommen, und rezeptiv aufgenommen werden können. Es fungierte als Mittel zur Disposition zu bestimmten Verhaltensweisen gegenüber Personen oder Sachen. Die durch das Gefühl vermittelte unmittelbare Erkenntnis galt daher der Vernunft als Vorbild. Im Mittelpunkt neologischer Lehren, welche Toleranz, Frieden und Harmonie forderten, stand deshalb die empfundene „Selbsterfahrung“[14] als grundlegendes Erkenntnismittel. Damit näherten sich die Neologen mit sokratischer Stärke dem idealen Weltweisen und lehrten dem Menschen das einzige, was auf ein glückliches Leben abzielt – die Tugend, nämlich unerbittlich gegen sich selbst, und nachsehend gegen andere zu sein. Sie lehrten dem Menschen die Stimme der Natur in ihrem Herzen, die Stimme Gottes, lebendig zu empfinden, denn sie sollten nicht nur an Gott glauben, sondern, was das Vornehmste war, ihn, durch eigene Einsicht mittelst der Vernunft, lieben. „Neu und modern“ waren die Positionen dieser um Ausgleich mit der Aufklärung bemühten Vertreter des deutschen Protestantismus also insofern, als sie mit der „wissenschaftlichen Bildung ihres Volkes und ihrer Zeit mitgehend, die theologische Lehrart aufbessern“ wollten.[15] In den Kirchenleitungen und Universitäten verschafften Männer wie Jerusalem, Eberhard, Spalding und viele andere, der neologischen Theologie somit zunehmend Gewicht.

Die Neologen verteidigten zunächst die historische Zuverlässigkeit und bleibende Gültigkeit der biblischen Offenbarung gegen Tendenzen der Freigeister und Naturalisten, übten jedoch scharfe Kritik an bestimmten Momenten dogmatischer Tradition, so daß die Willkürherrschaft jener Priester, die das alte Dogma der Kirche vertraten, nun verstärkt, durch das „Primat der sittlichen Vernunft“ den Vorwurf „grober Immoralität“ erfuhren, was den vermehrten Anstoß dafür gab, sich aus eigenem Antrieb von kirchlichen Blendwerken und derber Unsittlichkeit zu befreien.[16] Es war der Aufruf zum vernünftigen Handeln zum Zwecke der sittlichen Selbstbestimmung und zugleich war es der moralische Geist dieser Zeit der den Menschen dazu bewegte, das Dogma der Kirche zu kritisieren und an die Menschenwürde zu appellieren. Dankbarkeit, Wohlwollen, Menschenliebe, Freundschaft, Mitleid und Großmut – die Theologie folgte dem Empfinden dieser Zeit und dem Verlangen nach Toleranz und Freiheit und beschränkte die Offenbarung auf die Bibel, „deren Inhalt der natürlichen Theologie viel konformer schien als das subtile und scholastische Priesterwerk des kirchlichen Dogmas.“[17] Denn das Christentum galt den Neologen als „Wiederherstellung und Kräftigung jener natürlichen Religion, die der menschlichen Vernunft durch Uroffenbarung eingegeben, geschichtlich jedoch depraviert war.“[18] Somit war der Glaube, daß eine Frau ohne Mann gebiert und das ein Toter aufersteht, der Neologie fremd, denn dies verspotte Gott und seine Offenbarung in der Natur. Vielmehr sollte „die wahre und einfache Gestalt der supranaturalen Offenbarung ausgemittelt werden [...] zum Zweck einer mehr praktischen, moralischen Lehrart der Theologie.“[19] Es wurden daher nur Lehren aufgenommen, die der Glückseligkeit, der Besserung und Tröstung des Menschen dienten. Im Grunde ließ die Neologie am Ende nur drei Wahrheiten des geschichtlichen Christentums gelten, nämlich Gott, Tugend und Unsterblichkeit. Dadurch wurde der Begriff der Tugend, der nach neologischen Lehren, wie der von Spalding, auf die Begriffe von Gott und Unsterblichkeit hinführte, zum Gegenstand der allgemeinen Begeisterung, denn man verstand darunter „eine gutherzige, lautere, tätigkeitsfrohe Gesinnung“, welche „die willige Unterwerfung unter die unbestechliche Stimme des Gewissens,“[20] dem Sittengesetz zur Folge hatte. Außerdem waren die Neologen, so Karl Arner, der Überzeugung, daß diese Gesinnung „die Schwachheit menschlicher Geisteskräfte“[21] stärke, und die „natürliche Erkenntnis“[22] ergänze, wodurch der Mensch „langsam und stufenweise, durch Vernunftschlüsse, zur Glückseligkeit geleitet werde.“[23] Auf diese Art entpuppten sich die wichtigsten Offenbarungswahrheiten, die ehedem als solche empfunden wurden, in fortgeschrittenem Stadium als Wahrheiten der Vernunft, mit dem Ziel die Offenbarung, durch die Vernunft, vor falscher Auslegung und Deutung schützen. Daraus ergab sich am Ende des 18. Jahrhunderts eine inhaltliche Identität von Vernunft und Offenbarung, so daß das Reich Gottes, durch die Vernunftkritik, zur Tugendgesellschaft wurde. Die Auflösung traditioneller Wertordnungen, wie sie sich im Gefolge der Religionswirren des 17. und 18. Jahrhunderts abzeichnete, fand schließlich ihren Niederschlag in der Neuformierung gesellschaftlich-kultureller Sphären und einer Aufwertung ziviler Lebensbereiche und damit in einer Säkularisierung und Individualisierung des Lebens.

3. Shaftesburys Einfluß auf den Neologen Spalding

Historisch im Kontext dieses tiefgreifenden Wandels steht die Philosophie Anthony Ashley Coopers, third Earl of Shaftesbury (1671-1713).[24]

Dem Engländer gelang es um 1700, ausgehend von dem politischen und ethischen Problem, wie der Bereich des zivilen Lebens reorganisiert und die Tugend ohne Rekurs auf die Religion begründet werden kann, die Frage nach dem guten Leben und gerechten Zusammenleben in neuer Weise zu stellen. Er versuchte anhand seiner moral sense Theorie, die das Gefühl als eigenständiges Gemütsvermögen neben Vernunft und Willen in die Philosophie einbringt, zu zeigen, daß moralische Grundsätze mit individuellen Neigungen zu verbinden sind. Denn er ging von dem anthropologischen Standpunkt aus, daß die menschliche Natur ursprünglich gut ist. Somit fand er eine Antwort auf die Frage, wie reziproke Beziehungen oder gegenseitige Verpflichtungen zwischen Menschen ohne Inanspruchnahme von Religion und Staatsmacht, also im Rekurs auf die Natur des Menschen, begründet werden können.

Damit wirkte sein Werk sich nicht nur auf philosophischem Gebiet aus, sondern auch im Bereich der Theologie und Literatur. Er übte, als Schüler Lockes, unmittelbaren Einfluß auf – genannt seien nur einige – George Berkeley, Joseph Butler, A. F. W. Sack, Francis Hutcheson, Denis Diderot und David Hume aus, aber auch auf die Generation Lessings, Herders und Goethes, sowie in der Neuzeit auf Mackintosh, Wilhelm Dilthey und Ernst Cassirer. Sein Schaffen bleibt daher, unter veränderten Voraussetzungen und in neuen Kontexten, verstehbar und historisch gegenwärtig.

Besonders bei den Neologen fand Shaftesbury mit seiner Theorie, daß das handlungsleitende moralische Prinzip nicht rein rationalen Charakters ist, sondern auch emotional bestimmt ist, Anklang. Denn in ihrem Ermessen lag es, die moralische Lebensführung als Akt sittlicher Selbstbestimmung zu verankern, indem der lebendig gefühlten Stimme der Natur willentlich gefolgt wird.

In der hier zu untersuchenden Schrift J. J. Spaldings, Die Bestimmung des Menschen, ist der Einfluß Shaftesburyscher Philosophie besonders zu erkennen. Zurückzuführen ist dies nicht zuletzt durch seine Übersetzungsarbeit Shaftesburyscher Werke.[25]

Es sei darauf verwiesen, daß laut Joseph Schollmeier,[26] neben Shaftesbury auch Hutcheson, Butler und Sack die Quelle des Spaldingschen Wirkens bilden. Da aber auch jene Philosophen nachweislich dem Einfluß des Engländers unterlagen,[27] erweist es sich als problematisch herauszustellen, inwieweit sich Spalding tatsächlich an die Werke jener Philosophen anlehnt. Es ist daher möglich, daß man an jenen Stellen, an denen Spalding mehr mit den genannten Philosophen überein zu stimmen scheint, eher auf – um mit den Worten von Hans Nordmann zu sprechen – „Parallelvariationen der Shaftesburyschen Gedanken aus gleichen Motiven“[28] trifft. Eine eindringliche Untersuchung der zusätzlich erwähnten Quellen und deren Vergleich, sowohl mit der Shaftesburyschen Philosophie, als auch mit dem Spaldingschen Schaffen, ist deshalb Voraussetzung für eine Lösung des Problems. Da sich daraus ein weitreichendes Forschungsvorhaben ergibt, kann dies nicht Gegenstand der Untersuchung dieser Magisterarbeit sein, da es den Rahmen dieser Arbeit überschreiten würde. Deshalb soll der Verweis auf bereits vorhandene Forschungsansätze, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, genügen.[29]

Der Fakt schließlich, daß Shaftesburys Werke von Spalding ins Deutsche transkribiert wurden und die Tatsache, daß das Werk des Engländers zudem als auslösendes Moment am Anfang der sich schnell ausbreitenden moralphilosophischen Bewegung steht, führt jedoch zu der These, daß die Grundgedanken der Characteristics of Men, Manners, Opinions and Times von Shaftesbury die eigentliche Quelle von Spaldings Bestimmung des Menschen bilden. Diese Auffassung vertritt auch Hans Nordmann, denn er schreibt: „Mit Shaftesbury Übereinstimmendes bietet fast jeder Abschnitt in Spaldings Werken.“[30] Daß Spalding das Shaftesburysche Gedankengut teilt, findet seinen Ausdruck auch in Äußerungen von Spalding selbst, wie in der Vorrede zur Übersetzungsschrift Die Sittenlehrer:

„[Die] Grundsätze des Grafen von Shaftesbury von der Natur und den Beweggründen der Tugend“ [haben in dieser Schrift] „ihren Platz gefunden und machen [...] derselben hauptsächlichen Inhalt aus. Ich gestehe es [...] daß ich davon eingenommen bin. Die moralische Empfindung hat meiner Meinung nach so etwas großes mit der weisen Güte des Schöpfers sowohl als mit der Erfahrung so Übereinstimmendes an sich, daß ich sie als eine ungezweifelte Sache ansehe.“[31]

Die Überzeugung Spaldings von den Grundgedanken Shaftesburyscher Philosophie führt schließlich dazu, so die These, daß Spalding jene Kerngedanken von Shaftesbury gebraucht¸ um aus diesen, vor dem Hintergrund der Frage nach dem ‚Sinn des Lebens’, ein ‚System des Lebens’ zu formen, welches eine in sich geschlossene Antwort auf jene Frage offenbaren soll.

Um also den Boden für das Verständnis der Spaldingschen Philosophie zu bereiten und um einen allgemeinen Überblick über das Shaftesburysche Schaffen zu geben, werden im Folgenden die Grundzüge des Werkes des Engländers dargestellt. Sie gelten zugleich als Vergleichsgrundlage der hier zu analysierenden Schrift Spaldings.

3.1. Grundgedanken der Shaftesburyschen Philosophie

Im Mittelpunkt aller Schriften Shaftesburys steht das Individuum als Urheber aller menschlichen Hervorbringungen, wie Wissenschaft, Kunst und Religion. Ziel seines Gesamtwerks ist es, die Freiheit des Einzelnen gegenüber normsetzenden, die Meinung uniformierenden Instanzen, wie Kirche, Politik und normative Ethik, radikal zu verteidigen. Dadurch resultiert bei Shaftesbury eine Trennung von Glauben und Wissen, von Religion und Ethik, sowie eine Verteidigung der Freiräume von Religion und Ethik als die Orte, die ein Über-Sich-Selbst-Hinauswachsen des ansonsten begrenzten und fremdbestimmten Menschen erlauben. Kreativität, verstanden als die Erweiterung der eigenen Grenzen, wird damit wesentliches Merkmal sowohl des künstlerischen, als auch des religiösen Menschen.

3.2. Selbsterkenntnis und Selbstreflexion

Erkenntnis beginnt bei Shaftesbury mit Selbsterkenntnis, die für ihn das einzig zuverlässige Wissen darstellt. Ergebnis der Einsicht in die eigenen Erkenntnisgrenzen ist Toleranz, das Pendant zur Idee der Freiheit, die das Individuum zu Respekt vor den Ansichten anderer verpflichtet. Die Notwendigkeit von Kritik und die Schärfung der Urteilskraft gehen damit einher. Daher ist Selbsterkenntnis sprichwörtlich der erste Weg zur Besserung. Denn der Überprüfung der eigenen Urteile und Handlungsmotive bei der Korrektur menschlichen Verhaltens ist größerer Erfolg beschieden, als der unüberlegten Befolgung von Denk- und Handlungsvorschriften. In dieser Rückwendung auf sich selbst, sieht Shaftesbury einen unabdingbaren Schritt zur Entwicklung und Schärfung des individuellen Entwicklungsvermögens und damit zur Selbstbestimmung des Individuums. Insofern sich Selbsterkenntnis als die Grundlage unserer Bewertung der sich uns aufdrängenden sinnlichen Erscheinungsbilder, sowie der uns leitenden Neigungen offenbart, ist sie die Voraussetzung jeder Form von Erkenntnis. So sagt Shaftesbury in seiner Schrift zur Ästhetik:

„Wie wenig Beachtung man jener moralischen Betrachtung oder Untersuchung schenken mag, die wir das Studium unserer selbst nennen, so muß man doch, strenggenommen, zugeben, daß alle Erkenntnis jedweder Art auf dieser vorausgehenden beruht, und daß wir in Wahrheit solange keiner Sache sicher sein können, bis wir uns erst sicher sind, was wir selbst sind.“[32]

Erkenntnis und Erfahrung bleiben daher ohne vorgängige Orientierung durch das individuelle Urteilsvermögen unmöglich. Denn wer sich z.B. noch keine Vorstellung von Gut und Böse gemacht hat, ist auch zur Beurteilung der moralischen Qualität von Handlungen nicht in der Lage. Nach Shaftesbury macht erst das Selbststudium das Wirken unserer individuellen Urteilskraft transparent und gibt Aufschluß über die Interpretationen und Bewertungen der Phänomene, aber auch der Affekte, die unser Handeln und unsere Einstellungen bestimmen. Selbsterkenntnis dient damit nicht nur der Auffindung persönlicher Identität, sondern auch der Schärfung und Entwicklung der Urteilskraft. Die Ausbildung des Urteilsvermögens ist damit Voraussetzung dafür, in bestimmten Situationen angemessen zu handeln bzw. auf bestimmte Reize angemessen zu reagieren. Die hervorragend ausgebildete Fähigkeit zu urteilen, zu entscheiden und zu prüfen, nennt Shaftesbury deshalb „taste“, Geschmack, wodurch er auf den hohen Stellenwert dieses Vermögens insistiert. Denn in seiner allgemein gefaßten Bedeutung ist dieser Begriff nicht auf die Kunstbetrachtung beschränkt, sondern er bezieht sich auf alle Lebensbereiche. Geschmack haben bedeutet deshalb sich um Schönheit und Anmut zu bemühen, einen guten Charakter sowie gute Sitten zu besitzen, und sich in den Angelegenheiten des öffentlichen Lebens richtig zu verhalten. Damit sind Geschmack und Urteilskraft Produkte härtester Arbeit des Individuums an sich selbst. Wenn Geschmack und Urteilskraft das Ziel jedes Individuums ist, heißt das, daß es lernen muß, sein Verhalten und seine Gesinnungen beständig zu reflektieren und, wenn nötig, gegen die verführerischen Kräfte bestimmter Neigungen Widerstand zu leisten. „Nicht bloß Witz, sondern Gemütsart muß den Mann von guter Lebensart bilden.“[33] Zur Bildung des Urteilsvermögens ist das Individuum, nach Shaftesbury, also aufgefordert, Einsicht in sich selbst und Kenntnis in die eigenen natürlichen Grundkräfte zu erwerben. Dies hat zum Ziel, daß sich das Individuum seine Einstellungen und Handlungsmotive bewußt macht und für diese Verantwortung übernimmt.

3.3. Ästhetische Erfahrung und moralisches Gefühl

Sich seinen Einstellungen und Handlungsmotiven bewußt sein, heißt bei Shaftesbury, sich seines Gemütszustandes bewußt sein. Dies geht mit der Reflexion und Verinnerlichung seiner Wahrnehmungen und Empfindungen und ihren Qualitäten einher. In dieser Verinnerlichung von unmittelbaren Wahrnehmungen und Empfindungen bildet sich, nach Shaftesbury, ein Gespür für Zusammenhänge und Formen heraus, wie etwa ein Gespür für das Angenehme und Unangenehme, Stimmige und Unstimmige, Harmonische und Dissonante, und schließlich auch für das Gute und Böse. So schreibt er:

„Ein Geist, der zum Betrachter [...] wird, kann nicht ohne Auge oder Ohr sein, die ihn befähigen, Proportionen wahrzunehmen, Töne zu unterscheiden und alle Empfindungen oder Gedanken zu prüfen, die sich ihm darbieten. [...] Er fühlt das Sanfte, das Rauhe, das Angenehme und das Unangenehme in den Gemütsbewegungen und empfindet hier ein Widerwärtiges und ein Anziehendes, eine Harmonie und Dissonanz genauso real und treffsicher, wie in den äußeren Formen und Erscheinungsweisen der sinnlich wahrnehmbaren Dinge.“[34]

Daher gelangt Shaftesbury zu der Auffassung, daß sich auch das Wesen des Guten oder Schönen dem Gemüt in Form eines Gefühls eröffnet, wodurch es sich verbindlich bestimmen läßt. Somit fungiert bei Shaftesbury das verinnerlichte Gefühl als Ordnungssinn zur Anwendung auf die Gebiete des Moralischen und Gesellschaftlichen. Er nennt es in der Inquiry[35] „moral sense“, was mit moralisches Gefühl, innerer Sinn oder moralischer Sinn übersetzt werden kann. Das moralische Gefühl bezeichnet demnach ein Gespür für das Richtige in den Angelegenheiten der Moral und impliziert eine gewisse Rationalität. Ihm kommt also ein reflexives Moment zu. Mit dem moralischen Gefühl wird daher die Fähigkeit beschrieben, Zustimmung und Abneigung zu empfinden und mit diesen Empfindungen Werturteile zu verbinden.

Das moralische Gefühl beinhaltet, wie oben angedeutet, eine Empfänglichkeit für die sinnlichen Formen der Dinge, sowie für die Formen des Verhaltens. In Bezug auf die letztgenannte Form spricht der englische Autor in den Miscellaneous Reflections sowohl die „Schönheit in äußeren Sitten und Betragen“, als auch die „Schönheit in inneren Gesinnungen und Grundsätzen“[36] an, welche durch den moral sense, nämlich der Reflexion der Wahrnehmungen und Empfindungen, transparent werden. Mit der Empfänglichkeit für sinnliche Formen beschreibt der Autor das Gefühl für Ästhetik, denn es ist auf etwas gerichtet und entsteht im teilnehmenden Bezug auf Erscheinungen und Vorstellungen. Der Gemütszustand wird demnach von außen angeregt. Mit der Empfänglichkeit für die Formen des Verhaltens beschreibt der Autor, wie bereits erwähnt, das moralische Gefühl, denn es ist ganz nach innen gerichtet und nimmt in der Beziehung auf das Selbst seinen Ausgang. Jedoch unterscheidet Shaftesbury nicht beide Gefühlsarten. Vielmehr macht er auf ihre enge Beziehung zueinander aufmerksam und betont den Zusammenhang von externer und interner Seite des Fühlens. Denn er ist der Auffassung, daß es durch die Schönheit, die sich in Ordnung und Symmetrie, in den Formen der Dinge in der Welt, als auch in den Formen des Verhaltens ausdrückt, einen Sinnzusammenhang gibt, der dem Menschen verständlich macht, „daß der ausgewogene und regelmäßige Zustand der wahrhaft gedeihliche und natürliche für jeden Gegenstand ist.“[37] Dieser Sinnzusammenhang, der die Ordnung und Schönheit des Ästhetischen in der gesamten Natur als grundlegend für jegliche Formen des Zusammenlebens begreifen läßt, ist aber nicht rational erfaßbar oder empirisch aufzuzeigen, sondern er ist einzig der Intuition oder dem antizipierenden Verstehen zugänglich. Aus der ästhetischen Reflexion, daß die Welt wohlgeordnet und gut eingerichtet sei, ergibt sich für Shaftesbury daher auch ein intuitives Vorwissen, um das, was gut zu nennen ist.

3.4. Glückseligkeit durch Tugend

Nach Shaftesbury also hat das Gute seinen Grund in einem bestimmten Sinn für Ordnungen, in einem Sinn nämlich für das Zuträgliche und Angemessene im Verhalten und Handeln. Denn im Verhalten und Handeln manifestiert sich die innere Form des Gemüts und wird sichtbar. Das Gute erschließt sich jedoch nicht nur über den Blick auf das Verhalten und Handeln, sondern vor allem durch den Blick auf seine Begierden, Neigungen und Affekte bzw. Leidenschaften. Denn durch den inwendigen Blick auf das Selbst kann der Mensch Aufschluß über seine Bestimmung erlangen, d.h., wie schon im vorigen Abschnitt erläutert, daß der Sinn und die Bedeutung von Gemütsbewegungen dem Verstehen zugänglich ist. Shaftesbury unterscheidet zwischen vier Gefühlsregungen bzw. Neigungen: 1.) den „natural affections“, 2.) den „self affections“, 3.) den “unnatural affections” und 4.) den „reflektive affections“.[38]

Freundlichkeit, Wohlwollen, Sympathie, Mitgefühl und hilfsbereite Solidarität zählen zu den natürlichen Neigungen und Gefühlen. Sie dienen, dem englischen Autor zufolge, dem sozialen Zusammenleben.

Die selbstischen Neigungen stehen für das Eigeninteresse, welches im positiven Sinne auf das eigene Wohlbefinden und die Selbsterhaltung abzielt. Aber auch negative Neigungen des Macht-, Besitz-, und Geltungsstrebens zählen dazu. Nach Shaftesbury ist es Aufgabe des Menschen zwischen beiden Gefühlregungen, den natürlichen und selbstischen, eine ausgewogene Balance zu finden, was bedeutet das eigene Wohl (self system) mit dem Wohl der Gemeinschaft (common system) in Einklang zu bringen, denn darin besteht für ihn die eigentliche moralische Tugend. Denn wie aus den ästhetisch-moralischen Betrachtungen hervorgegangen ist, lassen sich Sinn und Bedeutung des Lebens in Bezug auf den Menschen erst im Rekurs des Verstehenshorizontes der Zugehörigkeit des Einzelnen zum Ganzen ausmachen.

Die unnatürlichen Regungen, die dem Bösen bzw. Üblen zugeordnet werden können, faßt Shaftesbury als Unordnung oder Verkehrung der natürlichen Regungen auf, da sie aus selbstverschuldeten Gleichgewichtsstörungen zwischen Eigenwohl und Gemeinwohl entstehen. In diesen, nach Shaftesbury, widernatürlichen Neigungen liegt daher die Wurzel der Orientierungslosigkeit, des Lebensverdrußes, der Krankheit und Zerstörung von fremdem Leben.

Die letztgenannte Art, die „reflective affections“, stellt den schon erwähnten inneren Sinn bzw. den „moral sense“ dar.[39] Sie ist die Art der Reflexion aller Wahrnehmungen und Empfindungen, die dazu dient positive oder negative Werturteile zu fällen. So auch Urteile über Gutes und Böses. Damit räumt Shaftesbury den Menschen, im Gegensatz zu den Tieren, die Fähigkeit ein, nicht nur aus natürlichen Impulsen zu handeln, sondern in Distanz zu ihnen zu treten und sich dabei gleichsam im Spiegel zu betrachten. Der empfindende Mensch tritt in eine unmittelbare Beziehung zu sich selbst:

[Es] „ergibt sich eine neue Prüfung oder Aufgabe für das Herz, nämlich sich entweder in tugendhafter und gesunder Weise dem zuzuneigen, was recht und gerecht und von dem wegzustreben, was das Gegenteil ist, oder aber auf verderbte Weise anzustreben, was böse und zu verabscheuen, was edel und gut ist.“[40]

Indem sich nach dieser Spiegelung Leidenschaften und Neigungen nach verschiedenen Gesichtspunkten darstellen, tritt der empfindende Mensch in ein Selbstverhältnis, das ihm weder von der Natur vorgegeben ist, noch sich allein über formale Regeln oder Gesetze ermitteln läßt. Damit macht Shaftesbury ein Moment der Intentionalität des Gefühls geltend.

Da Shaftesbury alle sozialen Neigungen als natürliche Neigungen auffaßt, geht er davon aus, daß der Mensch in jedem Alter auf mitmenschlichen Kontakt notwendig angewiesen ist, denn der Selbsterhaltungstrieb und die Fürsorge um die eigene Art sei schon bei den Tieren zu beobachten.[41] Was bei ihnen jedoch die Natur regelt, liegt beim Menschen in der Eigenverantwortung. Glücklich kann nach Shaftesbury daher nur werden, wer das Wohl der anderen in seinem Handeln mitberücksichtigt. Wer sich also im Einklang mit der Natur, seiner eigenen und der äußeren, also seiner Um-, und Mitwelt, befindet, wer also seine eigenen Neigungen und Gefühle in verhältnismäßiger Balance zu seiner Außenwelt bringt, handelt zum Wohl des Systems.

Tugendhaftes Verhalten erlangt das Individuum also nicht aufgrund der bloßen Befolgung natürlicher Impulse, sondern vielmehr aufgrund des reflexiven Vermögens der emotionalen Vernunft, die sich im moral sense wiederspiegelt. Somit ist der moral sense dasjenige Vorstellungsvermögen, das unsere natürliche Wahrnehmung von guten, auf das Allgemeinwohl gerichteten Handlungen, als solche objektiviert.

3.5. Die tugendunterstützende Rolle der Religion

Shaftesbury hat in der Inquiry die Frage nach dem Guten anhand des moralischen Sinnes auf das Fundament der Natur gestellt. Er hat also versucht eine naturalistische Tugendauffassung zu entwickeln, um zu zeigen, daß das Bewußtsein von Gut und Böse sich nicht erst auf normsetzende Instanzen gründet, die unter der Berufung auf Gott einen bestimmten Begriff von Ethik verbindlich zu machen versuchen, sondern daß es dem Gottesglauben zeitlich vorangeht, und nicht aus diesem resultiert. In der Selbstständigkeit, welche die Moral bei Shaftesbury einnimmt, zeigt sich also seine kritische Haltung gegenüber der Auffassung, daß nur ein religiöser, gläubiger Mensch tugendhaft sei. Denn dem entgegnet er: Es ist „sicher, daß infolge einer verderbten Religion [...] viele Dinge, die von einer auf abscheulichste Weise unnatürlichen und unmenschlichen Art sind, für ausgezeichnet, für gut und lobenswert in sich gehalten werden,“[42] obwohl sie es in Wahrheit nicht sind. Er ist daher der Auffassung, daß, wenn die Religion über die Tugend und die Dogmatik über die Ethik gestellt wird, werden durch die Religion und in ihrem Dienste die sittlichen Maßstäbe aufgehoben, ja in ihr Gegenteil verkehrt. Deshalb also hat er gezeigt, daß die Moral nicht mit religiösen, sondern mit moralischen Maßstäben gemessen und begrenzt werden muß. So daß er überdies prinzipiell jedem Menschen, auch einem Atheisten die Fähigkeit zuspricht, tugendhaft zu sein. Dies heißt bei Shaftesbury jedoch nicht, daß Moral und Religion sich prinzipiell ausschließen, sondern es bedeutet, daß Religion in den Grenzen der Moral verbleiben muß, so daß alles, was diesen Maßstäben nicht genügt, nicht in die Religion aufgenommen werden darf. Also nicht Gott setzt die Normen für sittliches Verhalten, sondern der Mensch legt Gott seine Ideen, die sich aus der anthropologischen Beweisführung durch den moral sense ableiten, bei. – Übrig bleibt eine, in den Grenzen der Moral verbleibende, natürliche Erkenntnis von Gott. Um ein angemessenes Urteil über die Göttlichkeit eines Wesens zu fällen, und zu unterscheiden, welche Neigungen einem vollkommenen Wesen schicklich seien und welche nicht, ist somit ein ausgeprägter Sinn für das Moralische Voraussetzung.

Eine natürliche Erkenntnis von Gott, ergibt sich jedoch erst durch die Fähigkeit der Vernunft, den Zusammenhang des Ganzen einzusehen. Dieser offenbart sich in der Vorstellung von Gott, als einer höchsten formgebenden Intelligenz von erhabendster Güte und Tugendhaftigkeit, der das Wohl des Universums und damit auch des Menschen mit seiner durchgehend naturgesetzlich-kosmischen Ordnung bezweckt, ermöglicht und garantiert. Gott als der wohlgesinnte Regierer des Ganzen, wird, nach Shaftesbury, somit sowohl zum Vorbild für das eigene Verhalten, welches in der Liebe zur Allgemeinheit und in dem Bemühen um das allgemeine Wohl und Interesse bestehen sollte, als auch zum Gegenstand der Selbstkritik:

„[...] an einen Gott zu glauben, der sich immer und in jeder Hinsicht als ein wahres Vorbild und Beispiel der genauesten Gerechtigkeit, der höchsten Güte und Würde darstellt [...] sich auf alles erstreckt und sich in einem stetigen Wohlwollen gegenüber dem Ganzen ausdrückt, muß uns notwendigerweise dazu gewinnen, innerhalb unseres Bereiches und unserer Sphäre nach dem gleichen Prinzip und aus dem gleichen Streben heraus zu handeln. Und wenn wir einmal das Wohl unserer Gattung oder der Öffentlichkeit als Ziel oder Zweck im Auge haben, ist es in gewisser Weise unmöglich, daß wir durch irgendein Mittel zu einer falschen Auffassung von oder einem falschen Sinn für Recht oder Unrecht verleitet werden könnten.“[43]

Mit der Erkenntnis eines moralischen Prinzips in der kosmisch-naturgesetzlichen Ordnung Gottes, ist also „sicher, daß die Bewunderung und Liebe für Ordnung, Harmonie und Proportion, wo auch immer sie angetroffen werden, auf natürliche Weise die Disposition des Gemüts verbessern, die sozialen Neigungen fördern und die Tugend in hohem Maße unterstützen [...]. Denn es ist unmöglich, daß eine solche göttliche Ordnung ohne Ekstase und Verzückung betrachtet werden kann [...].“[44]

Versteht man Religion auf diese, natürliche Weise, so wird, nach Shaftesbury, offensichtlich, daß sie als Stütze der Moral fungiert, denn: Wo Religion „mangelt, kann keineswegs dieselbe Festigkeit, Beständigkeit und Güte, dieselbe gute Abstimmung der Affekte oder Übereinstimmung der Seele mit sich selbst vorhanden sein. Und so muß die Tugend ihre Vollendung und ihren Gipfel durch den Glauben an einen Gott erhalten.“[45] Zugleich wird deutlich, daß die Erkenntnis von Gott, in den Grenzen der Moral verbleibt, da das Urteil oder Gottesbild des Gläubigen, mit seiner Existenzweise oder moralischen Konstitution zusammenfällt. Dadurch hat Shaftesbury die Selbstständigkeit der Moral gegenüber der Religion aufgezeigt und zugleich die Religion der Moral untermauert. Die Moral erhält daher bei Shaftesbury den höchsten Rang und die höchste Bedeutung.

Zuletzt sei darauf verwiesen, daß Shaftesbury sich aufgrund der vorangegangenen Ausführungen, als Theist erweist, denn:

„Zu glauben, daß jegliches Ding von einem planenden Prinzip oder Geistwesen zum Besten regiert, geordnet und geregelt wird, das notwendig gut und ewig ist, heißt ein vollendeter Theist sein.“[46]

4. Die Bestimmung des Menschen nach Spalding

Schon der Titel der Spaldingschen Schrift verrät, daß es sich bei der Bestimmung des Menschen um einen Prozeß handelt, der den Menschen durch Selbsterkenntnis zur Selbstbestimmung führt. Dies soll eine kurze analytische Beschäftigung[47] mit dem Begriff „Bestimmen“ verdeutlichen:

„<Bestimmen> bedeutet primär: Inhalt (Sinn, Wesen, Struktur) verleihen, sekundär: von innen her gestalten und konsekutiv: sich von anderem abgrenzen.“[48]

Folgt man der primären Bedeutung dieses Begriffs, dann geht schon aus dem Titel der Spaldingschen Schrift hervor, daß es dem Autor um den Sinn bzw. den Zweck und das Ziel des menschlichen Lebens geht. Anders als bei Begriffen, denen man einen Inhalt zuweist, geht es beim Menschen jedoch darum, daß er sich selbst Ziele und Zwecke setzt. Kommt man

der sekundären Bedeutung des Begriffs „Bestimmen“ nach, so vollzieht sich der Vorgang der Zwecksetzung bzw. Sinnfindung des menschlichen Lebens, von inner her, in einem – wie aus der folgenden Analyse des Spaldingtextes hervorgehen wird – Vorgang der persönlichen Reflexion dessen, was man angesichts der menschlichen Natur und des Seins erfährt. Diese Reflexion ermöglicht es einen Begriff von sich selbst zu erlangen, welcher wiederum, bezüglich der konsekutiven Bedeutung des Begriffs „Bestimmen“, dazu beiträgt, sich aus der kritischen und gestaltenden Beziehung zu sich selbst, entweder von anderen Menschen, Dingen und Verhaltensweisen, die der Identität bzw. dem Begriff der eigenen Person und somit des eigenen Lebens, abträglich oder zuträglich sind, abzugrenzen oder zuzustimmen. Die Bestimmung des Menschen, so läßt sich aus dem Titel erschließen, ist daher, ein Vorgang, der die Auffindung der Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens auf dem Weg der Selbstbestimmung, also autonom, vollzieht.

4.1. Ethische Reflexion und Selbstreflexion

Spalding geht es, wie auch Shaftesbury, in seinem - wie er es selbst nennt - kleinen moralischen Erbauungsbuch (siehe 1794; VI) allgemein um das Verhältnis von Moral und Religion, um die Selbständigkeit der Moral gegenüber der Religion, um die kritische Funktion der Moral gegenüber der Religion und von daher um ein streng moralisches Gottesbild. Zugleich richtet er sich damit gegen Sittenverderbnis und Immoralität. Deshalb versucht er die Möglichkeit handlungsleitender sittlicher Einsicht, wie auch Shaftesbury, zunächst durch Aufklärung über die Natur des Menschen, also durch die Begründung eines moralischen Triebes, der als Reflexionsvermögen, ähnlich dem Shaftesburyschen moral sense, der Beurteilung von Dingen und Handlungen nach dem Maßstab des Guten und Schlechten dient, verständlich zu machen.

Um den Leser zur besseren Einsicht in seine Betrachtungen zu führen, und ein „Hinabsteigen in uns selbst[49] (1794; VII) zu befördern, schreibt Spalding in der persönlichen ICH – Form, so daß der Leser den Eindruck hat, er würde von sich bzw. zu sich selbst sprechen. Unter dieser Vorraussetzung gibt er dem Leser die Möglichkeit bei seinem „Herzen und Gewissen zu Hause zu sein“ (ebd.), so daß er ethische Reflexion als Prozess der Verständigung mit sich selbst begreift. Dies nämlich hat zum Ziel, das ursprüngliche Wissen, um das, was gut oder böse ist, transparent werden zu lassen.

Schon bei Shaftesbury findet sich der Gedanke, die „innere Versenkung [...] sei der einzige Weg, die Dinge in unserer Brust zu ordnen und jene Unterordnung durchzusetzen, die allein bewerkstelligen könnte, daß wir mit uns eins seien.“[50] Den delphischen Orakelspruch „Erkenne Dich selbst“[51] interpretiert Shaftesbury somit als Aufforderung mit sich selbst ins Gespräch zu kommen. Dabei verweist er auf die Probleme „unseren eigenen Geist zu erkennen und zu wissen, was unser Hauptziel sei,“ denn im allgemeinen „bedienen sich unsere Gedanken einer so dunklen, unausdrücklichen Sprache, daß es die schwierigste Sache von der Welt ist, sie zu klarer und vernehmlicher Rede zu bewegen. Aus diesem Grund ist es die richtige Methode, ihnen Stimme und Ausdruck zu verleihen.“[52] Die Leistung der Philosophen und Moralisten solle deshalb darin bestehen, daß sie dem Menschen eine Art Stimmspiegel vorhalten, der ihm hilft, sich zu personifizieren, daß heißt, seine Gedanken zu entäußern und zu objektivieren, um ihnen eine erkennbare und handhabbare Gestalt zu geben. In den Miscellaneous Reflections von Shaftesbury äußert sich dies, auch wenn Shaftesbury sonst ein Vertreter der literarischen Form des Selbstgesprächs als Dialog zwischen der Vernunft und der inneren Bühne der Neigungen und Gefühle ist, ebenso wie bei Spalding, in der Schreibweise der persönlichen Darstellung. So sagt er: Ich spreche „in der Person unseres [...] Untersuchers.“[53] Dies hat, wie bei Spalding zum Ziel, den Leser, bzw. den Untersuchenden zur Selbstvergewisserung und zum besseren Verständnis der eigenen Natur und deren Handhabung zu führen.

Wenn Spalding also von der Beförderung des Hinabsteigens in uns selbst spricht, dann zeigt sich, daß er ebenso wie Shaftesbury, die Absicht verfolgt, den Leser zur Reflexion über sein Dasein zu bewegen. Denn Spalding verspricht sich von der persönlichen Darstellungsart seiner Gedanken, folgendes:

„Betrachtungen, die an sich bekannt genug sind und sich bei einiger Aufmerksamkeit an jedes ungeschwächte Wahrheitsgefühl rechtfertigen, den Gemütern zur eigenen Anwendung auf sich näherzubringen und so ihren wohltätigen Einfluß auf Rechtschaffenheit und Religiosität wirksamer zu machen.“[54]

Damit hat er den Shaftesburyschen Ratschlag, den Leser zur Erhöhung des Selbstverständnisses, einen Stimmspiegel vorzuhalten, in die Tat umgesetzt. Daher ist der Weg, der den Menschen zur Erkenntnis dessen, was Recht und Unrecht, was moralisch billigens- oder mißbilligenswert ist, jener der Selbstreflexion. Denn die Fähigkeit zur wertenden Beurteilung von Handlungen ist die Voraussetzung für moralisch gutes Handeln, also Voraussetzung für die sittliche Selbstbestimmung.

[...]


[1] Johann Joachim Spalding, Die Bestimmung des Menschen. Die Erstausgabe 1748 und die letzte Auflage von 1794., herausgegeben von Wolfgang Erich Müller, Waltrop 1997.

[2] Volker Gerhardt, „Selbstbestimmung.“ in: Historisches Wörterbuch der Philosophie., herausgegeben von Joachim Ritter und Karl Gründer, Bd. 9, Basel 1995, S. 335 ff.

[3] Ebenda.

[4] Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht., Stuttgart 1983, §73, AA Bd. 7, S. 251.

- derselbe, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten., herausgegeben von Karl Vorländer, 7., durchgesehene Auflage, Hamburg 1994, AA Bd. 4, S. 427.

[5] Volker Gerhardt, Selbstbestimmung. Das Prinzip der Individualität., Stuttgart 1999, S. 142.

[6] - derselbe, „Selbstbestimmung.“, in: Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften., herausgegeben von Hans Jörg Sandkühler, Hamburg, S. 1432 ff.

[7] Spalding, „Vorrede.“ in: Bestimmung des Menschen., a. a. O., [13. Auflage], S. IV.

[8] Biographische Angaben siehe Kapitel 6 dieser Arbeit.

[9] Gottfried Hornig, „Neologie.“ in: Historisches Wörterbuch der Philosophie., a. a. O., Bd. 5, Basel 1972, S. 718 f.

[10] Karl Arner, Die Theologie der Lessingzeit., Halle/Saale 1929, S. 3.

[11] Joseph Schollmeier, Johann Joachim Spalding. Ein Beitrag zur Theologie der Aufklärung., Gütersloh 1967, S. 44.

[12] Vgl. Arner, Theologie., a. a. O., S. 151.

[13] Kurt Galling, Die Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG). Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft., herausgegeben von demselben, 3., völlig neu bearbeitete Auflage, Tübingen 1957, S. 726.

[14] Walter Kasper, Lexikon für Theologie und Kirche., herausgegeben von demselben, 3., völlig neu
bearbeitete Auflage, Freiburg im Breisgau 1998, S. 736.

[15] Emanuel Hirsch, Die deutsche christliche Aufklärung im Zeitalter Semlers und Lessings. (= Geschichte der neueren evangelischen Theologie im Zusammenhang mit den allgemeinen Bestrebungen des
europäischen Denkens., Bd. 7), Gütersloh 1949, S. 9.

[16] Vgl. Arner, Theologie., a. a. O., S. 157.

[17] Ebenda.

[18] Walter Kasper, Lexikon für Theologie und Kirche., a. a. O., S. 736.

[19] Schollmeier, Johann Joachim Spalding., a. a. O., S. 50.

[20] Vgl. Kurt Beckmann, Berührungen Johann Joachim Spaldings mit Immanuel Kant in der Fassung
seines Religionsbegriff.
, Diss. Göttingen 1913, S. 6.

[21] Arner, Theologie., a. a. O., S. 354.

[22] Ebenda.

[23] Ebenda.

[24] Literatur zu Shaftesbury:

- Anthony Ashley Cooper of Shaftesbury, Standardedition. Sämtliche Werke, ausgewählte Briefe und nachgelassene Schriften. In englischer Sprache mit paralleler deutscher Übersetzung., herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Wolfram Benda und Gerd Hemmerich, Stuttgart Bad-Cannstadt 1981.

Daraus:

Bd. I/1: Soliloquy. Or Advice to an Author.

Bd. I/2: Miscellaneous Reflections.

Bd. II/1: The Moralists. A Philosophical Rhapsody.

Bd. II/2: An Inquiry Concerning Virtue and Merit. An Inquiry Concerning Virtue.

Bd. II/3: Praktische und politische Philosophie. [Enthält die deutschen Übersetzungen der Untersu-
chung über Tugend und Verdienst
, sowie Die Moralisten.]

- Wolfgang Schrader, Ethik und Anthropologie in der englischen Aufklärung. Der Wandel der moral sense Theorie von Shaftesbury bis Hume., Hamburg 1984.
- Angelika Baum, Selbstgefühl und reflektierte Neigung. Ästhetik und Ethik bei Shaftesbury., Stuttgart Bad-Cannstadt 2001.
- Barbara Schmidt-Haberkamp, Die Kunst der Kritik. Zum Zusammenhang von Ethik und Ästhetik bei Shaftesbury., München 2000.
- Friedrich Uehlein, Kosmos und Subjektivität. Lord Shaftesburys Philosophical Regimen., München 1976.
- Ita Osske, Ganzheit, Unendlichkeit und Form. Studien zu Shaftesburys Naturbegriff., Berlin 1939.

[25] Shaftesbury, Die Sittenlehrer oder Erzehlung philosophischer Gespräche welche die Natur und die Tugend betreffen., übersetzt von Johann Joachim Spalding, Berlin 1745.

Shaftesbury, Untersuchung über die Tugend. Nebst einem Schreiben des Übersetzers., übersetzt von Johann Joachim Spalding, Berlin 1747.

[26] Vgl. Schollmeier, Johann Joachim Spalding., a. a. O.

[27] Schrader, Ethik und Anthropologie in der englischen Aufklärung., a. a. O.

Sowie:

Hans Nordmann, Johann Joachim Spalding. Ein Bild aus dem geistigen Ringen der deutschen

Aufklärung., Naumburg 1929, S. 38-40.

[28] Ebenda, S. 40.

[29] Vgl. Schollmeier, Johann Joachim Spalding., a. a. O.

Vgl. Clemens Schwaiger, „Zur Frage nach den Quellen von Spaldings ‚Bestimmung des Menschen’. Ein ungelöstes Rätsel der Aufklärungsforschung.“ in: Aufklärung – Interdisziplinäre Halbjahresschrift zur Erforschung des 18. Jahrhunderts und seiner Wirkungsgeschichte., Heft 11/1, Hamburg 1999.

[30] Nordmann, Johann Joachim Spalding., a. a. O., S. 41.

[31] Shaftesbury, Sittenlehrer., a. a. O., S. 16.

[32] Shaftesbury, Vermischte Betrachtungen., Bd. I/2, a. a. O., S. 233.

Original:

„HOW little regard soever may be shewn to that moral Speculation or INQUIRY, which we call the Study of our-selves; it must in stricness be yielded, That all Knowledg whatsoever depends upon this previous-one: And that we can in reality be assur´d of nothing, till we are first assur´d of What we are OUR-SELVES.”

- derselbe, Miscellaneous Reflections, Bd. I/2, a. a. O., S. 232. Hervorhebungen im Original.

[33] Shaftesbury, Vermischte Betrachtungen., Bd. I/2, a. a. O., S. 197.

Original:

„Tis not Wit merely, but a Temper, that must form WELL-BRED MAN.“

- derselbe, Miscellaneous Reflections., Bd. I/2, a. a. O., S. 196.

[34] Shaftesbury, Eine Untersuchung über Tugend und Verdienst., a. a. O., Bd. II/3, S. 61.

Original:

„A MIND, which is Spectator […] cannot be without his Eye and Ear; so as to discern proprtion,
distinguish Sound, and scan each sentiment or Thought that comes before it. […] It feels the Soft and the Harsh, the Agreeable and Disagreeable, in the Affections, and finds a Foul and Fair, a Harmonious and a Dissonant, as realy and truly here, as in the outward Forms or Reprasentations of sensible Things.”

- derselbe, An Inquiry Concerning Virtue and Merit., Bd. II/2, a. a. O., S. 68.

[35] Ebenda, S. 106.

[36] Shaftesbury, Vermischte Betrachtungen., Bd. I/2, a. a. O., S. 221

Original:

„A BEAUTY in outward Manners and Deportment” und „a Beauty in inward Sentiments and
Principles.”

- derselbe, Miscellaneous Reflections., Bd. I/2, a .a .O., S. 220.

[37] Shaftesbury, Vermischte Betrachtungen., Bd. I/2, a. a. O., 123.

Original:

„[…] but we must necessarily acknowledg that the proportionate and regular State, is the truly

properious and natural in every Subject.”

- derselbe, Miscellaneous Reflections., Bd. I/2, a .a .O., S. 122.

[38] Shaftesbury, An Inquiry Concerning Virtue and Merit., Bd. II/2, a. a. O., S. 56 ff.

[39] Ebenda, S. 66f.

In der deutschen Übersetzung:

Shaftesbury, Eine Untersuchung über Tugend und Verdienst., Bd. II/3, a. a. O., S. 60.

[40] Ebenda, S. 62.

Original:

„[...] there arises a new trial or Exercise of the Heart: which must either righty and soundly affect what is just and right, and disaffect wahta is contrary; or, corruptly affect what is ill, and disaffect what is worthy and good.”

- derselbe, An Inquiry Concerning Virtue and Merit., Bd. II/2, a. a. O., S. 68.

[41] Vgl. ebenda, S. 48ff.

In der deutschen Übersetzung:

- derselbe, Eine Untersuchung über Tugend und Verdienst., Bd. II/3, a. a. O., S. 53 ff.

[42] Ebenda, S. 73 f.

Original:

„But this is certain, that by means of corrupt Religion, or SUPERSTITION, many things, the most
horridly unnatural and unhuman, come to be reciev´d as excellent, good, and laudable in themselves.“

- derselbe, An Inquiry Concerning Virtue and Merit., Bd. II/2, a. a. O., S. 96.

[43] - derselbe, Eine Untersuchung über Tugend und Verdienst., Bd. II/3, a. a. O., S. 76.

Original:

„[…] to believe a God who is ever, and on all accounts, represented such as to be actually a true Modell and Example of the most exact Justice, and highest Goodness and Worth […] extended to All, and ex pess´d in a constant good Affection towards the Whole, must of necessity engage us, within our Com pass and Sphere, to act by a like Principle and Affection. And having once the Good of our Species or Publick in view, as our End or Aim, ´tis in a manner impossible we shou´d be misguided by any means to a wrong Apprehension or Sense of Right or Wrong.”

- derselbe, An Inquiry Concerning Virtue and Merit., Bd. II/2, a. a. O., S. 102.

[44] - derselbe, Eine Untersuchung über Tugend und Verdienst., Bd. II/3, a. a. O., S. 93.

Original:

„THIS too is certain; that the Admiration of Love and Order, Harmonie and Proportion, in whatever kind, is naturally improving to the Temper, advantageous to social Affection, and highly assinstant to Virtue […]. For ´tis impossible that such a Divine Order shou´d be contemplated without Extasy and Rature […].”

- derselbe, An Inquiry Concerning Virtue and Merit., Bd. II/2, a. a. O., S. 140.

[45] - derselbe, Eine Untersuchung über Tugend und Verdienst., Bd. II/3, a. a. O., S. 96.

Original:

„Since where the letter is wanting, there can neither be the same Benignity, Firmness, or Constancy, the same good Composure of the Affections, or Uniformity of Mind. And thus the Perfection and Height of VIRTUE must be owing to the Belief of a GOD.”

- derselbe, An Inquiry Concerning Virtue and Merit., Bd. II/2, a. a. O., S. 142.

[46] - derselbe, Eine Untersuchung über Tugend und Verdienst., Bd. II/3, a. a. O., S. 49.

Original:

„To believe therefore that every thing is govern´d, order´d, or regulated for the best, by a designing Principle, or Mind, necessarily good and permanent, is to be a perfect THEIST.”

- derselbe, An Inquiry Concerning Virtue and Merit., Bd. II/2, a. a. O., S. 36.

[47] Vgl. dazu auch:

Gerhardt, „Selbstbestimmung.“, a. a. O., S. 1432.

[48] S. Körner, „Bestimmung.“ in: Historisches Wörterbuch der Philosophie., a. a. O., Bd. 1, Basel 1972,
S. 850.

[49] Hervorhebung im Original.

[50] Shaftesbury, Selbstgespräch., Bd. I/1, a. a. O., S. 61.

„[…] this Receß […] was the only way of composing Matters in our Breast, and establishing that Subordinacy, which alone cou´d make Us agree with our-selves […].”

- derselbe, Soliloquy., Bd. I/1, S. 60.

[51] -derselbe, Selbstgespräch., Bd. I/1, a. a. O., S. 63.

Original:

„RECOGNIZE YOUR-SELF“.

- derselbe, Soliloquy., Bd. I/1, S. 62.

[52] -derselbe, Selbstgespräch., Bd. I/1, a. a. O., S. 63.

Original:

„One wou´d think, there was nothing easier with us, then to know our Minds […]. But our Thoughts have generally such an obscure implicit Language, that ´tis the hardest thing in the world to make ´em speak out distinctly. For this reason, the right Method is to give ´em Voice and Accent.”

- derselbe, Soliloquy., Bd. I/1, S. 62.

[53] - derselbe, Vermischte Betrachtungen., Bd. I/2, a. a. O., S. 249.

Original:

„I am speaking in the Person of our [...] Inquirer.”

- derselbe, Miscellaneous Reflections., Bd. I/2, a. a. O., S. 248.

[54] Spalding, „Vorrede.“ [13. Auflage], a. a. O., S. VI/VII.

Ende der Leseprobe aus 77 Seiten

Details

Titel
Selbstbestimmung bei Johann Joachim Spalding - Analyse eines Textes
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Philosophie)
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
77
Katalognummer
V80657
ISBN (eBook)
9783638805483
ISBN (Buch)
9783638807944
Dateigröße
724 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
"Die Analyse des Textes ist überaus klar aufgebaut. [...] Zu den großen Vorzügen dieser Arbeit ist zu rechnen, dass Nadine Müller aus der Beschäftigung mit Spalding heraus die wegweisende Bedeutung von Shaftesbury für ihren Autor erkannt hat.[...] Damit hat sie eine bislang kaum beachtete Wurzel für den Begriff der Selbstbestimmung erschlossen." Prof. Dr. Volker Gerhardt
Schlagworte
Selbstbestimmung, Johann, Joachim, Spalding, Analyse, Textes
Arbeit zitieren
Nadine Müller (Autor:in), 2003, Selbstbestimmung bei Johann Joachim Spalding - Analyse eines Textes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80657

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