Als eine spezielle Form des Fluches entwickelte sich im Christentum der Bann oder die Exkommunikation. Es handelt sich dabei um Sanktionsmaßnahmen, welche die sittliche und rechtliche Ordnung der Gemeinde gewährleisten sollen und den teilweisen oder gänzlichen Ausschluß des normwidrig Handelnden von der Teilnahme am Leben der Kirche zur Folge haben. „Die theologische Leitidee der Exkommunikation ist darin gelegen, daß schwere Sünde von Gott trennt und daß dies adäquaten Ausdruck in dem äußeren und sichtbaren Verhältnis zur Kirche erfährt.“ Von den ersten Jahrhunderten an erlebte die Christenheit die Wirklichkeit der Sünde und die Kirche war gezwungen, - trotz der in der Taufe empfangenen Sündenvergebung - für die nach der Taufe begangenen Sünden die Möglichkeit der Buße, einer paenitentia secunda, zu eröffnen. Um dem Anspruch der Heiligkeit des Gottesvolkes gerecht zu werden, mußte der schwere Missetäter bei der öffentlichen Kirchenbuße der Gemeinschaft entrückt werden und konnte erst nach Abbüßung seiner Schuld in diese zurückkehren. So gesehen war die Exkommunikation also „ein Rechtsakt mit dem Erziehungszweck der Besserung“ und damit eng verbunden mit der Entwicklung des Bußwesens.
Wie aber sah so ein Bußverfahren aus? Auf welche Sünden wurde es angewandt und welche Bußwerke hatte der reuige Sünder zu vollbringen? Ziel dieser Arbeit ist es, anhand von exemplarischen Quellen die Entwicklung und Ausgestaltung des kirchlichen Bußverfahrens im Frühen Christentum zu skizzieren. Gerade für die Zeit vom 1. bis hinein ins 4. Jh. n. Chr. - also inmitten der ‘Adoleszenz-Phase’ der Ekklesia - wird jedoch deutlich, daß es sich bei dem Thema Buße „um ein eminent theologisches und zugleich praktisches Problem“ handelt. Es spielte nicht nur die Auseinandersetzung mit praktischen Fragen der Gemeindezucht eine Rolle, die Alte Kirche mußte auch den historischen Gegebenheiten Rechnung tragen (Christenverfolgungen, Schismata, Aufstieg zur Reichskirche etc.). Weitere Probleme ergaben sich aus theologischen Anschauungen zur Sünde und Sündenvergebung. In diesem Zusammenhang stritten immer wieder rigoristische und mildere Parteien über die ‘orthopraxe’ Bußdisziplin. In der Folge bietet sich dem heutigen Betrachter der alten Kirchenbuße ein äußerst uneinheitliches und schwer zu überschauendes Bild.
Aus diesem Grund beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf die Darstellung des Bußverfahrens, ohne die theologischen Problemstellungen eingehender zu erörtern.
Inhaltsverzeichnis
- I. EINLEITUNG
- II. DAS NEUE TESTAMENT
- III. DIE NACHAPOSTOLISCHE ZEIT UND DAS 2.JH.
- IV. DIE ENTWICKLUNG IN DER WESTKIRCHE IM 3.JH.
- V. DIE ENTWICKLUNG IN DER OSTKIRCHE IM 3.JH.
- VI. AUSBLICK
- VII. SCHLUßÜBERLEGUNGEN
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit widmet sich der Entwicklung und Gestaltung des kirchlichen Bußverfahrens im frühen Christentum. Das Ziel besteht darin, anhand exemplarischer Quellen die historische Entwicklung der Paenitentia secunda zu beleuchten, insbesondere für die Zeit vom 1. bis ins 4. Jahrhundert n. Chr. Dabei wird der Fokus auf die Herausforderungen und Probleme gelegt, die sich aus der praktischen Umsetzung der Bußdisziplin in der 'Adoleszenz-Phase' der Ekklesia ergaben.
- Entwicklung der kirchlichen Bußpraxis im frühen Christentum
- Ausschlusspraktiken und Sanktionsmaßnahmen in der Gemeinde
- Theologische und praktische Aspekte der Paenitentia secunda
- Formalisierung und Institutionalisierung des Bußwesens
- Bedeutung des Bußverfahrens für das Verständnis von Exkommunikation
Zusammenfassung der Kapitel
- I. Einleitung: Die Arbeit stellt den Begriff der Exkommunikation als eine spezielle Form des Fluches im Christentum vor und beleuchtet die theologischen und praktischen Implikationen der Paenitentia secunda. Sie verdeutlicht die Herausforderungen, die die frühe Kirche im Umgang mit schweren Sünden und der Notwendigkeit der Buße hatte.
- II. Das Neue Testament: Dieses Kapitel analysiert relevante Stellen im Neuen Testament, die Einblicke in die Anfänge der Kirchenbuße gewähren. Es werden die Pflicht zur Heiligkeit, die Möglichkeit der Vergebung und die Problematik des Widerspruchs zwischen diesen beiden Aspekten beleuchtet. Auch die „Schlüsselgewalt“ der Gemeinde und das dreistufige Disziplinarverfahren nach Matthäus 18, 15-17 werden betrachtet. Weiterhin wird auf die Aussagen des Paulus zu Exkommunikation und Wiederaufnahme von Sündern eingegangen.
- III. Die Nach-Apostolische Zeit und das 2. Jahrhundert: Dieses Kapitel setzt die chronologische Untersuchung der Paenitentia secunda fort und beleuchtet die Entwicklung des Bußverfahrens in der Zeit nach der Apostolischen Ära. Es werden wichtige Quellen aus dieser Epoche analysiert, die Aufschluss über die Ausgestaltung der Kirchenbuße geben.
- IV. Die Entwicklung in der Westkirche im 3. Jahrhundert: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Westkirche im 3. Jahrhundert und untersucht die spezifischen Entwicklungen des Bußverfahrens in diesem Kontext. Es werden wichtige Quellen und Ereignisse aus dieser Zeit betrachtet, die Einblicke in die Praxis der Kirchenbuße in der westlichen Welt geben.
- V. Die Entwicklung in der Ostkirche im 3. Jahrhundert: Analog zu Kapitel IV widmet sich dieses Kapitel der Ostkirche im 3. Jahrhundert und beleuchtet die Entwicklung des Bußverfahrens in diesem Teil der christlichen Welt.
Schlüsselwörter
Exkommunikation, Paenitentia secunda, Bußwesen, frühes Christentum, Kirchenbuße, Heiligkeit, Vergebung, Sünde, Gemeindezucht, Disziplinarverfahren, Ausschlusspraktiken, Sanktionsmaßnahmen, theologische Probleme, historische Entwicklung.
- Arbeit zitieren
- Mathias Pfeiffer (Autor:in), 2003, Paenitentia secunda, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80710