Die hier vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Gewaltproblematik als differenzierungstheoretischer Aspekt im Prozess der Zivilisation von Norbert Elias. Es wird sich zeigen, dass Gewalt einen bedeutenden Faktor innerhalb der Theorie darstellt. Unter Zuhilfenahme der Zivilisationstheorie soll dann erklärt werden, wie es zum Bruch der Zivilisation und der damit verbundenen Gewaltverbrechen im Zuge des nationalsozialistisch provozierten Holocausts am Anfang des 20. Jahrhunderts kommen konnte. Diese Fragestellung scheint insofern von Interesse zu sein, da sich Norbert Elias selbst damit auseinander setzte.
Zum möglichen Zusammenhang von Zivilisation und Gewalt werden im Folgenden vier Thesen nach Peter Imbusch genannt. Es wird sich im Verlauf der Arbeit herauskristallisieren, welche Position Norbert Elias dabei einnimmt. Seine Position soll in dieser Arbeit dann als gültige Erklärung gelten. Verfechter seiner Theorie werden hingegen anderer Meinung sein. Aber das soll hier nicht zur Debatte stehen.
Die im Prozess der Zivilisation enthaltenen Begriffe Psychogenese und Soziogenese werden umfassend erklärt. Dies scheint notwendig bezüglich der korrekten Anwendung der Zivilisationstheorie auf das Hauptproblem der Gewaltausübung. Mit Hilfe von verschiedenen Mechanismen, zum Beispiel der Trieb- und Affektregulierung oder dem Monopolmechanismus, werden die Entwicklungen des menschlichen Verhaltens auf der einen Seite sowie die Herausbildung des Staatswesens auf der anderen Seite nachgezeichnet. Einem besseren Verständnis und einer deutlicheren Anschaulichkeit geschuldet, wird der geschichtliche Rahmen auf die Zeit vom frühen Mittelalter bis zur Zeit des Absolutismus begrenzt. Diese Eingrenzung ist allerdings keine Willkür des Autors. Norbert Elias selbst definiert diesen zeitlichen Rahmen in seiner Zivilisationstheorie.
Auf der Suche nach einer möglichen Erklärung wird ein weiterer Aspekt unausweichlich: Die Einbeziehung historischer Fakten. Da diese Arbeit jedoch nicht auf historischen Abhandlungen fußen soll, werden sie nur marginal erörtert. Trotzdem werden sie sich als äußerst gehaltvoll und wichtig herausstellen.
Am Ende dieser Arbeit wird eine mögliche Erklärung für den Zusammenhang zwischen Zivilisation und Gewalt formuliert, die sich an der Frage orientiert: Wie konnte sich eine nationalsozialistischen Diktatur und Gewaltherrschaft innerhalb des modernen, zivilisierten Deutschlands des 20. Jahrhunderts generieren?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Definition des Begriffes der Zivilisation bei Norbert Elias.
- Differenzierungstheoretische Aspekte in Norbert Elias' Prozess der Zivilisation.
- Psychogenetische Zivilisationstheorie
- Soziogenetische Staatsbildungstheorie
- Spezifika des Zivilisationsprozesses
- Perspektivenwechsel im Kampf um die Monopole
- Psychogenese im Prozess der Zivilisation
- Wandlungen in den Sitten ab dem frühen Mittelalter.
- Vom Fremd- zum Selbstzwang.
- mögliche Zusammenhänge zwischen Zivilisation und Gewalt.
- Soziogenese im Prozess der Zivilisation
- Gesellschaftliche Differenzierung mit Hilfe Des Monopolmechanismus'
- Das Gewaltmonopol als stabilisierendes Element im Prozess der Zivilisation
- Das Interdependenzgeflecht von Gewalt- und Steuermonopol
- Die Vergesellschaftung der Monopole
- Zivilisation und Gewalt am Beispiel des nationalsozialistischen holocausts
- Die gestaltung des emotionalen lebens
- Die Rebarbarisierung der Gesellschaft
- Die nationalsozialistische Diktatur – historische fakten
- Auf der Suche nach einer möglichen Erklärung
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Gewaltproblematik im Kontext der Zivilisationstheorie von Norbert Elias. Sie untersucht, wie Gewalt in Elias' Theorie eine zentrale Rolle spielt und wie der Bruch der Zivilisation und die damit verbundenen Gewaltverbrechen, insbesondere im Kontext des Holocausts des 20. Jahrhunderts, erklärt werden können. Die Arbeit setzt sich mit Elias' Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang zwischen Zivilisation und Gewalt auseinander und beleuchtet verschiedene Thesen zur Erklärung des Phänomens.
- Die Bedeutung der Zivilisationstheorie von Norbert Elias für die Analyse von Gewalt.
- Die Rolle von Psychogenese und Soziogenese im Prozess der Zivilisation.
- Die Bedeutung von Trieb- und Affektregulierung und Monopolmechanismen für die Herausbildung von Zivilisation.
- Der Zusammenhang zwischen Zivilisation und Gewalt im historischen Kontext des Nationalsozialismus.
- Die Suche nach einer möglichen Erklärung für die Entstehung nationalsozialistischer Gewalt in einem zivilisierten Kontext.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Fragestellung und den methodischen Ansatz erläutert. Sie definiert anschließend den Begriff der Zivilisation nach Norbert Elias und beleuchtet die Bedeutung von Triebimpulsen und Selbstregulierung im Kontext der Zivilisationstheorie. Kapitel 3 befasst sich mit den differenzierungstheoretischen Aspekten der Zivilisationstheorie, insbesondere mit der Psychogenetischen Zivilisationstheorie und der Soziogenetischen Staatsbildungstheorie. Kapitel 4 und 5 analysieren die Psychogenese und Soziogenese im Prozess der Zivilisation. Hierbei werden Wandlungen in den Sitten, die Entwicklung vom Fremd- zum Selbstzwang und die Rolle des Gewaltmonopols im Prozess der Zivilisation untersucht. Kapitel 6 untersucht die Zivilisation und Gewalt am Beispiel des Holocausts, beleuchtet die Rebarbarisierung der Gesellschaft und die nationalsozialistische Diktatur im historischen Kontext. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung, die die gewonnenen Erkenntnisse zusammenfasst.
Schlüsselwörter
Zivilisationstheorie, Norbert Elias, Gewalt, Differenzierung, Psychogenese, Soziogenese, Trieb- und Affektregulierung, Monopolmechanismus, Gewaltmonopol, Staatsbildung, Holocaust, Nationalsozialismus, Rebarbarisierung, Selbstregulierung, Zivilisationsbruch.
- Arbeit zitieren
- Christian Scheller (Autor:in), 2007, Die Gewaltproblematik als differenzierungstheoretischer Aspekt im Prozess der Zivilisation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80731