Von dem Vergleich mit „ferarumque more viventes, inculti et indomiti, von „isti magicis artibus instructi, „a consueta gentium depopulatione und weiteren abwertenden und negativ behafteten Aussagen kann man in den Quellen westeuropäischer, „zivilisierter“ Autoren lesen, wenn man sich über die Awaren informieren möchte.
Durchweg, seit den Darstellungen von Gregor von Tour, über Einhard bis hin zu Widukind von Corvey fällt auf das einstige Reitervolk ein Schatten der Grausamkeiten, der Mythenhaftigkeit, aber vor allem auch ein stilisiert erscheinendes Gefühl der Bedrohung. Gerade der Aspekt der Bedrohung gewinnt besonders an Bedeutung, als Karl der Große im Jahre 791 zur Offensive schritt und diesen anscheinend so schrecklich wahrgenommenen Awaren den Krieg erklärte.
Aber selbst wenn eindeutige, in ihrer negativen Haltung gegenüber den Awaren übereinstimmende Aussagen getroffen werden, ist dennoch zur Vorsicht vor Stigmatisierung und Pauschalisierung geraten. Denn Auskunft über die Awarenkriege im 8. Jahrhundert geben hauptsächlich fränkische Quellen. Die Beschreibungen der Gegner sind dabei „keineswegs die spontane Spiegelung der Erfahrungen der karolingischen Reichsleitung mit den Awaren, sondern [gehen] auf einen literarischen Topos zurück, [sind] aus alten Büchern, die von den Awaren erzählen, [...]. Aus diesen Quellen [...] entnahm man den Tendenzen der Propaganda so entgegenkommende Gleichsetzung der Awaren mit den Alten Hunnen, die gleicherweise archaisierend und kompromittierend [waren]. Die Schilderungen der anscheinend grausamen und barbarischen Awaren bezogen sich demnach nicht auf die wahren Verhältnisse des 8. Jahrhunderts6. Den Sachverhalt einer Bedrohung mit Quellen von der Gegenseite, in diesem Fall mit awarischen Darstellung zu widerlegen, ist aufgrund nicht-vorhandener awarische Überlieferunge nicht möglich.
Inhaltsverzeichnis
- Die Bedrohung durch die Awaren – oder wie die Propaganda Karls des Großen im Awarenkrieg ein neues Feindbild schuf
- Gefährliche, plündernde Reiterbande oder friedlich siedelnde Bauern?
- Überlieferte Motive für die Notwendigkeit gegen die Awaren in den Krieg zu ziehen
- Verschwiegene oder stillschweigende Motive für die Durchführung des Krieges gegen die Awaren
- Schwere Geschütze gegen einen gefährlichen Gegner
- Ende des Krieges mit Rückblick auf die erreichten Ziele
- Schlussbetrachtung: Inszenierung einer Bedrohung oder gerechtfertigte Niederschlagung einer Bedrohung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung der Awaren im Früh- und Hochmittelalter, insbesondere im Kontext des Awarenkrieges unter Karl dem Großen. Sie befasst sich mit der Frage, ob die von fränkischen Quellen beschriebene Bedrohung durch die Awaren tatsächlich existierte oder ob es sich um ein propagandistisches Konstrukt handelt, das die militärische Expansion Karls des Großen rechtfertigen sollte.
- Die Rolle der Propaganda Karls des Großen im Awarenkrieg
- Die Konstruktion des Feindbildes der Awaren in fränkischen Quellen
- Die Frage nach den tatsächlichen Motiven für den Awarenkrieg
- Die Analyse der Kriegsausgänge und die Überprüfung der erreichten Ziele
- Der Vergleich zwischen tatsächlicher Bedrohung und propagandistischer Inszenierung
Zusammenfassung der Kapitel
- Das erste Kapitel befasst sich mit den verschiedenen Darstellungen der Awaren in west-europäischen Quellen und analysiert, wie die Awaren in diesen Quellen stereotypisiert und negativ dargestellt werden.
- Im zweiten Kapitel wird untersucht, welche Motive für den Krieg gegen die Awaren in fränkischen Quellen genannt werden. Dabei werden sowohl explizite als auch implizite Gründe für den Kriegseintritt betrachtet.
- Das dritte Kapitel analysiert die Kriegsausgänge und reflektiert, ob die ursprünglichen Anstöße für den Krieg durch die militärische Auseinandersetzung tatsächlich behoben werden konnten.
Schlüsselwörter
Awarenkrieg, Karl der Große, Propaganda, Feindbild, Bedrohung, Quellenkritik, Geschichte der Awaren, fränkische Quellen, Militärgeschichte.
- Arbeit zitieren
- Dipl. Math. Stefanie Winter (Autor:in), 2006, Die Bedrohung durch die Awaren - oder wie die Propaganda Karls des Großen im Awarenkrieg ein neues Feindbild schuf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80776