Dieser Aufsatz wurde durch die Lektüre von Gregor Pauls Buch: Der Mythos von der modernen Kunst und die Frage nach der Beschaffenheit einer zeitgemäßen Ästhetik (Stuttgart-Wiesbaden: Franz Steiner Verlag, 1985) angeregt. Mit diesem stimme ich darin überein, dass die Forderung nach einer völlig neuen Ästhetik für die sogen. "moderne Kunst" weder berechtigt noch praktisch ist, nicht jedoch in dem dort immer wieder ausgesprochenen Postulat allgemein gültiger, anthropologisch verankerter (nicht nur kulturell determinierter) Schönheitsmaßstäbe.
Besonders der umgangssprachliche Schönheitsbegriff scheint mir in der Ästhetik nur verunklärend zu wirken, wenn er nicht bei jeder Anwendung erläutert wird. Pauls Annahme, dass eine Leugnung allgemeingültiger Schönheitsbegriffe die Leugnung der Möglichkeit einer allgemeingültigen Ästhetik nach sich zieht, scheint mir ein Irrtum zu sein. Dennoch ist Pauls Untersuchung allein schon durch die dort gebotenen ausführlichen Auseinandersetzungen mit wichtigen ästhetischen Theorien wertvoll und ich beziehe mich deshalb im Folgenden mehrfach darauf.
(In: Acta Humanistica, XIX/2, Humanities S. No. 17, May 1990, 215-235)
Inhaltsverzeichnis
- \"schön\" und \"künstlerisch gelungen\"
- Unbeweisbarkeit von Schönheit
- Nachweisbarkeit von technischem Können
- Das komplizierte Verhältnis von „Schönheit\" und künstlerischem Können
- \"Interesseloses Wohlgefallen“ als Selbsttäuschung
- ästhetisches Erleben als Aufschlüsseln von Schichten
- Dieses von \"Schönheit\" unabhängig
- Das \"Schöne\" und das \"Künstlerische\" als Objekteigenschaften; das \"Ästhetische\" als Einstellung und Erlebensweise des Rezipienten
- Die Platzierung des Schönheitsbegriffs in den Schichten des Kunstwerks
- Seine Reichweite
- Seine Verbindlichkeit für moderne Kunst
- \"Interesseloses Wohlgefallen\" (Kant) ein Kriterium für ästhetisches Erleben, nicht Bestimmung des Schönen
- Seine Begrenztheit
- Rückschluss von Reaktion auf Kunst auf deren Beschaffenheit problematisch
- Eindeutige Fundierung ästhetischer Werte im Kunstwerk zweifelhaft
- Schönheitserlebnis nicht von einzelnen Qualitäten abhängig, sondern von deren Verbindungen
- \"Schein wie Natur\" (Kant) kein Schönheitskriterium
- \"Schöne Künste\" - Schönheit in Kunst - das Ästhetische
- N. Hartmanns Schönheitsbegriff
- \"Stilisierung\" ebenfalls kein Schönheitskriterium
- \"Identifizierbarer Kunstcharakter\" ebenfalls keines
- \"Polyvalenz\" – Vieldeutigkeit und Vielschichtigkeit
- Alle Regeln der Ästhetik sagen nichts über Schönheit aus
- \"Grundfunktionen\" biologisch determiniert, ihre Anwendung in Kunst kulturell bedingt
- Gibt es eine \"universale ästhetische Grammatik“?
- Sollte es eine \"neue Ästhetik\" für jede Kunstperiode geben?
- Der Schönheitsbegriff des Alltags ist in der Ästhetik überflüssig und verwirrend
- Die Verbindung von Kunstbegriff und Schönheitsbegriff ist ein, europäisches Phänomen und irreführend.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Aufsatz befasst sich mit der Frage, wie der Begriff "schön" in der Ästhetik zu verstehen ist. Der Autor kritisiert die Verwendung des umgangssprachlichen Schönheitsbegriffs in der Kunst und argumentiert, dass er zu Verwirrung führt. Er untersucht verschiedene Ansätze und Theorien der Ästhetik und beleuchtet die Schwierigkeiten, den Begriff der Schönheit in der Kunst zu definieren.
- Der Unterschied zwischen "schön" im alltäglichen Sinne und "künstlerisch gelungen"
- Die Unmöglichkeit, Schönheit objektiv zu beweisen
- Die Rolle von technischem Können in der Kunst
- Das komplizierte Verhältnis von Schönheit und künstlerischer Gestaltung
- Die Bedeutung von kulturellen und historischen Kontexten für die Wahrnehmung von Kunst
Zusammenfassung der Kapitel
Der Aufsatz beginnt mit einer fiktiven Szene im Louvre, die den Unterschied zwischen dem alltäglichen Schönheitsbegriff und dem "künstlerisch Gelungenen" veranschaulicht. Der Autor argumentiert, dass es unmöglich ist, über das Schöne im alltäglichen Sinn zu streiten, während sich über die technische Qualität von Kunstwerken übereinstimmender urteilen lässt. Er zeigt, dass das Verhältnis von "schön" und "künstlerisch" komplex ist, da es oft schwierig ist, zwischen der Wertschätzung des Sujets und der Gestaltung zu trennen.
Der Aufsatz untersucht verschiedene Ansätze zur Definition von Schönheit in der Kunst, darunter Kants "interesseloses Wohlgefallen" und N. Hartmanns Schönheitsbegriff. Der Autor stellt fest, dass alle Regeln der Ästhetik letztlich nichts über Schönheit aussagen und die Verwendung des Schönheitsbegriffs des Alltags in der Ästhetik zu Verwirrung führt. Er argumentiert, dass die Verbindung von Kunstbegriff und Schönheitsbegriff ein europäisches Phänomen ist und nicht auf alle Kulturen übertragen werden kann.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter des Aufsatzes sind Ästhetik, Schönheit, Kunst, künstlerisches Können, "interesseloses Wohlgefallen", "künstlerisch gelungen", "schön", Sujet, Gestaltung, "Polyvalenz", kulturelle Determiniertheit.
- Arbeit zitieren
- Dr. Wolfgang Ruttkowski (Autor:in), 1990, Was bedeutet "schön" in der Ästhetik?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80861