Die vorliegende Arbeit versucht das Interesse auf einen Briefwechsel zu lenken, der in seiner Forschungstradition bislang nur wenig Beachtung gefunden hat. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehen die Briefe der Literaten Johann Wilhelm Ludwig Gleim und Karl Wilhelm Ramler aus den Jahren 1745 bis 1759. Obwohl die Briefautoren einen außerordentlichen Beitrag geleistet haben für die Genese der Briefkultur des 18. Jahrhunderts, wird ihrer elementaren Rolle erst spät Beachtung geschenkt. Vor allem die Position Gleims wird oftmals auf jene des Wegbereiters Goethes oder Schillers reduziert, ohne seine epistolare und literarische Leistung in das Zentrum der Untersuchung zu stellen. Für die wohl bedeutendste Briefbewegung der deutschen Geschichte hat die schriftliche Korrespondenz von Gleim und Ramler sowohl konstitutiven als auch exemplarischen Charakter.
In Anlehnung an die These Peter Bürgels, dass Briefanalyse immer auch zur Analyse der Zeit und ihrer Gesellschaft führt, richtet sich das Interesse dieser Arbeit in erster Hinsicht auf literatursoziologische Aspekte der Briefkultur. Neben den gesellschaftlichen Gegebenheiten, die möglicherweise die Briefkultur evoziert haben, steht vor allem das Verhältnis von Briefkultur zum Freundschaftskult im Mittelpunkt – Dependenzstrukturen sollen, wenn vorhanden, aufgezeigt und erläutert werden. Darüber hinaus versucht die Betrachtung der schriftlichen Korrespondenz Aufschlüsse über die identitätsstiftende Funktion des Briefes im Kontext gesellschaftlicher Transformationen im 18. Jahrhundert zu geben.
Abseits der soziologisch ausgerichteten Fragestellung befasst sich die Arbeit in zweiter Hinsicht mit der Gattungsproblematik des Briefes. Dabei wird der Brief in seiner Form als Kommunikationsmedium seinem ästhetisch-literarischen Wesen gegenübergestellt. Kommunikative Strukturen sowie stilistisch-ästhetische Merkmale sollen offengelegt und benannt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Forschungsüberblick
- Freundschaft und Brief im 18. Jahrhundert – Eine thematische Einführung
- Individuum und Gesellschaft
- Der Brief
- Die Freundschaft
- Vorstufen des Freundschaftskultes
- Die Epoche der Freundschaft
- Freundschaftskult und Tugendempfindsamkeit
- Das Fortwirken des Freundschaftskults
- Eine Freundschaft im Zentrum des Briefkultes
- Der Briefautor J. W. L. Gleim
- K. W. Ramler – Der Gefährte Gleims
- Die Dichterverbindung
- Untersuchung der Briefkorrespondenz von J.W.L. Gleim und K.W. Ramler
- Inhalt - Inhaltsleere
- Nähe und Distanz
- Gesellschaftlich
- Persönlich
- Physisch
- Natürlichkeit
- Genese eines natürlichen Briefstils
- Natürlichkeit bei Gleim und Ramler
- Topoi
- Sehnsucht
- Wiedersehen
- Sorge
- Beschwerde
- Lob
- Liebe
- Fiktionalisierung
- Identität und Inszenierung
- Der Brief im Kontext von Freundschaft und (fiktionaler) Identitätstiftung
- Das Wesen der Briefe – Kommunikationsmedium oder Kunstwerk?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit dem Briefwechsel der Literaten Johann Wilhelm Ludwig Gleim und Karl Wilhelm Ramler aus den Jahren 1745 bis 1759. Sie untersucht die Briefkultur des 18. Jahrhunderts unter dem Aspekt der Freundschaft und analysiert die identitätsstiftende Funktion des Briefes in diesem Kontext. Die Arbeit beleuchtet die soziologischen Aspekte der Briefkultur im 18. Jahrhundert und das Verhältnis von Briefkultur und Freundschaftskult. Darüber hinaus wird die Gattungsproblematik des Briefes behandelt, wobei die kommunikative Funktion des Briefes seinem ästhetisch-literarischen Wesen gegenübergestellt wird.
- Die soziologischen Aspekte der Briefkultur im 18. Jahrhundert
- Das Verhältnis von Briefkultur und Freundschaftskult
- Die identitätsstiftende Funktion des Briefes
- Die kommunikative Funktion des Briefes im Vergleich zu seinem ästhetisch-literarischen Wesen
- Die Gattungsproblematik des Briefes
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Briefkultur des 18. Jahrhunderts ein und beleuchtet die Bedeutung von Briefen als Forschungsgegenstand. Sie stellt den Briefwechsel von Gleim und Ramler als Untersuchungsgegenstand vor und erläutert die zentralen Fragestellungen der Arbeit.
Der Forschungsüberblick beleuchtet die bisherige Forschung zum Thema der Briefkultur des 18. Jahrhunderts und fokussiert auf die Bedeutung der epistolaren Leistungen von Gleim und Ramler.
Die thematische Einführung in den geistes- und sozialgeschichtlichen Hintergrund des 18. Jahrhunderts behandelt die Auswirkungen struktureller Veränderungen auf Individuum und Gesellschaft sowie die Genese und Qualität von Freundschaft und Brief im 18. Jahrhundert.
Das Kapitel "Eine Freundschaft im Zentrum des Briefkultes" stellt die Briefautor J. W. L. Gleim und K. W. Ramler sowie ihre freundschaftliche Verbindung vor.
Das Kapitel "Untersuchung der Briefkorrespondenz von J.W.L. Gleim und K.W. Ramler" analysiert die Briefe unter den Gesichtspunkten Inhalt, Nähe und Distanz, Natürlichkeit, Topoi, Fiktionalisierung und Identität.
Das Kapitel "Der Brief im Kontext von Freundschaft und (fiktionaler) Identitätstiftung" untersucht die Rolle des Briefes im Prozess der Identitätsbildung.
Das Kapitel "Das Wesen der Briefe – Kommunikationsmedium oder Kunstwerk?" befasst sich mit der Gattungsproblematik des Briefes.
Schlüsselwörter
Briefkultur, 18. Jahrhundert, Freundschaft, Gleim, Ramler, Briefanalyse, Literatursoziologie, Gattungsproblematik, Identitätsbildung, Kommunikationsmedium, Kunstwerk
- Arbeit zitieren
- Kerstin Scheffer (Autor:in), 2007, Briefkultur des 18. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80915