Unternehmensplanung und Investitionsverhalten in ökonomisch unsicherem Umfeld

Analysiert am Beispiel des indonesischen Marktes


Diplomarbeit, 2007

114 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung
1.1 Grundproblematik der Ausarbeitung
1.2 Der Indonesische Markt als Beispielmarkt
1.3 Inhaltliche Gliederung
1.4 Ziele und Grenzen der Ausarbeitung

2. Indonesien, seine Wirtschaft und ihre Entwicklung
2.1 Länderinformationen zu Indonesien
2.2 Geschichte
2.2.1 Frühzeitliche Entwicklung
2.2.2 Die Zeit der Fremdherrschaft und Kolonisation
2.2.3 Das 20. Jahrhundert
2.3 Wirtschaft

3. Risikofaktoren bezüglich einer wirtschaftlichen Aktivität
3.1 Politische Risiken
3.1.1 Generelle politische Entwicklung
3.1.2 die größten politischen Herausforderungen – Rechtssicherheit und Korruption
3.1.3 Aktuelle Rankings zur politischen Situation Indonesiens
3.1.4 Unruhen und Bürgerkrieg
3.2 Wirtschaftliche Risiken
3.2.1 Inflationsrate und Wechselkursrisiko
3.2.2 Geldpolitik
3.2.3 Staatsinterventionen
3.2.4 Reformbedürftiger Investitionsrahmen
3.3 Ethnische und kulturelle Risiken
3.3.1 Chinesen in Indonesien – die Theorie der „middlemen minority“
3.3.2 Aufenthaltsrisiko eines Geschäftstreibenden in Indonesien
3.4 Risiken aus der möglichen Einführung eines islamischen Wirtschaftssystems
3.4.1 Grundlegendes zum Islam
3.4.2 Ausprägungen des Islam in Indonesien
3.4.3 Grundideen der Islamischen Ökonomik
3.4.4 Mögliche Auswirkungen einer Islamischen Ökonomik auf die Wirtschaft
3.4.5 Grundsätzliche Gefahren einer Islamisierung Indonesiens
3.5 Gefahren durch Terrorakte
3.5.1 Islamismus und der Dschihad
3.5.2 Aktuelle Gefahrensituation

4. Theoretische Ansätze zum Umgang mit gängigen Risikofaktoren
4.1 Grundlagen des Risikomanagements
4.1.1 Gefahr und Risiko
4.1.2 Theoretische Ansätze der Risikoanalyse
4.1.3 Risikobewertung
4.2 Methoden der Risikoreduzierung
4.2.1 Risikoprävention
4.2.2 Absicherung über Rückstellungen
4.2.3 Absicherungsgeschäfte (Hedging von Wechselkursrisiken oder Preisschwankungen)
4.2.4 Versicherungsabschluß
4.3 Effektivitätsbewertung der verschiedenen Methoden zur Risikoreduzierung
4.4 Anwendungsgebiete und –grenzen

5. Interviews zum Thema Investitionsrisiken und Unternehmensplanung in Indonesien
5.1 Interview mit dem Wirtschaftsreferenten der deutschen Botschaft in Jakarta, Herrn Jens Brinckmann
5.2 Interview mit dem Leiter der Abteilung Marktforschung und Publikationen der deutsch-indonesischen Industrie- und Handelskammer, Herrn Amin Barliana
5.3 Interview mit dem Eigentümer von Hatten Wines, der größten Weinkellerei Indonesiens, Herrn Ida Bagus Rai Budarsa.
5.4 Interview mit dem Geschäftsführer der FirstAsia Corporate Finance Limited, Herrn David Krett

6. Vergleich von Risikoprävention und -minderung in Theorie und Praxis
6.1 Grundsätzliche Erkenntnisse zur Informationsbereitstellung und-qualität
6.2 Umgang mit potentiellen Geschäftsrisiken in der Praxis
6.2.1 Einordnung politischer Risiken
6.2.2 Einordnung wirtschaftlicher Risiken
6.2.3 Praxisbewertung ethnischer und kultureller Risiken
6.2.4 Einschätzung der Gefahr zunehmender Islamisierung
6.2.5 Terrorgefahr – Umgang und Absicherung in der Praxis

7. Resümee - Die größten geschäftlichen Risiken und Herausforderungen in Schwellenländern

Literaturverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Grundproblematik der Ausarbeitung

Das Zeitalter der Globalisierung hat seine ersten Tage schon lange hinter sich gelassen. Schnelle Transportmöglichkeiten zu Land, Wasser und Luft sowie insbesondere die moderne vernetzende Technik des Internet haben in den letzten Jahren Perspektiven einer „Weltwirtschaft“ eröffnet, die exemplarisch für den Begriff der Globalisierung stehen. Informationen werden weltweit in Sekundenbruchteilen bereitgestellt, Videonachrichten in Echtzeit versandt, und Handel über tausende Kilometer hinweg vom eigenen Büro aus betrieben.

Es entstehen unzählige Chancen und Vorteile aus dieser neuen Konstellation, in der unser Heimatplanet Erde mehr und mehr zu einem großen Marktplatz verschmilzt, auf welchem die Bedeutung von tatsächlicher geographischer Distanz stetig abnimmt. Resultierend daraus wächst jedoch auch, ganz gleich in welcher Branche, der Druck durch die „neue Konkurrenz“. Druck, in Qualität und (ganz besonders) im Preis den anderen Anbietern überlegen zu sein und somit den Käufer für das eigene Produkt oder die eigene Dienstleistung zu gewinnen.

In direktem Schluß entsteht aus diesem Preisdruck ein enormer Kostendruck seitens des Herstellers, der sich in der Mehrzahl der Fälle ungedämpft auf die Lohnkosten überträgt. War es in früheren Jahren teils noch möglich, mit Hilfe gezielter Einsparungen die Produktion am alten Standort fortzuführen, so ist heute das Einsparpotential für Standorte in Industrienationen aufgrund der hohen Löhne viel zu gering. Somit wird oft kein anderer Weg gesehen, als die Produktion in eine Zone geringerer Lohnkosten zu verlagern. Hier fällt die Standortwahl sehr häufig auf sogenannte Schwellenländer, die mit einem Mix aus sehr geringen Lohnkosten, einer ausreichenden Infrastruktur sowie einem Grundstock an technischem Know How besonders für die Massenproduktion von Konsumgütern bestens geeignet scheinen. Diesen Ländern, zu denen beispielsweise die Tigerstaaten in Südostasien (Hongkong, Singapur, Südkorea, Taiwan, Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand), Brasilien und Mexiko in Lateinamerika, die Republik Südafrika oder die Türkei gezählt werden, spricht man genügend Eigendynamik zu, zumindest einzelne Merkmale eines Entwicklungslandes zu überwinden und sich langfristig in einen Industriestaat zu entwickeln.

Daher ist es auch nicht verwunderlich, daß große Konzerne diese aufstrebenden Nationen schon früh für sich entdeckten und dort ihre Produktion starteten. So gründete Volkswagen bereits Anfang 1953 die „Volkswagen do Brasil Ltda“ in Sáo Paulo, Brasilien, noch vor einem amerikanischen Werk. Es folgten Werke in Mexico City im Jahre 1964 sowie später dann in Shanghai (1985) und Changchun (1991). Auch wenn also von einigen großen „Pionieren“ schon früh in diesen Schwellenländern produziert wurde, so macht es die rasante Globalisierung der letzten Jahre unumgänglich, diese Nationen als Produktionsstandort näher zu betrachten.

Obwohl mit Sicherheit bereits ein großer Erfahrungsschatz besteht, so bleibt bei jeder Investition in einem Land auf der Schwelle zwischen Entwicklungsland und Industriestaat ein gewaltiges Risiko, das sich aus diversen Faktoren zusammensetzt. Deren Summe wird im Titel dieser Ausarbeitung als „ökonomische Unsicherheit“ bezeichnet. Bei jeglicher Planung in einem Umfeld, das in vielerlei Hinsicht nicht mit dem einer europäischen Industrienation zu vergleichen ist, sind dementsprechend auch all diese Faktoren zu analysieren und wenn irgendwie möglich das Risiko, das aus ihnen entspringt, zu eliminieren oder zumindest zu minimieren.

Genau diese Problematik wird in dieser Ausarbeitung behandelt. Es wird versucht, einen Einblick und Überblick zu geben über all die Variablen, die Planung und Investitionen in einem Schwellenland stark beeinflussen können, aber gleichzeitig nur schwer vorhersagbar und abschätzbar sind. Dabei geht es nicht um klassische Standortfaktoren wie Infrastruktur, Energiebereitstellung und Rohstoffbeschaffung. Vielmehr werden Risiken aufgezeigt, die aus der generellen ökonomischen aber auch kulturellen und soziologischen Situation des Landes hervorgehen können und oft eng mit der geschichtlichen Entwicklung des Landes verbunden sind.

1.2 Der Indonesische Markt als Beispielmarkt

Die Auswahl eines exemplarischen Schwellenlandes fiel in dieser Arbeit auf den Inselstaat Indonesien. Die gewaltige räumliche Ausdehnung einerseits sowie die große Anzahl einfließender Kulturen andererseits prägten den Archipel und verleihen ihm seine außerordentliche Vielfalt. Von den letzten kannibalischen Populationen der Erde in Irian Jaya bis hin zur geschäftstüchtigen Bevölkerung der Millionenstädte, von mit Ochsen das Feld bestellenden Bauern bis hin zu im Internet agierenden Brokern ist in Indonesien alles anzutreffen. Dabei gliedert sich die schnell wachsende Bevölkerung in Muslime, Hindus und Christen und gibt damit ebenso Beispiele von vorbildlichem Zusammenleben wie vom neuzeitlichen „Gotteskrieg“, der sich in den schrecklichen Bombenattentaten auf Bali sowie in Jakarta offenbarte.[1]

Diese ganz spezielle Situation Indonesiens gibt die Möglichkeit, die relevantesten und akutesten Risiken, die heutzutage mit Investitionen in Schwellenländern verbunden sind, beispielhaft zu analysieren und nach Lösungen zu suchen. Neben dieser inhaltlichen Argumentation spielte auch mein ausgeprägtes persönliches Interesse an Indonesien eine große Rolle für die Auswahl. Ein halbjähriges Auslandsstudium an der Udayana University in Denpasar, Indonesien, bescherte mir im Jahre 2003 nicht nur erste Impressionen der Denkweise der Bevölkerung, sondern auch bereits tiefgehende Erfahrungen mit Kultur und Ökonomie des Landes. Mehrere nachfolgende Aufenthalte und Reisen durch Indonesien verstärkten seitdem meine Begeisterung für Land und Leute und erhöhten gleichermaßen mein Kulturverständnis.

Auch die Geschäftstätigkeit meiner Freundin vor Ort - die Fertigung qualitativ hochwertiger Modeartikel für den europäischen Markt - sowie der daraus entstandene Erfahrungsschatz bewegten mich dazu, diese Ausarbeitung exemplarisch auf den indonesischen Markt zu beziehen.

1.3 Inhaltliche Gliederung

Für ein allgemeines Verständnis der Argumentation innerhalb dieser Arbeit ist die Bereitstellung grundlegender Informationen über den indonesischen Staat natürlich Voraussetzung. Dem wird im zweiten Teil der Ausarbeitung Rechenschaft getragen. Neben Daten zu Geographie und Bevölkerungsstruktur sowie Geschichte wird besonders die ökonomische Situation beleuchtet.

Auf der Basis dieser Hintergrundinformationen zum Beispielland werden im dritten Teil folgende fünf Gruppen von Einflußfaktoren auf die „ökonomische Sicherheit“ eines Landes erläutert und anhand von Fallbeispielen analysiert.

Als erstes werden dazu die politischen Risiken betrachtet. Aufbauend auf einer umfassenden Analyse der aktuellen politischen Situation werden Schritt für Schritt gesellschaftliche Problemfelder beleuchtet, zu deren wichtigsten sicherlich die Korruption zu zählen ist, die für viele Entwicklungs- und Schwellenländer den größten Hemmschuh für eine politische und wirtschaftliche Weiterentwicklung darstellt. So durchdringt die Korruption auch den Inselstaat Indonesien vom kleinsten Angestellten bis hin zu höchsten Regierungsbeamten und wird vor Ort glücklicherweise in den letzten Jahren zunehmend in ihrem gewaltigen Ausmaß erkannt und als enorme Entwicklungsgefahr identifiziert. Weitere Themenfelder dieses Abschnitts sind die mangelnde Rechtssicherheit im Lande sowie aktuelle regionale Bedrohungen durch politische Unruhen oder Bürgerkriege.

Eng verbunden mit dieser ersten Gruppe der politischen Risiken ist die als zweite bearbeitete Gruppe der wirtschaftlichen Risiken. Sie behandelt diverse wirtschaftliche Risikofelder wie beispielsweise Gefahren durch Inflation, eine restriktive Geldpolitik oder die teilweise drastischen Staatsinterventionen. Des weiteren werden in diesem Abschnitt auch generelle Hindernisse des Investitionsumfeldes beleuchtet, wie beispielsweise die großen regulativen Hürden, die ein Investor oder Unternehmer in Indonesien zu überwinden hat.

Auch der dritte Unterpunkt, „ethnische und kulturelle Risiken“ genannt, ist als typisches Problem von Schwellenländern anzusehen, in denen die gegebene ethnische Vielfalt oft auch eine Interessenvielfalt bewirkt. Diese wird nicht selten mit Gewalt ausgetragen und verbraucht somit all zu oft Energien und Kapazitäten, die sonst dem wirtschaftlichen Aufschwung dienen könnten. Für das Beispiel Indonesiens wird dazu insbesondere auf den Umgang mit der Minderheit der Indonesier chinesischer Herkunft eingegangen, um beispielhaft mögliche Probleme einer kulturellen oder ethnischen Minderheit zu illustrieren.

Als potentielles Risiko wird im vierten Abschnitt des Kapitels der zunehmende Ruf der muslimischen Bevölkerungsmehrheit in Indonesien nach einem muslimischen Wirtschaftssystem in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt. Dazu wird zuerst eine Zusammenfassung der verschiedenen Erscheinungsformen des muslimischen Glaubens in Indonesien erstellt, bevor anschließend die Vorstellungen und Theorien der muslimischen Ökonomie einzeln betrachtet werden. Darauf aufbauend wird der Frage nachgegangen, inwieweit diese eine Bedrohung bzw. ein Risiko für nichtmuslimische und insbesondere westliche Investoren und Unternehmen darstellen. Dazu wird unter anderem die Sonderrolle Balis als einzige hinduistisch dominierte Insel hervorgehoben und versucht, ihre Bedeutung für die gesamte Republik einzuordnen.

Mit der Betrachtung Balis ist die Verbindung zur fünften in dieser Ausarbeitung behandelten Risikogruppe, der Gefahr terroristischer Akte, schnell hergestellt. Leider mußte Indonesien, ein Land, das durch Tsunamis, Überschwemmungen und Erdbeben ohnehin stets großen Gefahren ausgesetzt war und ist, schon früh Bekanntschaft machen mit der größten Bedrohung unserer Zeit, dem Terrorismus. Nach den Anschlägen in New York am 11. September 2001 wurde das Ferienparadies Bali am 12. Oktober 2002 auf schrecklichste Weise aus seinem Märchenschlaf gerissen. Bei einem verheerenden Bombenattentat starben 202 Menschen, 209 wurden zum Teil schwer verletzt. Es folgten weitere Anschläge mit vielen Todesopfern auf das Marriott Hotel in Jakarta am 05. August 2003, die australische Botschaft in Jakarta am 09. September 2004 sowie eine Serie von drei Bombenattentaten am 01. Oktober 2005 erneut in Kuta und Jimbaran, Bali. Somit weist Indonesien einen traurigen Erfahrungsschatz im Umgang mit Terrorakten auf, wie es sicherlich nur wenige Länder dieser Welt tun. Diese Ausarbeitung versucht dabei, neben der Analyse des politisch und religiös motivierten Terrors auch eine Einschätzung der aktuellen Gefahrensituation zu geben.

Nach der detaillierten Erörterung all dieser tatsächlich existenten Risikofaktoren für die ökonomische Sicherheit besteht der vierte Teil dieser Dissertation in der Analyse der theoretischen Ansätze zur Verringerung bzw. zum Ausschluß dieser Risikofaktoren für die Unternehmens- bzw. Investitionsplanung. Dazu wird eine Auflistung erstellt, welche Methoden der Risikominimierung oder gar Risikoeliminierung in der Theorie bekannt sind oder bereits unter ähnlichen Bedingungen in der Praxis angewandt wurden. Hier werden also grundsätzliche Strategien des Risikomanagements vorgestellt und in der Theorie untersucht, wie vielversprechend diese sind. Auch werden die damit verbundenen Kosten abgeschätzt und darauf aufbauend eine Prognose zur Rentabilität gegeben. Nicht zuletzt wird die Frage der Versicherbarkeit der im dritten Teil dargestellten Risikofaktoren einzeln abgehandelt und auch hier untersucht, ob diese aus Kostengesichtspunkten sinnvoll erscheint.

Nachdem der vierte Teil ausführlich und kritisch mögliche Strategien und Theorien zu Ausschluß oder Minderung der ökonomischen Risiken behandelt hat, wird im fünften Teil der tatsächliche Umgang mit den Bedrohungen vor Ort analysiert. Aufbauend auf Interviews mit in Indonesien tätigen ausländischen Firmen sowie gegenwärtigen und zukünftigen Investoren soll gezeigt werden, welche Methoden der Absicherung und des Risikomanagements allgemein Anwendung finden und wie die Zuständigen vor Ort die einzelnen Risiken einschätzen.

Die Auswahl der Interviewpartner soll möglichst branchenübergreifend geschehen und somit ein möglichst großes Risikospektrum abdecken. So wird als erster Interviewpartner Herr Brinckmann, Wirtschaftsreferent der deutschen Botschaft in Jakarta, Informationen aus erster Hand zur wirtschaftlichen und politischen Entwicklung sowie potentiellen Risiken geben. Auch der zweite Interviewpartner, Herr Barliana, blickt als Leiter der Abteilung Marktforschung und Publikationen der deutsch-indonesischen Industrie- und Handelskammer auf einen breiten Erfahrungsschatz aus dem Umgang mit deutschen Unternehmen und Investoren in Indonesien zurück und gibt sein Wissen über Probleme und Vorgänge in der täglichen Geschäftspraxis preis.

Sehr interessant ist auch der Einblick in die Zukunftsplanung des größten indonesischen Weinproduzenten Hatten Wines in einem Land, in dem der muslimischen Bevölkerungsmehrheit Geschäfte mit Alkohohl untersagt sind. Existieren dort Planungen für den Fall, daß tatsächlich ein muslimisches Wirtschaftssystem umgesetzt werden könnte? Zu diesen Fragen nimmt der Eigentümer Herr Budarsa Stellung, der als Hotelier auch in der Tourismusbranche unternehmerisch aktiv ist und somit auch zu diesem Risikofeld als Experte Fragen beantwortet.

Abschließend wird ein Interview geführt mit Herrn Krett, einem in Indonesien ansässigen Unternehmer, der auf über 20 Jahre Berufserfahrung in den Sektoren Bankwesen, Risikomanagement sowie Immobilien- und Grundstücksgeschäfte in weiten Teilen Südostasiens zurückblicken kann. Seine Ansichten und Empfehlungen zum Umgang mit Korruption sind sicherlich ebenso interessant wie seine Einschätzung zur momentanen und zukünftigen Entwicklung des Landes.

Aufbauend auf den Erkenntnissen aus Gesprächen und Interviews, die auszugsweise im fünften Teil wiedergegeben wurden, werden im sechsten und letzten Teil dieser Arbeit Theorie und Praxis gegenübergestellt. Dazu werden die Ansätze und Modelle des Risikomanagements, wie sie in Teil 4 vorgestellt wurden, mit dem tatsächlichen Vorgehen von Unternehmen und Privatpersonen in der Risikoabsicherung verglichen. Es wird untersucht, inwiefern sich die Theorie in der Praxis widerspiegelt oder wo sie gänzlich versagt. Zusätzlich werden die Faktoren hervorgehoben, die eine Anwendung der Theorie erschweren oder gar unmöglich machen.

Abschließend werden im letzten Teil der Diplomarbeit die am Beispielland Indonesien gewonnenen Erkenntnisse auf die generelle Anwendung für Schwellenländer projiziert. Dazu werden nochmals die größten ökonomischen Risiken und Herausforderungen aufgezählt, die insbesondere für die Investitions- und Unternehmensplanung in Schwellenländern relevant sind. Hierbei wird besonders Wert gelegt auf die Erklärung der Entstehung eben dieser Risiken. Zum Umgang mit diesen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Problemen wird dann ein Maßnahmenkatalog erstellt, der die aussichtsreichsten Methoden zur Minimierung eben dieser Risiken für Geschäftstreibende nochmals zusammenfaßt.

1.4 Ziele und Grenzen der Ausarbeitung

Diese Arbeit verfolgt nicht das Ziel, Lösungswege zur Minderung der ökonomischen Risikofaktoren selbst zu erarbeiten und so beispielsweise Auswege aus der Korruption zu finden. Vielmehr ist sie bemüht, mit Hilfe der Überprüfung bestehender theoretischer Ansätze des Risikomanagements realistische Möglichleiten zu definieren, die Effekte genannter ökonomischer Risikofaktoren auf Planung und Investitionen zu minimieren. Dies geschieht, indem anhand von Interviews mit verschiedenen in Indonesien tätigen Investoren und Wirtschaftsexperten die Relevanz und Anwendbarkeit der einzelnen Risikomanagementstrategien für den lokalen Markt geprüft werden. Anschließend werden die gewonnenen Erkenntnisse analysiert und eine Projektion auf die Betrachtungsebene für Schwellenländer im allgemeinen vorgenommen. Damit versucht diese Diplomarbeit, eine Hilfestellung zu geben für all diejenigen, die in Schwellenländern geschäftlich tätig sind oder gerne tätig werden wollen.

Kritiker könnten das Argument anführen, daß persönliche Erfahrungswerte und Interviews, deren Auswertung teilweise sogar auf dem Gedächtnisprotokoll beruht, einer wissenschaftlichen Ausarbeitung nicht als Grundlage neuer Erkenntnisse genügen.

Für einen Mitteleuropäer beispielsweise, der aus seinem unmittelbaren Lebens- und Arbeitsumfeld eine hohe Verläßlichkeit der (durch als seriös geltende Quellen) verbreiteten Informationen gewohnt ist, bedarf es einer grundsätzlichen Neuausrichtung seiner Denkweise, um das Vorgehen in wirtschaftlich, politisch und rechtlich weniger entwickelten Staaten analysieren zu können.

So wurde mir als Autor schon nach relativ kurzer Zeit der Recherche zu dieser Ausarbeitung bewußt, daß die Informationsbereitstellung in einem Schwellenland wie Indonesien nicht immer unter der Prämisse der Wahrheitsfindung steht. Zu dieser Erkenntnis trugen auch die Empfehlungen einiger erster Gesprächspartner bei, Statistiken und Einschätzungen, die nicht durch externe unabhängige Institutionen bereitgestellt wurden, zu hinterfragen und nicht ungeprüft als Informationsgrundlage der Ausarbeitung zu verwenden.

Wiederholt begegnete ich auch folgender oder inhaltlich ähnlicher Äußerungen, die mich letztendlich dazu bewegten, in dieser Ausarbeitung weniger auf die Analyse oder den Abgleich statistischen Datenmaterials Wert zu legen, als auf die Erfassung des gesammelten Erfahrungspotentials diverser Gesprächspartner:

„Sie können natürlich eine wissenschaftlich korrekt recherchierte Aufstellung der aktuellen Risiken und Probleme im Lande abliefern und werden sicherlich viele Interviewpartner finden, die Sie dabei unterstützen. Das Ergebnis wird allerdings mit der tatsächlichen Situation hier vor Ort kaum übereinstimmen. Wenn Sie jedoch bereit sind, hier und da auf einen Namen oder eine Quelle zu verzichten, wird das Ergebnis der Arbeit sicherlich näher an der Wirklichkeit liegen“.

Zur Verdeutlichung dieses Problems bezüglich der Verläßlichkeit und des Wahrheitsgehalts von Informationen in einem Schwellenland wie Indonesien soll das nachfolgende hochaktuelle Beispiel aus dem Tagesgeschehen des Landes dienen.

Am 01.01.07 brach vom Flughafen in Surabaya (Java) eine mit 102 Personen besetzte Maschine der Fluggesellschaft Adam Air zu einem planmäßig rund zweistündigen Inlandsflug nach Manado (Nordsulawesi) auf. Rund eine Stunde nach Start des Flugzeugs brach der Funkkontakt aufgrund schlechten Wetters ab und die Maschine verschwand von den Radargeräten.

Während zuerst noch die Hoffnung auf eine Notlandung bestand, bestätigten am 02. Januar sowohl die Fluggesellschaft Adam Air als auch das indonesischen Militär den Absturz der Maschine. Das Wrack sei in einer entlegenen Bergregion gefunden worden. Gleichzeitig wurde von 12 Überlebenden berichtet. Diese Zahl wurde vom Transportminister des Landes bestätigt.

Als im Laufe des Tages die Neugier und die Forderung nach Bildmaterial lauter wurden, nahm das indonesische Militär seine Berichte über den Fund des Flugzeugs zurück. Auch der Transportminister entschuldigte sich für seine falschen Aussagen. Eine Begründung wurde nicht gegeben. Seit diesem Zeitpunkt sind 5 Tage erfolgloser Suche vergangen, Experten aus den USA und Australien unterstützen mittlerweile die Rettungsteams bei der Suche.[2]

2. Indonesien, seine Wirtschaft und ihre Entwicklung

2.1 Länderinformationen zu Indonesien

Die Republik Indonesien besteht in ihrer Staatsform als Präsidialrepublik seit dem 17.August 1945. Die Verfassung des Landes wurde seitdem einige Male geändert, zuletzt im Jahre 2003. Oberhaupt des mehr als 217 Millionen Einwohner zählenden Inselstaates ist Präsident Susilo Bambang Yudhoyono, der im September 2004 bei der ersten direkten Präsidentschaftswahl des Landes die Stichwahl gegen die damalige Amtsinhaberin und Tochter des Republikgründers Sukarno, Megawati Sukarnoputri, gewann. Seitdem erkennt auch die Weltöffentlichkeit Indonesien als demokratischen Staat an.

Die gewaltige Landfläche von 1.912.988 km² macht Indonesien zum 15.-größten Land der Erde und verteilt sich dabei auf mehr als 13.600 Inseln. Ungefähr 6000 davon bilden mit einer durchschnittlichen Bevölkerungsdichte von 114 Einwohnern pro km² die Heimat der viertgrößten Nation der Welt. Mehr als die Hälfte dieser ist jedoch auf der Hauptinsel Java ansässig, die zugleich die Hauptstadt Jakarta beherbergt. Mit etwa 11 Mio. Einwohnern ist dies die größte Stadt des Landes. Auch die geographische Ausdehnung Indonesiens ist beeindruckend und verantwortlich für seine kulturelle und soziologische Vielfalt. So beträgt die Nord-Süd-Ausdehnung rund 1875 km, von Westen bis Osten erstreckt sich die Republik sogar über mehr als 5000 km. Daher haben sich wirtschaftliche, politische und kulturelle Entwicklungen zumeist nicht zeitgleich oder flächendeckend abgespielt, sondern waren vielmehr abhängig von lokalen Einflüssen und Gegebenheiten.

Die indonesische Bevölkerung setzt sich aus zahlreichen ethnischen Gruppen zusammen und ist daher vielfältig an Ideologien und Glaubensrichtungen. Mit offiziellen Angaben zufolge gut 88 Prozent der Bevölkerung stellen die Muslime die mit Abstand größte Gruppe dar. Nahezu alle Muslime Indonesiens entstammen der sunnitischen Richtung (Ausführliche Informationen zum Islam in Indonesien werden in Absatz 3.4.2 gegeben). Protestanten (5%) und Katholiken (3%) bilden die Gruppe der Christen, deren Mehrheit im Osten des Inselreiches lebt. Die hinduistische Minderheit (2 %) ist auf die Insel Bali konzentriert, während der buddhistische Glaube (1%) zumeist beim chinesischen Bevölkerungsteil verbreitet ist. Nach wie vor von großer Bedeutung sind in Indonesien allerdings auch verschiedenste Formen des Ahnenkults und Geisterglaubens, der oft mit den Vorstellungen der Religion vermischt ist. (Berié 2007, 230ff)

2.2 Geschichte

2.2.1 Frühzeitliche Entwicklung

Begründet durch seine gewaltige räumliche Ausdehnung gibt es für die frühzeitliche Betrachtung des heutigen Indonesiens kaum universell gültige Informationen. Daher werden nachfolgend nur die wichtigsten und prägendsten epochalen Ereignisse wiedergegeben.

Als erste Bevölkerungsgruppen des heutigen Indonesiens gelten mongolisch-kaukasische Stämme, die sich schon vor Beginn unserer Zeitrechnung auf einigen Inseln angesiedelt hatten. Ab dem 3. Jahrhundert verfestigten sich indische Kultur- und Religionsvorstellungen aus Hinduismus und Buddhismus in der Bevölkerung und auch die indische Literatur nahm starken Einfluß, so wie das bis heute in der indonesischen Kultur erhaltene Epos Ramayana belegt. Der Ursprung dieser neuen Einflüsse war dabei nicht in Bevölkerungsmigration zu suchen, vielmehr wurden sie durch indische Handelsleute ins Land gebracht. So entstand von der Frühzeit Indonesiens an keine rein hinduistische oder buddhistische Glaubensgemeinschaft, sondern die neu importierten Glaubensvorstellungen traten an die Seite lokaler Traditionen und Kulte (Payer 1997). Neben indischen waren auch vor allem chinesische Händler im Gebiet des heutigen Indonesiens aktiv und wurden so schon früh Bestandteil der indonesischen Bevölkerung.

Im Laufe des 6. bis 13. Jahrhunderts entwickelte sich an der Straße von Malakka im Süden Sumatras das buddhistische Reich der Srivijaya zu einer Handelsmacht, die den chinesisch-indischen Seehandel kontrollierte. Auf Java herrschten ab dem 8. Jahrhundert die Sailendra, die mit dem Monument von Borobudur das weltweit größte buddhistische Monument errichteten. Nur wenig später (856) weihten die Hindus ihr Heiligtum Prambanan ein, das sich ebenfalls in Zentraljava befindet.

Im 13. Jahrhundert fand der Islam an der Nordküste Sumatras mit einigen Herrschern aus der Region Aceh seine ersten Anhänger in Südostasien. Diese übernahmen die Religion von arabischen Kaufleuten und setzten so die Islamisierung Indonesiens in Gang, die sich in den nächsten Jahrhunderten über nahezu das ganze Inselreich hinweg fortsetzte. Auch Teile des heutigen Malaysias, Brunei sowie Teile der südlichen Philippinen gerieten über Händler mit dem Islam in Kontakt. Als weitere früheste Träger der Religion werden sogenannte heilige Männer erwähnt, die mit Hilfe ihres esoterischen Wissens und ihrer magischen Praktiken viel Anklang fanden. Auch nutzten einflußreiche Fürsten die Konvertierung zum Islam mit den ihm zur damaligen Zeit zugesprochenen magischen Kräften, um ihre eigene Machtstellung zu stärken. Der Islamisierung fielen im Laufe des 14. Jahrhunderts auch das buddhistische Königreich der Srivijaya durch Konvertierung seiner Fürsten sowie nach einem „Heiligen Krieg“ gegen Ende des 15. Jahrhunderts das hinduistische Großreich der Majapahit in Nordjava zum Opfer (Krämer 2005, 162 f).

2.2.2 Die Zeit der Fremdherrschaft und Kolonisation

Die Entdeckung des Seeweges nach Indien im Jahre 1498 durch Vasco da Gama bereitete den Weg für den Einstieg europäischer Handelsmächte in den südostasiatischen Markt. Mit der Eroberung Malakkas durch die Portugal unter Alfonso de Albuquerque im Jahre 1511 erhielt die erste europäische Nation dort Einfluß. Die Portugiesen nahmen noch im selben Jahr den Gewürzhandel mit Sunda in Westjava auf und wuchsen schnell zur dominierenden Gewürzhandelsmacht der Region heran. Zur gleichen Zeit gelangte der Islam auf friedlichem aber auch kriegerischem Wege nach Lombok, Südsulawesi und auf Teile Borneos. Die Insel Bali blieb jedoch hindu-buddhistisch.

1596 nahm mit den Niederländern eine weitere europäische Nation Einfluß auf den Handel in Indonesien und Südostasien. Von Banten in Westjava aus, einer Stadt voller u.a. chinesischer, arabischer, türkischer, malaiischer, persischer und nicht zuletzt portugiesischer Händler, starteten sie ihre Aktivitäten im Gewürzhandel nach Europa mit dem Ziel, die Vormachtstellung der Portugiesen zu übernehmen. Die erfolgreiche Seeschlacht gegen die Portugiesen vor Banten im Jahre 1601 setzte den Grundstein für eine ertragreiche Kolonialzeit der Niederländer in Indonesien, die mit der Gründung der VOC (Vereenigde Oost-Indische Compagnie) als Gesellschaft mit Handelsmonopol für Pfeffer und Gewürze im Jahre 1602 weiter vorbereitet wurde. Die VOC kontrollierte durch brutales Vorgehen schon bald den gesamten Gewürzhandel vor allem der Molukken, einer Gruppe von Inseln zwischen Sulawesi und Neuguinea, die als Gewürzinseln bekannt wurden.

Die erste Kolonie wurde 1619 mit der Eroberung Jayakartas und seiner Umbenennung in Batavia, einem Teil des heutigen Jakartas, errichtet. In den nachfolgenden Jahren verfolgte die VOC eine aggressive Expansionspolitik und nahm 1641 auch das portugiesische Malakka ein. Das um den Sultan Agung von Mataram (reg. 1613-1646) entstandene muslimische Machtzentrum, das kriegerisch zeitweise ganz Zentral- und Ostjava unterworfen hatte, zerfiel bei dem Versuch seines Sohnes und Nachfolgers, eine zentrale Steuerung des Reiches zu erstellen.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts blühte der Handel von Banten aus und es entstanden Handelsvertretungen Großbritanniens, Frankreichs, Dänemarks, Portugals, Chinas und Indiens. Das ehemalige Königreich von Mataram wird in die Reiche Yogyakarta und Surakarta, das heutige Solo, aufgeteilt. Jahre der Mißwirtschaft und Korruption sowie die steigende Konkurrenz im asiatischen Handel führten zum finanziellen Niedergang der VOC, so daß sie Ende 1799 von der Regierung Batavias aufgelöst wurde. Die ehemaligen Einflußgebiete der VOC wurden 1806 durch Napoleon Bonaparte (1769-1821) dem Königreich Holland zugeteilt, welches er vier Jahre später ins französische Reich eingliederte.

Mit dem erfolgreichen Angriff einer britischen Flotte auf Batavia im Jahre 1811 begann die vierjährige Herrschaftszeit der Briten, die im darauffolgenden Jahr auch Yogyakarta eroberten. Der Wiener Kongreß stellte jedoch schon 1815 die niederländische Vormachtstellung wieder her, das unabhängige Königreich Niederlande mußte jedoch im Gegenzug das Kap der Guten Hoffnung sowie die von ihm besetzten Teile Ceylons an die Briten abtreten.

In der nachfolgenden Zeit verstärkte sich die Position der Niederländer als Kolonialmacht. Weder die Volksaufstände auf Java von 1825 bis 1839, die rund 200.000 Javanern und 8000 Europäern das Leben kosteten, noch zahlreiche Angriffe durch Engländer und Portugiesen, konnten diese Entwicklung bremsen. Mit der Macht nahm auch die Ausbeutung des Landes zu. Um 1830 wurde das sogenannte cultuurstelsel eingeführt und ersetzte fortan die Pachtzahlungen der Bauern an ihre Kolonialherren. Ein Fünftel des Bodens sollte für die Kolonialmacht bewirtschaftet werden, wobei die Regierung auch über die anzubauenden Gewächse bestimmte (Prayer 1997). Tatsächlich ging der Einsatz, den die Bauern zu leisten hatten, jedoch deutlich über die angegebenen 20 Prozent hinaus, weshalb das System auch stark kritisiert und im Jahre 1870 schließlich aufgehoben wurde. Auch aus entwicklungstechnischer Sicht brachte die Kolonisation Indonesien wenig Fortschritt. Die primäre Fortbewegung auf dem Seeweg und die Konzentration der Kolonialmächte auf die Küstenregionen und kleineren Inseln des Landes hatte zufolge, daß kaum ein Ausbau der Infrastruktur stattfand, abgesehen von der Errichtung einiger Hafenanlagen. Auch die Tatsache, daß die meisten angebauten Güter zum direkten Export bestimmt waren, bewirkte, daß keine nennenswerte Industrialisierung stattfand.

Der Vertrag von Sumatra aus dem Jahre 1871, in dem die Briten ihre Ansprüche über Aceh und Nordsumatra aufhoben, ebnete den Weg für eine Invasion der Niederländer, die zwei Jahre später den Acehschen Krieg auslöste, der bis 1913 andauern sollte.

Die Insel Bali war in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts noch stets unabhängig von der niederländischen Kolonialmacht, die immer größere Teile Indonesiens unter ihre Kontrolle brachte. Eine weitere Besonderheit stellte die Tatsache dar, daß Balis hinduistische Bevölkerung als einzige größere Bevölkerungsgruppe des Inselreiches nicht zum muslimischen Glauben konvertiert war. Die ansässigen Fürsten gerieten jedoch untereinander in Streit, der in der Mitte des Jahrhunderts in blutigen Auseinandersetzungen mündete. Diese wurden auf Kosten der einfachen Bürger ausgetragen, die von den Fürsten als Soldaten eingesetzt wurden. Im Jahre 1856 gelang es den Kolonialherren schließlich, auch Teile Nord- und Westbalis zu annektieren.

2.2.3 Das 20. Jahrhundert

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts trat in Indonesien vermehrt der Ruf nach Eigenständigkeit und Unabhängigkeit auf, wie an der Zahl der Neugründungen politischer Parteien ersichtlich wird. So entstanden beispielsweise die islamische Vereinigung „Sarekat Islam“ sowie die kommunistische Partei PKI (Partai komunis Indonesia), durch die der Nationalismus schnell Verbreitung fand. Die Zerschlagung der PKI durch die Niederländer ebnete den Weg für die im Jahre 1927 durch den späteren Staatschef Achmed Sukarno (1901-1970) gegründete PNI (Partai Nasional Indonesia). Dem stetig zunehmenden Widerstand gegen die Kolonialherrschaft gab die Niederlande mit der Erteilung von Autonomiegebieten im Jahre 1938 erstmals nach. Auf seinem Weg zur endgültigen Unabhängigkeit folgte für Indonesien von Ende 1941 an zuerst die Besatzungszeit durch die Japaner. Nach der Kapitulation der Niederländer im März 1942 erklärte sich Indonesien erstmals als unabhängig von der ehemaligen Kolonialmacht. Nur zwei Tage nach der Kapitulation der Japaner verkündeten schließlich Sukarno und Mohammed Hatta am 17. August 1945 in Jakarta die Unabhängigkeit Indonesiens. Damit errichteten sie jedoch weder einen muslimisch regierten Staat nach den Gesetzten der Scharia, noch einen kommunistischen oder vollends demokratischen Staat. Grundlegend für das Staatsverständnis galt die Pancasila, fünf eigenständige Weisungen, auf deren Basis das Zusammenleben geregelt werden sollte.

Pancasila , die Staatsphilosophie

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Abb. 2.1: Die einzelnen Symbole der Pancasila, wie sie im Staatswappen auftreten.

Die Pancasila stellt das philosophische Fundament des indonesischen Staates dar. Der Wortursprung geht auf die dem Sanskrit entstammenden Wörter Panca (fünf) und Sila (Prinzip) zurück.

Die Pancasila besteht aus fünf untrennbaren und untereinander verbundenen Prinzipien. Diese lauten:

1. Der Glaube an einen allmächtigen Gott
2. Humanität
3. Die Einigkeit Indonesiens
4. Eine auf Konsens beruhende Demokratie
5. Soziale Gerechtigkeit für alle Bürger Indonesiens

Diese fünf Prinzipien sind wie nachfolgend ausgelegt:

1. Der Glaube an einen allmächtigen Gott

Dieses erste Prinzip der Pancasila bestätigt den Glauben der indonesischen Bürger in die Existenz Gottes. Außerdem impliziert es den Glauben der Bevölkerung in ein Leben nach dem Tod. Es hebt hervor, daß das Streben nach heiligen Werten die Menschen zu einem besseren Leben im Jenseits führt.

Das Prinzip ist umgesetzt in Artikel 29, Abschnitt 1 der Verfassung von 1945 und lautet: Der Staat soll begründet sein auf dem Glauben in einen allmächtigen Gott.

2. Humanität

Dieses Prinzip der Gerechtigkeit verlangt, daß die Menschen entsprechend ihrer Würde als Schöpfung Gottes behandelt werden. Es verdeutlicht, daß die Bevölkerung Indonesiens keine physische oder spirituelle Unterdrückung von Menschen duldet, sei es durch die eigene oder jegliche andere Nation.

3. Die Einigkeit Indonesiens

Dieses Prinzip verkörpert das Konzept des Nationalismus, der Liebe zu Nation und Vaterland. Es verdeutlicht die Notwendigkeit, stets die nationale Einheit und Integrität zu bewahren. Der Nationalismus der Pancasila fordert die Indonesier auf, Gefühle der Überlegenheit aus ethnischen Gründen sowie Gründen der Herkunft oder der Hautfarbe zu vermeiden. Im Jahre 1928 verschwor sich die indonesische Jugend einem Land, einer Nation und einer Sprache, während das indonesische Wappen das Symbol des Bhinneka Tunggal Ika darstellt, was soviel bedeutet wie „Einheit in Vielfalt“.

4. Eine auf Konsens beruhende Demokratie

Die Demokratie der Pancasila verlangt im Entscheidungsprozess nach Beratung, um zu einem Konsens zu gelangen. Demokratie erfüllt die Prinzipien der Pancasila. Dies impliziert, daß demokratisches Recht stets mit einem großen Sinn für die Verantwortung gegenüber dem

allmächtigen Gott ausgeführt werden muß, entsprechend der eigenen Überzeugung und dem eigenen religiösen Glauben. Ebenso muß mit Respekt für die humanitären Werte der Würde und Integrität des Einzelnen, sowie mit Hinsicht auf Schutz und Stärkung der nationalen Einheit und des Strebens nach sozialer Gerechtigkeit agiert werden.

5. Soziale Gerechtigkeit für alle Bürger Indonesien

Dieses Prinzip fordert die gleichmäßige Verteilung von Wohlstand auf die gesamte Bevölkerung. Diese soll nicht statisch, sondern dynamisch und fortschreitend erfolgen. Das bedeutet, daß alle nationalen Ressourcen und Potentiale für das größtmögliche Wohl und die Zufriedenheit des Volkes genutzt werden sollen.

Soziale Gerechtigkeit beinhaltet den Schutz der Schwachen. Sie sollen entsprechend ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten eingesetzt und beschäftigt werden. Der Schutz soll willkürliches Handeln der Stärkeren unterbinden und Gerechtigkeit sichern.

Dies sind die fünf sogenannten Säulen des indonesischen Staates und jeder Indonesier sollte sie immer befolgen, da sie die Ideologie des Staates darstellen und als die Lebensphilosophie eines jeden Indonesiers gesehen werden.

(Indonesian Embassy of the Netherlands, 2006)

Sowohl die Niederländer, die außerhalb Javas und Sumatras stets zahlreiche Territorien kontrollierten und versuchten, ihre verlorene Macht zurückzugewinnen, als auch muslimische sowie kommunistische Gruppierungen, die ihre Ideologien in der Regierung durchsetzen wollten, gefährdeten die Unabhängigkeit Indonesiens jedoch stark. Im Dezember 1948 geriet die Führung des jungen Staates in niederländische Gefangenschaft, während das Militär weiter kämpfte. Nach vorangegangenen Verhandlungen in Den Haag erkannten die Niederländer im Dezember 1949 schließlich die Souveränität Indonesiens an, wobei sie Westguinea jedoch stets als ihr Herrschaftsgebiet beanspruchten. Anfangs wurde das jetzt souveräne Land unter dem Namen Republik Indonesia Serikat geführt. Die Verfassung des Landes wurde jedoch schon 1950 zu der eines Zentralstaates und der Name zu Republik Indonesia (RI) geändert. Alle Menschenrechte wurden per Verfassung garantiert.

Der Besitzanspruch der Niederlande auf Westguinea entwickelte sich zur Bedrohung für die Region. Mit unzähligen Guerillaaktionen erzwangen die Indonesier schließlich die Übergabe der Region an ihre Regierung.

Die Willkür der Herrschaft Sukarnos hatte schon bald enorme Inflationsraten, negatives Wirtschaftswachstum und steigenden Unmut in der Bevölkerung zur Folge. Einige als kommunistischer Putschversuch gedeutete Morde an hohen Militärs im Jahre 1965 verleiteten die von General Hadji Mohamed Suharto (*1921) geführte Armee zur gewaltsamen Machtübernahme. Im Zuge dieser und dem anschließenden Genozid wurden bis zu einer Million vermeintliche Kommunisten und Chinesen ermordet. Revolutionsführer Suharto erzwang im darauf folgenden Jahr die Macht von Ex-Präsident Sukarno, bevor er 1967 von der provisorischen Übergangsregierung offiziell zum geschäftsführenden Staatspräsidenten gewählt wurde.

Ende 1975 geriet das Unabhängigkeitsstreben Osttimors zu einem politischen Problem, das Suharto erneut mit Militärgewalt löste. Innerhalb weniger Wochen wurden mehr als 60000 Menschen getötet, was mehr als 10 % der Bevölkerung ausmachte. Nachdem so jeglicher Widerstand ausgelöscht war, annektierte Indonesien Osttimor am 17.Juni 1976. Erst Ende 1999 sollten die letzten indonesischen Soldaten das verwüstete Land verlassen und so die Anerkennung seiner Unabhängigkeit in 2002 ermöglichen.

Anfang der 80er Jahre versuchte die Regierung mehr und mehr, die seit Staatsgründung bestehende Pancasila als einziges Prinzip durchzusetzen. Dies stieß bei der muslimischen Bevölkerung auf Widerstand und führte vereinzelt zu Unruhen. Trotzdem wurde die Pancasila 1985 per Gesetz als einzig erlaubtes Grundprinzip für Parteien und Organisationen durchgesetzt. Als Folge dessen mußten viele muslimische Organisationen zumindest formal ihre Ideologien ändern.

Die zweite Hälfte der 80er sowie die erste Hälfte der 90er Jahre waren gekennzeichnet durch wirtschaftlichen Wandel. Auf Anraten ausländischer Wirtschaftsexperten versuchte man, den Markt für ausländische Investitionen zu öffnen und attraktiver zu gestalten. Verschiedene Branchen wie z.B. die Ölindustrie blieben allerdings staatlich, wie per Gesetz vorgeschrieben. Zur gleichen Zeit wuchs in der Bevölkerung der Unmut über den korrupten und gewaltvollen Regierungsstil Suhartos, der sich insbesondere in den zahlreichen Studentenprotesten zeigte.

Das steigende soziale Gefälle sowie die Tatsache, daß ein Großteil der erfolgreichen Geschäftsleute Indonesiens chinesischer Herkunft waren, verleitete viele Indonesier zu der Überzeugung, daß die Chinesen Schuld an der schlechten wirtschaftlichen Situation sowie der unsozialen Verteilung hätten. Mit der Wirtschaftskrise von 1998 wuchs die Wut der Bevölkerung auf die Regierung weiter und entlud sich am 5. Mai desselben Jahres, nachdem diese die Preise für Benzin, Strom und Verkehrsmittel erhöht hatte. Mehr als tausend Menschen randalierten in der javanischen Stadt Medan und zerstörten mehr als 1000 Gebäude, die überwiegend Chinesen gehörten. Ihren Höhepunkt fanden die Unruhen jedoch in Jakarta, wo innerhalb von drei Tagen ganze meist chinesische Stadtteile geplündert und verwüstet wurden und mehr als 1000 Menschen starben.

Der damalige Vizepräsident Bacharuddin Jusuf Habibie (*1936) übernahm nach der auf die Proteste folgenden Entmachtung Suhartos die Funktion des Staatspräsidenten, bis am 20. Oktober des Jahres 1999 Abdurrahman Wahid (*1940) als neuer Präsident aus den ersten freien Wahlen des Landes hervorging. Weniger als zwei Jahre später wurde im Juli 2001 Megawati Sukarnoputri (*1944) erste weibliche Staatspräsidentin, bis sie wiederum im Jahre 2004 nach Stichwahl vom aktuellen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono abgelöst wurde.

Mit einem Bombenanschlag auf die philippinische Botschaft in Jakarta am 1.August 2000, bei dem zwei Menschen starben, begann für Indonesien das Zeitalter blutiger Terroranschläge, die seitdem, mit verschiedenster politischer oder religiöser Motivation, das Land immer wieder erschüttern.

Als Krisenregion des neuen Jahrtausends gilt Aceh. Sein Unabhängigkeitsstreben wurde in 2003 mit einer Großoffensive gewaltsam bekämpft, was mehr als 1000 Todesopfer forderte. Die ohnehin geplagte Küstenregion Westsumatras wurde zudem von der größten Naturkatastrophe des jungen Jahrtausends heimgesucht. Als Folge eines Seebebens am 26. Dezember 2004 entstand eine gewaltige Flutwelle, die fast 130.000 Indonesier das Leben kostete und unzählige obdachlos machte.[3]

2.3 Wirtschaft

Die wirtschaftliche Weiterentwicklung Indonesiens verlief nach der Anerkennung seiner Unabhängigkeit im Jahre 1949 nur schleppend. Die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre hatte auch das Inselreich getroffen und teilweise ganze Industrien, wie die der Zuckerproduktion auf Java, zum Erliegen gebracht. Zudem hatten der lange Unabhängigkeitskampf sowie die Besatzungszeit der Japaner die Nation geschwächt, und die Wirtschaft erholte sich nur langsam von den Jahrhunderten kolonialer Ausbeutung. Der Grund dafür lag in der politischen Instabilität der ersten Jahre der neuen Regierung, die geprägt waren von internen Machtkämpfen zwischen Regierung, Armee und oppositionellen Parteien. Zudem führte Sukarnos Bestreben, jeglichen wirtschaftlichen Einfluß von Ausländern zu unterbinden, dazu, daß für einen potentiellen Aufschwung wichtige Auslandsinvestitionen ausblieben.

Mit dem Ende der „Alten Regierung“ unter Sukarno und Beginn der „Neuen Regierung“ unter Suharto (diese Bezeichnungen sind in Indonesien gängig) erfuhr das Land ab dem Ende der 1960er Jahre dann jedoch einen ökonomischen Wandel und Aufschwung. Der neue Präsident verfolgte eine klare politische Linie und unterband, gestützt durch eine starke Armee, Diskussionen über seinen Kurs. Er förderte Auslandsinvestitionen und leitete das Land von der Agrarwirtschaft in die Industrialisierung. Die Förderung von Rohstoffen sowie das produzierende Gewerbe erhielten in den 70er Jahren einen deutlichen Aufschwung und dank stark steigender Öl- und Gaspreise stieg auch das Einkommen des Exporteurs Indonesien rasch an. Auch die steigenden Exportmengen an Holz- und Papierprodukten bescherten dem Land großen Devisenzufluß, der allerdings mit einer massiven Zerstörung des tropischen Regenwaldes teuer bezahlt wurde und nach wie vor wird. Dafür ebenso verantwortlich war und ist der wachsende Bedarf an Anbauflächen diverser für den Export bestimmter Agrarprodukte wie Palmöl, Kaffee, Kakao und Reis, dem mit großflächiger illegaler Rodung nachgekommen wird.

Beendet wurde der wirtschaftliche Aufschwung ein Jahr vor Ende der Regierungszeit Suhartos erst mit der Finanzkrise des Jahres 1997. Die zurückliegenden Jahre des wirtschaftlichen Erfolges hatten in vielen asiatischen Staaten eine Investitions- und Immobilienblase entstehen lassen. Die ohnehin schnelle Wertschöpfung innerhalb der betroffenen Länder war dabei durch einfache Kreditvergabe zusätzlich angeheizt worden. Die aufgenommenen Kredite wurden hauptsächlich in Immobilien und Aktien investiert, da dort basierend auf den Entwicklungen der letzten Jahre große Gewinnchancen gesehen wurden. Da viele Kreditinstitute ihre Kredite jedoch selbst über diese Anlageformen abgesichert hatten, entstand eine enorme spekulative Blase. Eine Serie heftiger Spekulationsattacken auf die thailändische Landeswährung Baht brachte diese Blase im Jahre 1997 schließlich zum platzen. Die ausgelöste Finanzkrise weitete sich schnell auch auf andere Länder aus, wobei Indonesien und Südkorea neben Thailand zu den am stärksten betroffenen Ländern zählten. Ursache der Krise war, daß die Finanzinstitute kaum Währungsabsicherung betrieben und zudem großzügig Kredite in Fremdwährungen vergeben hatten. Nach dem Stimmungsumschwung und ersten Währungseinbrüchen zogen Investoren ihre Gelder ab. Dieser „Teufelskreis von Währungsabwertungen, Zahlungsunfähigkeit und Kapitalabfluß“ (IMF 2000, 2) führte die noch kurz zuvor wirtschaftlich aufstrebenden Staaten in eine große Krise, die neben vielen Finanzinstitutionen der Region auch zahlreiche Unternehmen in den Bankrott führte.

Der Internationale Währungsfonds versuchte mit finanziellen aber auch organisatorischen Hilfsprogrammen mit einem Gesamtwert von mehr als 100 Milliarden Dollar die Regierungen der am stärksten betroffenen Länder zu unterstützen und somit die Auswirkungen der Krise möglichst gering zu halten. Dabei setzte der Währungsfonds neben direkten finanziellen Hilfen auch auf Strukturreformen, um die Schwächen des Finanzsektors zu beheben und die lokale Wirtschaft wieder anzuregen. Trotzdem konnte eine tiefe Rezession durch die Intervention des internationalen Währungsfonds nicht verhindert werden. Bedingt in der mangelhaften Durchführung der wirtschaftspolitischen Maßnahmen sowie in sozialen und politischen Problemen im Lande benötigte die indonesische Wirtschaft besonders lange, bis die Inlandsnachfrage wieder ansprang und die Inflation eingedämmt wurde. So war erst Ende 1999 in Indonesien wieder ein Wirtschaftswachstum zu verzeichnen, während beispielsweise in Korea bereits ein Jahr zuvor der Aufschwung wieder eingesetzt hatte (IMF 2000, 5ff).

Zu Beginn des neuen Jahrtausends befindet sich die indonesische Regierung noch in der Konsolidierungsphase. Der derzeitige Präsident Yudhoyono hat sich dem Kampf gegen die Korruption verschrieben, die als eines der größten Hindernisse auf dem Weg zu einer freien Marktwirtschaft anzusehen ist, ebenso wie die Eingriffe des indonesischen Staates in einigen Wirtschaftssektoren wie beispielsweise bei der Förderung von Bodenschätzen oder dem Energiehandel. Beide Themen, Korruption und Staatsinterventionen, werden in Kapitel 3 als Risikofaktoren für Investitionsvorhaben ausführlich separat betrachtet .

Obwohl Indonesien noch große Mängel in der Rechtsstaatlichkeit aufweist, ist die gesamtwirtschaftliche Situation mit einer Wachstumsrate von gut 5 % in 2004 und 2005 bei einem Bruttoinlandsprodukt von 257641 Mrd. Dollar (2004) als stabil einzuordnen. Die Einnahmen entstammen zum Hauptteil aus Industrie (44%) und Dienstleistungen (41%) und nur zu rund 15 % aus dem primären Sektor, in dem jedoch mit gut 43 % der Bevölkerung fast genauso viele Menschen arbeiten wie im tertiären Sektor (43,5 % in 2004). Offiziellen Angaben zufolge beläuft sich die Arbeitslosigkeit auf 9,9% (2005), geringe Rechte der Arbeitnehmer sowie fehlende Arbeitsverträge im Alltag lassen diese Zahl aber eher als positive Schätzung erscheinen (Berié 2007, 230).

Als problematisch ist die steigende Inflationsrate des Landes anzusehen. Während die Teuerungsrate für 2003 mit 5,1 % und im darauffolgenden Jahr mit 6,4 % noch innerhalb der Zielspanne von 5,5 +/- 1% lag, (Apec 2005) stieg sie im Jahresdurchschnitt für 2005 auf 10,5 %, wobei sie am Jahresende sogar in beängstigende Höhen von über 18 % (November 2005) klomm. Dies ist auf die drastische Erhöhung der Energiepreise zum 01.10.2005 zurückzuführen, die je nach Branche entsprechend schnell in die Güter- und Dienstleistungspreise überführt wurde.

Der Staat hatte überraschend schnell eine angekündigte Aufhebung seiner Kraftstoffsubventionen durchgeführt, was effektiv einer Erhöhung der staatlich kontrollierten Kraftstoffpreise um 186 % (Benzin) gleichkam. Da die Bevölkerung in der Regel weite Transport- und Arbeitswege zu bewältigen hat und außerdem auch die tägliche Nahrungsmittelzubereitung größtenteils mit Kerosinöfen erfolgt, hatte diese Erhöhung enorme Auswirkungen auf die Lebenshaltungskosten, was sich in wochenlangen landesweiten Bevölkerungsprotesten widerspiegelte.

Natürlich war die Aufhebung der Subventionen keine Böswilligkeit der Regierung, sondern eine überfällige Anpassung an das Weltpreisniveau für Öl. Während Indonesien in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts an seinen Öl- und Gasexporten noch enorme Summen verdiente, ist der Staat heute nach Reduzierung der Fördermengen und aufgrund wachsender Binnennachfrage Nettoimporteur für Öl. Die Produktgruppe der Brennstoffe und technischen Öle führt mit 26% sogar die Importseite der Außenhandelsbilanz an. Am Gesamtimportvolumen von 68,2 Mrd. Dollar haben außerdem Vorerzeugnisse (18%), Maschinen und Fahrzeuge (16%) sowie Fertigerzeugnisse (13%) und Rohstoffe (9%) einen großen Anteil (Werte aus 2004). Diese Güter stammen hauptsächlich aus Japan und Singapur (je13%) sowie der Volksrepublik China (9%). Deutschland stellt mit 4% der Importe den größten europäischen Handelspartner.

Mit einem Exportvolumen von 81,1 Mrd. Dollar erwirtschaftete Indonesien in 2005 einen Handelsüberschuß von rund 12,9 Mrd. Dollar. Der Export setzte sich dabei aus folgenden wichtigsten Gütergruppen zusammen: 26% Maschinen und Fahrzeuge, 25% Brennstoffe und technische Öle, 16% chemische Erzeugnisse sowie 13% Vorerzeugnisse (Werte aus 2004). Die wichtigsten Abnehmer waren Japan (23%), die USA (13%), Singapur (9%) sowie die Republik Korea und die Volksrepublik China mit jeweils 7%. Wichtigster europäischer Abnehmer war Deutschland mit einem Anteil von rund 2% der Exporte.

Die indonesische Währung Rupiah hat in den letzten Jahren deutlich an Stabilität gewonnen und genießt wachsendes Vertrauen. Eine detaillierte Analyse der Wechselkursentwicklung wird im Zusammenhang mit der Betrachtung des indonesischen Finanzmarktes in Kapitel 3.2 gegeben.

Von großer Bedeutung für die indonesische Wirtschaft ist auch der Tourismus, der sich hauptsächlich auf die Ferieninsel Bali konzentriert. Der gewaltige Touristenansturm von mehr als 1,4 Millionen Touristen jährlich (alleine über den Eintrittsflughafen Denpasar) wurde zwar durch die Bombenanschläge in den Jahren 2002 und 2005 drastisch gebremst, scheint sich aber, wie aus folgenden Grafik ersichtlich, wieder recht schnell zu erholen.[4] Dementsprechend zieht Bali Arbeitssuchende aus dem gesamten Inselreich an, die sich einen Anteil an dem von den Touristen ins Land gebrachten Geld erhoffen.

[...]


[1] nähere Informationen zu Terrorismus in Indonesien im nächsten Kapitel (1.3 Inhaltliche Gliederung)

[2] Für Quellen und weiterführende Informationen siehe: Die Welt 2007 (1), Die Welt 2007 (2), Die Welt (3), BBC 2007

[3] (Berié 2007, 231); andere Quellen nennen höhere Opferzahlen

[4] Für das Jahr 2006 werden in gesamt Indonesien 5,5 Millionen ausländische Touristen erwartet (Tourism Indonesia 2006).

Ende der Leseprobe aus 114 Seiten

Details

Titel
Unternehmensplanung und Investitionsverhalten in ökonomisch unsicherem Umfeld
Untertitel
Analysiert am Beispiel des indonesischen Marktes
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Institut für Wirtschaftstheorie und Operations Research)
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
114
Katalognummer
V80957
ISBN (eBook)
9783638837392
ISBN (Buch)
9783638837415
Dateigröße
858 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unternehmensplanung, Investitionsverhalten, Umfeld
Arbeit zitieren
Hilger Jahnes (Autor:in), 2007, Unternehmensplanung und Investitionsverhalten in ökonomisch unsicherem Umfeld, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80957

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