Empirische Analyse der Kontextabhängigkeit von Begriffen zum Aufbau von Markenimages


Diplomarbeit, 2007

82 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretischer und methodischer Hintergrund des Markenimages
2.1 Markenimage, Markenidentität und Markenpositionierung
2.2 Qualitative Markenforschung
2.3 Semantische Netze, Cognitive Mapping, Triadentest
2.4 Kontextabhängigkeit von Begriffen

3. Methodik der Kontextabhängigkeits-Studie
3.1 Ziel der Studie
3.2 Operationalisierung
3.2.1 Gewinnung des Untersuchungsmaterials und -designs
3.2.2 Triadentest
3.3 Durchführung

4. Ergebnisse
4.1 Ergebnisse der Konsensmessung im Kovarianzstrukturmodell
4.2 Ergebnisse der inhaltlichen Analyse

5. Diskussion
5.1 Methodische Reflexion
5.2 Interpretation und Nutzung der Ergebnisse

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

Wodurch wird ein Auto „schön scharf“? Was ist ein „Über-Audi“? (www.auto-news.de) Erfolgreiche Marken müssen heutzutage vieles bieten. Sie sollen klare, einfache Markenbotschaften vermitteln und trotzdem in ihrem Marktauftritt einen hohen Facettenreichtum aufweisen (Hermann, 1999, S. 9). Die Marke dient der Unternehmenskommunikation somit als Profilierungs- und Differenzierungsinstrument mit dessen Hilfe versucht wird ein Vorstellungsbild in den Köpfen der Konsumenten zu positionieren (Caspar & Metzler, S. 4, 12). Das Markenimage der Konsumenten wird dabei maßgeblich durch die kommunizierten Markenkerne geprägt, welche die zentralen Elemente und Kompetenzen der Marke plastisch zusammenfassen sollen (Meffert & Burmann, 2005, S. 52). Im Hinblick auf die Kommunikation der Markenattribute fordert Baumgart (1992, S. 329) einprägsame Slogans mit einem Minimum an Denotation und einem Maximum an Konnotation. Beispielhaft seien folgende Werbebotschaften angeführt: „Das einzig wahre Warsteiner“ der Brauerei Warsteiner, „Whisky muss nicht billig sein“ der Destillerie Dimple oder „Feines aus Wolle“ des Textilunternehmens Glenfield (Satelliten Media Design, o.J.). Doch werden diese zur Differenzierung eingesetzten Begriffe von Konsumenten mit den Konnotationen, in der beabsichtigten Art wahrgenommen? Oder führen die innovativen Werbebotschaften aufgrund nicht berücksichtigter Kontextfaktoren auf Begriffsbedeutungen gar zu Fehlinterpretationen bei den Empfängern?

So führte die fehlende Berücksichtigung des Kontextfaktors Sprache dazu, dass die Markeneinführung des Sportwagens „Mid-Engined Rearwheel-Drive Two-Seater“ vom Automobilhersteller Toyota in Frankreich floppte. Mit der beworbenen Abkürzung „MR2“ assoziierten die Franzosen den Begriff „Merde“, der gleichbedeutend mit dem deutschen Wort „Mist“ ist (Kilian, o.J.).

Das genannte Beispiel macht deutlich, dass die Übereinstimmung der Bedeutungsstrukturen des Selbstbilds der Marke und der Wahrnehmung der Konsumenten in Form des Markenimages eine wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung von Werbebotschaften ist.

Die Arbeit möchte klären, wie hoch das Risiko solcher Missverständnisse einzuschätzen ist, also wie stark die üblicherweise zum Aufbau von Images verwendeten Begriffe kontextabhängig sind.

Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich in Kap. 2.1 zunächst mit den Konzepten der Markenidentität und Markenpositionierung sowie der intendierten Wirkung von Werbebotschaften. Anschließend werden in Kap. 2.2 mit der Methodik des Freelistings und der Fokusgruppe zwei Assoziationsverfahren der qualitativen Markenforschung erläutert, die üblicherweise zur Erfassung von sozial geteiltem Wissen dienen. Aufbauend auf der Beschreibung der Erhebungsverfahren wird in Kap. 2.3 die Möglichkeit aufgezeigt, die generierten Assoziationen in Form von semantischen Netzen oder Cognitiven Maps graphisch zu veranschaulichen. Erst in solchen ähnlichkeitsabbildenden Verfahren würden kontextabhängige Bedeutungen sichtbar werden. Ihr Aufwand lohnt sich aber wohl nur, wenn mit kontextabhängigen Bedeutungen zu rechnen ist.

Daher wird in einer empirischen Untersuchung (Kap. 3 und 4) mit dem Triadentest die Kontextabhängigkeit von Begriffen analysiert. Damit soll die Arbeit klären, ob die derzeit angewandten qualitativen Verfahren zur Erhebung von Markenwissen ausreichend sind oder durch Begriffsnetze und Cognitive Maps ergänzt werden müssen.

2. Theoretischer und methodischer Hintergrund des Markenimages

Den Einstiegspunkt des zweiten Kapitels bildet die Festlegung der begrifflichen Grundlagen der Konzepte Markenimage, Markenidentität und Markenpositionierung. Der zweite Abschnitt beschreibt die qualitative Marktforschung und die derzeit angewandten Verfahren zur Erfassung des Markenwissens der Konsumenten.

2.1 Markenimage, Markenidentität und Markenpositionierung

Vor dem Hintergrund immer homogener werdender Produkt- und Leistungsangebote haben Marken bzw. deren Images zunehmend an Bedeutung gewonnen (Caspar & Metzler, 2002, S. 4). Die Fähigkeit zur Präferenzbildung bei Konsumenten und die Differenzierung gegenüber der Konkurrenz lassen Marken zu einem geeigneten Kommunikationsmittel der Unternehmungen werden (Meffert, 2000, S. 848). Im Hinblick auf die Behandlung der Problematiken einer konsumentenorientierten Markenführung erscheint eine wirkungsorientierte und damit psychologische Definition der Marke zur Einführung sinnvoll.[1] So versteht Herrmann (1999, S. 43) unter dem Begriff Marken: „Repräsentationen, die als Vorstellungsbild die wichtigsten einem Produkt oder einer Dienstleistung […] kognitiv zuordenbaren und für den Markterfolg relevanten Eigenschaften, sowie deren Verknüpfungen umfassen“. Leven (2002, S. 10) konstatiert in diesem Zusammenhang kurz und prägnant: “Marken sind Images“.

Grundsätzlich erfüllt das Vorstellungsbild der Marke aus Marketingsicht eine Doppelfunktion: Einerseits ist es als Träger der Markenwerte Instrument der Markenführung, mit dessen Hilfe die Marke im Bewusstsein der Menschen fest, positiv und differenziert verankert wird, um ein möglichst großes Umsatzpotenzial zu erschließen (Caspar & Metzler, 2002, S. 12). Anderseits verkörpert das Vorstellungsbild die empirisch aktuellen Kenntnisse der Zielgruppe hinsichtlich der mit der formalen Marke verbundenen Leistungen (Meli, 2006, S. 20). In Anlehnung an diese Sichtweise lässt sich das Vorstellungsbild der Marke in ein Selbstbild der Unternehmung von der Marke und ein empfangenes Fremdbild, das die Vorstellungen der Öffentlichkeit von der Marke widerspiegelt, differenzieren (Merten, 2000, S. 104).

Während auf Unternehmensebene die Konzepte der Markenidentität und Markenpositionierung zur Erfüllung der Senderfunktion dienen, bezieht sich das Markenimage auf die Empfängerebene und stellt die Marke im Bewusstsein der Konsumenten dar (Esch, 2004, S. 775). Der in Abbildung 2.1 skizzierten Wirkungskette ist zu entnehmen, dass trotz der funktionalen Unterschiede zwischen den Aussagemodellen der Unternehmerseite und dem Akzeptanzkonzept für Konsumenten ein enger Zusammenhang besteht, der gegenseitige Beeinflussung bedingt (Hermann, 1999, S. 44).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.1: Beziehungen zwischen Markenidentität, Positionierung und Image (Esch 2003a, S. 87)

Markenimage

Ein Blick in die Literatur macht deutlich, dass es sich beim Wort „Image“ um ein sehr komplexes, schwer greifbares und dennoch wichtiges Konstrukt im Rahmen der Konsumentenforschung handelt (Mayerhofer 1995, S. 49). Eingeführt wurde der Imagebegriff von den Autoren Gardner & Levy im Jahr 1955, die konstatierten, dass ein Produkt neben seiner rein physikalischen Natur auch soziale und psychologische Aspekte aufweist, die für die Konsumenten hinsichtlich des Kauf- und Markenverhaltens von Bedeutung sind (Dobni & Zinkhan, 1990, S. 110). Ausgehend von dieser Sichtweise folgten weitere Definitionsversuche, die alle mehr oder weniger unter Image die Abbildung eines objektiven Reizes in einer Person verstanden (Winkler o.J., S. 469, zitiert nach Schreiner, 1991, S. 57). Andere erweiterten den Begriff, indem sie das Image als ein Konglomerat aus Gefühlen, Meinungen, Einstellungen und Fakten beschrieben (z.B. Huber, 1990, S. 23; Kroeber-Riel, 2003, S. 197). Repräsentativ ist die Betrachtungsweise des Markenimages von Meffert & Burmann (2005, S. 53) bzw. Keller (1993, S. 3), die das Markenimage als nachfragerseitiges Ergebnis der subjektiven Wahrnehmung, Dekodierung und Akzeptanz der von einer Marke ausgesendeten Impulse interpretieren. Unklar bleibt bei dieser Definition der Term der Nachfrager, insbesondere der scheinbar unberücksichtigte Plural. Nach Strack (2004, S. 15) ist ein relevanter Bestandteil von Images der Konsens der Marktgemeinschaft. Wie schon Kelley in seiner Kovariationstheorie der Attribution (1967 zit. n. Boos, 2006) feststellte, werden nur bei hohem Konsens die Einstellungs- und Repräsentationsinhalte auf das Einstellungsobjekt (die Marke) attribuiert.

Markenassoziationen verkörpern demzufolge die sozial geteilte, inhaltliche Wissensstruktur zu einer Marke aus der Sicht der Produktverwender oder der Kommunikationsrezipienten bzw. den Anteil des Wissens, der konsensuell geteilt wird (Strack, 2004). Den Ursprung für die Bildung von Assoziationen sehen Tscheulin & Lindenmeier (2004, S. 467) in der Multidimensionalität der Reize, die sich aus den denotativen (sachhaltigen) und konnotativen (emotionalen) Eigenschaften der Marke ergeben. Keller (1993) betrachtet die Ursächlichkeit der Markenassoziationen noch differenzierter und nimmt eine Typisierung anhand von drei Arten vor. Er unterscheidet zwischen produktspezifischen und -unspezifischen Markeneigenschaften, der Wahrnehmung des funktionellen, erfahrungsbasierten versus des symbolischen Nutzens einer Marke sowie der Einstellung zu ihr. Das Image der Marke Milka beruht demnach auf produktbezogenen Merkmalen wie der guten Alpenmilch, dem zarten Schmelz der Schokolade, den nicht produktbezogenen Eigenschaften in Form des prägnanten Logos oder der lilafarbenen Verpackung sowie dem symbolischen Nutzen der intakten Alpenlandschaft und der Stärke der Marke, die sie über NoName Schokoladen erhebt. Die pointierte Form der Marke Milka mag dementsprechend die Adjektive „gut“, „zart“, „intakt“ und „stark“ betonen (Kraft Foods Deutschland, 2007).

Die Assoziationstypen können in Abhängigkeit ihrer Vorteilhaftigkeit, Stärke und Einzigartigkeit variieren (Tscheulin & Lindenmeier, 2004, S. 468). Während im Bezug auf die Vorteilhaftigkeit der Verknüpfungen vom Markenmanagement darauf zu achten ist, dass potentielle Kunden die Assoziationen als relevant und positiv ansehen, determiniert die Stärke der Assoziationen die Konsistenz des Markenimages im Zeitablauf. Die Einzigartigkeit der Assoziationen erfasst hingegen das Ausmaß der Differenzierung gegenüber der Konkurrenz (Tomczak, Reinecke & Kaetzke, 2004, S. 1829).

Demzufolge ist die Marke am Markt erfolgreich, wenn Unternehmen durch die Schaffung exklusiver Assoziationen ein unverwechselbares Vorstellungsbild der Marke in der Psyche der Konsumenten verankern und Konkurrenzmarken zwingen, auf andere Assoziationen auszuweichen (a.a.O., S. 1828, 1831).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.2: Operationalisierung des Markenwissens (Keller, 1993, S. 7)

Markenidentität

Die Zielsetzung moderner Werbeplanung besteht im Aufbau eines positiven, geschlossenen und umfassenden Vorstellungsbildes bei den Konsumenten (Huber, 1990, S. 33). Während sich das Markenimage bei externen Zielgruppen über einen längeren Zeitraum entwickelt, versuchen die Unternehmen aktiv die Entwicklung des Vorstellungsbildes zu beeinflussen (Meffert & Burmann, 2005, S. 52). Kapferer (1992, S. 45) fügt dem hinzu, dass zunächst die Konzeption der Marke zu erfolgen hat, bevor sich die Öffentlichkeit ein entsprechendes Markenimage bilden kann.

Als Grundlage für die Vermittlung eines solchen positiven Selbstbildes der Marke dient das Konzept der Markenidentität, welches alle essentiellen, wesensprägenden und charakteristischen Merkmale der Marke umfasst (Esch, 2005a, S. 82). Nur eine Marke mit einer gefestigten Identität kann dauerhaft Kunden binden und somit langfristige Markentreue herbeiführen (Meffert. 2000, S. 878). Die Markenidentität entsteht aus der Kombination mehrerer Merkmale oder Eigenschaften (Wiedmann, 1994, S. 1045) und beschreibt die Gesamtheit der Marke in ihrer Konzeption, ihrer Struktur und ihrem Auftritt (Linxweiler, 2004, S. 95). Aaker und Joachimsthaler (2000) unterscheiden in ihrem Ansatz zur Beschreibung der Markenidentität zwischen der Kernidentität, der Markenessenz und der erweiterten Identität.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.3: Markenidentitätskreise nach Aaker und deren Dimensionen (Esch, 2005a, S. 97)

Die Kernidentität bildet die zentralen, zeitlosen Elemente einer Marke ab und sollte sich auf zwei bis vier Merkmale beschränken (Esch, 2005, S. 113). Durch die Formulierung der Markenessenz, die die Kernidentitätswerte in einem Satz beinhaltet, wird die Aussage der Markenidentität noch enger gefasst (Esch, 2005a, S. 95). Im Gegensatz zur Kernidentität ist die erweiterte Identität im Zeitablauf variabler und kann den Umständen entsprechend angepasst werden (Esch, 2005, S. 113). Kapferer (2001, S. 35) führt die Entwicklungen der Technologie, der Produktpalette und der Käufer als Umstände an, die eine Änderung der akzidenziellen Merkmale im Sinne eines stilistischen Codes sinnvoll erscheinen lassen, wenn der Kern der Markenidentität bewahrt wird.

Der Inhalt der drei ineinander gebetteten Identitätsringe wird durch vier unterschiedliche Markensichtweisen gespeist (Esch, 2005a, S. 96). Der Zugang zur Markenidentität[2] erfolgt demnach über die Sichtweise der Marke als Produkt, Organisation, Person oder Symbol. Beispielhaft sei dies an der Markenidentität des Automobilherstellers BMW verdeutlicht (Abb. 2.4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.4: BMW - Markenidentität (Esch, 2005, S. 98)

Die Markenessenz „Freude“ steht im Mittelpunkt der Markenidentität und formuliert den Kundennutzen, den die Marke aus Sicht des Anbieters erfüllen soll. Als weitere zentrale Elemente komplettieren die Markenwerte „herausfordernd, dynamisch, kultiviert“ den Kern der Markenidentität. Die Konkretisierung der Kernidentität erfolgt anhand von zwölf Markenfacetten im äußeren Ring, die die erweiterte Markenidentität bilden.

Die Aufgabe der Markenkommunikation besteht darin, das Konzept und die Identität der Marke transparent zu machen (Kapferer, 1992, S. 266). Neben der Identifizierung potenzieller Eigenschaften, die für die Wahrnehmung der Marke relevant sind, und der Vorgabe von deren Interpretation (Hermann 1999, S. 83), sind Positionierungseigenschaften durch die Markenführung festzulegen.

Markenpositionierung

Die Markenpositionierung ist als Ausrichtung aller Marketinginstrumente auf den Absatz markierter Produkte zu verstehen (Esch, Langner & Rempel, 2005, S. 109), mit dem Ziel, den Anforderungen der Anspruchsgruppe zu entsprechen und sich gegenüber Konkurrenzprodukten zu differenzieren (Meffert, 2000, S. 851). Die Ableitung der Markenpositionierung basiert dabei auf der Erstellung der Markenidentität und findet auf strategischer, wie auch auf operativer Ebene statt (Esch, Langner & Rempel, 2005, S. 108).

Den Ausgangspunkt für die Positionierung auf Konzeptebene bildet die Fokussierung auf wenige, signifikante Positionierungsmerkmale der Marke. Diese Positionierungsmerkmale gehen aus den Vorgaben der Markenidentität hervor und werden unter Berücksichtigung der für die Anspruchsgruppen relevanten Eigenschaften in verbaler Form als Positionierungskonzept wiedergegeben (a.a.O., S. 108). Die aktive Gestaltung der Markenstellung erfolgt auf der Umsetzungsebene über die Durchführung von sichtbaren Maßnahmen (Esch, 2004, S. 774), wie dem Produktdesign, der Massen- und below-the-line Kommunikation oder dem Einsatz anderer Instrumente des Marketing-Mixes (Esch, 2005a, S. 91). Exemplarisch für Kommunikationsmaßnahmen ist das Erscheinungsbild der Deutschen Bank anzuführen, welches sich über die Markenwerte „Leistung, Vertrauen, Teamwork, Innovationen und Kundenfokus“ definiert (Deutsche Bank, 2006).

Den Entscheidungen der Markenführung hinsichtlich der Ergreifung kommunikativer Maßnahmen liegt die Absicht der Erzielung einer möglichst hohen Übereinstimmung zwischen dem Selbstbild der Marke und dem Fremdbild bei den Konsumenten zugrunde. Jedoch treten oftmals Divergenzen zwischen der Gestaltung der Marke und der intendierten Wirkung im Markt durch die Auswahl falscher oder ubiquitärer Positionierungseigenschaften auf (Esch, Langner & Rempel, 2005, S. 109).

Durch den verstärkten Wettbewerb zunehmend gleichgestellter Marken und die komplexen Erwartungshaltungen der Konsumenten wird die Einnahme eindeutiger, punktförmiger Positionen am Markt verhindert. Vielmehr besetzen die Marken Felder, die rahmenhaft über die Kernwerte zusammengehalten werden und sich zumeist mit anderen Marken überschneiden (Hermann, 1999, S. 75-76). Die Biermarken Beck’s und Krombacher nehmen beispielsweise in ihrer Unternehmenskommunikation beide die Eigenschaft „Frische“ in Anspruch. Im Idealfall erzeugt diese Eigenschaft trotz der Doppelbelegung, ähnlich dem Beispiel in Abbildung 2.5, gänzlich unterschiedliche Assoziationen bei den Zielgruppen. Aufgrund des abstrakten Niveaus der Positionierungsmodelle werden jedoch die Nuancierungen zwischen Konkurrenzmarken von Konsumenten immer weniger wahrgenommen (Esch, 2005a, S. 145). Aus dieser Problematik resultiert die Forderung nach einer qualitativ orientierten Markenbeurteilung, um den zukünftigen Erfolg der Marke positiv zu beeinflussen (Hermann, 1999, S. 77).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.5: Imagedimension Sportlichkeit, Herrmann 1999, S. 77

2.2 Qualitative Markenforschung

Das Ziel der Markenführung (vgl. Abb. 2.1) ist die optimale Abstimmung des Selbstbilds der Marke auf das Image bei der anvisierten Zielgruppe, dem so genannten „Fit“ (Bazil & Petras, 2007, S. 161). Für diesen Abgleich ist die Erfassung des Markenwissens der Konsumenten notwendig. Dementsprechend steht die Markenforschung zunehmend vor dem Problem, weniger eine analytische als vielmehr eine deskriptive Betrachtung durchzuführen. Die Qualitative Markenforschung ist ein Bündel psychologischer Marktforschungsmethoden, bei denen die Inhalte der Repräsentationen nicht vorgegeben werden (Kepper, 1999, S. 161). Durch freie Assoziationsverfahren sollen möglichst unverfälschte und detaillierte Aussagen der Zielgruppen ermittelt werden, die den Unternehmen die Wahrnehmung der Marke aus Konsumentensicht darlegen (Tomczak, Reinecke & Kaetzke, 2004, S. 1832). Dabei werden assoziative Beziehungen erhoben, die sich neben dem Produktwissen (wie „Subaru hat Allradantrieb“) auch auf Produktanforderungen („Allradantrieb erleichtert das Fahren im Gelände“) und Produkterfahrungen („Subaru hat sich im Gebirge bewährt“) konzentrieren (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003, S. 232). Ziel der qualitativen Markenforschung ist die Gewinnung von informationsvermittelnden Aspekten der Marke, die der Markenführung bei der Konzipierung der Marke als gestalterische Leitlinien dienen (Linxweiler, 2004, S. 212). Zur Erhebung der Markenassoziationen eignen sich als Verfahren qualitative Interviews, Gruppendiskussionen und indirekte Befragungen (Müller, 1999, S. 133). Im Folgenden werden die freien Assoziationsverfahren des Freelistings und der Fokusgruppe näher erläutert.

Die Methodik des Freelistings ist ein freies Assoziationsverfahren, welches aufgrund seines explorativen Charakters auch in der kognitiven Anthropologie (Weller & Romney, 1988, S. 9-20) und im Bereich der kreativen Ideenfindung, z.B. Brainstorming, eingesetzt wird (vgl. Diehl & Stroebe, 1991, zit. n. Jonas, 2002, S. 64). Bei der Anwendung dieses Verfahrens wird einem oder mehreren Probanden ein Reizwort oder eine offene Frage zu einem Einstellungsobjekt bzw. Thema vorgegeben. Anschließend wird die Versuchsperson dazu angeregt in mündlicher oder schriftlicher Form ihre Assoziationen mitzuteilen. Die Anzahl der Nennungen ist meist ebenso freigestellt, wie die Inhalte der Begriffe. Die individuelle Freiheit bei der Assoziation minimiert den Einfluss des Interviewers (Müller, 2002, S. 52) und ermöglicht es der Versuchsperson, ökologisch valide Gedanken und Gefühle zu äußern.

Basierend auf der Annahme, dass Informationsverarbeitungsprozesse nicht nur als individuelle, sondern aus sozialwissenschaftlicher Perspektive auch als soziale Prozesse angesehen werden, sind semantische Domänen bzw. Markenimages als ein allgemeines, sozial geteiltes Wissen zu sehen (s. Kap. 2.1). Die sozial geteilten Kognitionen, die durch Interaktionen und Kommunikation entstehen, lassen sich anschließend durch semantische Netzwerke bzw. Cognitive Maps darstellen (s. Kap. 2.3). Den Ausgangspunkt zur Identifizierung des sozial geteilten Images bildet die Häufigkeitsverteilung der generierten Begriffe (Sinha, 2003, S. 1). Gemäß der Einteilung von Schnegg (1998) in Abb. 2.6 liegt keine Domäne vor, wenn nicht mindestens eine mehrheitliche Nennung eines Begriffes vorliegt. In einem Fall, bei dem jegliche Übereinstimmung fehlt, ist anzunehmen, dass die Probanden über keinerlei gemeinsame Erfahrung verfügen. Existiert hingegen ein Set von Begriffen, das von den Befragten übereinstimmend zur Marke assoziiert wird, wobei eine weitere Anzahl von Begriffen nur von wenigen Personen (möglicher-weise ExpertInnen) genannt wird, handelt es sich um eine idealtypische Domäne (Schnegg, 1998). Die Grafik in Abb. 2.6 veranschaulicht den typischen Kurvenver-lauf einer empirischen Untersuchung. Neben einem Bereich, in dem die Begriffe von allen Informanten eindeutig der Domäne zugerechnet werden und einem unscharfen Mittelbereich, ist ein langer „Schweif“ von individuellen Nennungen vorhanden. Die Abgrenzung der semantischen Domäne obliegt dem Ermessen der Forschenden. Es ist ihnen dabei freigestellt, das gesamte Begriffsportfolio zu berücksichtigen oder anhand der kulturellen Salienz der Begriffe, die sich in der Häufigkeit der Nennungen und der Position im Listing dokumentiert, ein Wissensgebiet zu begrenzen (Sinha, 2003, S. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine weitere Methode Assoziationen zu erheben, ist neben den qualitativen Einzelinterviews beim Freelisting die Fokusgruppe. Hierbei handelt es sich um eine moderierte und fokussierte Diskussion einer Personengruppe, die der Absicht der Informationssammlung dient. Im Mittelpunkt der Durchführung einer Fokusgruppen-Diskussion steht das Interesse an inhaltlichen Ergebnissen und nicht an ihrer Entstehung im Zuge des Gruppenprozesses (Pelz, Schmitt & Meis 2004, S. 3)

Durch die Vorgabe eines Stimulus wird das Gespräch der Gruppe auf ein bestimmtes Thema oder einen Problembereich gelenkt (Kepper, 1999, S. 169). Die Versuchspersonen werden hierdurch angeregt, Informationen auszutauschen bzw. sich mit den Wahrnehmungen anderer Probanden auseinanderzusetzen. Durch diese Gruppensynergien geben sie im Verlauf der Diskussion einen Überblick über die Variationsbreite und Struktur von Meinungen und Einstellungen zu dem vorgegebenen Thema (Friesen, 2006, S. 104). Die Auswertungen der während der Diskussion genannten Begriffe kann, wie beim Freelisting, über die Darstellung einer Häufigkeitsverteilung erfolgen (s. Abb. 2.6). Die Mehrfachnennung von Begriffen ist kennzeichnend für sozial geteiltes Wissen. Hierbei stellt sich die Frage, ob die erhobenen Begriffslisten als gestalterische Leitlinien für die Markenführung ausreichen.

2.3 Semantische Netze, Cognitive Mapping, Triadentest

Semantische Netze

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.7: Semantisches Netzwerk der Marke Milka, (in Anlehnung an Esch & Wicke, 2001, S. 48)

In der Marktforschung gibt es den Ansatz, gedankliche Vorstellungen von Konsumenten mit assoziativen Netzen darzustellen (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003, S. 231). Hierbei wird das sozial geteilte Wissen der Kon-sumenten in einzelne Einheiten (Begriffe, s. Kap. 2.2) zerlegt und anschließend durch Verknüp-fungen in Beziehung gesetzt (Esch & Möll, 2005, S. 64). Neben der Darstellung der vorhandenen Wissensstrukturen lassen sich mit Hilfe von semantischen Netzwerken ihr Zustandekommen und ihre Veränderungen verdeutlichen (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003, S. 232).

Semantische Netze oder Graphen im Allgemeinen bestehen aus Knoten und Kanten. Während die Knoten des Netzwerkes durch die Begriffe der Marke gebildet sind, können die Kanten Verbindungen bzw. assoziative Beziehungen darstellen. Im Mittelpunkt des Netzes liegt der Kern, von dem sich ausgehend das semantische Netz entfaltet (Schönpflug & Schönpflug, 1995, S. 168). Wird zum Beispiel die Vorstellung einer Coca-Cola aktiviert, breitet sich die Aktivierung von diesem Knoten zu weiteren damit verbundenen Vorstellungen, wie „erfrischend“, „Durstlöscher“ und „rot“ aus (Gajic, 2006, S. 7). Die Verbindungen bestimmen die Verwendung des abgebildeten Wissens während der Informationsverarbeitung (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003, S. 231). Die Stärke der Verbindungen wird meist über die Häufigkeit des gemeinsamen Auftretens der Knoten oder ein anderes Zusammenhangs- bzw. Ähnlichkeitsmaß definiert (Esch & Möll, 2005a, S. 64) und reflektiert die semantische Verwandtschaft zwischen den zwei Knoten (Fazio, 1996, zit. n. Meli, 2006, S. 52).

Semantische Netze zeigen die Menge und Stärke von Verbindungen an. Die räumliche Anordnung der Begriffe bleibt dabei meist willkürlich. Daher wurden in der Folgezeit alternative Visualisierungen, wie das Cognitive Mapping (Müller, Jonas, Boos, 2002, S. 64-89) entwickelt.

Cognitive Mapping

Vorrangiges Ziel einer praxisorientierten Markenanwendung ist die plausible und einfache Darstellung von markenspezifischem Wissen (Adjouri, 2002, S. 146). Das Cognitive Mapping ist ein Verfahren, um den Bedeutungsraum einer Marke räumlich abzubilden (Müller, Jonas, Boos, 2002, S. 75). Es dient der Markenkommunikation als Erfolgskontrolle, wie auch als strategische Entscheidungshilfe (Müller, Jonas & Boos, 2002, S. 84). Neben dem Inhalt des Markenwissens (vgl. Kap. 2.2) soll mit Hilfe des Begriffsnetzwerks die Struktur der Inhalte abgebildet werden (Müller, Jonas, Boos, 2002, S. 71). Zur Darstellung der Inhaltsstruktur wird die Bedeutung der einzelnen Begriffe aus der Relation zwischen mehreren Begriffen abgebildet (Müller, 2002, S. 40). Während einander ähnliche Begriffe nah beieinander positioniert sind, weisen unähnliche Begriffe eine größere Distanz zueinander auf. Die Methodik berücksichtigt somit, dass die einzelnen Bedeutungselemente einer Marke nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern über Assoziationsbeziehungen systematisch verknüpft sind, so dass der Begriffsraum der Marke als kompaktes Gebilde dargestellt werden kann (Müller, Jonas, Boos, o.J., S. 1). Ein weiterer Vorteil ergibt sich aus der relativen Anordnung des Modells, welche es erlaubt, analog zur Wissensrepräsentation im Gedächtnis, Begriffsgruppen oder isoliert stehende Begriffe zu identifizieren (Adjouri, 2002, S. 147). Ein wichtiges Kriterium zur Erstellung eines Marken-Maps ist die Modellfreiheit der Erhebungsverfahren (s. Kap. 2.2) zur Generierung der Begriffe. In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch die Frage, ob assoziative Verfahren, wie das Freelisting oder die Fokusgruppe zur An-leitung der Marken-führung ausreichend sind oder ob die Relationen der Begriffe aufgrund von markenbezogenen Konnotationen (Kontextabhängigkeiten) über eine Ähnlichkeitsmessung, wie dem Triadentest ermittelt und in einem Map, wie in Abb. 2.8 dargestellt, werden müssen.

Triadentest

Der Triadentest gilt neben der freien Sortierung (Pilesort, Cardsorting und ähnlichem) als zweckmäßigste Methode, um auf direktem Wege zwischen einem Set von Objekten oder Begriffen Ähnlichkeiten zu ermitteln (Schnegg, 1998a sowie Müller, Boos & Jonas, 2002, S. 76). Die aus qualitativen Forschungsmethoden (s. Kap. 2.2) gewonnenen Erkenntnisse über das kulturelle Wissen zur semantischen Domäne (z.B. einer Marke) bilden die Grundlage für den Ähnlichkeitsvergleich. Mit Hilfe des Verfahrens können demnach Begriffslisten zu Cognitive Maps präzisiert werden. Zur Erfassung der Struktur innerhalb eines sozial geteilten Wissensgebiets legt man den Versuchspersonen die meist genannten Begriffe einer Domäne in einer Liste von Triaden – eine Serie von jeweils drei Begriffen pro Zeile (s. Abb. 2.9) - vor. Die Versuchspersonen werden daraufhin gebeten, die drei Begriffe in einer Zeile zu vergleichen und denjenigen Begriff zu streichen, der von seiner Bedeutung den übrigen Objekten am unähnlichsten ist.

Das folgende Beispiel nach Weller & Romney (1988) verdeutlicht die Logik des Tests:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hinsichtlich seiner Eigenschaft als Messinstrument der semantischen Struktur von Domänen liefert der Triadentest Ergebnisse, die zwischen den Befragten vergleichbar sind (Müller, Jonas, Boos, 2002, S. 76). Neben dem methodischen Gütekriterium der Objektivität, sind die Daten leicht in mündlicher oder schriftlicher Form zu erheben, was das Gütekriterium der Ökonomie erfüllt.

Nachteilig aus ökonomischer Sichtweise hingegen ist bei vollständiger Kombination aller Begriffe die lange Durchführungszeit (sie beträgt:[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Triaden), die von den Probanden schnell als langweilig und ermüdend empfunden wird. In diesem Fall ist der Triadentest nur mit kleinen Begriffsmengen durchführbar (Müller, Jonas, Boos, 2002, S. 76). Um dennoch den Triadentest bei einer größeren Anzahl von Items durchführen zu können, wird das aus der Kombinatorik stammende Balanced Incomplete Block Design (BIBD) genutzt (Weller & Romney, 1988, S. 49-55). In einem BIB-Design kommt jedes Begriffspaar gleichhäufig in einem Design vor, so dass die Triadenzahl systematisch bei nahezu gleich bleibender Analysegenauigkeit reduziert werden kann (Brückner-Foit, o.J., S. 19-20). Bei der Entwicklung eines BIB-Designs sind zwei Aspekte zu beachten. Zum einen ist nicht für jede Anzahl von Begriffen ein unvollständiger Blockplan vorhanden, so dass das Design einer vorhandenen Lösungsmöglichkeit entsprechend angepasst werden muss. Die Anpassung an eine existierende Setgröße kann durch das Hinzufügen oder Streichen von Begriffen geschehen. Die zweite Problematik bezieht sich auf die Reliabilität (= Verlässlichkeit) der Ergebnisse, die mit abnehmender Vergleichshäufigkeit von Begriffspaaren sinkt (Weller & Romney, 1998, S. 53-54). Insgesamt gesehen ist der Triadentest aber die beste Möglichkeit, um aus einer qualitativ generierten Begriffsliste (s. Kap. 2.2) ein Cognitive Map wie in Abb. 2.8 zu gewinnen.

2.4 Kontextabhängigkeit von Begriffen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.10: Ergebnis der Exzellenzstudie, Strack & Boos (2006)

Ein Unternehmen profitiert nur dann von den Analyseergebnissen der Qualitativen Markenforschung, wenn es die unterschiedlichen Begriffsinhalte der Konsumenten interpretieren und auf die unternehmensinterne Begriffswelt übertragen kann (Butcher, 2005, S. 3). Der Abgleich der Begriffswelten wird insbesondere durch die lexikalische Mehrdeutigkeit der Attribute erschwert. Die Mehrdeutigkeit lässt sich in zwei Subtypen untergliedern, die Homonymie und die Polysemie (Sieber, 2005). Während Homonyme Lexeme sind, denen aufgrund der gleichen Schreibweise oder eines Gleichklangs mehrere Bedeutungen zukommen (umgangssprachlich auch Teekessel genannt), entsteht die Mehrdeutigkeit der Polyseme durch den unterschiedlichen Gebrauch eines sprachlichen Ausdrucks gleichen semantischen Ursprungs (Hannappel & Melenk, 1984, S. 114-122). So bezeichnet der Begriff „Horn“ nicht nur den Kopfschmuck eines Tieres, sondern ebenso ein Blasinstrument, eine Bergform oder eine Beule am Kopf (Mederle et. al, 2004). In diesem Fall braucht der Empfänger zur Erschließung der richtigen Bedeutungsvariante zusätzliche Kontextinformationen (Schwarze & Wunderlich, 1985, S. 36, 51). Ähnlich dem genannten Beispiel stellen Marken Kontextinformationen dar, durch die die Konsumenten die Markenattribute mit weiteren Konnotationen belegen, so dass die Bedeutung der Begriffe variiert (s. „Sportlichkeit“ in Abb. 2.5).

Bisher existiert nach Wissen des Verfassers keine Studie, die die Kontextabhängigkeit von Begriffen im Marketing systematisch analysiert und quantifiziert. Strack & Boos (2006) haben mit der Methodik des Cognitive Mappings Begriffs-bedeutungen des „universitären Marketings“ bei Mitarbeitern eines von der Schließung bedrohten Lehrbereichs der Universität Göttingen, Mitgliedern der zuständigen Universitätsverwaltung und außeruniversitären Marketern erhoben. Dabei wurden neben dem Referenzbegriff „Universität“, sechs „Plastikbegriffe“, die gemäß dem betroffenen Lehrstuhl mit einer negativen Konnotation behaftet sind und sechs „unstrittigere Werte“ in einem Triadentest zusammengestellt. Entgegen einer vorangestellten Hypothese waren die Begriffsbedeutungen der Marketer (Kontrollgruppe) denen der Mitarbeiter des betroffenen Lehrstuhls ähnlicher als denen der Universitätsverwaltung, so dass ein kontextspezifischer Konsens von 7,0% festgestellt werden konnte (s. Abb. 2.10). Die Abbildungen 2.11 und 2.12 verdeutlichen den Effekt von Kontextabhängigkeit auf die Begriffsbedeutungen. Während sich die semantische Dömane der Lehrstuhlmitarbeiter nach „Plastikbegriffen“ und „unstrittigeren Werten“ strukturell ordnet, verbinden die Universitätsangestellten „universitäre Erkenntnis“ nicht mit „Unabhängigkeit“ oder „Forschungsfreiheit“.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.12: Clusterbildung bei Mitarbeitern der Univer- sitätsverwaltung (Strack & Boos, 2006)

Diese Studie kann methodisch als Vorbild dienen, um Kontextabhängigkeiten aufzudecken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.11: Clusterbildung der betroffenen Lehr- stuhlmitarbeiter (Strack & Boos, 2006)

3. Methodik der Kontextabhängigkeits-Studie

Ausgehend von den theoretischen und methodischen Ausführungen in Kapitel 2 und der Frage, ob die Begriffsbedeutungen der zum Aufbau eines Markenimages verwendeten Attribute kontextabhängig sind, werden Produktattribute im Rahmen dieses Kapitels einer empirischen Untersuchung unterzogen.

3.1 Ziel der Studie

Die Kunst einer Markenselbstdarstellung unter zur Hilfenahme von Markenleitbilder ist in der Werbewirtschaft gängige Praxis (s. Kap. 2.1). Die von der Marktforschung identifizierten assoziativen Eigenschaften einer Marke (s. Kap. 2.2) dienen zumeist Werbe-TexternInnen[3] als Vorlage, um mit sprachlichen Mitteln das Sinnkonzept hinter der Marke zu kommunizieren. Über die attributive Funktion von Adjektiven (Bsp. Milka: „gut“, „zart“, „intakt“ und „stark“ in Kap. 2.1) wird versucht, das intendierte Markenleitbild in ein kulturelles Markenwissen (s. Abb. 2.1) zu transformieren. Nicht zuletzt aufgrund der expressiven und persuasiven Absichten der Werbung wird hierbei die Sprache von den Kreativen teilweise im Widerspruch zu konventionellen Sprachregeln benutzt (Lapasau, 2005, S. 75). Es werden ursprüngliche Wortbedeutungen verfärbt oder mit den Begriffen verbundene Assoziationen ersetzt bzw. ergänzt (Schütz, 2001, S. 25). So wirbt die Elektronikhandelskette Saturn seit dem Jahr 2003 mit dem Werbeslogan „Geiz ist geil“ und macht mit dieser Botschaft aus der Todsünde Geiz eine Tugend (Thurow & Brandl, 2006). Daran anknüpfend stellt sich die Frage, ob die kommunizierten Attribute von den Empfängern in der beabsichtigten Art der veränderten Bedeutung verstanden werden. Schließlich liegt die Grundlage einer erfolgreichen Kommunikation in der Nutzung des gleichen Vokabulars durch die Kommunikationspartner sowie der beiderseitigen Akzeptanz der Begriffsinterpretationen (Dostal et al., 2004, S. 45). Das Fehlen von kontextrelevanten Informationen, in diesem Fall Informationen über die Marke, führt zu Problemen bei der Sinnzuweisung bzw. zur Unbewertbarkeit eines Begriffs (s. Kap. 2.1). Beispielhaft sei das Adjektiv „spritzig“ angeführt, das im Zusammenhang mit einer Automarke in Verbindung mit dem Begriff Geschwindigkeit gebracht wird. In Bezug auf eine Weinmarke hingegen steht das Attribut für einen perlenden, leicht kohlensäurehaltigen Geschmack. Zuweilen hat sich „spritzig“ bei Weinen auch als ein Euphemismus für Unausgegorenheit entwickelt.

[...]


[1] Anm. d. Verf.: Da Markenimages im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen, wird auf eine ausführliche Darstellung von Markenaspekten verzichtet. Ein systematischer Überblick zu den Grundsätzen der Markenlehre finden sich in Esch (2005) und Meffert (2000).

[2] Eine ausführliche Darstellung des Identitätsansatzes nach Aaker (1996) findet sich im Esch (2005b, S. 95-97).

[3] Im Folgenden wird auch von „Kreativen“ gesprochen.

Ende der Leseprobe aus 82 Seiten

Details

Titel
Empirische Analyse der Kontextabhängigkeit von Begriffen zum Aufbau von Markenimages
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen  (Sozial- & Kommunikationspsychologie)
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
82
Katalognummer
V80961
ISBN (eBook)
9783638892797
Dateigröße
3554 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Empirische, Analyse, Kontextabhängigkeit, Begriffen, Aufbau, Markenimages
Arbeit zitieren
Diplom-Kaufmann Sebastian Fischer (Autor:in), 2007, Empirische Analyse der Kontextabhängigkeit von Begriffen zum Aufbau von Markenimages, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80961

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