Werbung in Deutschland und ausgewählten arabischen Ländern. Ein Vergleich


Diplomarbeit, 2007

182 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Grundlagen
2.1 Vorstellung ausgewählter Länder
2.1.1 Deutschland
2.1.2 Saudi-Arabien
2.1.3 Der Libanon
2.2 Werbung
2.2.1 Definition
2.2.2 Informative vs. emotionale Werbung
2.2.3 Gestaltungstechniken

3 Kultur
3.1 Definition
3.2 Kulturelle Dimensionen nach Hofstede
3.2.1 Machtdistanz
3.2.2 Individualismus vs. Kollektivismus
3.2.3 Maskulinität vs. Feminität
3.2.4 Unsicherheitsvermeidung
3.2.5 Langzeitorientierung
3.3 Kulturelle Dimensionen nach Hall
3.3.1 High Context vs. Low Context
3.3.2 Polychronismus vs. Monochronismus
3.3.3 Space
3.4 Kulturelle Dimensionen nach Trompenaars
3.4.1 Neutralismus vs. Emotionalismus
3.4.2 Einstellung zur Umwelt

4 Interkulturelle Werbung
4.1 Standardisierung vs. Differenzierung bei internationalen Marken
4.2 Kulturelle Einflüsse auf die Werbebotschaft
4.2.1 Religion und Werte
4.2.2 Rollenverteilung zwischen Mann und Frau
4.2.3 Schrift und Sprache
4.2.4 Nonverbales und paraverbales Verhalten
4.2.5 Farben und Symbole
4.2.6 Humor

5 Vergleich der Werbung Deutschlands, des Libanon und Saudi-Arabiens
5.1 Werbewirtschaft und Medienlandschaft
5.2 Werbebeschränkungen
5.3 Werbevergleich bezogen auf ausgewählte Produktbereiche Der Vergleich der Werbung soll in diesem Abschnitt auf einzelne Produktbereiche bezogen werden, da Unterschiede auf diese Weise leichter herausgearbeitet werden können. Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt auf den arabischen Ländern, denn die deutsche Werbung dürfte dem Leser weitgehend bekannt sein
5.3.1 Kosmetikwerbung
5.3.2 Getränkewerbung
5.3.3 Lebensmittelwerbung
5.3.4 Handy- und Automobilwerbung
5.3.5 Werbung für sonstige Verbrauchsgüter
5.3.6 Werbung für Finanzdienstleistungen

6 Untersuchung zur werblichen Darstellung
6.1 Gegenstand der Untersuchung
6.2 Auswertung der Ergebnisse

7 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Persönliche und E-Mail Kontakte

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Machtdistanzwerte für Deutschland, Arabien und den Weltdurchschnitt

Abb. 2: Individualismusgrad Deutschlands, Arabiens und des Weltdurchschnitts

Abb. 3: Maskulinität Deutschlands, Arabiens und des Weltdurchschnitts

Abb. 4: Grad der Unsicherheitsvermeidung für Arabien, Deutschland und den
Weltdurchschnitt

Abb. 5: Langzeitorientierung in Deutschland und im Weltdurchschnitt

Abb. 6: Standardisierung der Kernbotschaft

Abb. 7: Werte in Deutschland in Prozent

Abb. 8: Engelssymbolik in Verbindung mit Teufelssymbolik

Abb. 9: Burger King Plakat in Arabien

Abb. 10: Sexistische Darstellung der Frau in der deutschen Werbung

Abb. 11: Darstellung der Frau als Produkt in der Werbung

Abb. 12: Frauen in kosmetischen Zwangsjacken

Abb. 13: Die Darstellung der Eigenschaften der Frau

Abb. 14: Die Frau in untypischen Rollen

Abb. 15: Freizügige Darstellung des Mannes in der Werbung

Abb. 16: Der neue Mann in der Werbung

Abb. 17: Männliche und weibliche Elemente in der Zigarettenwerbung

Abb. 18: Kleidung der saudischen und der libanesischen Frau im Vergleich

Abb. 19: Freizügige libanesische Werbung

Abb. 20: Produktbezug der Frau in der arabischen Werbung

Abb. 21: Die Frau in der saudischen Werbung

Abb. 22: Unterschiedliche Leserichtung in der deutschen und arabischen
Werbung

Abb. 23: Gespiegeltes Coca-Cola Logo

Abb. 24: Werbung für Johnnie Walker in Beirut

Abb. 25: Werbung für Viagra in Saudi-Arabien

Abb. 26: Medienzensur in Saudi-Arabien

Abb. 27: Restriktionen bei der werblichen Darstellung von Männern

Abb. 28: Lancôme Werbung in Deutschland und Arabien

Abb. 29: Initiative für wahre Schönheit in Arabien und Deutschland

Abb. 30: Werbung für Dove in Deutschland und Arabien

Abb. 31: Werbung für Absolut Vodka im Libanon

Abb. 32: Bierwerbung im Libanon

Abb. 33: Weinwerbung im Libanon und in Deutschland

Abb. 34: Wasserwerbung in Deutschland und den Golfländern

Abb. 35: Joghurtwerbung in Arabien und Deutschland

Abb. 36: Werbung für Rocher Pralinen in Arabien und Deutschland

Abb. 37: Werbung für Twix in Arabien

Abb. 38: Handywerbung in Saudi-Arabien und Deutschland

Abb. 39: Werbung für Suzuki, Honda und KIA in Arabien

Abb. 40: Werbung für Opel und Renault in Deutschland

Abb. 41: Werbung für Audi in Deutschland und Arabien

Abb. 42: Werbung für eine arabische Waschmittelmarke

Abb. 43: Werbung für Panadol in Arabien

Abb. 44: Werbung für die Sparkassen Altersvorsorge

Abb. 45: Werbung für eine Altersvorsorge im Libanon

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Gegenüberstellung von High und Low Involvement

Tab. 2: Kulturbereiche

Tab. 3: Werbedaten im Vergleich

Tab. 4: Verhältnis von Text und Bild in deutschen und arabischen Printanzeigen

Tab. 5: Preisnennung in deutschen und arabischen Printanzeigen

Tab. 6: Abbildung von Personen in deutschen und arabischen Printanzeigen

Tab. 7: Abbildung von Frau, Mann und Kind in deutschen und arabischen Printanzeigen

Tab. 8: Darstellung der Frau in deutschen und arabischen Printanzeigen

Tab. 9: Das Alter von Frau und Mann in deutschen und arabischen Printanzeigen

Tab. 10: Beliebtheit von Farben in der deutschen und arabischen Printwerbung

Tab. 11: Hocharabisch und Dialektelemente in arabischen Printanzeigen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die arabischen Staaten fallen momentan vor allem durch politische und religiöse Konflikte auf. Hierbei wird jedoch oft vergessen, dass Arabien aufgrund seiner frühen kulturellen Entwicklung in der Menschheitsgeschichte eine große Rolle spielt. Auch heute hat Arabien eine bedeutende Stellung in der Weltwirtschaft, nicht zuletzt aufgrund der reichen Ölvorkommen.

Eine enorme Kaufkraft haben die 250 Millionen Einwohner Arabiens, die nicht nur durch eine gemeinsame Sprache, sondern auch durch eine gemeinsame Kultur und Geschichte verbunden sind. Im Vergleich zu Deutschland stagnieren auch dort viele Produktmärkte, weshalb die Werbewirtschaft seit langem versucht, die potentiellen Verbraucher für die jeweiligen Produkte zu begeistern.

Betrachtet man die Lebensweise, die Religion und die Gesellschaft in Deutschland und Arabien, so fällt schnell auf, dass es viele Unterschiede gibt. Da Werbung oft als Spiegel der Gesellschaft bezeichnet wird, denn der Kunde wird ein Produkt nur kaufen, wenn er sich mit der werblichen Darstellung identifizieren kann, ist zu vermuten, dass auch die Werbung in den unterschiedlichen Kulturkreisen differiert. Diese Aussage trifft vor allem auf nationale Produkte und deren werbliche Darstellung zu, jedoch versuchen auch internationale (deutsche) Unternehmen zunehmend, ihre Produkte auf dem arabischen Absatzmarkt zu verkaufen. Motiviert wird dies durch das Ziel der Gewinnmaximierung und durch den starken Wettbewerb, der es notwendig macht, neue Märkte zu erschließen. Mit dieser Expansion verbunden sind weitreichende Schwierigkeiten, denn das Unternehmen muss sich der Frage stellen, ob die Werbung, aufgrund kultureller Unterschiede, differenziert werden muss.

Seitdem Studien und Aufsätze zu interkulturellen Themenstellungen und insbesondere zu interkultureller Werbung veröffentlicht werden, ist der arabische Kulturkreis vernachlässigt worden. Dieser Tatsache Rechnung tragend hat die vorliegende Arbeit zum Ziel, deutsche und arabische Werbung zu vergleichen, um so Unterschiede herauszuarbeiten. Da sich auch die arabischen Länder, bezüglich bestimmter Parameter untereinander unterscheiden, bezieht sich die Analyse nur auf den Libanon und Saudi-Arabien. Diese Länder bieten sich als Bezugpunkte an, denn sie repräsentieren im Hinblick auf kulturelle und gesellschaftliche Charakteristika zwei entgegengesetzte Pole, in deren Mitte sich die übrigen arabischen Länder gruppieren.

1.2 Aufbau der Arbeit

Ausgehend von der vorgenommenen Eingrenzung der Problemstellung, beschäftigt sich Kapitel 2 mit den Grundlagen, die die Basis für das Verständnis der folgenden Kapitel bilden. Einerseits werden grundsätzliche Daten und Fakten zu den ausgewählten Ländern genannt, zum anderen wird der Begriff der Werbung sowie deren Wirkungsweise erläutert.

Um im Hauptteil der Arbeit einen Bezugspunkt zu haben, bedarf es bestimmter Kriterien, mit deren Hilfe Kulturen unterschieden werden können. Die Kultur-Dimensionen von Hofstede, Hall und Trompenaars werden zu diesem Zweck in Kapitel 3 zunächst erläutert, um im Anschluss konkrete Beispiele für die unterschiedliche Ausprägung in den ausgewählten Ländern zu nennen.

Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Frage, ob internationale Marken standardisiert oder differenziert beworben werden sollten, denn die vorliegende Arbeit untersucht sowohl Werbung für nationale als auch für internationale Produkte. Daraufhin werden die kulturellen Einflüsse auf die Werbebotschaft

diskutiert, wobei der Schwerpunkt der Ausführungen auf der Religion und dem Rollenverständnis von Mann und Frau liegt, denn hier sind die größten Unterschiede zu erwarten. Darüber hinaus werden die theoretischen Erkenntnisse mit Beispielen aus der Print- und Fernsehwerbung belegt.

Der Hauptteil der Ausarbeitung, Kapitel 5, vergleicht die Werbung anhand von Produktbereichen, da Unterschiede auf diese Weise leichter herausgearbeitet werden können. Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt auf den arabischen Ländern, denn die deutsche Werbung dürfte dem Leser weitgehend bekannt sein.

Um ausgewählte Aspekte besonders eingehend zu untersuchen, erfolgt in Kapitel 6 eine empirische Untersuchung von insgesamt 200 deutschen und arabischen Anzeigen, die mittels ausgewählter Kriterien quantifiziert werden. Um die Untersuchung zu erleichtern, werden zunächst Hypothesen aufgestellt, die im Anschluss bestätigt oder widerlegt werden.

Abschließend werden in Kapitel 7 die Erkenntnisse zusammengefasst.

2 Grundlagen

Dieses Kapitel befasst sich mit den Grundlagen der Werbung und der Kultur, die die Basis für das Verständnis der folgenden Kapitel darstellen.

2.1 Vorstellung ausgewählter Länder

Um die Kultur der ausgewählten Länder zu vergleichen sowie einen Vergleich der Werbung (Kapitel 5) vornehmen zu können, bedarf es zunächst eines groben Einblicks in die Struktur, Politik und Gesellschaft der ausgewählten Länder. Da die meisten Fakten über Deutschland dem Leser bekannt sein dürften, reduzieren sich die Ausführungen auf einige Charakteristika und Basisdaten, die in Kontrast zu den anderen Ländern stehen und somit hervorzuheben sind. Die arabischen Länder Libanon und Saudi-Arabien bedürfen aufgrund ihrer Andersartigkeit einer genauen und ausführlichen Betrachtung, welche sowohl Herrschaftssystem als auch Religion und Gesellschaftsstruktur einschließt.

2.1.1 Deutschland

Die Bundesrepublik Deutschland weist eine Einwohnerzahl von 82,4 Mio. Menschen auf. Bezogen auf die Fläche des Landes, leben durchschnittlich 231 Menschen auf einem Quadratkilometer. 2005 lebten insgesamt 15,3 Mio. Ausländer und Deutsche mit Migrationshintergrund in Deutschland. Diese Gruppe stellt somit fast ein Fünftel (19 %) der Gesamtbevölkerung dar.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf lag in Deutschland im Jahr 2005 bei 35.075 US$ und somit im weltweiten Vergleich (192 Länder) auf Platz 18 (vgl. o.V. [a], 2006, o.S.).

Im Jahresdurchschnitt 2005 waren rund 36,5 Mio. Personen erwerbstätig (80,4 % der männlichen und 66,8 % der weiblichen Bevölkerung). Davon entfallen auf den Dienstleistungssektor 44,6 %, auf das produzierende Gewerbe 29,7 % und auf die Landwirtschaft 2,3 % (vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland [a], o.J., o.S.).

Von den 39,2 Mio. Privathaushalten sind 14,6 Mio. Einpersonenhaushalte, Tendenz steigend. Hiervon lässt sich das demografische Problem Deutschlands ableiten. Seit dem 19. Jahrhundert ist zu beobachten, dass in allen entwickelten Industrieländern die durchschnittliche Kinderzahl pro Familie abnimmt. In Deutschland werden seit 30 Jahren weniger Kinder geboren als zur Erhaltung einer gleich bleibenden Bevölkerungszahl notwendig wären. Dies lässt sich auf zwei Gründe zurückführen. Erstens steigt die Lebenserwartung mit jeder Generation deutlich an und zweitens sinkt der Wunsch nach Kindern. Dies äußert sich durch die Geburtenrate von 1,39 Kindern pro Frau (vgl. Bundesministerium des Inneren, o.J., o.S.). Das Durchschnittsalter der Deutschen liegt heute bei 42 Jahren (vgl. o.V. [f], 2005, o.S.). In diesem Zusammenhang muss auch die Anzahl der Generationen, die in einem Haushalt zusammenlebt, beachtet werden. 2005 waren 24 % der 39,2 Mio. Haushalte in Deutschland Eingenerationenhaushalte (Ehepaare ohne Kinder). In 31 % der Haushalte leben zwei Generationen (Eltern und Kinder oder Enkel), lediglich in 1 % der Haushalte leben drei oder mehr Generationen (Eltern und ihre Kinder, deren Großeltern sowie gegebenenfalls Urgroßeltern) zusammen. Darüber hinaus steigt die Anzahl der Haushalte, in denen Personen über 65 Jahre leben, an: 2005 waren dies 8,8 Mio. (22 %) (vgl. Statistisches Bundesamt [b], 2005, o.S.).

Zu den Charakteristika eines Landes gehört über die genannten Faktoren hinaus die Religionszugehörigkeit. Diese verteilt sich in Deutschland auf 49 % Protestanten, 45 % Katholiken, 28 % Konfessionslose und 6 % sonstige Religionen (vgl. o.V. [b], o.J., o.S.).

2.1.2 Saudi-Arabien

Die Bevölkerung Saudi-Arabiens besteht aus über 27 Mio. Einwohnern, wobei davon fast 5,6 Mio. Menschen legal im Land lebende Ausländer sind. Das Land besteht aus 13 Provinzen und weist eine Einwohnerzahl von durchschnittlich 12 Personen pro Quadratkilometer auf. Das BIP pro Kopf beträgt 11.085 US$, was im Vergleich zu anderen arabischen Staaten sehr hoch ist (Platz 44 im weltweiten Vergleich) (vgl. o.V. [a], 2006, o.S.).

Im demografischen Vergleich zu Deutschland ist die hohe Geburtenrate der Frauen hervorzuheben, denn sie beträgt vier Kinder. Dies hat zur Folge, dass das Durchschnittsalter der saudischen Bevölkerung bei 21,4 Jahren liegt, denn fast zwei Drittel sind unter 25 Jahre alt (vgl. o.V. [g], 2006, o.S.).

Die vorherrschende Religion ist der Islam mit 98 %, mindestens 85 % hiervon sind Sunniten, 5-10 % sind Schiiten. Darüber hinaus leben ca. 2 % Christen und Juden im Land, wobei das Praktizieren anderer Religionen außer dem Islam in Saudi-Arabien verboten ist (z.B. Kirchenbau). Aber auch die Rechte der Schiiten sind stark beschnitten, denn sie dürfen viele Bräuche und Feste nicht ausüben (vgl. o.V. [g], 2006, o.S.).

Saudi-Arabien ist eine islamische, absolute Monarchie, welche durch die Nicht-Trennung von Religion und Staat charakterisiert wird. Die Macht verteilt sich auf die Herrscherfamilie: der König ist gleichzeitig Premierminister. Der Rest der königlichen Familie hat wichtige Regierungsämter inne. Die 13 Provinzen werden von Prinzen oder engen Verwandten der königlichen Familie regiert. Alle Provinzgouverneure werden vom König ernannt. Die Verfassung des Landes, ein 83 Punkte umfassendes Dokument, das auf der Scharia[1] basiert, besteht in schriftlicher Form seit 1993. Dem König untersteht seit 1953 ein Ministerrat, der aus 150 Mitgliedern besteht, welche vier Jahre lang diese Position bekleiden. Die Hälfte der Minister wird vom König ernannt, die andere Hälfte wird von der männlichen Bevölkerung gewählt. Allerdings muss die Einwirkungsmöglichkeit dieses Rates auf die saudische Politik relativiert werden, denn er berät nur den König.

Die Umsetzung der Verfassung wird durch exzessive staatliche Kontrolle überwacht. Die Religionspolizei kontrolliert auf den Straßen und auf privaten Veranstaltungen wie z.B. Hochzeiten die Einhaltung der Vorschriften. Dabei kann neben Auspeitschungen und Arrestierung auch die Todesstrafe verhängt werden. Diese kann in Saudi-Arabien für folgende Vergehen ausgesprochen werden: Mord, Vergewaltigung von fremden Frauen oder der eigenen Ehefrau, sexueller Missbrauch von Frauen oder Kindern, Homosexualität, Drogenhandel und Raubüberfall. Im Normalfall werden Todesurteile in Saudi-Arabien mit dem Schwert vollstreckt (Enthauptung). Die Hinrichtung von Männern ist meist öffentlich, die von Frauen in der Regel nicht. Die Steinigung wurde seit 1983 nicht mehr angewandt. Seit Anfang 1980 wurden insgesamt 1527 Menschen in Saudi-Arabien hingerichtet, darunter befanden sich 40 Frauen (vgl. o.V. [g], 2006, o.S.).

Nach der Entdeckung des Öls[2] in den vierziger Jahren wurde zwar auf das Bestreben des Königs das Land materiell modernisiert, jedoch sollten die islamische Prägung, Kultur und soziale Ordnung unbedingt bewahrt werden (vgl. Steinberg, 2004, S. 117). Dies erklärt die Fortschrittlichkeit auf der einen Seite und die für Westeuropa befremdliche Strenge des sozialen Lebens auf der anderen Seite.

Bildung und soziale Versorgung und Absicherung sind zwei zentrale Punkte der Fortschrittlichkeit:

Der Alphabetisierungsgrad der saudischen Bevölkerung liegt bei 78,16 % und ist somit ungefähr auf Weltdurchschnittsniveau. Dabei sind 70,8 % der saudi-arabischen Frauen des Lesens und Schreibens mächtig, die Männer haben einen Alphabetisierungsgrad von 84,7 %. Die neunjährige Schulpflicht besteht sowohl für Jungen als auch für Mädchen. Von der Grundschule bis zum Hochschulabschluss übernimmt der Staat die Kosten für die Ausbildung.

Es existieren acht Universitäten und 65 Colleges, wobei aufgrund der strikten Geschlechtertrennung im öffentlichen Leben 17 Colleges den Frauen vorbehalten sind. Neben den islamischen Wissenschaften liegt ein weiterer Schwerpunkt im Bereich der technischen Wissenschaften. Im Bereich Erdöl und dessen Verarbeitung verfügt das Königreich über renommierte Bildungseinrichtungen (vgl. o.V. [g], 2006, o.S). Es ist zu erwähnen, dass Frauen von einigen Studiengängen ausgeschlossen sind (vgl. Barth/Schliephake, 1998, S. 137). Die Unterrichtssprache an den Universitäten des Landes ist in der Regel Englisch. Etwas über die Hälfte der Universitätsabsolventen sind weiblich, interne Studien haben ergeben, dass die weiblichen Absolventen besser abschneiden als die männlichen (vgl. o.V. [g], 2006, o.S). Allerdings kann nach groben Schätzungen davon ausgegangen werden, dass gerade einmal 5 % der erwerbsfähigen saudischen Frauen erwerbstätig sind (vgl. Steinberg, 2004, S. 138). Wenn sie arbeiten, dann meistens im Bildungs- oder Gesundheitssektor (fast 60 % aller saudischen Professoren sind weiblich) (vgl. o.V. [g], 2006 o.S.).

Den Reichtum, den der Staat durch das Öl erlangt, gibt er an die saudische Bevölkerung weiter, denn die meisten Mittel werden für die Versorgung der Bevölkerung und die Infrastruktur aufgewendet. Wohnung, Wasser, Strom, Inlandstelefon und Internet sind für jeden Saudi kostenlos. Früher war es so, dass die hoch bezahlten Arbeitsplätze vom Staat vergeben wurden. Mittlerweile

versucht man die zahlreichen Gastarbeiter (hauptsächlich aus Indien, Ägypten und Pakistan) zu verdrängen, indem man ihre Positionen mit der einheimischen Bevölkerung besetzt, denn bislang werden nur 44 % der zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze mit Saudis besetzt (vgl. o.V. [g], 2006, o.S.). Im Privatbereich liegt der Anteil der ausländischen Arbeitnehmer sogar bei 90 %, von denen die meisten keine Rechte haben und für sehr wenig Lohn viel arbeiten, weshalb Amnesty International diese Art der Grundrechtebeschneidung schon mehrfach kritisiert hat (vgl. Schöni, o.J., o.S.).

Der Grund für den ebengenannten Versuch, die Arbeitswelt zu „saudisieren“, liegt in dem Bevölkerungswachstum begründet, durch das es nicht mehr möglich ist, alle Universitäts- oder Schulabgänger in den staatlichen Dienst zu integrieren, so dass die Armut vor allem in den unteren Schichten zugenommen hat (vgl. Steinberg, 2004, S. 122). Das Vorhaben scheitert oft daran, dass die Arbeit als Taxifahrer, Einzelhandelskaufmann, Kfz-Fachkraft, Maschinenbauer, Montagearbeiter oder als Angestellter im Büro von den Einheimischen als niedrig angesehen wird und somit von einer Arbeitslosigkeit von 30 % auszugehen ist (vgl. o.V. [g], 2006, o.S.).

2.1.3 Der Libanon

Der Libanon ist das kleinste und das am westlich geprägteste Land im arabischen Raum und steht somit in starkem Kontrast zu dem traditionell ausgerichteten Saudi-Arabien. Der Libanon hat ca. 4,5 Mio. Einwohner (Stand 2005) (Bundesagentur für Außenwirtschaft, 2005, o.S.), die sich auf fünf Provinzen verteilen (vgl. o.V. [i], 2006, o.S). Die durchschnittliche Einwohnerzahl pro Quadratkilometer liegt somit bei 430 (vgl. o.V. [j], 2005, o.S). Interessant ist, dass ca. 15 Mio. Libanesen im Ausland leben (5 Mio. davon in Brasilien). Das BIP pro Kopf beträgt 5.434 US$ und ist im weltweiten

Vergleich von 193 Ländern auf Platz 63, vor Russland und der Türkei (vgl. o.V. [a], 2005., o.S.). Unter den Einwohnern befinden sich auch 350.000 Palästinenser, denen aufgrund ihrer nicht-libanesischen Staatsangehörigkeit Bildung und soziale Absicherung sowie ca. 60 Berufe verschlossen bleiben. Darüber hinaus gibt es viele Gastarbeiter aus Syrien (ca. 1 Million), Ägypten und Sri Lanka/Philippinen (jeweils ca. 50.000) (vgl. o.V. [k], o.J., o.S).

Die Geburtenrate liegt mit 1,8 Kindern pro Frau für ein arabisches Land niedrig (vgl. o.V. [i], 2006, o.S). Das Durchschnittsalter liegt aus diesem Grund mit 26,7 Jahren ebenfalls höher als in Saudi-Arabien (vgl. Renner, o.J., o.S.).

Der Libanon zeichnet sich durch seine Religionsvielfalt auf, welche jedoch auch die historischen sowie die aktuellen Spannungen in Politik und Gesellschaft begründet. Es existieren 17 anerkannte Religionsgemeinschaften, wovon hauptsächlich 40 % schiitische Muslime, 25 % sunnitische Muslime, 30 % Christen und ca. 5 % andere Religionen darstellen (vgl. o.V. [i], 2006, o.S.). Sicher ist, dass sich das Verhältnis von Muslimen zu Christen in den nächsten Jahren weiter verändern wird, denn Christen weisen eine niedrigere Geburtenrate auf (vgl. Schüle, 2006, S. 24).

Die religiöse Vielfalt schlägt sich auch in den politischen Strukturen nieder, welche heute noch dadurch gekennzeichnet sind, dass der Libanon von 1920 bis 1941 französisches Mandatsgebiet war. Zum Beispiel ist neben Arabisch auch Französisch als Verkehrs- und Elitesprache verbreitet.

Der Libanon ist seit 1926 eine Republik und die einzige parlamentarische Demokratie im arabischen Raum. Das Parlament besteht aus 128 Mitgliedern, welche je zur Hälfte Christen und Muslime sein müssen und auf vier Jahre gewählt werden.

Aufgrund des historischen und noch bestehenden Einflusses Frankreichs hat sich an der Verteilung der höchsten Staatsämter nichts geändert. Das

Staatsoberhaupt muss maronitischer Christ (Wahl alle 6 Jahre durch das Parlament) sein, der Regierungschef muss sunnitischer Muslim, der Parlamentspräsident muss Schiit sein, der Oberbefehlshaber der Armee muss Christ sein (vgl. o.V. [i], 2006, o.S.). Diese Ungleichverteilung im Verhältnis zu den Bevölkerungsgruppen führt immer wieder zu Streitigkeiten innerhalb der Gesellschaft und auch dazu, dass eine Abgrenzung der einzelnen Gruppen untereinander erfolgt. Die großen Konfessionen haben jeweils ihren eigenen Fernsehsender, Beiruts Fußballclubs wählen ihre Spieler nach Religionszugehörigkeit aus, ein gemeinsames Zivilrecht existiert nicht. Mischehen zwischen Moslems und Christen werden im angrenzenden Zypern geschlossen (vgl. Schüle, 2006, S. 24). Auch der Bürgerkrieg zwischen 1970 und 1990 führte zu einer Spaltung der Gesellschaft, die bis heute andauert.

Das Bildungsangebot im Libanon ist sehr gut. Es gibt zwar keine gesetzliche Schulpflicht, jedoch lag der Alphabetisierungsgrad 2003 bei geschätzten 87,4 %. Die Hälfte der Schulen ist in privater Hand (Schulgeld von 1.000 bis zu 8.000 US$ im Jahr). Es gibt mehr als 40 Universitäten, auch amerikanische und französische.

2.2 Werbung

Um die Werbung von anderen Marketing-Instrumenten zu unterscheiden, bedarf es zunächst einer genauen Definition des Begriffs sowie einer Eingrenzung des Anwendungsbereichs. Werbeziele sowie die Wirkungsweise von Werbung stehen ebenso im Zentrum dieses Kapitels wie die Gestaltungstechniken, durch die Werbung versucht, den potentiellen Kunden für sich zu gewinnen. Eine Erläuterung der genannten Techniken ist notwendig, um einen Bezugspunkt zu haben, anhand dessen Werbung verglichen werden kann.

2.2.1 Definition

Werbung ist Teil der Kommunikationspolitik eines Unternehmens, welche darüber hinaus noch Verkaufsförderung, Öffentlichkeitsarbeit sowie den persönlichen Verkauf beinhaltet und zum Ziel hat, Absatzwiderstände der Verbraucher zu überwinden, die durch ein Überangebot an Waren und Dienstleistungen auftreten (vgl. Wöhe, 2002, S. 559).

Hesse/Neu/Theuner (1997, S. 262) definiert Werbung wie folgt:

„Werbung ist eine der Erreichung von Marketingzielen (Umsatz, Marktanteil) dienende, absichtliche und zwangfreie Einwirkung auf Menschen mit Hilfe spezieller Kommunikationsmittel und Kommunikationsträger“.

Eine etwas genauere Definition findet sich in Bruhn (2003, S. 277):

„[Media] Werbung ist der Transport und die Verbreitung werblicher Information über die Belegung von Werbeträgern[3] mit Werbemitteln[4] im Umfeld öffentlicher Kommunikation gegen ein leistungsbezogenes Entgelt, um eine Realisierung unternehmensspezifischer Kommunikationsziele zu erreichen“.

In den zwei Definitionen finden sich Hinweise auf die Ziele, die Werbung anstrebt. Diesbezüglich bedarf es einer genauen Betrachtung, denn die Ziele sind vielfältiger Natur. Außerdem eignen sich aufgrund der fehlenden Zurechenbarkeit des Werbeeinflusses auf quantitative Größen wie Umsatz, Gewinn und Cash-Flow nur kommunikative Größen als Zielvorgaben (vgl. Bruns, 2003, S. 301).

Kotler/Bliemel (2001, S. 936) schlagen eine Unterteilung in die drei Oberziele „Information“, „Einstellungsänderung“ und „Erinnerung“ vor, die langfristig auf den Kauf des Produktes abzielen.

Zur Information gehört die Vorstellung eines neuen Produktes, wodurch Verbraucherängste abgebaut werden sollen. Dies empfiehlt sich vor allem in der Einführungsphase eines neuen Produktes oder einer neuen Produktkategorie.

Gleichzeitig ist es die Intention des werbenden Unternehmens, ein positives Image aufzubauen. Die Information kann sich ebenfalls auf eine Preisänderung oder auf neue Produktfunktionen beziehen.

Einstellungsändernde Werbung zielt darauf ab, eine Präferenz seitens der Verbraucher für eine Marke aufzubauen, so dass der Verbraucher geneigt ist, die Marke zu wechseln oder sich beim Erstkauf gleich gezielt für eine bestimmte Marke entscheidet. Der Aufbau eines unverwechselbaren Images ist hierzu notwendig, um gegenüber der Konkurrenz ein Alleinstehungsmerkmal aufzuweisen. Gute Beispiele hierfür sind die Marken BMW und Mercedes.

Erinnernde Werbung dient in der Reifephase dazu, das Produkt in den Köpfen der Verbraucher präsent zu halten. Bekannte Marken wie Coca-Cola oder Mercedes betreiben nicht aus Informations- oder Einstellungsänderungsgründen Werbung, sondern um das schon bestehende Image der Marke zu erhalten und zu stärken, auch um es gegenüber neuen Marken unantastbar zu machen.

Die Werbebotschaft, mit deren Hilfe die Werbeziele erreicht werden sollen, kann nur dann Erfolg haben, wenn sie die spezifischen Eigenschaften und Vorzüge eines Produktes hervorhebt, die für die Zielgruppe, an die sich die Botschaft wendet, relevant sind. Hierbei müssen die Bedürfnisse sowie das Kommunikationsverhalten der Zielgruppe beachtet werden (vgl. Bruns, 2003, S. 304). Gleichzeitig hängt die Wirksamkeit der Botschaft von dem Wissen, den Einstellungen und Meinungen der Zielgruppe ab. Die genauen Faktoren, die auf die Werbebotschaft wirken, werden in Kapitel 4.2 im interkulturellen Kontext ausführlich aufgeschlüsselt und erläutert.

2.2.2 Informative vs. emotionale Werbung

Wenn es um die Frage geht, wie man den Verbraucher am besten erreicht, so kann die Werbung in emotionale und informative Werbung unterteilt werden, wobei die Marktsituation und die Zielgruppe berücksichtigt werden müssen.

„Besteht der Inhalt der Werbebotschaft primär aus objektiv prüfbaren Aussagen oder Tatsachen, spricht man von informativer Werbung. Werden hingegen durch Werbung primär Gefühle (subjektiv wahrgenommene innere Erregungszustände) übermittelt oder Empfindungen der Konsumenten gezielt hervorgerufen, spricht man von emotionaler Werbung“ (vgl. Kloss, 2000, S. 91, zitiert in: Löffler, 2000, o.S.).

Konsumenten lassen sich bei der Entscheidung für ein Produkt nicht nur von rationalen Kaufmotiven bzw. dem Wirtschaftlichkeitsprinzip leiten. Bei der Kaufentscheidung spielen Gefühle, Erlebnisse und Träume eine herausragende Rolle (vgl. Trommsdorf, 1998, S. 68). Im spezifischen Einzelfall hängt die Frage, ob die Werbebotschaft emotional oder hauptsächlich informativ sein soll, vom Involvement des potentiellen Kunden ab. Typische High-Involvement-Käufe sind z.B. der Kauf von Autos, hochwertiger Unterhaltungselektronik (Business-to-Consumer) oder die Beschaffung von Produktionsanlagen (Business-to-Business). Allerdings muss an dieser Stelle angeführt werden, dass auch in Bereichen, in denen normalerweise ein Low-Involvement der Verbraucher vorherrscht, wie z.B. bei Kosmetik oder Fertigprodukten, es trotzdem eine Personengruppe gibt, die sich durch High Involvement auszeichnet. Hierbei handelt es sich um sogenannte Meinungsführer, die sich aus beruflichen oder persönlichen Gründen für einen Produktbereich besonders

interessieren und denen eine besondere Kompetenz in dem jeweiligen Bereich zugeschrieben wird (vgl. Kilian, o.J, o.S).

Im Folgenden sollen Eigenschaften und Motivationen eines Konsumenten mit High und mit Low Involvement gegenübergestellt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Gegenüberstellung von High und Low Involvement

(Quelle: vgl. o.V. [c], o.J, o.S)

Vorherrschendes Kommunikationsmittel bei High Involvement ist die Sprache bzw. der Text, bei Low Involvement Bild und Ton. Bei erstgenanntem ist die Botschaft ausführlich, bei letztgenanntem möglichst kurz, um eine Informationsüberlastung zu vermeiden.

Tatsächlich vollzieht sich der Wettbewerb heute hauptsächlich über gefühls- und erlebnisbetonte Werbung. Die Gründe, welche für die Zunahme emotionaler Werbung verantwortlich sind, sind vielseitig. Zum einen stagnieren die meisten Konsumgütermärkte, denn fast nahezu jeder Haushalt besitzt Fernseher, Auto und Handy, so dass hier nur noch Ersatzkäufe getätigt werden. Gleichzeitig weisen vergleichbare Produkte eine homogene Angebotsstruktur auf. Die Produkteigenschaften zweier Shampoos sind ebenso gleich wie die zweier Kaffeesorten. Darüber hinaus beträgt die Informationsüberlastung (außer Internet) in Deutschland über 98 % (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 566), was dazu führt, dass nur die Werbung wahrgenommen wird, die leicht zu verarbeiten (da leicht verständlich) ist.

2.2.3 Gestaltungstechniken

Die Werbung bedient sich vieler Techniken, die je nach Zielgruppe den potentiellen Kunden von dem umworbenen Produkt überzeugen sollen. Kotler/Bliemel (2001, S. 944f.) schlagen eine Unterteilung in neun Einzeltechniken vor, die im Folgenden näher erläutert werden sollen.

Slice-of-Life-Technik

Hier werden zufriedene Kunden in einer realitätsnahen Alltagssituation gezeigt, damit sich die Zuschauer bzw. Betrachter mit dem Produkt identifizieren können. Ein gutes Beispiel hierfür ist die am Mittagstisch sitzende Familie, die einen Eintopf aus der Dose genießt.

Lifestyle-Technik

Durch die Tatsache, dass der Lebensstil in der heutigen Zeit immer wichtiger ist, bedienen sich auch Werbefachleute gerne dieser Technik, um dem Kunden die Möglichkeit zu geben, sich durch einen Lebensstil, der durch das Produkt verkörpert wird, vom Rest der Gesellschaft abzuheben. Vor allem wird diese Technik bei Luxusgütern wie Schmuck, teuren Autos oder Parfum angewandt. Ein gutes Beispiel hierfür ist ein ehemaliger Werbeslogan der Lufthansa: „We lift you up where you belong“ (vgl. o.V. [d], o.J., o.S.).

Traumwelt

Diese Technik nutzt die Träume und Fantasien der Verbraucher aus, indem sie das Produkt in eine traumgleiche, phantasievolle Atmosphäre einbindet, wie z.B. die AXE Werbung, die einen Mann zeigt, welcher AXE Deo benutzt, und auf den daraufhin aus allen Himmelsrichtungen tausende von Frauen zustürmen.

Stimmungs- oder Gefühlsbilder

Mit dieser Technik werden um das Produkt herum Stimmungs- und Gefühlsbilder aufgebaut, welche sehr emotional auf den Verbraucher wirken sollen. Als Beispiele können Liebe, Schönheit, Sehnsucht oder Ausgelassenheit genannt werden. Dabei werden informative Elemente vermieden, teilweise unterschwellig angedeutet. Marlboro hat durch die Vermittlung der Stimmungswelt Freiheit, Gruppengefühl, Abenteuer ein Image geschaffen, das Verbraucher anspricht, ohne konkret auf das Produkt (Zigaretten) einzugehen.

Musical-Technik

Der Einsatz von Musik oder der Gesang von Personen bzw. Fantasiefiguren ist

ebenfalls eine Möglichkeit, auf die Vorzüge des Produktes hinzuweisen, und in den Köpfen der potentiellen Kunden präsent zu sein.

Persönlichkeit als Symbolfigur

Bei dieser Technik wird eine Person (real oder als Zeichentrickfigur) als Symbol für das Produkt geschaffen, mit dem Ziel, einen hohen Wiedererkennungseffekt zu erlangen. Spee wirbt beispielsweise mit dem Spar-Fuchs, Ratiopharm mit Zwillingen.

Technische Kompetenz

Der Verweis auf die technische Kompetenz des Unternehmens erweist sich vor allem bei neuartigen Produkten oder bei erklärungsbedürftigen Produkten als sinnvoll (vgl. o.V. [e], o.J, o.S). Menschen, die Unsicherheiten beim Kauf vermeiden wollen (siehe Kapitel 3.2.4), werden für derartige Hinweise besonders empfänglich sein. Der Automobilhersteller Audi wirbt z.B. mit dem Slogan „Vorsprung durch Technik“, um die eigene Kompetenz hervorzuheben.

Wissenschaftlicher Nachweis

Der wissenschaftliche Nachweis soll ebenfalls helfen, Unsicherheiten bei dem potentiellen Verbraucher abzubauen, indem die Wirksamkeit und Effektivität des Produktes mit empirischen Forschungsergebnissen belegt werden. Der Mobilfunkanbieter Symio wirbt mit dem „Einfachheitsgen“, welches durch intensive Forschungen im Labor entdeckt wurde und nun Mobiltelefonieren günstiger und einfacher macht. Ein traditionelles Beispiel ist die Blend-a-med Forschung, die die Wirksamkeit von Zahnpasta und Zahnbürste belegt. Oft wird ebenfalls mit Auszeichnungen der Stiftung Warentest oder Ökotest geworben, oder es wird mit Ergebnissen von Verbraucherumfragen versucht, die Verbraucher hinsichtlich der Vorzüge des Produktes zu überzeugen.

Testimonial-Werbung

Im Englischen bedeutet das Wort Testimonial Dank- und Empfehlungsschreiben bzw. Anerkennungsschreiben. Die Werbepraxis hat den Begriff übernommen und bezeichnet mit Testimonial-Werbung „alle Formen der Werbung, in denen mit Hilfe von Aussagen und Urteilen zufriedener Kunden die Glaubwürdigkeit der Werbebotschaft erhöht werden soll“ (GWA, 2006, o.S.). Dazu werden auch jene Formen der Werbung gerechnet, in denen Prominente (Filmstars, Fußballspieler, Moderatoren, Sänger) in der Rolle zufriedener Produktnutzer auftreten und ihre Zufriedenheit mit einem Produkt bzw. einer Dienstleistung bekunden. Hierbei wird das Image des Prominenten auf das Produkt übertragen.

3 Kultur

Im diesem Kapitel wird der Begriff der Kultur definiert und seine Ausprägung in den ausgewählten Ländern anhand von Kulturdimensionen vorgestellt.

3.1 Definition

Der Begriff der Kultur bedarf einer eingehenden Betrachtung, denn der gesamte Verhaltensspielraum der Konsumenten wird weitgehend von der Kultur abgesteckt (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 543) und ist somit auch für die Werbegestaltung relevant.

Kroeber und Kluckhohm beschäftigten sich eingehend mit dem Begriff der Kultur und fanden Anfang der 50er Jahre 154 verschiedene inhaltliche Auslegungen des Begriffs. Diese Vielfalt ist darauf zurückzuführen, dass eine Vielzahl von Forschungsgebieten die Kultur mit in ihre Betrachtung einbezieht und somit die Auffassungen stark differieren.

Beschäftigt man sich wissenschaftlich-anthropologisch mit der Kultur, so umfasst der Begriff gesellschaftlich übereinstimmende Muster im Denken, Fühlen und Handeln (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 542). Eine detailliertere Definition gelang Kluckhohn, der Kultur als den umfassenden Zusammenhang des menschlichen Verhaltens versteht. Durch die Nennung folgender Eigenschaften versucht er seinen Ansatz zu präzisieren (Kluckhohn, 1951, S. 87, zitiert in: Rothlauf, 1999, S. 16):

- „Culture is learned.
- Culture is structered.
- Culture derives from the biological, enviromental, psychological and historical components of human existence.
- Culture is divideded into aspects.
- Culture is dynamic.
- Culture is variable.
- Culture exhibits regularities that permits its analysis by the methods of science.
- Culture is the instrument, whereby the individual adjusts to his total setting, and gains the means for creative expression”.

Unternimmt man den Versuch, Kulturen gegeneinander abzugrenzen, so ist zu beachten, dass Kultur keine Rücksicht auf Landes- oder Sprachgrenzen nimmt, sondern sich dort etabliert, wo Geschichte und Charakteristika gemeinsame Verhaltensmuster erkennen lassen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Bayern und Österreicher oder Friesen und Dänen mehr Gemeinsamkeiten haben als Bayern und Friesen.

Möchte man nun unterschiedliche Kulturen beschreiben, so bedarf es bestimmter Kriterien, die die Andersartigkeit einer Kultur erkennen lassen. Die folgende Abbildung (siehe nächste Seite) zeigt die Ergebnisse einer Umfrage unter Managern von Swift, die auf die Frage antworteten, welche Teilbereiche einer Kultur ihnen am wichtigsten sind (vgl. Müller/Gelbrich, 2004, S. 72). Diese Teilbereiche können als grobe Richtung bei der Charakterisierung von Kulturen dienen. Die meisten der unten aufgeführten Aspekte werden in den folgenden Kapiteln angesprochen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Kulturbereiche

(Quelle: Müller/Gelbrich, 2004, S. 72)

3.2 Kulturelle Dimensionen nach Hofstede

Der Niederländer Geert Hofstede baute in den 60er Jahren die Personalforschung von IBM Europe auf und entdeckte dabei, dass Mitarbeiter in unterschiedlichen Ländern differierende Arbeitsweisen haben. Er nahm Kultur als Grund hierfür an und belegte seine Annnahme mit einer empirischen Befragung von 116.000 IBM Mitarbeitern in 70 Ländern von 1967 bis 1973. Dabei kristallisierten sich vier Dimensionen heraus, anhand derer sich eine

Kultur charakterisieren lässt. Die fünfte Dimension der Langzeitorientierung fügte er später für 23 Länder hinzu (vgl. Hofstede [b], o.J., o.S).

Da Hofstede arabisch-sprachige Länder in seiner Untersuchung zusammengefasst hat, lässt sich nur mit einem Durchschnittswert arbeiten. Hofstede befragte sowohl im Jahr 1969 als auch im Jahr 1972 Mitarbeiter in Arabien, insgesamt baute seine Analyse lediglich auf 141 Antworten auf (vgl. Hofstede [a], 2001, S. 52), was auch an der Zahl der kleinen IBM-Niederlassungen in dieser Zeit in dieser Region liegen mag. Generell ist anzunehmen, dass der Libanon und Saudi-Arabien jeweils einen der beiden Pole darstellen und sich die anderen arabischen Länder in der Mitte befinden und der Hofstedsche Wert somit einen Mittelwert darstellt.

Auch muss auf die Kritik hingewiesen werden, die an Hofstedes Untersuchung oft geübt wird. Als erstes handelt es sich um Daten, die von einer spezifischen Bevölkerungsgruppe stammen, nämlich Angestellten eines international tätigen Konzerns, mehrheitlich dürfte es sich um Männer handeln.

Zweitens sind die Daten teilweise veraltet, denn auch Kultur unterliegt einem Wandel, durch die Globalisierung und die Medien wird eine Annäherung möglich, so dass sich die festgestellten Werte in die eine oder andere Richtung verändern können.

Darüber hinaus gibt es bezüglich der Lebensweise und somit der Kultur Unterschiede zwischen der Stadt- und der Landbevölkerung. Die IBM-Mitarbeiter sind, da sie in einem internationalen Konzern arbeiten, auch durch die Unternehmenskultur geprägt, welche es wahrscheinlich macht, dass ihre Einstellungen und Meinungen von denen der restlichen Bevölkerung abweichen.

3.2.1 Machtdistanz

Machtdistanz lässt sich in Anlehnung an Molzbichler (2004, S. 38) wie folgt definieren: „Machtdistanz ist das Ausmaß, in dem Mitglieder einer Gesellschaft eine Ungleichverteilung der Macht in Institutionen und Organisationen akzeptieren. Eine gesellschaftsspezifische Machtdistanznorm ist repräsentiert in den Werten sowohl von Führern wie von Geführten und schlägt sich in den Strukturen und Funktionen sozialer Institutionen nieder.“

Folgende Grafik soll einführend die Unterschiede in der Machtdistanz der ausgewählten Länder gegenüberstellen und sie ins Verhältnis zum Weltdurchschnitt setzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Machtdistanzwerte für Deutschland, Arabien und den Weltdurchschnitt

(Quelle: vgl. Hofstede [b], o.J., o.S., eigene Darstellung)

Die Bedeutung von Machtdistanz schlägt sich in unterschiedlichen Lebensbereichen nieder, die es zu untersuchen gilt: das Verhältnis von Eltern

zu Kindern, das Verhältnis von Vorgesetzten zu Untergebenen, das Verhältnis von Armen zu Reichen und das Verhältnis des Einzelnen zur gesellschaftsordnenden Macht wie z.B. dem Staat.

In Deutschland ist die Machtdistanz relativ gering. Die deutsche Gesellschaft wird vor allem durch die Demokratie geprägt, in der Religionsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit gelten und auch (überwiegend) praktiziert werden. Darüber hinaus ist es das föderalistische Aufbauprinzip des deutschen Staates, welches ein weiterer Beleg für die geringe Machtdistanz Deutschlands ist. Jeder Einzelne, egal welcher sozialen Schicht oder welchem Geschlecht er angehört, kann kritisieren und durch Wahl seine Meinung kundtun, was zur Folge hat, dass die momentane politische Machtverteilung dynamisch und veränderbar ist.

Bezieht man Machtdistanz auf das Geschäftsleben, so fallen die flachen Hierarchien auf, die eher als funktionale Rollenverteilung gesehen werden. Der Gehaltsunterschied von einem Abteilungsleiter zu seinen Mitarbeitern ist im Vergleich zu anderen Ländern eher gering. In Deutschland wird immer mehr ein kooperativer Führungsstil gepflegt, der es den Mitarbeitern erlaubt, ihre Ideen und Verbesserungsvorschläge einzubringen, ohne dass dies als Kritik gewertet wird. Der Vorgesetzte wird meistens als Partner empfunden, dem auch ohne die Demonstration von Statussymbolen Respekt gezollt wird (vgl. Zell, 2006, o.S.).

Das Verhältnis von Eltern zu ihren Kindern ist vielfach nicht mehr so autoritär wie es noch vor 50 Jahren war. Kinder entscheiden ab einem gewissen Alter sehr viel alleine: Partnerwahl, Beruf und Freizeit sind Bereiche, in denen Kinder oft das letzte Wort haben. Viele Kinder beschreiben das Verhältnis zu ihren Eltern als freundschaftlich. Auch in der Schule ist die Erziehung nicht mehr autoritär, Bestrafungen wie „in die Ecke stellen“, Sonderaufgaben oder sogar Schläge auf die Hände, wie es noch in den 50er Jahren vorkam, sind in der Gesellschaft verpönt und verboten.

Auch die Machtdistanz zwischen Arm und Reich ist gering, was sich beispielsweise in der breiten Mittelschicht widerspiegelt. „Reich und mächtig sein“ gilt nicht als naturgegeben, sondern als erreichbar für jeden. Auch durch das soziale System in Deutschland wird versucht, die Kluft zwischen Arm und Reich zu reduzieren. Die Schulpflicht sowie die zahlreichen Förderungen für sozial Schwächere (Bafög, Stipendien) sind ebenfalls Beispiele hierfür.

In arabischen Ländern ist die hohe Machtdistanz charakteristisch für die herrschenden Gesellschaftsstrukturen. Arabien hat in der Hofstede Studie einen Wert von 80 erhalten und liegt somit weltweit auf Rang sieben. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen Saudi-Arabien und dem Libanon.

In der saudi-arabischen Gesellschaft herrschen Männer über Frauen, Ältere über Jüngere, Reichere über Ärmere. Ideologisch und historisch ist die Herrschaft und somit Machtdistanz das wesentliche Spezifikum der Gesellschaft. Nicht allein Herrschaft von Männern über Frauen, wie man vermuten könnte, sondern Herrschaft als solche. Sie wird zum Phänomen in Familie, Gesellschaft und Staat (vgl. Adorno 1968, zitiert in: Irabi, 1996, S. 29).

Durch die Herrschaft einer einzigen Familie (Monarchie) über die Gesellschaft ist es für den Einzelnen kaum möglich Einfluss bzw. Macht auszuüben. Da diese Gesellschaftsform Tradition hat, werden solche Strukturen als die Voraussetzung für die Ordnung weitgehend akzeptiert und sogar gewünscht. Ein weiteres Beispiel hierfür ist die Zensierung der Medien, die ebenfalls in den Händen der Mächtigen liegt (siehe Kapitel 5.1 und 5.2).

Dies lässt sich auch im Berufsleben beobachten, denn in Arabien werden die Hierarchien nach außen gelebt, die Mächtigeren sind mit Privilegien und Statussymbolen ausgestattet und der Führungsstil ist autoritär. Statussymbole wie teures Auto, persönlicher Fahrer, sehr großes Arbeitszimmer und

Luxusartikel werden zur Schau gestellt. Dies alles gehört obligatorisch zum Image eines Chefs und signalisiert Macht, was an sich schon Respekt von anderen abverlangt. Verbesserungsvorschläge an die nächste Hierachieebene wie in Deutschland – mögen sie noch so konstruktiv formuliert sein – werden als Affront verstanden (vgl. o.V. [l], 2005, o.S).

Die hohe Distanz zwischen Eltern und Kindern ist ebenfalls offensichtlich. Die Eltern haben bis zu ihrem Lebensende großen Einfluss auf ihre Kinder. Ihre Wünsche und Vorstellungen werden respektiert und befolgt. Kaum ein Kind würde es z.B. wagen, dem Partnerwunsch der Eltern zu widersprechen, wobei nur innerhalb einer sozialen Schicht geheiratet wird.

Die Auswirkungen der Machtdistanz sind im Libanon fast genau die gleichen, allerdings in abgeschwächter Form, denn „Lebanon, more than any other country in the Middle East, has always had one eye on the West” (Speedjens [b], 2005, o.S.), wie es zutreffend ein Werbefachmann aus dem Libanon bemerkte. Die eigene Meinung, auch bei kritischen Themen wie der Politik, frei zu äußern oder auf der Straße zu demonstrieren, sind Anzeichen für eine geringere Machtdistanz dem Staat gegenüber als in Saudi-Arabien.

Der Einfluss der Eltern auf ihre Kinder ist nicht so groß wie in Saudi-Arabien, jedoch ist deutlich zu bemerken, dass die christliche Bevölkerung diesbezüglich liberaler ist als die moslemische. Hier gibt es ein starkes Stadt-Land Gefälle: auf den Dörfern ist die Machtdistanz sehr groß, während in den Städten der Einfluss der älteren Generationen nicht mehr so groß ist.

Ein Charakteristikum, welches bei allen drei Ländern bzw. beiden Kulturkreisen vorhanden ist und ebenfalls für Machtdistanz spricht, ist die Wertlegung auf Titel. Während z.B. in den USA Titel nebensächlich sind und sogar Professoren mit Vornamen angesprochen werden, wird in Arabien und Deutschland der Titel mit dem Namen verbunden.

3.2.2 Individualismus vs. Kollektivismus

Die Frage, ob es sich um ein individualistisch oder ein kollektivistisch eingestelltes Land handelt, bedeutet zu überprüfen, in welchem sozialen Netzwerk die Menschen einer Gesellschaft eingebettet sind und welche Bedeutung dieses für das alltägliche Leben hat.

Im Folgenden wird der Individualismusgrad von Deutschland, Arabien und der Welt vergleichend gegenübergestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Individualismusgrad Deutschlands, Arabiens und des Weltdurchschnitts

(Quelle: vgl. Hofstede [b], o.J., o.S., eigene Darstellung)

Die deutsche Bevölkerung ist relativ individualistisch eingestellt, wobei heute mit Sicherheit ein noch höherer Grad an Individualismus in Deutschland anzutreffen ist.

Ausgehend von der 68er Revolution hat sich der Individualismus in Deutschland

in einigen Bereichen immer weiter vertieft. Die Menschen leben in einem relativ lose zusammengehaltenen sozialen Netzwerk und sorgen an erster Stelle für sich selbst und ihre nächsten Familienangehörigen. Dies lässt sich an der großen Singleanzahl und der niedrigen Kinderzahl sowie der kleinen Haushaltsgröße ablesen (siehe Kapitel 2.1.1). Die Menschen legen außerdem Wert auf einen hohen Grad an persönlicher Freiheit und Ich-Bewusstsein, auf emotionale Unabhängigkeit sowie auf Privatsphäre. Gleichzeitig zeigen sie ein starkes Streben nach Vergnügen und schätzen in besonderem Maße Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Alle Produkte oder Dienstleistungen, die die Individualität betonen oder steigern, erfreuen sich großer Beliebtheit. Die Meinung der Familie bzw. der Nachbarn ist im Vergleich zu arabischen Ländern nicht so maßgebend.

Im Gegensatz zu Deutschland gründet sich die Gesellschaft der arabischen Länder auf dem Kollektivismus, bei dem ein starkes „Wir-Gefühl“ vorherrscht. Dieses Gefühl entsteht durch den Schutz der Gesellschaft, der als Gegenzug Loyalität fordert. Der Mensch hat sich an Regeln zu halten, andernfalls verlieren er und seine soziale Gruppe das Gesicht (vgl. Zell, 2006, o.S.).

Die in Deutschland verpönte Vetternwirtschaft ist eine logische Folge der kulturell bedingten Prioritätensetzung: die Verwandten und Bekannten genießen auch im Geschäftsbereich Vorzug. Die zwischenmenschlichen Beziehungen haben in Arabien grundsätzlich einen höheren Stellenwert. Familien und Freunde helfen sich untereinander, sei es bei Krankheit, Jobsuche oder Partnersuche für die Kinder. Heiratet oder liegt jemand im Krankenhaus – und sei es ein auch noch so weit entfernter Verwandter- muss er besucht werden und Anteilnahme bekundet werden.

In Saudi-Arabien fungiert die Familie noch stärker als im Libanon als die „relevanteste Vermittlungsagentur“ (Irabi, 1996, Seite 20ff.) sozialer Werte, denn in ihr bildet sich die Persönlichkeit, festigen sich die sozialen Rollen.

Während die Familie in Deutschland ihre Funktionen mehr und mehr auf staatliche Institutionen verlagert (Schule, soziale Betreuung), ist sie in der saudi-arabischen Gesellschaft nach wie vor die relevanteste Sozialisationsagentur, ihre Autorität ist ungebrochen. Die Familien erziehen familienorientierte und abhängige Personen, die sich später kommunalistisch und klientisch verhalten. Die Individuation wird erschwert, der Ablösungsprozess von der Familie blockiert. Der Zwang zur Gemeinsamkeit innerhalb der Großfamilie verhindert jede aufkommende Individualität (vgl. Freund 1974, zitiert in: Irabi, 1996, Seite 20ff.).

3.2.3 Maskulinität vs. Feminität

Hofstede unterscheidet in dieser Dimension zwei gegensätzliche, sozusagen „geschlechtsspezifische" Eigenschaften von Kulturen. Auf der einen Seite befinden sich feminine Kulturen, die vor allem durch weibliche Eigenschaften wie Mitgefühl, Toleranz, soziale Ausrichtung und Sympathie für den Schwächeren gekennzeichnet sind. Die Geschlechterrollen in diesen Kulturen sind nicht strikt getrennt - ein Mann darf z.B. auch weinen (vgl. Zell, 2006, o.S.). In maskulinen Kulturen hingegen erlangt nur der Beste Anerkennung; Toleranz und Mitgefühl spielen eine untergeordnete Rolle. Gleichzeitig sind die Geschlechterrollen relativ strikt getrennt.

Die folgende Grafik verdeutlicht die Werte der Maskulinität für Deutschland, Arabien und den Weltdurchschnitt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Maskulinität Deutschlands, Arabiens und des Weltdurchschnitts

(Quelle: vgl. Hofstede [b], o.J., o.S., eigene Darstellung)

Der Grafik nach zu urteilen, müsste Deutschland über eine maskulinere Kultur verfügen als die arabischen Länder. Dies stimmt aber, betrachtet man die Gesellschaft heute, nur bedingt. Diskrepanzen können mit der eingangs beschriebenen Kritik an Hofstedes Untersuchung erklärt werden.

Auf der einen Seite sind „Weiterkommen“, „Karrieremachen“ und „Erfolg“ definitiv Werte, die in Deutschland populär sind: Jeder ist auf seinen persönlichen Erfolg bedacht, das Mitgefühl für Schwächere hat eher eine untergeordnete Rolle. Auf der anderen Seite hat sich in den letzten 20 Jahren in einigen Bereichen ein Wandel vollzogen, der die femininen Werte mehr sichtbar werden ließ. So z.B. die Rolle der Frau und des Mannes: waren es vor einigen Jahrzehnten noch die Frauen, die sich hauptsächlich mit Hausarbeit und Kindererziehung beschäftigten, so ist es heute auch der Mann, der zuhause bleiben kann, ohne seine Karriere zu beenden bzw. sein „männliches

Image“ zu verlieren. Ein gutes Beispiel sind die erst kürzlich eingeführten Vätermonate (vgl. Hildebrandt/Niejahr, 2006, o.S.), die es dem Vater ermöglichen, bezahlten Erziehungsurlaub zu nehmen. Dies zeigt, dass sich das Bewusstsein in der Gesellschaft und auch in der Politik ändert. Darüber hinaus wird auch Männern zugestanden, sensibel zu sein, und dies auch (öffentlich) zu zeigen. Auf der anderen Seite erobert die Frau immer mehr die Arbeitswelt und bekommt hierzu auch die Chance. In manchen Firmen ist es Pflicht, einen gewissen Prozentsatz mit Frauen zu besetzen. Natürlich gibt es bezüglich der Ansichten über die Rollenverteilung auch Unterschiede in den Generationen. Der jüngeren Generation ist in der Regel klar, dass sich die Rollen von Mann und Frau angleichen sollen. In der älteren Generation, die jetzt über 60 Jahre alt ist, und bei Menschen, die hauptsächlich in Dörfern oder Kleinstädten leben, herrscht oftmals noch die traditionelle Rollenverteilung.

Die arabische Gesellschaft ist in Bezug auf das Mitgefühl für Schwächere und die Werte, die die Arbeitswelt in Deutschland bestimmen, wie Karriere und Erfolg, mit Sicherheit etwas femininer. Die Rollenverteilung ist allerdings sehr maskulin geprägt. Von Männern wird erwartet, dass sie bestimmt, ehrgeizig und hart sind. Von Frauen erwartet man, dass sie sensibel sind und die zwischenmenschlichen Beziehungen pflegen. In der Familie ist der Vater für die Fakten, die Mutter für Gefühle zuständig. Die Frau ist in Saudi-Arabien nahezu ausschließlich für die Erziehung der Kinder zuständig, arbeitende Frauen gelten als Seltenheit (siehe Kapitel 2.1.2), wenn sie arbeiten, beenden sie ihre Tätigkeit allerdings bei der Geburt ihres ersten Kindes. Im Libanon ist die Verteilung der Geschlechterrollen nicht ganz so streng, denn arbeitende Frauen sind nichts Besonderes. Viele Frauen arbeiten halbtags, auch nachdem die Kinder auf der Welt sind. Jedoch wird eine Frau nicht hauptsächlich über ihren Beruf (oder ihre Intelligenz) definiert, sondern über ihre Qualität als Hausfrau, Ehefrau und Mutter.

Eine tiefer gehende Analyse der Rolle von Mann und Frau in den drei Ländern Deutschland, Saudi-Arabien und dem Libanon findet sich in Kapitel 4.2.2.

3.2.4 Unsicherheitsvermeidung

Unsicherheitsvermeidung lässt sich wie folgt charakterisieren: „Der Grad, in dem die Mitglieder einer Kultur sich durch ungewisse oder unbekannte Situationen bedroht fühlen“ (vgl. o.V. [m], o.J., o.S.).

Folgende Grafik soll die Werte der gewählten Länder ins Verhältnis zum Weltdurchschnitt setzten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Grad der Unsicherheitsvermeidung für Arabien, Deutschland und den Weltdurchschnitt

[...]


[1] Der islamische Glaube und dessen praktische Anwendung, siehe hierzu Kapitel 4.2.1.2

[2] Saudi-Arabien ist der größte Produzent von Erdöl weltweit. Im Jahre 2000 stammten 12,3 %
des weltweit geförderten Erdöls aus Saudi-Arabien.

[3] Medien, die Werbung transportieren, wie z.B. Rundfunk, Fernsehen, Zeitschriften, Internet

[4] Mediale Formate, durch die die Werbebotschaft verbreitet wird, wie z.B. Rundfunk- oder Fernsehspots, Anzeigen, Werbebanner

Ende der Leseprobe aus 182 Seiten

Details

Titel
Werbung in Deutschland und ausgewählten arabischen Ländern. Ein Vergleich
Hochschule
Hochschule Darmstadt
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
182
Katalognummer
V81286
ISBN (eBook)
9783638882231
ISBN (Buch)
9783638883023
Dateigröße
9491 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vergleich, Werbung, Deutschland, Ländern
Arbeit zitieren
Jana von Ciriacy-Wantrup (Autor:in), 2007, Werbung in Deutschland und ausgewählten arabischen Ländern. Ein Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81286

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