Hans Dietrich Genscher. Leben und Werk


Seminararbeit, 2007

45 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG (SVEN REISING / ANDREAS WALTRICH)

2 PERSÖNLICHER WERDEGANG (SVEN REISING)
2.1 Kindheit und Familie
2.2 Militärische Laufbahn und Kriegszeit
2.3 Neubeginn nach Kriegsende oder der Student Hans-Dietrich
2.4 Die Krankheit

3 POLITISCHER WERDEGANG (ANDREAS WALTRICH)
3.1 Der Jungdemokrat
3.2 Der Fraktions- und Bundesgeschäftsführer
3.3 Genscher als Innenminister
3.3.1 Anfangszeit als Innenminister
3.3.2 Leistungen und negative Erlebnisse als Innenminister
3.4 Genscher als Außenminister
3.4.1 Schwieriger Start ins neue Amt
3.4.2 Wichtige Entscheidungen des Politikers Genscher
3.5 Die deutsche Wiedervereinigung
3.6 Genschers persönliche und politische Merkmale
3.6.1 Erfolgsgeheimnisse von Genscher
3.6.2 Der „Genscherismus“

4 DER PRIVATMANN GENSCHER UND DAS LEBEN NACH DER POLITIK (SVEN REISING)
4.1 Genscher - der Privatmann
4.2 Genscher - Engagement statt Ruhestand
4.3 Ehrungen und Auszeichnungen

5 LEADERSHIP (SVEN REISING)
5.1 Leadership - Definition und Basiswissen
5.2 Genscher und die drei Säulen des Leaderships

6 FAZIT (SVEN REISING / ANDREAS WALTRICH)

LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 - Genschers Geburtshaus in Reideburg

Abbildung 2 - Kurt Genscher mit seinem Sohn Hans-Dietrich

Abbildung 3 - Genscher als Luftwaffenhelfer im Alter von 15 Jahren

Abbildung 4 - Hans-Dietrich Genscher als Pionier, 1944

Abbildung 5 - Gymnasiast Genscher

Abbildung 6 - Hans-Dietrich Genscher im Krankenhaus

Abbildung 7 - Genscher mit Studienfreund nach bestandenem Staatsexamen

Abbildung 8 - Genscher als Deutscher Jungdemokrat

Abbildung 9 - Hans-Dietrich Genscher - Minuten der Ruhe

Abbildung 10 - Der Innenminister bei einem seiner zahlreichen Telefonate

Abbildung 11 - Genscher der ideale Mann im Hintergrund

Abbildung 12 - Hans-Dietrich Genscher mit dem Altkanzler Helmut Kohl

Abbildung 13 - Brandenburger Tor nach der Wiedervereinigung

Abbildung 14 - Leadershiphaus mit den drei Säulen des Leadership

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung (Sven Reising / Andreas Waltrich)

„Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise (...in die Bundesrepublik möglich sein wird).“1 Kaum jemand wird den bewegenden Augenblick vergessen, als Hans-Dietrich Genscher am 30. September 1989 den Botschaftsflüchtlingen in Prag die Mitteilung machte, dass ihre Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland beginnen könne. Über Jahre hinweg hat Hans-Dietrich Genscher als Außenminister den Ost-West-Dialog vorangetrieben und so das Fundament für die veränderten Beziehungen bereitet.

Der Werdegang dieses international hoch angesehenen Staatsmannes ist Gegenstand der vorliegenden Seminararbeit. Dabei werden im folgenden Kapitel, unter Berücksichtigung seines familiären Hintergrunds, die Wurzeln von Hans-Dietrich Genscher illustriert und charakterbildende Ereignisse, sowie Personen chronologisch in den Fokus genommen.

Im dritten Abschnitt dieser Arbeit wird die politische Laufbahn Genschers genauer erläutert. Er durchlief innerhalb der FDP eine Karriere, bei der er alle drei bis vier Jahre in eine höhere Position aufstieg. Hans-Dietrich Genscher entwickelte sich während dieser Zeit stetig weiter und verhalf der FDP durch seine Präsenz und seinen Tatendrang ein neues Ansehen zu erlangen. Als Außenminister war es vor allem entscheidend, mit den zwei Großmächten USA und Sowjetunion einen gemeinsamen Weg zu finden, um letztendlich sein großes Ziel der Wiedervereinigung Deutschlands zu realisieren.

Der Privatmann Genscher und sein post-politisches Wirken stehen im darauf folgenden Kapitel Vier im Vordergrund. Engagement statt Ruhestand bleibt auch im Pensionsalter das Kredo des Bundesaußenministers a.D. . Darüber hinaus erfolgt hier ein chronologischer Ausschnitt seiner diversen Ehrungen und Auszeichnungen.

Nachdem in Kapitel Fünf die Grundlagen des Leadership theoretisch gelegt wurden, wird anhand des Leadershiphauses analysiert, ob und wie Hans-Dietrich Genscher die Rolle als Führungspersönlichkeit ausgefüllt hat.

2 Persönlicher Werdegang (Sven Reising)

2.1 Kindheit und Familie

Zurückblickend betrachtet war der 21. März 1927 kein Tag der, aufgrund seiner individuellen Geschehnisse, dazu prädestiniert gewesen wäre als ein positiv zu erwähnendes Datum in die deutsche Geschichte einzugehen. Auf den Straßen Berlins lieferten sich Nationalsozialisten und Kommunisten erbitterte Straßenschlachten, Deutschland hatte mehr als zwei Millionen Arbeitslose zu beklagen und die nationale Wirtschaft befand sich, nicht zuletzt aufgrund dieser Einflussfaktoren, in der Krise.2 Doch an diesem Sonntag erblickte Hans-Dietrich Genscher, der Jahre später als Politiker großen Einfluss auf die Entwicklung Deutschlands nehmen sollte, das Licht der Welt. Genscher wurde, ebenso wie seine Mutter am 04. Juni 1901, in dem großelterlichen Bauernhaus in Reideburg bei Halle geboren. Er war das einzige Kind seiner Eltern Hilda Genscher, geborene Kreime und Kurt Genscher.3

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 - Genschers Geburtshaus in Reideburg4

Der Vater, ein Landwirtssohn, stammte aus einer Großfamilie mit einer Schwester und drei Brüdern und dieser sozial anspruchsvolle Umgang miteinander prägte auch die Erziehung des Einzelkindes Hans-Dietrich Genscher in positiven Maße. Mit Ausnahme eines Bruders war Kurt Genscher der einzige seiner Geschwister, dessen intrinsische Motivation ihn zu höheren Zielen als der operativen Landwirtschaft antrieb. Er entwickelte einen intensiven Hang zur Malerei und strebte ein Studium der Künste an. Bei seinem Drang nach Bildung und Horizonterweiterung wurde Kurt Genscher stets von seinem Vater unterstützt, allerdings lenkte dieser seinen Sohn auf die Bahnen eines juristischen Studiums, da er hier

2 Persönlicher Werdegang (Sven Reising) - Seite 3

die ertragsreichere Zukunft für seinen Sohn sah.5 Hierbei sind ganz deutliche Parallelen zu der Beziehung zu erkennen, welche Kurt Genscher zu seinem Sohn Hans-Dietrich pflegte. Stets auf die Zukunft seines Sohnes bedacht, war Kurt Genscher ein Aspekt in der Erziehung seines Sprösslings besonders wichtig, nämlich die Bildung. Das frühzeitige Lernen von Latein stand dabei im Fordergrund und so beschritt Hans-Dietrich Genscher, mit dem Besuch des Realgymnasiums, seine ersten Schritte auf dem Weg zur akademischen Ausbildung.6 Fragt man Genscher nach einer Reflexion über seine Jahre auf dem Realgymnasium so erhält man eine durchaus positive Resonanz über einen jungen Schüler, der gerne zur Schule ging, der das Lernen nie als Schwierigkeit begriff und dem es sogar manchmal Spaß machte die Schulbank zu drücken. Auch wenn dem Schüler Hans-Dietrich Genscher der Sportunterricht nie wirklich behagte, so zeigte er sich doch stets als „Teamplayer“ beim Völker- und Fußball.7

Im Alter von neun Jahren musste Hans-Dietrich Genscher seinen ersten Schicksalsschlag verkraften, als sein Vater am 26. Januar 1937 in Folge einer schweren Nierenerkrankung verstarb, welche er sich bei einem Fronteinsatz im Ersten Weltkrieg zuzog. Nach dem Verlust des Vaters, der gegenüber seinem Sohn stets liebevoll und fürsorglich war, wird in diesen Tagen sein Großvater mütterlicherseits, Otto Kreime, zur wichtigsten männlichen Bezugsperson für den Jungen. Genscher selbst beschrieb seinen Großvater als einen gebildeten, weltoffenen Menschen mit großer persönlicher Autorität.8

Abbildung 2 - Kurt Genscher mit seinem Sohn Hans-Dietrich9

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2 Persönlicher Werdegang (Sven Reising) - Seite 4

Welche Einflüsse haben den jungen Hans-Dietrich Genscher geprägt und welche Rollen spielten Erziehung, Familienleben und das soziale Umfeld in seinen Kindheitsjahren? Zusammenfassend kann diese Fragestellung wie folgt beantwortet werden:

Genschers Erziehung kann als modern und speziell bezeichnet werden. Wie bereits erwähnt stammten beide Elternteile aus Landwirtsfamilien, Reideburg - Genschers Geburtsort - war agrarwirtschaftlich geprägt und doch verwendeten die Eltern aktiv ihre Energie darauf ihrem Sohn eine Zukunft mitzugestalten, die sich gerade zur damaligen Zeiten von der Masse abhob. Dies geschah stets in sensiblem Maße, so dass Genscher auch eine behütete Kindheit genießen konnte.

Einen gehobenen Anspruch an seine soziale Kompetenz stellte das Leben auf dem Hof dar. Zwar musste sich Hans-Dietrich Genscher nicht mit Geschwistern arrangieren, dafür mit vielen Familienmitgliedern der unterschiedlichsten Generationen, die alle im selben Haus lebten.10

Des weiteren war das Familienleben, von Seiten des Vaters, politisch geprägt. Kurt Genscher war Mitglied der Deutsch-Nationalen Volkspartei DNVP und somit setzte man sich auch beim alltäglichen Tischgespräch mit aktuellen politischen Themen, wie zum Beispiel dem Aufstieg von Adolf Hitler, kritisch auseinander.11

2.2 Militärische Laufbahn und Kriegszeit

An Adolf Hitlers 48. Geburtstag, dem 20. April 1937, musste Hans-Dietrich Genscher, wie alle Jungen seines Jahrgangs, in das Deutsche Jungvolk

(DJ) eintreten. Das Deutsche Jungvolk war eine Gruppierung, welche organisatorisch zur Jugendorganisation der NSDAP, der Hitlerjugend (HJ) gehörte. Genscher, der weder von seinem Elternhaus noch von seinem näheren sozialen Umfeld nationalsozialistischen Ideologien ausgesetzt wurde, stach durch seinen pflicht- und verantwortungsbewussten Charakter schnell aus der homogenen Masse heraus und wurde in die Führungsposition des „Jungenschaftsführers“ befördert.12 Er nutzte seinen Rang aus um den Eintritt in die HJ hinauszuzögern, in der Genscher dann schließlich 1942 aktiv wurde. Aus Gründen der Praktikabilität trat er der Motor-HJ bei um hier den angestrebten Führerschein erwerben zu können.

Anfang des Jahres 1943 wurde es für den knapp sechszehnjährigen Hans-Dietrich Genscher ernst, denn sein Dasein als Luftwaffenhelfer der deutschen Wehrmacht stand unmittelbar bevor. In dieser Zeit lastete nicht nur die Ungewissheit über das eigene Leben auf seinen Schultern, sondern auch das Verantwortungsgefühl gegenüber seiner verwitweten Mutter.13 Bemerkenswert ist, dass Genscher trotz des Druckes und trotz der ungewissen persönlichen Zukunft die Prioritäten immer darauf setzte seine Mutter zu beruhigen und sowohl sensibel als auch selbstlos auf ihre Ängste einzuwirken.14 Wie gefährlich seine Tätigkeit als Helfer einer Flakstellung sein konnte erfuhr Hans-Dietrich Genscher im Dezember 1943, als er die schweren britischen Bomberangriffe auf Leipzig aus nächster Nähe miterlebte. Im Laufe der folgenden Monate verschlechterte sich seine Motivation und auch die Moral seiner gleichaltrigen Kameraden, ebenfalls alles gebildete Oberschüler wie Genscher selbst, schwand zunehmest.15

Abbildung 3 - Genscher als Luftwaffenhelfer im Alter von 15 Jahren16

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Genscher gehörte zu jenen Luftwaffenhelfern, die in eine stille Rebellion gegenüber ihren Offizieren traten, weil sie mit fortschreitender Dauer des Krieges die katastrophale Aufwand-Nutzen-Relation ihres Dienstes begriffen.17 Nichts desto trotz wurde Genscher nach einjähriger Dienstzeit befördert, zum Oberluftwaffenhelfer. Dem forschen und intelligenten Hans-Dietrich erschien der konkrete Titel allerdings als sprachlich falsch und so meldete er sein Bestreben den Titel in „Luftwaffenoberhelfer“ abzuwandeln an das Luftgaukommando Dresden. Genscher, der mit dieser Aktion zwar Respekt vor, aber keine Berührungsängste mit hohen Instanzen bewies wurde in seinem ordentlich verfochtenen Standpunkt bestätigt, denn einige Zeit später wurde der Dienstgrad tatsächlich umbenannt.18

Nach Beendigung der Zeit als Luftwaffenhelfer folgte, durch die Wehrertüchtigung und den Arbeitsdienst, eine Art militärische Grundausbildung für Hans-Dietrich Genscher, der nun kurz davor stand als „richtiger Soldat“ in der deutschen Wehrmacht seinen Dienst zu tun. Genscher, damals ein großer, blauäugiger und kräftiger junger Mann, agierte durch seine Bewerbung zum Reserveoffizier sehr vorausschauend, denn auf diese Weise gelang es ihm der SS zu entkommen, die Genscher gerne für ihre eigenen Reihen rekrutiert hätte.19 Im Januar 1945 trat Hans-Dietrich Genscher bei den Pionieren in Wittenberg an und bereits zwei Monate später gehörten die Pioniere um Genscher der 12. Armee an, welche auf Befehl von Adolf Hitler den Schutz Berlins gewährleisten sollte. Genscher, der ansonsten kaum Gefechten und gefährlichen Situationen ausgesetzt gewesen war, erlebte in diesen Monaten eine schlimme und prägende Zeit.20 Es war Genschers Glück, dass sich der Oberbefehlshaber der 12. Armee, General Wenck, über den Führerbefehl die Hauptstadt zu verteidigen hinweg setzte und sich, aufgrund der aussichtslosen Lage, entschloss seine Truppen in amerikanische Gefangenschaft zu führen. Es war der 07. Mai, an dem Hans-Dietrich Genscher das Westufer der Elbe erreichte, somit den sowjetischen Verfolgern entkommen war und sich vorerst in Sicherheit wiegen konnte.21 Als die Amerikaner ihre Gefangenen der britischen Armee überließen verschlechterten sich zwar die Umstände, Genscher empfand diese Zeit allerdings immer noch als erträglich, manchmal sogar als vergnüglich.

Abbildung 4 - Hans-Dietrich Genscher als Pionier, 194422

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ende Juni 1945 sollte sich seine Unbeschwertheit ins Gegenteil umkehren, als publik wurde, dass das Gebiet der Provinz Sachsen umgehend den sowjetischen Truppen überlassen werde und, dass die Entscheidung mit den Briten weiter nach Westen zu ziehen oder in jener Region zu bleiben jedem Gefangenen selbst obliege. Genschers Gedanken nach dieser Nachricht galten seiner Mutter, denn er hatte Angst wie es ihr unter sowjetischer anstatt westlicher Besatzung ergehen würde und so traf er, nahezu als einziger, die mutige und schnelle Entscheidung zu bleiben und den Versuch zu wagen sich nach Hause durchzuschlagen.23 Genschers Vorhaben glückte und am 07. Juli 1945 sah seine Mutter ihren gesunden Hans-Dietrich wieder.

In all den Kriegsjahren, sei es in der Hitlerjugend, als Luftwaffenhelfer oder als Pionier in der Wehrmacht, konnte Hans-Dietrich Genscher niemals guten Gewissens als Nationalsozialist bezeichnet werden. Bereits sein weitsichtiger Vater, Kurt Genscher, predigte seinem Sohn stets, dass Hitlers Aufstieg im Krieg enden würde.24 Bemerkenswert ist, dass Genscher trotz massiver Beeinflussungsversuche, gerade in seiner Zeit als Hitlerjunge, stets seiner persönlichen Überzeugung treu geblieben ist und diese sogar offen vertreten hat.25 Ein begeisterter Soldat war Genscher nie gewesen und doch agierte er pflichtbewusst, ehrgeizig, diszipliniert, wurde als verbindlicher, vertrauenswürdiger Kamerad stets geschätzt und sicherte sich auf diese Weise nicht zuletzt sein Überleben.26 27

2.3 Neubeginn nach Kriegsende

Wieder in der Heimat angekommen setzte sich das Streben Genschers nach Bildung fort und so bemühte er sich umgehend um eine erfolgreiche Immatrikulation an der Martin-Luther-Universität, Fakultät für Rechtswissenschaften.28 Zu seinem Bedauern musste Hans-Dietrich Genscher feststellen, dass sich unter der sowjetischen Besatzung die Zulassungsbestimmungen geändert hatten. Von allen potentiellen Studenten wurde nun eine „gesellschaftliche Leistung“ ebenso verlangt wie ein Abituergänzungskurs. Genschers 1944 erworbener Reifevermerk war also plötzlich nutzlos. Der Hallenser lies sich von den neuen Hürden aber nicht abschrecken und leistete seinen Dienst für die Gesellschaft indem er, von Juli bis November 1945, beim Wiederaufbau von zerstörten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Universitätsgebäuden half.29 In nicht ganz so unproblematischer Weise nahm Genscher seine zweite Hürde. Er wäre nämlich beinahe durch die Abiturprüfung gefallen, weil er - in dem Glauben in keinem Fach zwischen zwei Noten zu stehen - nicht zum Kolloquium erschienen war, was in Latein aber tatsächlich der Fall war. Hans-Dietrich Genscher nahm schließlich, nur weil sich sein Klassenlehrer über die Maßen für ihn eingesetzt hatte, am 17. April 1946 sein „vollwertiges Zeugnis der Reife“ entgegen und ebnete sich somit den Weg zur Universität.

Abbildung 5 - Gymnasiast Genscher30

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Fast genau einen Monat später wurde zum Sommersemester der Vorlesungsbetrieb an der Martin-Luther-Universität aufgenommen und Genscher war nun, genau wie sein Vater nach dem Ersten Weltkrieg 1919, Student der Rechtswissenschaften in Halle.31

Genschers Interesse galt in jenen Tagen der Nachkriegszeit nicht nur dem Studium, sondern auch der Politik, denn die Frage nach der politischen Gegenwart und der Gestaltung der Zukunft beschäftigten den gebildeten, jungen Mann sehr intensiv.32 Seine intrinsische Motivation sich parteipolitisch zu engagieren gründete sich auf das Bewusstsein, dass sich das Geschehene nie wiederholen dürfe und sie trieb Genscher an, sich über die jeweiligen Parteiphilosophien zu informieren. Völlige Ablehnung, aufgrund des kommunistischen Inhalts, verspürte er gegenüber der KPD. Der Aspekt des Sozialismus war es, der Genscher von der SPD fern hielt und obwohl sich Hans-Dietrich Genscher für die Idee, Politik aus christlicher Verantwortung heraus zu machen, begeistern konnte, missfiel ihm der christliche Sozialismus der CDU. Die LDPD, die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands, pflegte es eine sehr deutliche Sprache gegenüber dem Machtanspruch des Kommunismus zu sprechen und auf einer Parteiversammlung, welche Genscher besuchte, gelang es dem Redner Harold W. Esche den jungen Jurastudenten mit folgendem Satz zum Parteibeitritt zu bewegen: „Der Liberalismus ist die umfassende Alternative zu allen Formen der Unfreiheit.“

2.4 Die Krankheit

Genscher, der zum Beispiel im Rahmen der Initialisierung eines antifaschistischen Jugendausschusses seine Argumentationsfähigkeit und seinen Mut früh unter Beweis stellte, wurde als parteipolitisch Engagierter sowie als Student im zweiten Semester unverhofft ausgebremst, als Ende 1946 bei ihm eine zunächst recht harmlos erscheinende Kiefernhöhlenvereiterung diagnostiziert wurde.33 34 Als der junge Hallenser unter hohem Fieber litt musste die Diagnose revidiert werden, Genscher hatte sich eine Stirnhöhlenvereiterung zugezogen. Sein Zustand verschlechterte sich sukzessive und als sein behandelnder Hausarzt eine Lungenentzündung bei seinem Patienten feststellte, empfahl er umgehend die Einweisung ins Krankenhaus. Hier erfuhr Hans- Dietrich Genscher die letztendliche Diagnose: Lungentuberkulose in Verbindung mit einer feuchten Rippenfellentzündung. Dieser Befund war ein schwerwiegender Schlag und er sollte das weitere Leben und den Charakter Genschers prägen. Die Krankheit implizierte eine intensive, langwierige Therapie, in deren Rahmen Genscher zwischen seinem 20. und 30. Lebensjahr circa dreieinhalb Jahre in diversen Kliniken und Lungenheilanstalten verbringen sollte. Das Hauptaugenmerk der Ärzte lag auf einer strikten Bettruhe. Genscher lies sich hiervon nicht entmutigen, sondern nutzte die viele, ihm zur Verfügung stehende, Zeit um sich intensiv seinem Jurastudium zu widmen. Ganz nach seiner Devise „nur nichts versäumen“ arbeitete er stets die in den Vorlesungen gelehrten Themengebiete auf und befasste sich zudem ausgiebig mit einschlägiger Fachliteratur.

Abbildung 6 - Hans-Dietrich Genscher im Krankenhaus35

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Vgl. Genscher H.D. (1997), S.23

2 Vgl. Schulze H.R., Kiessler R. (1990), S. 29

3 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 27

4 Quelle: o.V. (2005)

5 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 28

6 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 35

7 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 35

8 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 29

9 Quelle: Krug G. (1991), S. 8

10 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 28

11 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 32

12 Vgl. Filmer W., Schwan H. (1988), S. 38f

13 Vgl. Filmer W., Schwan H. (1988), S. 41

14 Vgl. Filmer W., Schwan H. (1988), S. 51

15 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 39f

16 Quelle: Genscher H.-D. (1995), S. 39

17 Vgl. Filmer W., Schwan H. (1988), S. 45

18 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 40

19 Vgl. Filmer W., Schwan H. (1988), S. 49

20 Vgl. Filmer W., Schwan H. (1988), S. 66f

21 Vgl. Filmer W., Schwan H. (1988), S. 75ff

22 Quelle: Genscher H.-D. (1995), S. 45

23 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 51

24 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 32

25 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 40ff

26 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 48

27 Vgl. Filmer W., Schwan H. (1988), S. 81

28 Vgl. Filmer W., Schwan H. (1988), S. 82ff

29 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 56

30 Quelle: Krug G. (1991), S. 14

31 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 28

32 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 55ff

33 Vgl. Genscher H.-D. (1995), S. 59

34 Vgl. Filmer W., Schwan H. (1988), S. 90ff

35 Quelle: Krug G. (1991), S. 17

Ende der Leseprobe aus 45 Seiten

Details

Titel
Hans Dietrich Genscher. Leben und Werk
Hochschule
Hochschule Aschaffenburg
Note
1,3
Autoren
Jahr
2007
Seiten
45
Katalognummer
V81555
ISBN (eBook)
9783638880282
ISBN (Buch)
9783638880374
Dateigröße
743 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hans, Dietrich, Genscher, Leben, Werk
Arbeit zitieren
Andreas Waltrich (Autor:in)Sven Reising (Autor:in), 2007, Hans Dietrich Genscher. Leben und Werk, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81555

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