Macht durch Öffentlichkeit: Der Mehrheitsmeinungseffekt der „Schweigespirale“


Seminararbeit, 2006

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Theorie der Schweigespirale und zentrale Hypothesen
2.1 Die Bedeutung der öffentlichen Meinung
2.2 Isolationsangst
2.3 Der Prozess der Schweigespirale
2.4 Die Rolle der Medien
2.5 Kritische Stimmen zur Theorie der Schweigespirale

3. Empirische Untersuchungen
3.1 Reden und Schweigen – der Eisenbahntest
3.2 Pluralistic Ignorance
3.3 Doppeltes Meinungsklima
3.4 Diskussion

4. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Als Bürger in der westlichen Welt sind sie –ob freiwillig oder unfreiwillig- unser täglicher Begleiter: die Massenmedien. Kein Mensch in unserem Land kann sich ihnen und ihrer Wirkung entziehen, Massenmedien nehmen einen bedeutenden Teil unseres alltäglichen Lebens ein, während immer mehr Mittel und Wege entstehen um sie zu verbreiten.

Massenmedien spiegeln die für jeden wahrnehmbare öffentliche Meinung wieder, doch inwieweit prägen sie gesellschaftliche Moralvorstellungen, geduldete Handlungsweisen und politische Meinungen? Die Theorie der Schweigespirale, entwickelt von Elisabeth Noelle-Neumann, Anfang der siebziger Jahre, ist ein Instrument, welches die Wirkung der Massenmedien zu erklären und nachzuweisen versucht. Nach jener Theorie sind Reden und Schweigen von bestimmten Teilen der Bevölkerung Determinanten der wahrgenommenen öffentlichen Meinung, unabhängig von der persönlichen Meinung einzelner.

2. Theorie der Schweigespirale und zentrale Hypothesen

Die Theorie der Schweigespirale, entwickelt von der deutschen Sozialforscherin und Demoskopin Elisabeth Noelle-Neumann, dient als Instrument um die Wirkung der Massenmedien zu erklären und aufzuzeigen wie Macht durch Öffentlichkeit entsteht. Anlass der Forschungsarbeit aus den Siebziger Jahren war ein Phänomen vor den Bundestagswahlen 1965 und 1972: Bis kurz vor den Wahlen waren die beiden großen Parteien CDU und SPD in Umfragen gleichauf. Bei der eigentlichen Wahl jedoch gewann in beiden Fällen eine der Parteien mit großem Vorsprung. Elisabeth Noelle-Neumann vermutete einen Zusammenhang zwischen dem Ergebnis und der Art der Darstellung der Parteien und deren Absichten in den Medien. Seitdem entwickelte sie in einem Prozess mit immer neuen empirischen Untersuchungen bis 21. Jahrhundert hinein die Theorie der Schweigespirale.

Im Folgenden sollen jene Theorie und ihre zentralen Hypothesen erläutert werden.

2.1 Die Bedeutung der öffentlichen Meinung

Als Ausgangspunkt soll hier zunächst der Begriff der öffentlichen Meinung erläutert werden.

Öffentliche Meinung setzt allgemeine Sichtbarkeit und Hörbarkeit voraus und ist ein „sozialpsychologischer Prozess, der die menschlichen Gemeinschaften [...] zusammenhält, ein Prozess, in dem ständig aufs neue eine ausreichende Übereinstimmung der Auffassungen über die Werte der Gemeinschaft und das daraus folgende Handeln hergestellt wird.“ (Noelle-Neumann 1989a: 419), man kann also sagen sie ist eine Form von >ungeschriebenen Gesetzen<. Danach ist jede Regierung oder Staatsführung egal welcher Staatsform seit jeher durch die öffentliche Meinung legitimiert. Durch die gesamte Menschheitsgeschichte, angefangen in den Schriften des alten Testaments, lässt sich die Macht der öffentlichen Meinung beobachten.

Öffentliche Meinung ist außerdem ein allgemeiner Konsens über das Reden und Verhalten in der Öffentlichkeit, wobei das Wort Meinung im weiteren Sinne auch als Handeln, aber auch als Modeerscheinungen (Kleidung, Symbole, Frisuren etc.) zu verstehen ist. Folglich ist es ein wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Meinung, dass sich die Individuen, die gegen die öffentliche Meinung verstoßen, von der Gesellschaft isolieren.

2.2 Isolationsangst

Um die öffentlichen Meinung operationalisieren zu können setzt Noelle-Neumann eine gewisse moralische Wertgeladenheit jeweiliger Meinungen und Handlungen voraus. Öffentliche Meinung hat immer eine irrationale, wertgeladene Komponente, es gibt also einen allgemeinen Konsens darüber, was „gut“ und „schlecht“ ist oder „geschmackvoll“ und „geschmacklos“ (vgl. Noelle-Neumann 2002: 400).

Der Theorie der Schweigespirale liegt nämlich eine zentrale Prämisse zugrunde.

Dies ist die Annahme, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, das eine große Angst hat sich von der Gruppe der Anderen zu isolieren und den gesellschaftlichen Kontakt zu verlieren.

Man nennt dieses Phänomen Isolationsangst. Um den gesellschaftlichen Ausschluss zu vermeiden ist der Mensch dazu gezwungen, „sich ständig zu vergewissern, was an Meinungen und Verhaltensweisen in der Umwelt gebilligt und was missbilligt wird, und welche Meinungen und Verhaltensweisen zunehmen und welche abnehmen.“ (Noelle-Neumann 1989: 299 nach Fuchs et al. 1992: 286). Das Handeln und Reden gegen die öffentliche Meinung wird also mit dem sozialen Ausschluss und der Isolation bestraft.

Der Isolationsmechanismus greift allerdings nur mit Themen und Handlungen, die eine moralische Ladung haben, was dann vorliegt wenn die Bevölkerungsmehrheit eine Handlung oder Meinung eindeutig als „schlecht“ erachtet und der Handelnde dadurch seinen Ruf und seine Beliebtheit verliert.

Um die Isolationsfurcht messen zu können entwickelt man in der Praxis Fragen zum Peinlichkeitsempfinden. Zurück geht diese Methode auf die Erkenntnis Charles Darwins, dass es das Signal des Errötens nur beim Menschen gebe. Menschen mit hohem Peinlichkeitsempfinden sind bei Themen mit hoher Isolationsgefahr tendenziell weniger redebereit (vgl. Hallemann 1986;1989 nach Noelle-Neumann 1989a: S.428).

2.3 Der Prozess der Schweigespirale

Unter diesen Vorraussetzungen führen öffentliches Reden und Schweigen nun zum Prozess der Schweigespirale. Isolation fürchten diejenigen Individuen, deren Meinung und Verhalten sich öffentlich wahrnehmbar in der Minderheit befindet, obwohl ihre Meinung tatsächlich die Mehrheitsmeinung sein kann. Sie stellen also eine Diskrepanz zwischen ihrer eigenen und der wahrgenommenen öffentlichen Meinung fest. Gestärkt und redebereiter fühlen sich die, die ihre Meinung in der Öffentlichkeit laut und selbstbewusst präsentiert wiederfinden, die also Anhänger einer scheinbaren Mehrheitsmeinung sind, deren Mehrheit aber nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen muss. Teile der scheinbaren Minderheit wechseln nun aus Isolationsangst ihre Meinung hin zur scheinbaren Mehrheitsmeinung. Die zunächst nur scheinbare Minderheit wird so zur tatsächlichen Minderheit, ein Spiralprozess, der so lange andauert bis die Minderheitsmeinung, die zu Beginn nur die scheinbare Minderheitsmeinung war, tatsächlich vollständig verschwunden ist . „Es ergibt sich eine optische oder akustische Täuschung für die wirklichen Mehrheits-, die wirklichen Stärkeverhältnisse, und so stecken die einen die anderen zum Reden an, die anderen zum Schweigen, bis schließlich die eine Auffassung ganz untergehen kann.“ (Noelle-Neumann, 2002, S.404).

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Macht durch Öffentlichkeit: Der Mehrheitsmeinungseffekt der „Schweigespirale“
Hochschule
Universität zu Köln  (Seminar für Soziologie)
Veranstaltung
Proseminar: Mediensoziologie (SS 06)
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V81604
ISBN (eBook)
9783638862653
ISBN (Buch)
9783668223943
Dateigröße
427 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Macht, Mehrheitsmeinungseffekt, Proseminar, Mediensoziologie
Arbeit zitieren
Christian Dommers (Autor:in), 2006, Macht durch Öffentlichkeit: Der Mehrheitsmeinungseffekt der „Schweigespirale“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81604

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