Seit dem 3. Oktober 2005 laufen die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union. Obwohl alle Mitgliedsstaaten den bisherigen Stadien des Beitrittsprozesses zugestimmt haben, ist eine Aufnahme der Türkei bis heute umstritten.
Da in den Wirtschaftswunderjahren nach 1950 viele türkische Gastarbeiter in die BRD kamen, ist der voraussichtliche Beitritt der Türkei vor allem in Deutschland von immenser innenpolitischer Bedeutung. Nach dem Bericht der Integrationsbeauftragten der Bundesrepublik vom Dezember 2005 ,,Deutschland im Europäischen Vergleich“, besitzen ca. 26% der in Deutschland lebenden ausländischen Bevölkerung die türkische Staatsbürgerschaft. Dieser Wert steht im europäischen Vergleich mit Abstand an vorderster Stelle. Aufgrund der weltweit höchsten Zuwanderungsrate türkischer Immigranten zwischen 1950 und 2000, fokussiert sich die größte türkische Minderheit der EU in Deutschland (vgl. Wehler in ,,APuZ“ vom 9. 8. 2004: 7). Daher könnte man vermuten, dass die bundesdeutsche Bevölkerung zum Beispiel aus Angst vor Überfremdung eine eher ablehnende Haltung gegenüber der Aufnahme der Türkei in die EU vertritt. Die jüngsten Eurobarometer-Umfrageergebnisse scheinen dies zu bestätigen: 69% der Deutschen sind gegen einen türkischen EU-Beitritt (auf gesamt-europäischer Ebene sind es 48%), selbst wenn die Türkei alle Aufnahmekriterien erfüllen würde. Die Ergebnisse zeigen leider nicht, welche Begründungen die Menschen anführen. Abzusehen ist lediglich, dass bei einem gegenwärtigen Referendum starke Widerstände der EU-Bürger gegen den Beitritt der Türkei entstehen würden.
Diese Ausarbeitung hat den Anspruch eine Übersicht der identitätspolitischen Debatte aufzuzeigen, Gründe der jeweiligen Positionen dialektisch zu vermitteln und in einem abschließenden Statement ein distanzierteres Bild der gegenwärtig mit einem möglichen EU-Beitritt der Türkei verbundenen Probleme - bezüglich identitätspolitischer Aspekte - zu zeichnen.
Inhaltsverzeichnis
- Thematische Einführung
- Die Relevanz der Ausarbeitung
- Strukturierung der Thematik
- Das Konstrukt der europäischen Wertegemeinschaft
- Die Identitätspolitische Debatte
- Von Atatürk bis Erdogan – Ein diachroner Vergleich der politischen Linien
- Die Bedeutung von Religion in der EU und der Türkei
- Statement
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Ausarbeitung zielt darauf ab, einen Überblick über die identitätspolitische Debatte im Kontext eines möglichen EU-Beitritts der Türkei zu liefern. Ziel ist es, die Argumente der verschiedenen Positionen zu analysieren und ein differenziertes Bild der mit dem Beitritt verbundenen Probleme im Hinblick auf identitätspolitische Aspekte zu zeichnen. Die Ausarbeitung befasst sich mit den kulturellen Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen der EU und der Türkei und den damit verbundenen Wertvorstellungen.
- Die europäische Identität und ihre Wertorientierungen
- Die türkische Identität im Wandel vom Kemalismus zum Islamismus
- Die Rolle der Religion in der politischen Debatte um den EU-Beitritt der Türkei
- Die Bedeutung der Integrationspolitik für die Türkei und die EU
- Kritik an der Debatte um den EU-Beitritt der Türkei
Zusammenfassung der Kapitel
- Thematische Einführung: Dieses Kapitel beleuchtet die Relevanz der Ausarbeitung im Kontext des aktuellen EU-Beitrittsprozesses der Türkei. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung des Konstrukts der europäischen Wertegemeinschaft und der damit verbundenen Herausforderungen für die Türkei.
- Die Identitätspolitische Debatte: Hier wird ein Überblick über die in Deutschland geführte Debatte um die türkische Identität und deren Kompatibilität mit der europäischen Identität gegeben.
- Von Atatürk bis Erdogan – Ein diachroner Vergleich der politischen Linien: Dieses Kapitel skizziert die Entwicklung der türkischen Politik vom Kemalismus zum Islamismus und betrachtet die damit verbundenen Veränderungen in der türkischen Identität.
- Die Bedeutung von Religion in der EU und der Türkei: Dieses Kapitel untersucht die Rolle der Religion in der Debatte um den EU-Beitritt der Türkei und stellt empirische Befunde zu diesem Thema vor.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der türkischen EU-Mitgliedschaft, der europäischen Identität, der türkischen Identität, der politischen Debatte, dem Kemalismus, dem Islamismus, der Religion, der Integrationspolitik und den Kopenhagener Kriterien.
- Quote paper
- Christoph Egen (Author), 2006, Eine Auseinandersetzung mit den identitätspolitischen Aspekten eines EU-Beitrittes der Türkei, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81614