Kirche und Klerus in Hamburg vor der Reformation


Seminararbeit, 2006

16 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Institutionen und Ämter des Klerus
2.1. Domkapitel
2.2. Der Geistliche Stand

3. Kritik am Klerus
3.1. Sonderstellung der Kirche
3.2. Pfaffenhass
3.3. Ablasswesen

4. Zeitstimmungen

5. Schlussbemerkungen

Literatur

1. Einführung

Die Zeit vor der Reformation war in Hamburg von einer sehr großen Verbundenheit mit Rom geprägt. Groß war die Devotion gegenüber der Kirche und der Ewigen Stadt, welche eine dementsprechend starke Wirkung auf die Stadt Hamburg hatte. Von den etwa 500 Geistlichen in Hamburg hat nahezu jeder schon die ewige Stadt besucht, oft um alte Pfründen zu verteidigen, zu tauschen oder neue zu erjagen.[1] Jedoch auch Hunderte von Bürgern sind auf Pilgerfahrt nach Rom gereist, um am Grabe des Apostelfürsten zu beten, die sieben großen Kirchen Roms zu besuchen und sich schließlich an allen damit verbundenen Ablässen zu beteiligen (siehe hierzu Kapitel 3.3).

Der ungeheuchelten Devotion gegenüber standen auch damals bereits einige kritische Stimmen, wie z.B. die von Albert Krantz, ein großer Hamburger Theologe und Kirchenmann, der über die „Maßlosigkeit der Kurie beim Aussaugen der Provinzen, indem gegen Geld unerhörte Indulgenzen und unglaubliche Gnaden verliehen werden“[2] klagte. Ein anderes Mal ruft er verzweifelt aus: „Siehe Du, Petrus, Deinen Nachfolger, und Du, Heiland Christus, Deinen Stellvertreter! Siehe, wohin uns der Hochmut des Knechts Deiner Knechte gestiegen ist!“[3]

Welche Umstände zu derartigen Äußerungen führten und wie es zu den weitgreifenden Folgen dieser Tatsachen in der Reformation kommen konnte, ist Gegenstand dieser Hausarbeit. Zunächst werden die Organisationsstrukturen des Klerus mit den wichtigsten Institutionen und Ämtern in Hamburg kurz beschrieben. Hierbei wird eingehender auf das Domkapitel eingegangen, welches einen der Haupteinflüsse im kirchlichen leben der Stadt anführte. Eingebettet ins kirchliche Leben ist das Amt des Pfarrers und der Altargeistlichen.

In einem weiteren Kapitel wird auf die damals währende Kritik am Klerus eingegangen, welche im wesentlichen auf die Sonderstellung der Kirche und damit der Trennung zwischen Kirche und Laientum beruht. Das Phänomen und die Ausmaße des Pfaffenhasses werden hierbei vorgestellt, genauso wie eine weitere große Unsitte im kirchlichen Leben, das Ablasswesen. Um die allgemeine Lage um die Zeit vor der Reformation begreifen zu können, wird im nächsten versucht, die Zeitstimmungen und Gedanken der Bevölkerung zu skizzieren. Am Ende dieser Hausarbeit stehen einige Schlussbemerkungen zum Thema.

2. Institutionen und Ämter des Klerus

Hamburg gehörte damals zur Erzdiözese Bremen, konnte jedoch weitgehend unabhängig agieren. Außerdem hatte es stets enge Beziehungen zu Lübeck und Ratzeburg. Der Erzbischof hatte bereits seit 300 Jahren in Bremen residiert und war demzufolge auch nicht mehr nach Hamburg benannt. Dementsprechend leitete er mehr sein weltliches Territorium links der Elbe, welches das heutige Stade betrifft. Die kirchlichen Pflichten übertrug er im wesentlichen dem Weihbischof. Das war zwischen 1500 und 1558 der Herzog Christoffer von Braunschweig-Wolfenbüttel, ein unruhiger Kriegsmann, der viel Unglück übers Land gebracht hat.

Das oberste Haupt der Kirche war der Domprobst , als Statthalter des Erzbischofs. Die nordelbischen Teile galten fast wie ein eigenes unabhängiges Bistum. Die Aufgabe des Domprobstes war es, geistlicher Richter über die Laienschaft z.B. in Ehesachen, Unglauben, Zauberei oder Mord zu sein. Auch war er geistlicher Richter über die Geistlichen, soweit sie außerhalb Hamburgs wohnten.[4] In seiner Macht stand es, Geldbußen zu verhängen und sogar die Ausstoßung aus der Kirche zu erwirken. Er stand im Range noch vor den Bürgermeistern der Stadt, genauso wie der Dekan (siehe hierzu Kapitel 2.1). Vor und während der Reformation war dies Joachim von Klitzing, ein märkischer Adliger.[5] Der Domprobst büßte seit der Wende des 14. Jahrhunderts aufgrund seiner reichlichen Gerichts- und Visitationstätigkeit außerhalb Hamburgs deutlich an Einfluss ein, so dass die Leitung des Domherrenkollegium faktisch auf den Dekan überging.[6] Dem Probst blieb lediglich die Verwaltung der Kapitelsgüter und seine Residenzpflicht galt nur noch eingeschränkt, insbesondere im folgenden Reformationsstreit.[7]

2.1. Domkapitel

Das Domkapitel war die oberste Verwaltungsbehörde und bestand aus 22 Stelleninhabern.[8] Dies waren im wesentlichen Gelehrte, Theologen und Juristen. Diese Ämter wurde allerdings oft missbraucht als Versorgungspfründen für Adel und höheres Bürgertum. Daher befanden sich oft junge Knaben und Unwürdige in den Reihen. Die Stelleninhaber standen eigentlich unter einer Residenzpflicht. Aufgrund der Ämterhäufung war dies jedoch nahezu unmöglich und in den Sitzungen waren oft nur die Hälfte anwesend.[9]

Der Vorsitzende war der Domdekan (Vgl. Kapitel 2). Er war das Haupt der gesamten Stadtgeistlichkeit und trug die Verantwortung für die Ausbildung und Amts- und Lebensführung aller Weltgeistlichen und musste Priester sein.[10] 1508-1516 war dies der oben erwähnte Albert Krantz, der auch theologischer Professor der ersten Domlektur war.[11] Er erregte oft Aufsehen, indem er gegen die Sittenlosigkeit des Klerus vorging. Nächster im Rang war der Scholastikus, in dessen Verantwortung stand die Organisation des Schulwesens und die Schulaufsicht.[12] Ihm unterstand die Domschule, das Marianum.[13]

Dem Domkapitel eigen waren die vier Pfarrkirchen.[14] Hierzu gehörten St. Petri als oberste Kirchspielskirche, St. Nikolai, St. Katharinen sowie St. Jakobi. Ein wichtiges Amt hierbei war das Amt des Pfarrers. Zu den Aufgaben gehörten die tägliche Feier der Messe am Hochaltar, die Austeilung der Sakramente (Taufe, Beichte, Abendmahl, Letzte Ölung), und die Einsegnung der Brautpaare und der Verstorbenen.

Eine geringere Rolle hatte dagegen die Predigt, welche oft einem Gehilfen übertragen wurde.

Bis zur Reformation konnte das Domkapitel seine Macht und die kirchliche Jurisdiktion und Oberaufsicht beibehalten.[15]

2.2. Der Geistliche Stand

Neben dem Amt des Pfarrers standen die Altargeistlichen, welche zahlreich vertreten waren. So kam auf 50 Einwohner immerhin ein Weltgeistlicher, quasi als Eigenpriester der Stifter. Er war zuständig für das Abhalten von Messen an Nebenaltären, was teilweise eine hochdotierte Aufgabe war. Im Gegensatz dazu sanken andere tief ins Proletariat ab. Dazu gab es noch die einfachen tonsurierten Kleriker, Diakonen, Subdiakonen sowie Chorschüler. Zur Zeit vor der Reformation war bei 14.000 Einwohnern etwa jeder 40. Bewohner geistlichen Standes[16] und genoss die Privilegien der Kirche, d.h. die Immunität gegenüber der Stadt, wie die Steuerfreiheit des Klerus, die Aufsicht über das Schulwesen der Stadt, die kirchliche Gerichtsbarkeit und Legislative.[17]

[...]


[1] Vgl. Reincke, H. (1966): Hamburg am Vorabend der Reformation, S.32.

[2] zitiert in: Reincke, H. (1966): Hamburg am Vorabend der Reformation, S.33.

[3] Ebenda.

[4] Vgl. Jensen, W. (1961): Das Hamburger Domkapitel und die Reformation, S.16.

[5] Vgl. Wätjer, J. (2001): Das katholische Domkapitel zu Hamburg, S.255.

[6] Vgl. Wätjer, J. (2001): Das katholische Domkapitel zu Hamburg, S.91f.

[7] Vgl. Jensen, W. (1961): Das Hamburger Domkapitel und die Reformation, S.16f.

[8] Vgl. Reincke, H. (1966): Hamburg am Vorabend der Reformation, S.35

[9] Vgl. Wätjer, J. (2001): Das katholische Domkapitel zu Hamburg, S.82.

[10] Vgl. Jensen, W. (1961): Das Hamburger Domkapitel und die Reformation, S.16.

[11] Vgl. Wätjer, J. (2001): Das katholische Domkapitel zu Hamburg, S.256 u. 260.

[12] Vgl. Gallois, J.G. (1853): Geschichte der Stadt Hamburg, S.202.

[13] Ebenda.

[14] Vgl. Wätjer, J. (2001): Das katholische Domkapitel zu Hamburg, S.182.

[15] Vgl. Wätjer, J. (2001): Das katholische Domkapitel zu Hamburg, S.91.

[16] Vgl. Postel, R. (2005): Kirche und Stadt in Lübeck am Beginn der Reformation, S.170.

[17] Vgl. Wätjer, J. (2001): Das katholische Domkapitel zu Hamburg, S.47 oder Postel, R. (1988): Motive städtischer Reformation in Norddeutschland, 97.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Kirche und Klerus in Hamburg vor der Reformation
Hochschule
Universität Hamburg  (Neuere Geschichte)
Veranstaltung
Die Reformation in Hamburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
16
Katalognummer
V81788
ISBN (eBook)
9783638887199
ISBN (Buch)
9783640582679
Dateigröße
387 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kirche, Klerus, Hamburg, Reformation, Hamburg
Arbeit zitieren
Marco Vorwig (Autor:in), 2006, Kirche und Klerus in Hamburg vor der Reformation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81788

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Kirche und Klerus in Hamburg vor der Reformation



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden