Rassismus am Beispiel der Hexenjagd

Die Exklusion des weiblichen Geschlechts


Hausarbeit, 2006

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Begriff Rassismus

3. Begründung der Herrschaft – Rasse, Klasse und Geschlecht

4. Hexerei oder Kräuterkunde

5. Die Hexenjagd
a) Die besondere Bedeutung des Buches
b) Das Sichtbarwerden von Magie und Hexerei
c) Der Hexenprozess
d) Die Hinrichtungen
e) Gründe für die geschlechtsspezifische Ausprägung der Hexen

6. Legitimation der Hexenjagd
a) Bedrängnis der herrschenden Klasse und Motive einflussreicher Menschen
b) Geschichte und Beweggründe des Klerus
c) Motive und Einflussmöglichkeiten des Volkes

7. Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Diese Arbeit setzt sich mit der Ausgrenzung von Menschengruppen aus einer Gesellschaft auseinander. Dafür sollen beispielhaft die Geschehnisse der Hexenjagd dargestellt und die damit Verbundene Zuspitzung auf Frauen näher beleuchtet werden. Während der europäischen Hexenjagd, die etwa vom 15. bis zum 18. Jahrhundert andauerte, sind schätzungsweise 110.000 Hexenprozesse geführt worden, bei denen auffallend viele Frauen der Hexerei verdächtigt wurden. Allgemein dienen zur Exklusion Attribute wie Kultur, Rasse, Geschlecht, Herkunft oder Zugehörigkeit zu einer andersartigen Klasse. Daher sollen hier Erklärungsansätze für die Konzentration auf das weibliche Geschlecht, sowie eventuelle Kombinationen mit einem der anderen Ausschließungsmerkmale ermittelt werden. Dafür sollen zunächst die Voraussetzungen für die Verfolgung skizziert und anschließend die Durchführung der Jagd mit den Beteiligten dargestellt werden. Dabei wird auch die besondere Bedeutung des „Hexenhammers“ berücksichtigt. Letztlich werden die Motive von Herrschern, dem Klerus und der damaligen Bevölkerung ausgearbeitet, woraufhin es erst zu dieser umfangreichen Hexenjagd kommen konnte.

2. Der Begriff Rassismus

Ursprünglich waren mit dem Begriff „Rasse“ biologische Unterschiede der Gattung Mensch gemeint, womit nicht zwangsläufig eine Wertung verknüpft sein musste. Nach den darauf aufbauenden Rassentheorien ergibt sich jedoch aus diesen Unterschieden eine Rangfolge dieser Rassen.[1] Die Begriffe „Rasse“ und „Rassismus“ beinhalten inzwischen neben der Unterscheidung von biologischen Merkmalen auch kulturelle Aspekte, wodurch Trennschärfe verloren geht. Durch die Willkürlichkeit der anzutreffenden Argumentationen ist die Definition von „Rassismus“ und auch von „Rasse“ nicht mehr eindeutig und demzufolge in der Literatur sehr umstritten. 1950 regte die UNESCO an, den Begriff „Rasse“ aufzugeben, weil biologische Tatsachen und soziale Mythen darin vermengt wären.[2] Zahlreiche Autoren versuchten sich an besseren Definitionen, so soll beispielsweise unter Rassismus das Diskriminieren von Menschengruppen wegen ihrer Herkunft oder der Hautfarbe verstanden werden.[3] Ein weiterer, präziserer Ansatz lautet: „Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Vorteil des Anklägers und zum Nachteil des Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen“.[4] Eine andere Autorin hält dagegen Rassismus für eine bestimmte, pseudowissenschaftlich untermauerte Strategie zur Ablenkung von sozialen Konflikten und zur Legitimation von Vorherrschaft, sofern dieser Einfluss auf die Politik von Gruppen oder Staaten hat.[5] Damit soll hier nur ein kleiner Einblick in die Problematik der Definition beider Begriffe gegeben werden. Ich möchte mich in diesem Rahmen weder an der Diskussion beteiligen noch mich für eine Definition entscheiden und verweise auf zahlreich vorhandene Literatur.[6] Die Diskussion um den hier allgemein als „Ausgrenzung von Andersartigen“ verstandene Rassismus ist insofern besonders problematisch, weil die Ausschließung immer wieder einhergeht mit dem Wunsch nach der Vernichtung des Anderen.[7] Schon in der Antike gab es umfassende Ausführungen zur Ausgrenzung, auf die argumentativ immer wieder zurückgegriffen wurde.

3. Begründung der Herrschaft – Rasse, Klasse und Geschlecht

Um die Argumentationen des Ausschließens verstehen zu können, sollen hier zunächst einige Vordenker mit ihren Überlegungen zur Herrschaft angeführt werden . Kant (1724-1804) vertritt die These der Monogenese, wonach die gesamte Menschheit von einer Quelle abstammt.[8] Da der Mensch für alle auf der Erde anzutreffenden Klimate geschaffen sein müsse, würden entsprechende Anlagen in allen Menschen vorfindbar sein. Durch die jeweiligen Klimate habe sich der Mensch unterschiedlich angepasst - so seien daraus Rassen entstanden.[9] Die Menschheit in Rassen einzuteilen sei wegen der differenzierten Verwendbarkeit und der optimalen Nutzung ihrer Fähigkeiten eine Frage der Vernunft, was an heutige ökonomische Überlegungen zum Einsatz von Ressourcen erinnert. Konsequent entwickelt Kant daraufhin eine Hierarchie der Rassen, bei der die Weißen über alle anderen herrschen sollen.[10]

Freud (1856-1939) geht genauer auf die Klassen einer Gesellschaft ein. Demnach sei die Masse träge und einsichtslos und bedürfe der Führung durch Privilegierte. Die Beherrschung durch eine Elite würde jedoch Unzufriedenheit hervorrufen, weswegen sich alle beherrschten Klassen mindestens einer Klasse übergeordnet fühlen müssten. Dadurch könnten nämlich alle Gesellschaftsmitglieder trotz Schlechterstellung und Beherrschung durch Privilegierte Zufriedenheit in ihrer Stellung verspüren, weil abschätzig auf vermeintlich Untergeordnete herabgesehen werden könne.[11] Diesen Automatismus könnte die Elite nutzen, um einen gemeinsamen „Feind“ zu schaffen. Dazu werden die Klassen einer Gesellschaft vorübergehend homogenisiert, um vereint einer andersartigen Gruppe gegenüber zu stehen. Obwohl die Gleichartigkeit einer ganzen Gesellschaft imaginär ist, so taugt doch diese Maßnahme, um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken und die Stabilität einer Gesellschaft zu erhöhen. Es ist nahe liegend, dass der „Feind“ kein solcher sein muss und nicht zwangsläufig eine Gefahr darstellen muss. Die Menschen müssten nur in den Glauben an eine reale Bedrohung versetzt werden. Im Mittelalter wurde dafür das Feindbild der Hexe geschaffen.

Aristoteles (384-322 v.Chr.) postulierte, dass die mit Verstand vorausschauenden Menschen sogar von Natur aus zum Regieren und Herrschen vorgesehen seien. Wer dagegen lediglich in der Lage ist, mit körperlichen Kräften etwas zu verrichten, sei ein Sklave. Jeder Mensch soll demnach seine Fähigkeiten optimal in die Gesellschaft einbringen. Aristoteles differenziert auf ähnliche Weise die Geschlechter, bei denen von Natur aus das Männliche das Bessere und Regierende sein soll.[12] Demnach müsse über Frauen geherrscht werden, weil sie einen Fehler der Natur darstellen und niemals den Verstand eines Mannes erlangen könnten. Von nun an konnte auf die Untersuchung des geachteten Wissenschaftlers Aristoteles zurückgegriffen werden, um die Minderwertigkeit der Frau zu begründen, was auch die Verfolgung der Hexen beeinflusst hat.[13] Begründung für das Beherrschen findet Aristoteles in der Vernunft. So soll schon in der Seele eines Menschen die Vernunft über das Gefühl herrschen, die Seele wiederum über den Leib usw.[14] Auf diesem Prinzip wird eine Hierarchie generiert, wodurch nicht nur das Leben eines einzelnen Menschen, sondern auch das Zusammenleben einer Familie und einer Gesellschaft geordnet werden soll. Auf die Ausführungen Aristoteles wurde immer wieder zurückgegriffen, um Herrschaftsansprüche von Eliten gegenüber dem Volk zu legitimieren.[15]

4. Hexerei oder Kräuterkunde

Unter Hexen verstand man allgemein Frauen mit magischen, übernatürlichen Fähigkeiten. Zwar war es beiden Geschlechtern möglich diese Fähigkeiten zu besitzen, dennoch wurde sie meist den Frauen zugesprochen. Bereits in der Antike wurde die dafür nötige gedankliche Vorarbeit geleistet und dabei in der Literatur wiederholt auf einen starken Zusammenhang zwischen Weiblichkeit und magischem Handeln hingewiesen.[16] Neben dem weiblichen Geschlecht wurde Menschen mit übernatürlichen Fähigkeiten noch etwas anderes unterstellt, nämlich ihre Bösartigkeit. Zu der schwarzen Magie der Hexen zählten zahlreiche Schadenszauber, wie etwa die Beeinflussung des Wetters, das Entstehen von Krankheiten, Milchzauber, Kinderopfer, Kannibalismus und ähnliches. Zudem hätten sie einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, würden mit ihm buhlen, mit dem Besen fliegen können und schließlich die Fähigkeit zur Verwandlung in Tiere besitzen. Hexen konnten einen Menschen dadurch töten, dass sie eine nach dessen Abbild geschaffene Puppe durchstießen oder sie ließen Feuer in einem Raum durch ein dort platziertes verhextes Schwert ausbrechen. Sie konnten einen Bräutigam unfruchtbar machten, indem sie ein verknotetes Stück Leder in seiner Nähe versteckten.[17] Die Beschreibungen derartiger Vorkommnisse waren besonders detailliert, um die Erzählungen nicht wie ein Märchen, sondern wie einen Tatsachenbericht erscheinen zu lassen. Beispielsweise wurde von regelmäßigen nächtlichen Hexenversammlungen auf dem Blocksberg berichtet. Verheiratete Hexen mussten vor der Abreise dorthin zunächst ihren Gatten ruhig stellen. Dies geschah angeblich durch das Auftragen einer Salbe auf dessen Ohrläppchen. Des Weiteren war eine Erklärung nötig, wie die Hexen die teilweise enormen Entfernungen zu dem so genannten Sabbat überwinden konnten. Dazu sollten haus- und landwirtschaftliche Arbeitsgeräte dienen, welche sich wohl in jedem Haus finden ließen. Mittels einer weiteren Salbe konnten diese zu einem Flugapparat umfunktioniert werden. Selbstverständlich wurden oben erwähnte Salben aus makabren Inhaltsstoffen, wie beispielsweise dem Fett von nicht getauften Kindern hergestellt.[18]

Bei neueren Forschungen wird zunehmend der Wahrheitsgehalt der Magie untersucht und nicht wie zuvor generell als „Unsinn“ abgetan, was auch zu neuen Erklärungsansätzen führt.[19] So könnte die Eigenschaft der Bösartigkeit dadurch entstanden sein, dass selbst ein Zauber mit guten Absichten einem Dritten Schaden zugefügt haben könnte und dadurch die Hexen nach und nach in Misskredit gerieten.[20] Zweifelsohne kannten sich einige der Hexen mit Kräutern und ähnlichem aus und waren womöglich in der Lage, andere zu vergiften. Unglaubwürdig erscheinen jedoch Vorstellungen von Geschäftsbeziehungen mit dem Teufel oder nachts auf hölzernen Besen umherdüsenden Hexen, weswegen der Wahrheitsgehalt „realer“ Magie hier irrelevant ist. Für die Zuschreibung übernatürlicher Fähigkeiten müssen andere Erklärungen gefunden werden

[...]


[1] Vgl. Benedict, Rassenlehre und Rassenwahn, S. 5 ff.

[2] Vgl. Hund, Negative Vergesellschaftung, S. 14.

[3] Vgl. Priester, Rassismus, S. 8.

[4] Vgl. Priester, a.a.O., S. 8

[5] Vgl. ebd., S. 9.

[6] Vgl. z.B. Taguieff, Die Macht des Vorurteils, S. 50 ff.

[7] Vgl. Taguieff, a.a.O., S. 148.

[8] Vgl. Kant, Werke in 10 Bänden, Bd. 8, S. 144.

[9] Vgl. Elsenhans, Kants Rassentheorie und ihre bleibende Bedeutung, S. 33 ff.

[10] Vgl. Kant, Kant´s gesammelte Schriften, Bd. XV, S. 877 f. und Bd. IX, S. 316.

[11] Vgl. Freud, Die Zukunft der Illusion, S. 141 ff.

[12] Vgl. Aristoteles, Politik, S. 45 und 53.

[13] Vgl. Delacampagne, Die Geschichte des Rassismus, S. 49 f.

[14] Vgl. Hund, a.a.O., S. 21.

[15] Vgl. Priester, a.a.O., S. 11.

[16] Vgl. z.B. Janowitz, Magic in the Ancient World, S. 86.

[17] Vgl. Levack, Hexenjagd, 14.

[18] Vgl. Gloger, Teufelsglaube und Hexenwahn, S. 144.

[19] Vgl. Strecker, Hexenwahn, S. 34 ff.

[20] Vgl. Gardner, Ursprung und Wirklichkeit der Hexen, S. 108.

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Details

Titel
Rassismus am Beispiel der Hexenjagd
Untertitel
Die Exklusion des weiblichen Geschlechts
Hochschule
Universität Hamburg
Veranstaltung
Negative Vergesellschaftung
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V82042
ISBN (eBook)
9783638885621
ISBN (Buch)
9783638888691
Dateigröße
607 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rassismus, Beispiel, Hexenjagd, Negative, Vergesellschaftung
Arbeit zitieren
Christian Harms (Autor:in), 2006, Rassismus am Beispiel der Hexenjagd, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82042

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