Der politische Islam in der Türkei


Seminararbeit, 2005

12 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Islam und Laizismus in der Türkei
2.1. Historischer Hintergrund
2.2. Der Kemalismus im jungen Nationalstaat Türkei
2.3. Laizismus und Säkularisierung in der Türkei

3. Der politische Islam in der Türkei (Islamismus)

4. Ein Instrument der Wohlfahrtspartei (RP): islamistische Mobilisierung in der Nachbarschaft

5. Abschließende Betrachtung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Nach zähen Vorverhandlungen konnten die Türkei im Oktober 2005 die Beitrittsgespräche mit der Europäischen Union beginnen. Es werden aber immer wieder Bedenken an einem Beitritt der Türkei geäußert. Derzeit verbreitet ein Artikel des türkischen Rechts unter europäischen Diplomaten Unmut. Artikel 301 des türkischen Strafrechts besagt, dass jede Kritik an einer türkischen Institution ein kriminelles Vergehen sei und mit Gefängnisstrafe sanktioniert werden kann. Es wurden bereits zahlreiche Akademiker und Schriftsteller unter dieser Anklage vor Gericht gebracht. Erst vor kurzen wurde dem Verfahren gegen den bekannten türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk großes mediales Interesse geschenkt.

Abgesehen von den Diskussionen über die Lage der Menschenrechte in der Türkei, wird bei der Beitrittsdebatte oft der Islam ins Spiel gebracht. Es wird immer wieder gefragt, ob der Islam europakompatibel sei. Vor allem die Tatsache, dass es im Islam keine Trennung von Staat und Religion gibt, sehen viele als nur eines von vielen Hindernissen. In den Beitrittsgesprächen wird das Verhältnis von Staat und Religion eine Rolle spielen, da dieses Verhältnis Auskunft über den Zustand des politischen Systems der Türkei gibt.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem politischen Islam in der Türkei und mit der Frage, wie dieser im Laufe der Geschichte institutionalisiert wurde. Es wird neben einem geschichtlichen Abriss des Nationalstaates Türkei auch der Frage nachgegangen, was genau Laizismus und Säkularisierung in der Türkei bedeuten. Im dritten Kapitel wird aufgezeigt, wie die islamistischen Parteien Wähler mobilisieren.

2. Islam und Laizismus in der Türkei

2.1. Historischer Hintergrund

Die Republik Türkei wurde am 29. Oktober 1923 geboren. Ihr erster Präsident war Mustafa Kemal, auch Atatürk, Vater der Türken, genannt. Die erste Partei der jungen Republik war die Republikanische Volkspartei ( Cumhuriyet Halk Partisi, CHP).

Umfangreiche Reformen im politischen und gesellschaftlichen System, auch kemalistische Kulturrevolution genannt (Adanir 2004: 10) wurden von der neuen Regierung durchgeführt. Sprachreformen und Schaffung einer nationalen Geschichte waren nur ein Teil dieser radikalen Reformen. Dabei orientierten sich die Modernisierer auch an westlichen Gesellschaften. Für das Rechtssystem wurde zum Beispiel 1926 das Zivilgesetzbuch übernommen.

Aus dem Kalifstaat wurde so ein laizistischer Nationalstaat mit einem neuen Rechtssystem. Der Islam wurde dabei als Hindernis für eine Republik gesehen. Dies führte zu zahlreiche Verbote und Vorschriften. So wurden zum Beispiel populäre religiöse Versammlungsorte geschlossen. Die Pilgerfahrt nach Mekka war von 1934 bis 1947 verboten. Das Religionsstudium war zwischen 1933 und 1948 offiziell nicht möglich. Das Kopftuch wurde durch Bekleidungsvorschriften in öffentlichen Institutionen verboten. Der Kleidungsstil sollte westlich sein. Ehen, die nur in religiöser Form geschlossen wurden, galten als rechtlich unwirksam.

Ziel dieser Maßnahmen war es, die national-türkische Identität zu stärken und so die religiöse Identität zu schwächen. Dieses „Zivilisationsprojekt“ stand dabei weniger für einen „orientalischen Despotismus“, sondern vielmehr für das jakobinische Selbstverständnis der damaligen Eliten. (Agai 2004: 18)

2.2. Der Kemalismus im jungen Nationalstaat Türkei

In der Zeit der beschriebenen Reformen entstand der Kemalismus als Ideologie. Er war vor allem von der Ansicht geprägt, dass der Islam eine Gefahr für den jungen Nationalstaat darstelle. Bestehend aus folgenden sechs Pfeilern, welche 1931 formuliert wurden, wurde der Kemalismus 1937 in die Verfassung aufgenommen.

- Nationalismus: nicht die Religion, sondern die türkische Kultur und Sprache sollten die Menschen zu Türken machen.
- Republikanismus: das Streben nach einer republikanischen Verfassung sowie Volkssouveranität, Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz für alle Bürger.
- Populismus: türkisch: halkcilik
- Laizismus: wird in Punkt 2.3 näher ausgeführt.
- Etatismus: die Verantwortung des Staates für Wirtschaft und Gesellschaft.
- Reformismus oder auch Revolutionismus: im Sinne einer ständigen Selbsterneuerung.

In der Geschichte des Nationalstaates Türkei wurden die einzelnen Pfeiler immer unterschiedlich gewichtet. Durchgehende Hauptmerkmale des Kemalismus waren aber vor allem der türkische Nationalismus und das Bekenntnis zur laizistischen Republik. Der Kemalismus wurde hauptsächlich vom Militär repräsentiert.

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Der politische Islam in der Türkei
Hochschule
Universität Bern  (Institut für Sozialanthropologie )
Veranstaltung
Sozialanthropologie des Islams
Note
1,5
Autor
Jahr
2005
Seiten
12
Katalognummer
V82052
ISBN (eBook)
9783638892636
Dateigröße
425 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Islam, Türkei, Sozialanthropologie, Islams
Arbeit zitieren
Arzu Cevatli (Autor:in), 2005, Der politische Islam in der Türkei, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82052

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