Die Anpassung des deutschen Entsendegesetzes (AEntG) an die europäische Entsenderichtlinie begegnet zahlreichen kollisionsrechtlichen und wirtschaftspolitischen Problemen und ist noch nicht abgeschlossen.
Nach der Bundestagswahl im Herbst 2005 und dem Antritt der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD unter Kanzlerin Angela Merkel erlebte die politische Großwetterlage insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik eine deutliche Veränderung mit Auswirkungen auf die Gestaltung des AEntG. Nach der letzten Änderung des Gesetzes im April 2005 wurde am 20.10.2006 von der Bundesregierung bereits ein neuer Gesetzentwurf vorgelegt.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den aktuellen Stand und die Probleme der Anpassung des AEntG an die Entsenderichtlinie aus wirtschaftspolitischer und juristischer Sicht darzustellen.
Die Seminararbeit ist in 6 Kapitel gegliedert. Im Lauf der Arbeit wird der Inhalt des AEntG in Zusammenhang mit den Reformvorschlägen der Ausweitung des Gesetzes auf weitere Wirtschaftsbranchen und der Vereinbarkeit seiner Vorschriften sowie den Reformvorschlägen mit dem primären und/oder sekundären Europarecht betrachtet und kritisch bewertet. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden in dem abschließenden Kapitel 6 zusammengefasst.
Diese Seminararbeit bezieht sich hauptsächlich auf die grundlegenden Aspekte des AEntG, die für die aktuelle wissenschaftliche Diskussion relevant sind. Dabei wird auf Fragen der Ermittlung des Mindestentgelts, der Ordnungswidrigkeiten und Sanktionen sowie der Klagemöglichkeit der Arbeitnehmer nicht eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Problemstellung
- 2. Anwendungsbereich des AEntG
- 2.1. Persönlicher Geltungsbereich
- 2.2. Sachlicher Geltungsbereich
- 2.2.1. Ausweitung des AEntG: aktueller Reformstand
- 2.2.2. Stellungnahme
- 3. Tarifverträge als Mittel internationalen Normzwangs
- 3.1. Allgemeinverbindliche Tarifverträge
- 3.2. Kritische Überlegungen zum Vorschlag über die Ausweitung der Tarifverträge auf andere Wirtschaftsbranchen
- 3.3. Verordnungsermächtigung
- 3.4. Auswirkung der Ausweitung des AEntG auf die Verfassungsmäßigkeit des §1 Abs. 3a AEntG
- 4. International zwingende Arbeitsbedingungen
- 4.1. Mindestlöhne
- 4.1.1. Auslegung des Begriffs Mindestlohnsätze
- 4.1.2. Kritik am Konzept der Ausweitung der tariflichen Lohnbestimmungen auf weitere Branchen
- 4.2. Urlaubsvergütung und Urlaub
- 4.1. Mindestlöhne
- 5. Flankierende Maßnahmen
- 5.1. Administrative Mitwirkungspflichten
- 5.1.1. Europarechtliche Bedenken
- 5.1.2. Rechtsprechung des EuGH: aktueller Stand
- 5.2. Urlaubskassenverfahren
- 5.2.1. Europarechtliche Bedenken
- 5.2.2. Rechtsprechung des EuGH: aktueller Stand
- 5.2.3. Stellungnahme
- 5.3. Bürgenhaftung Dritter
- 5.3.1. Inhalt des §1 a AEntG
- 5.3.2. Europa- und verfassungsrechtliche Bedenken
- 5.3.3. Kritik an der Bürgenhaftung des § 1a AEntG
- 5.1. Administrative Mitwirkungspflichten
- 6. Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) vor dem Hintergrund der europäischen Integration und der damit verbundenen Zunahme der Arbeitnehmermobilität. Ziel ist es, den Anwendungsbereich des AEntG zu analysieren und die Wirksamkeit der darin enthaltenen Regelungen zur Vermeidung von Lohndumping zu bewerten. Dabei werden insbesondere die Rolle von Tarifverträgen, die Festlegung international zwingender Arbeitsbedingungen und flankierende Maßnahmen kritisch beleuchtet.
- Anwendungsbereich des AEntG (persönlich und sachlich)
- Rolle von Tarifverträgen zur Vermeidung von Lohndumping
- International zwingende Arbeitsbedingungen (Mindestlöhne, Urlaub)
- Wirksamkeit flankierender Maßnahmen (administrative Mitwirkung, Urlaubskassen, Bürgenhaftung)
- Verfassungs- und europarechtliche Aspekte des AEntG
Zusammenfassung der Kapitel
1. Problemstellung: Die zunehmende Arbeitnehmermobilität innerhalb der EU hat zu erheblichen Lohnunterschieden und Wettbewerbsverzerrungen durch Lohndumping geführt, insbesondere im Baubereich. Die Arbeit zeigt auf, dass vor dem AEntG keine ausreichenden rechtlichen Instrumente existierten, um diesen negativen Entwicklungen entgegenzuwirken. Der Fokus liegt auf dem Problem der Ausnutzung von Lohnunterschieden zwischen EU-Mitgliedsstaaten und den daraus resultierenden Wettbewerbsnachteilen für Arbeitnehmer aus Hochlohnländern sowie den sozialrechtlichen Nachteilen für Arbeitnehmer aus Billiglohnländern.
2. Anwendungsbereich des AEntG: Dieses Kapitel beschreibt den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich des AEntG. Der persönliche Geltungsbereich umfasst entsandte Arbeitnehmer, während der sachliche Geltungsbereich sich auf die Art der Tätigkeit bezieht und im Laufe der Zeit erweitert wurde. Die aktuelle Reform des AEntG und die damit verbundenen Diskussionen werden beleuchtet. Die Arbeit analysiert die Erweiterung des Anwendungsbereichs und dessen Auswirkungen auf die Praxis.
3. Tarifverträge als Mittel internationalen Normzwangs: Dieses Kapitel untersucht die Rolle von Tarifverträgen im Kontext des AEntG. Es analysiert die Möglichkeit, allgemeingültige Tarifverträge als Instrument zur Durchsetzung internationaler Arbeitsnormen einzusetzen und diskutiert kritisch den Vorschlag einer Ausweitung der Tarifverträge auf weitere Wirtschaftsbranchen. Die Verordnungsermächtigung und deren Auswirkungen auf die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes werden ebenfalls behandelt.
4. International zwingende Arbeitsbedingungen: Dieses Kapitel befasst sich mit der Frage nach international zwingenden Arbeitsbedingungen, insbesondere Mindestlöhnen und Urlaubsansprüchen. Es analysiert die Auslegung des Begriffs "Mindestlohn" und diskutiert kritisch die Ausweitung tariflicher Lohnbestimmungen auf weitere Branchen. Die Problematik der unterschiedlichen Lohn- und Urlaubsregelungen in verschiedenen EU-Staaten wird im Detail beleuchtet.
5. Flankierende Maßnahmen: Dieser Abschnitt untersucht die flankierenden Maßnahmen des AEntG, darunter administrative Mitwirkungspflichten, Urlaubskassenverfahren und die Bürgenhaftung Dritter. Die Arbeit analysiert die europarechtlichen Bedenken und die aktuelle Rechtsprechung des EuGH zu diesen Maßnahmen. Es wird eine kritische Auseinandersetzung mit der Bürgenhaftung und ihren verfassungsrechtlichen Implikationen geführt.
Schlüsselwörter
Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG), Lohndumping, Sozialdumping, Tarifverträge, Mindestlöhne, Urlaubsanspruch, Arbeitnehmermobilität, Europäische Union, Europarecht, Rechtsprechung EuGH, Flankierende Maßnahmen, Bürgenhaftung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG)
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Diese Seminararbeit analysiert das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) im Kontext der europäischen Integration und der damit verbundenen Zunahme der Arbeitnehmermobilität. Der Fokus liegt auf der Untersuchung des Anwendungsbereichs des AEntG und der Bewertung der Wirksamkeit seiner Regelungen zur Vermeidung von Lohndumping. Dabei werden die Rolle von Tarifverträgen, international zwingende Arbeitsbedingungen und flankierende Maßnahmen kritisch beleuchtet.
Welche Themen werden im Einzelnen behandelt?
Die Arbeit behandelt den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich des AEntG, die Rolle von Tarifverträgen zur Vermeidung von Lohndumping, international zwingende Arbeitsbedingungen wie Mindestlöhne und Urlaubsansprüche, die Wirksamkeit flankierender Maßnahmen (administrative Mitwirkung, Urlaubskassen, Bürgenhaftung) und die verfassungs- und europarechtlichen Aspekte des AEntG. Die aktuelle Reform des AEntG und die Rechtsprechung des EuGH spielen eine wichtige Rolle.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in sechs Kapitel gegliedert: Problemstellung, Anwendungsbereich des AEntG (persönlicher und sachlicher Geltungsbereich, inklusive aktueller Reform), Tarifverträge als Mittel internationalen Normzwangs, international zwingende Arbeitsbedingungen (Mindestlöhne und Urlaub), flankierende Maßnahmen (administrative Mitwirkungspflichten, Urlaubskassenverfahren, Bürgenhaftung) und Ausblick. Jedes Kapitel enthält eine detaillierte Analyse der jeweiligen Thematik.
Was ist die Problemstellung der Arbeit?
Die zunehmende Arbeitnehmermobilität innerhalb der EU führt zu Lohnunterschieden und Wettbewerbsverzerrungen durch Lohndumping. Vor dem AEntG fehlten ausreichende rechtliche Instrumente, um dem entgegenzuwirken. Die Arbeit untersucht die Ausnutzung von Lohnunterschieden zwischen EU-Mitgliedsstaaten und die daraus resultierenden Wettbewerbsnachteile für Arbeitnehmer aus Hochlohnländern sowie die sozialrechtlichen Nachteile für Arbeitnehmer aus Billiglohnländern.
Welche Rolle spielen Tarifverträge im Kontext des AEntG?
Die Arbeit analysiert die Möglichkeit, allgemeingültige Tarifverträge als Instrument zur Durchsetzung internationaler Arbeitsnormen einzusetzen. Kritisch diskutiert wird der Vorschlag einer Ausweitung der Tarifverträge auf weitere Wirtschaftsbranchen. Die Verordnungsermächtigung und deren Auswirkungen auf die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes werden ebenfalls behandelt.
Wie werden international zwingende Arbeitsbedingungen definiert und behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit der Frage nach international zwingenden Arbeitsbedingungen, insbesondere Mindestlöhnen und Urlaubsansprüchen. Die Auslegung des Begriffs "Mindestlohn" wird analysiert, und die kritische Diskussion der Ausweitung tariflicher Lohnbestimmungen auf weitere Branchen steht im Mittelpunkt. Die Problematik der unterschiedlichen Lohn- und Urlaubsregelungen in verschiedenen EU-Staaten wird detailliert beleuchtet.
Welche flankierenden Maßnahmen werden untersucht?
Die Arbeit untersucht administrative Mitwirkungspflichten, Urlaubskassenverfahren und die Bürgenhaftung Dritter. Europarechtliche Bedenken und die aktuelle Rechtsprechung des EuGH zu diesen Maßnahmen werden analysiert. Die Bürgenhaftung und ihre verfassungsrechtlichen Implikationen werden kritisch diskutiert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG), Lohndumping, Sozialdumping, Tarifverträge, Mindestlöhne, Urlaubsanspruch, Arbeitnehmermobilität, Europäische Union, Europarecht, Rechtsprechung EuGH, Flankierende Maßnahmen, Bürgenhaftung.
- Quote paper
- L.L.M. Elena Khomeriki (Author), 2007, Arbeitnehmerentsendegesetz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82080